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Kapitel 84

>>Was denkst du gerade?<<, fragt mich Daimon aus heiterem Himmel und durchbricht somit die Stille, die sich wohl zwischen den schmalen Rillen der Steinwand eingenistet hat, denn wir haben seit Minuten kein Wort miteinander gewechselt. Mein Gehirn hat bereits seine eigene kleine Uhr entworfen, die unablässig im Hintergrund meines Verstandes tickt, egal ob ich meinen Kopf mit verschiedenen Szenarien einer Flucht oder mit meinem Lieblingssong fülle. Es will einfach nicht aufhören und das macht mich schlichtweg wahnsinnig. Fast genauso sehr wie nichts tun zu können, außer auf meinen vier Buchstaben zu sitzen und mich an Geduld zu erproben.

>>Wir sind gerademal zehn Minuten in einem Kerker eingesperrt und du willst schon so persönlich werden? Bedeutet das, dass du mir am Ende dieses Gesprächs irgendwann auch ein paar Staatsgeheimnisse verrätst<<, necke ich ihn, weil ich nicht weiß, wie ich sonst reagieren soll. Was soll man auch schon zu dem Kerl sagen, den man vor ein paar Stunden geküsst und dann vor den Kopf gestoßen hat? Ja, schon klar, wahrscheinlich sollte ich mir mehr Sorgen darum machen, wie wir hier ohne jegliche Verletzungen wieder rauskommen, als mich um meine Daimon-Krise zu kümmern. Aber die eiskalte Wahrheit ist nun mal, dass ich die Entführungssituation bestmöglich unter Kontrolle habe, während ich mich bei der anderen Sache fühle wie ein verunsichertes Schulmädchen.

Seht ihr, was diese blöden Schmetterlinge mit einem anstellen? Es ist als hätten sie meine gesamten sozialen Kompetenzen aufgefressen und würden mich nur mit einem knauserigen Rest zurücklassen, der es mir verdammt einfach macht in alte Muster zurückzufallen. In diesem Moment spüre ich wieder Daimons bohrenden Blick auf mir liegen und bevor ich mich eines Besseren besinnen kann wende ich ihm schon mein Gesicht zu.

Böser Fehler, wie sich herausstellt, denn seine nachdenkliche Miene ist sowohl beängstigend als auch fesselnd. Keine gute Kombi, wenn man mich fragt, aber wer interessiert sich schon dafür, dass ich widerwillig schon wieder unter dem Bann dieser haselnussbraunen Seen stehe? Ich hoffe für meinen eigenen Seelenfrieden, dass kein Faimon-Shipper einen Blick auf diese Szene erhascht, denn das letzte, was ich jetzt brauche ist, dass mir irgendjemand anderes noch einzureden versucht, was ich lange schon nicht mehr leugnen kann: Es knistert ganz gewaltig zwischen uns und so gerne ich das Gefühl auch mit einer Direktfahrkarte in die Hölle schicken möchte, spüre ich auch eine Art besonderes Band, das mich unablässig näher zu ihm ziehen möchte.

Na toll, ist es zu spät, das als Halluzination abzutun oder kann ich einfach wieder auf diesen Zug aufspringen und hoffen, dass ich weiterhin mitfahren kann ohne reisekrank zu werden? Oder wie wäre es mit einer vorrübergehenden Hypersensibilität durch das Trauma einer Entführung, auf den ich diesen Anflug von Wahrheit schieben kann? Oh, ich merke schon. Meine sarkastische Art schlägt wieder zu, was etwa gleichbedeutend damit ist, dass ich mich auf der Flucht vor der nagenden Realität befinde und dabei in dem Irrtum lebe, dass humorvolle Bemerkungen mir helfen an Geschwindigkeit zuzulegen. Spoileralarm: Das tun sie nicht, aber wenigstens lassen sie mich für einen Moment denken, mein Gegner wäre noch Kilometer weit entfernt, obwohl er mir bereits in den Nacken atmet.

>>Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du derart verschlossen gegenüber anderen bist, dass es schwer ist dich richtig kennenzulernen?<<, flüstert Daimon sanft und auf seinen Lippen kann man schon wieder ein provokantes Lächeln erahnen. Es scheint so, als ob wir es beide nicht lange ohne die Mauern aushalten, die uns vor dem schlimmsten Schmerz bewahren. Und obwohl es hinter diesen schützenden Steinen warm und geborgen ist, frage ich mich doch, wie es ist die Hand auf die andere Seite zu strecken und das Ungewisse zu erfühlen. Einen Schritt auf die nahende Klippe zuzugehen, als sich immer weiter davon wegzubewegen, während der Abgrund dir unerbittlich nachsetzt. Plötzlich möchte ich etwas hundertprozentig Ehrliches von meinen Lippen entlassen, das nicht zuvor durch einen Filter gejagt wurde oder darauf getrimmt ist, nicht zu viel preiszugeben.

>>Überraschender Weise nicht, nein<<, erwidere ich, >>Aber ich kann mir vorstellen, dass das schon einige Leute über mich dachten. Schließlich bin ich wirklich gut darin Personen auszuweichen oder die Ernsthaftigkeit eines Gesprächs mit einem sarkastischen Kommentar zu entschärfen, aber du hast Recht, das hält die Menschen nun mal auf Abstand. Und das war auch eigentlich erst der Grund, warum ich mir diese Mauern zugelegt habe. Ich wollte nicht, dass mich irgendjemand so gut kennt, damit er es sich nicht anders überlegen und aus meinem Leben verschwinden kann, wenn er erst einmal bemerkt, welche Monster hinter der Oberfläche lauern<<

Für einen Augenblick halte ich inne und ein unbekanntes Kribbeln durchfährt mich bei der Realisation, dass diese Antwort wohl meine Fingerspitzen darstellen, die sich langsam über die Mauern in ein fremdes Land schieben. Daimon hält meinen Blick währenddessen immer noch fest, doch trotzdem kann ich am Rande meines Sichtfeldes ein kleines Lächeln erkennen, das sich klammheimlich auf seine Lippen schleicht. Sofort wandern meine Augen ein Stückchen herab und ich bemerke, dass das eines der wenigen Male ist, in denen er seine Mundwinkel auf diese Art und Weise hochzieht. Es ist keines aus seiner vielfältigen Sammlung an spöttischen und provokanten Ausdrücken oder ein Grinsen, sondern ein einfaches Lächeln, das nur entsteht, wenn man von einem Moment auf den anderen ein kleines, alltägliches Geschenk vom Leben erhält.

>>Warum sollte dieser jemand nach einem tieferen Blick in dein Innerstes davonlaufen? Hast du nie daran gedacht, dass sich deine Dämonen mit seinen in einem Tanz verbinden könnten, der es beiden ermöglicht endlich ein Stück weit Frieden zu empfinden?<< Mein Atem stockt, als ich diese Worte zittrig in mich aufsauge, während in meinem Kopf ein altbekannter Alarm ausbricht, der mir lautstark erklärt, was ich tun muss, um diese Situation abzuwenden. Wie ich es schaffe die tiefgreifende, knisternde Stimmung abzublocken und auf neutrales Terrain zu führen. Doch obwohl ich mich hinter meinen Mauern schon immer wie zuhause fühlte, muss ich mir jetzt dennoch eingestehen, dass es dahinter einsam sein kann.

Nicht die Art von Alleinsein, die mit einem einfachen Abendessen unter Freunden gelöst ist, sondern eine die bis in die Tiefen deiner Herzkammern reicht und dir von dort aus unmissverständlich klarmacht, dass etwas fehlt. Es ist eine nicht zu benennende Leere, die es dir selbst in einem völlig überfüllten Raum mit der besten Gesellschaft verwehrt dich zugehörig zu fühlen und in dir das Verlangen nach einem unbestimmten Mehr weckt. Und in diesem Moment fühlt es sich so an, als würde es dort draußen hinter meinen Mauern auf mich warten. Die entscheidende Frage ist nur, ob es das Risiko wert ist sich weiter vorzuwagen.

Ich wende mein Gesicht von ihm ab und noch im selben Moment wird mir klar, dass meine langjährigen Vorbehalte und Verhaltensmuster das Spiel mal wieder für sich entschieden haben. >>Was ist mit dir?<<, frage ich, während ich auf die schmutzige Oberfläche der Stahltür starre, >>Was denkst du gerade?<< Ich weiß, dass ich der unmissverständlichen Wahrheit ausweiche und Daimon mit meinen Manöver schon wieder im Regen stehen lasse, aber wenn ich nicht irgendeine Art von Hörschaden erlitten habe, schwang in seiner Antwort dieser eine bestimmte Unterton mit. Vielleicht war es auch eher das Zusammenspiel seiner durchdringenden Augen und der Sanftheit in seiner Stimme, die mich auf diesen Weg geführt haben, aber Fakt ist, dass es in meinen Ohren so klang, als würde er damit sich selbst meinen. Als wäre das nicht nur eine allgemeine Äußerung, sondern ein in tiefsinnige Worte gebetteter Wink mit dem Zaunpfahl. Und ehrlich gesagt, weigert sich ein großer Teil meiner Selbst gerade genau zu analysieren, was das genau für unsere Beziehung bedeutet.

>>Na ja, gerade denke ich, dass du eindeutig dafür geschaffen bist mich auf zwanzig verschiedene Arten in den Wahnsinn zu treiben. Aber das was mir eigentlich die ganze Zeit im Kopf herumschwirrt sind die Erinnerungen an das letzte Mal als - <<, Kurz stockt er, als müsste er sich erst seelisch dafür wappnen, bevor er diese Worte aussprechen kann, >> - als ich in so einem Raum eingeschlossen war. Die Bilder überfluten mein Gehirn irgendwie im Drei-Sekunden-Takt und ich habe keine Ahnung, was ich dagegen unternehmen soll, während ich mich gleichzeitig frage, ob das hier vielleicht der richtige Zeitpunkt ist<<

>>Der richtige Zeitpunkt für was?<<, hake ich nach, bevor ich mich selbst stoppen kann. Dafür, dass ich selbst so wenig von mir Preis gebe, scheint es um meine Neugierde gut bestellt zu sein. Aber ich kann das Bedürfnis in meinem Inneren nun mal nicht einfach auslöschen, das mir hier und jetzt befiehlt jeden einzelnen Informationsfetzen von Daimon aufzusaugen, den ich kriegen kann. >>Für die Geschichte eines jungen Prinzen, der schwer enttäuscht wurde, sich mit dem Feind des Königreichs verbündet und dann schließlich eines Nachts sein Geheimnis einer aufmüpfigen Flamme anvertraut<<, erwidert er und ich kann sein ironisches Grinsen seiner Stimme entnehmen, ohne ihm überhaupt einen Seitenblick zuwerfen zu müssen.

Was mir aber nicht klar war, ist dass es nur verzerrt und leicht schief auf seinen Lippen hängt und in Kombination mit seinen stürmischen Augen eher einen verzweifelten Eindruck macht als einen durch und durch spöttischen. Erst jetzt bemerke ich wohin mein Blick schon wieder gewandert ist und gerade als ich den Kopf wegdrehen möchte, beginnt Daimon wieder zu sprechen. >>Nein, im ernst. Ich weiß, du hast nie verstanden, warum ich mich mit den Koslowern verbündet habe und ich bin gerade verzweifelt genug, um dir die passende Geschichte zu erzählen. Immerzu in der Hoffnung, dass die Stunden in diesem Loch dann einfacher werden. Also willst du sie dir anhören?<<

Sein Angebot kommt so plötzlich, dass ich in den ersten Sekunden gar nichts sagen kann oder überhaupt in der Lage bin die Information richtig zu verarbeiten. Vielleicht schließe ich hierbei von mir auf andere, aber ich bezweifle, dass er schon mal mit jemandem über dieses Ereignis gesprochen hat. Und genau das lässt diese ganze Sache wirken wie eine Art Ritterschlag des Vertrauens, der mal wieder eine Grenze zwischen mich und Daimon baut, die es allein mir überlässt, ob ich über meinen Schatten springe oder allein in der bekannten Dunkelheit zurückbleibe.

Ich weiß, dass ich mich auf jeden Fall dagegen entscheiden werde, wenn ich zu lange darüber nachdenke, also gebe ich meinem Hirn gar nicht erst die Möglichkeit, mir diese Chance zu ruinieren. Doch meine angeborene Vorsicht grätscht mir dazwischen, bevor ich blauäugig allem zustimmen kann und die vertrauliche Stimmung noch weiter anheize. >>Was? Keine Gegenbedingung, die ich erfüllen muss?<<, frage ich neckend und entlocke Daimon damit ein ironisches Schnauben.

>>Na ja, wenn du mich danach endlich über deine Fähigkeiten aufklären willst, würde ich keinesfalls Nein sagen, aber ich möchte nicht, dass du dich dazu gezwungen siehst<<, erklärt der Prinz ernst, >>Aber, wenn du mir unbedingt etwas im Austausch gegen diese Geschichte geben willst, dann habe ich zwei Wünsche. Erstens, du drehst dich während des Erzählens endlich wieder zu mir, damit ich etwas Schöneres betrachten kann als kalte Steinwände, während ich mich auf eine Reise in die Vergangenheit begebe. Ehrlich gesagt, geben deine Augen nämlich eine gute Rettungsleine ab und ich kann diese gerade dringend gebrauchen. Und zum anderen möchte ich, dass du mir eine Sache erzählst, die sonst niemand weiß. Du musst nicht ins Detail gehen oder mir etwas erzählen das wirklich von Bedeutung ist – Mir reicht auch so etwas Dämliches wie ,,Ich habe mit vier Jahren mal einen Käfer verschluckt" – aber ich möchte einfach einen kleinen Schnipsel aus deiner Welt, den du keinem anderen zeigst<<

Meine Kehle fühlt sich mit einem Mal trocken an, was sofort den Gedanken heraufbeschwört, dass der Entführer spätestens in drei Tagen mal bei uns vorbeischauen sollte, wenn er uns nicht an das Totenreich verlieren will. Was mir in Bezug auf körperliche Funktionen aber eher mal vorher in den Sinn kommen sollte, ist dass es hier keine Toilette gibt. Bisher kann ich zwar noch von mir behaupten nicht dringend pinkeln zu müssen, aber wer weiß wie lange das noch so bleibt.

Und ja, eventuell lasse ich mein Gehirn gerade bewusst um alles andere als Daimons Angebot und die Anspannung in der Luft kreisen. Was ein ziemlich lächerliches Manöver ist, wenn man bedenkt, dass ich in den nächsten Sekunden eine Antwort über die Lippen bringen soll. Auf der anderen Seite hat meine risikofreudige Seite die Schlacht schon so gut wie für sich entschieden. Anscheinend entwickle ich mich heute noch zu einer Amateurversion eines Adrenalinjunkies, denn jetzt da ich mich mit meinen Fingerspitzen über die Mauer gewagt habe möchte ich plötzlich mehr.

>>Dann haben wir wohl einen Deal<<, erwidere ich mit einem lässigen Lächeln, das so gar nicht zu meiner inneren Anspannung passen möchte. Daimon hat Recht, ich habe nie verstanden, was man durchleben muss, um sich mit derartig brutalen Menschen wie den Koslowern zu verbünden. Und in diesem Moment frage ich mich, ob ich überhaupt dazu bereit bin, seiner Geschichte zu lauschen.

Nichts desto trotz erfülle ich den ersten Teil unseres Deals bereitwillig, in dem ich meine Position so verändere, dass ich ihm mein Profil voll zuwende und dabei mit dem Kopf seitlich an der Wand lehnen kann. Meine unbedeckte Schulter drückt gegen den kühlen Stein, doch durch die Nebenwirkungen meiner Kräfte störe ich mich nicht weiter daran. Der Prinz lässt mich während der gesamten Prozedur keinen Moment aus den Augen und obwohl ich es bei jedem anderen gehasst hätte, derart durchbohrt zu werden, fühlt sich sein brennender Blick bereits vertraut an. Doch leider hemmt diese Eigenschaft die Funken, die dabei durch meinen Bauch tänzeln reichlich wenig, weshalb ich ihm schnell ein Leg-los-Augenbrauenzucken sende. Für ein paar Sekunden herrscht noch völlige Stille im Raum, doch dann beginnt er zaghaft zu sprechen, während er mir direkt ins Gesicht blickt und dabei wirkt, als ob er geistig mehrere Kilometer über der Erde schwebt.

>>Es gab einen Tag – da war ich vier Jahre alt, als ich mich am Rock meiner damaligen Nanny festklammerte und mich hinter ihr versteckte, weil ein Berater gekommen war, um mich zu meinem Vater zu bringen. Doch für mich war er schon damals nicht der liebevolle Dad, den ich mir insgeheim gewünscht habe. Für mich war er der Mann mit den kalten Augen und dem gruseligen Lächeln, in dessen Gegenwart ich mich sofort klein und unbedeutend fühlte. Er verlangte zwar, dass ich ihn mit Vater ansprach und ich kam dieser Bitte aus Angst regelmäßig nach, aber es fühlte sich einfach nicht nach dieser Art von Beziehung an. Aufgezogen wurde ich sowieso von Lisabeth, die damals für mich und meine Brüder sorgte, weil meine Mutter zu beschäftigt damit war mit einem löwenartigen Lächeln an seiner Seite zu stehen. Aber -<< Kurz stockt er, als müsste er erst nach den richtigen Worten suchen, um seine damalige Situation zu beschreiben.

>> - die Stunden mit meinem Vater ähnelten im Rückblick eher an ein Erziehungslager. Er bläute uns schon früh seine Werte ein, wobei er bei jedem von uns verschieden vorging. Niemals waren meine Brüder und ich gemeinsam in seiner Obhut, weshalb ich kein genaues Bild davon habe wie es für Adrien und Macen war. Doch, wenn ich raten müsste, würde ich sagen, dass es Macen noch am besten von uns traf, als jüngster Sohn stand er nämlich kaum im Interessenzentrum meines Vaters und wurde deswegen selten von ihm unterrichtet. Adrien stand als Kronprinz dagegen am stärksten unter der Fuchtel des Königs und genau das hat uns von Kindesbeinen an voneinander getrennt. Mein Vater hat ihm regelrecht eine Gehirnwäsche verpasst, was ihm zu dem werden ließ, der er heute ist: der perfekte, höfliche Prinz, der niemals aus der Haut fährt und bei allem zehn Schritte vorausplant. Ich weiß nicht, ob er wirklich von den Ansichten meines Vaters überzeugt ist oder ob er es irgendwie geschafft hat einen reinen Verstand zu bewahren. Ich hatte immer das Gefühl, dass er ihm unbedingt gerecht werden wollte, der König ihn aber nie für gut genug hielt und vielleicht ist es das was Adrien davor bewahrt hat nicht diesen sadistischen Zug um die Mundwinkel herum zu entwickeln. Was mich angeht -<<

Wieder eine Pause, doch dieses Mal scheinen die Worte bereits in seinem Rachen zu stecken, während sein Mund sich weigert diese auch hervor zu würgen. Sanft streiche ich mit meinen Fingerspitzen über seine, weil er in diesem Moment wirkt, als könnte er eine aufbauende Hand gut gebrauchen. Es muss ihm wirklich unglaublich viel Kraft kosten sich derartig vor mir zu offenbaren und sofort zieht sich mein Herz anlässlich der Vermutung zusammen, dass das erst der Anfang der Tragödie ist.

>> - ich war der totale Querschläger. Ich weiß nicht genau, was mir schon damals so viel Wut einflößte... Vielleicht war ich einfach ein Trotzkind, aber ich wollte mit diesem Mann nichts zu tun haben. Ich habe die Stunden bei ihm gehasst, fast genau so sehr wie ich Angst vor ihm hatte. Ich konnte immer nur daran denken, dass er nur irgendein böse dreinschauender Anzugmann ist und ich doch viel lieber einen der fürsorglichen Väter aus Lisabeths Geschichten hätte. Ich wollte, dass er mit mir Ball spielt oder mit mir weitspringen übt, doch stattdessen hat er mich nur bei jeder Gelegenheit runtergemacht. Mich angebrüllt. Dafür gesorgt, dass meine Hände zittern jedes Mal, wenn ich diesen Raum betrete. Doch ich wollte keine Angst mehr haben, also ersetze ich das Gefühl durch Wut und bäumte mich gegen ihn auf. Also bestrafte er mich... Er legte zwar nie Hand an mich, aber er kannte viele andere Techniken, um mich einknicken zu lassen.

Manchmal durfte ich wochenlang meine Brüder nicht sehen oder musste mit ansehen, wie er mein Lieblingsspielzeug zerbrach. Andere Male verweigerte er mir Nahrung. Als ich sechs Jahre alt war und eine ganze Unterrichtsstunde schwänzte, nahm er mir Lisabeth. Uns allen. Ich weiß bis heute nicht, was mit ihr geschehen ist, aber von einem Tag auf den anderen war sie weg. Und damit die einzige, die sich jemals mit so etwas wie Wärme im Blick um mich und meine Brüder gekümmert hat. Ich schlug mich also irgendwie durch. Manchmal war ich so wütend, dass ich ihm einfach ein böses Wort entgegenschleudern musste. Ansonsten lernte ich meinen Unmut zwar zu zeigen, aber das Maß dabei nicht überlaufen zu lassen. Doch die jahrelange Tortur aus Disziplin, Gehorsam und Bestrafung ist nur das Hintergrundrauschen in dieser Geschichte, denn das hat mich nicht dazu bewogen mich mit den Koslowern zu verbünden – jedenfalls nicht vordergründig.

Die eigentliche Geschichte findet statt, als ich vierzehn bin und auf ein Mädchen mit ungezähmten, blonden Locken treffe. Ich streifte mal wieder durch die Wälder, als ich plötzlich ein Bein von einem Ast baumeln sah. Neugierig wie eh und je näherte ich mich mit schnellen Schritten und fand dabei Elaine vor, die sich mit einem Buch in die Astgabeln verzogen hatte. Das war das erste Mal, dass ich sie ihm Schloss sah und ich konnte mich sofort für sie begeistern. Andere Leute in meinem Alter traf ich nämlich nur bei irgendwelchen steifen Empfängen, die etwa so viel Spaß bereithielten wie das Zählen von Staubkörnern. Zudem konnte ich mit keinem der anderen Jugendlichen etwas anfangen. Sie schienen alle nur die braven Schoßhündchen ihrer Eltern zu sein und sahen mich an als wäre ich der Starpudel dieser dämlichen Hundeschau. Ich hasste es, war ständig wütend und hatte niemanden zum Reden, weil die Beziehung zu meinen Brüdern durch die Separierung meines Vaters zerrüttet war. Und dann war sie auf einmal da und wir wurden Freunde.

Elaine war die Tochter einer alleinerziehenden Mutter, die trotz ihrer Zugehörigkeit zur Unterschicht zu einer kleinen Kochberühmtheit aufstieg und ihr eigenes Restaurant leitete. Jedenfalls bis zu dem Tag, an dem meine Eltern sie durch ein mordsmäßiges Monatsgehalt ins Schloss lockten und dabei sogar die Unannehmlichkeit eines Kindes auf sich nahmen. Es war einfach perfekt, denn Elaine hatte genauso wenig Lust auf ein Leben hinter diesen Mauern wie ich und war zudem verzweifelt genug sich auf eine Freundschaft mit mir einzulassen.

Für zwei Jahre trafen wir uns fast täglich heimlich im Wald, weil ich nicht wollte, dass mein Vater von ihr erfuhr und es hätte nicht besser laufen können. Jedenfalls, bis ich einen folgenschweren Fehler begann<< Der Zug um seine Mundwinkel wird härter und in seinen Augen funkelt ein Schuldbewusstsein, das mich fast aus den Socken haut. Am liebsten würde ich sagen, dass es okay ist, egal was er mir gleich berichten wird, doch ich weiß genauso gut wie er, dass solche Worte im Kampf gegen die Reue bedeutungslos sind. Er wird mir nicht glauben – zu mindestens nicht bis er am trostlosen Ende seiner Geschichte angekommen ist und ich wirklich die ganze Wahrheit kenne.

Ein ums andere Mal fühle ich mich in seiner Gegenwart hilflos, weil ich keine Ahnung habe, wie ich den Sturm in seinen Augen besänftigen soll, also strecke ich einfach nur meine Hand nach seiner aus und drücke sie einmal fest. Immerzu in der Hoffnung, dass er die vielschichtige Botschaft dieser einfachen Geste erkennen wird. Du bist nicht allein. Egal was, du getan hast, es ist okay. Ich bin da – komme was wolle.

Und als einer seiner Mundwinkel leicht zuckt und er kurz darauf die Kraft findet weiterzuerzählen, weiß ich, dass er mich verstanden hat. Trotzdem kann ich nicht verhindern, dass sich meine Eingeweide brutal zusammenziehen, denn wenn seine bisherigen Erzählungen nur das Fundament des Toppings waren, muss die Krönung eine Grausamkeitsstufe erreichen, die ich mir bisher nicht vorstellen konnte...

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Leudis! Ich habe es geschafft! Die Prüfungen sind endlich rum! YAYYY!

Jedenfalls, bin ich schon gespannt, welche Theorien ihr zu der ganzen Hintergrundgeschichte von Daimon habt... Ich bin ja der Meinung den Rest kann man sich jetzt denken, aber vielleicht sage ich das auch nur, weil ich die Autorin bin und Bescheid weiß ^^

Tja, und dann wünsche ich euch noch eine schöne Woche! Bis nächstes Mal!



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