Kapitel 44
Ich hasse mein Leben!, denke ich, weil ich mich auf einmal, mehr als unwohl in meiner Haut fühle. Alle Augen im Saal scheinen alleinig auf uns gerichtet zu sein und die Stille, die das Ganze mit sich bringt, ist mir beinahe noch unheimlicher, als alles andere. Wie konnte ich nur in so eine Situation geraten?, frage ich mich und versuche den Reflex, die Augen zu schließen und die gesamte Welt einfach auszublenden, verzweifelt zu unterdrücken.
Ich stand in meinem ganzen Leben noch nie so sehr im Mittelpunkt, wie in diesem Moment und ich muss sagen, jetzt da ich diese Erfahrung einmal gemacht habe, kann ich auf weitere Erlebnisse verzichten. Jedenfalls wenn sie dem hier ähneln, denn obwohl mich das Leben im Schloss an Kameras gewöhnt hat, schreibe ich dieser speziellen Situation doch noch einen ganz anderen Stellenwert zu. Tanzen ist einer dieser Tätigkeiten, die noch nie zu meinen Stärken gehört haben und jetzt mit Daimon, im Zentrum der Aufmerksamkeit, ohne jede Absprache etwas aufzuführen, lässt mein Selbstbewusstsein an seine Grenzen schlagen. Schwächen offen darzulegen ist mir schon immer schwergefallen, doch diese Szene ist für mich quasi das Worst-Cast-Szenario, denn hier gibt es keine Worte, die ich mit Sarkasmus und Trockenhumor von mir stoßen kann, hier gibt es nur einzelne Bewegungen, die zu einem Tanz zusammengeführt werden.
>>Weißt du eigentlich, dass es unhöflich ist ein Gespräch zu unterbrechen?<<, frage ich an Daimon gewandt, um mich irgendwie abzulenken. >>Weißt du eigentlich, dass es unhöflich ist eine Bitte zum Tanz auszuschlagen und anschließend wegzulaufen, um sich einem anderen in die Arme zu werfen?<<, kontert Daimon und zieht provokant eine Augenbraue in die Höhe, bevor er genau in dem Moment, in dem der Sänger am Piano seine Stimme zum ersten Ton hebt, mit mir zusammen den ersten Schritt eines einfachen Walzers macht.
Auf einmal überzieht eine Gänsehaut meinen Körper, während die Zeit den Pausenknopf drückt. Gott, jetzt höre ich mich schon an wie in einem 0815 Klischeeroman, denke ich, doch ich kann nicht leugnen, dass dieser Moment etwas Besonderes an sich hat. Eine Tatsache, die natürlich einzig und allein auf der wunderschönen Stimme des Musikers beruht. Denn nein, liebes Faimon-Fangirl, ich spüre keine atemberaubende Anziehungskraft gegenüber Mister Arrogant und ich habe auch ganz sicher nicht das Bedürfnis meine Lippen auf sein amüsiertes Grinsen zu legen. Okay, es wird dringend Zeit etwas zu sagen. Wenn ich noch länger still bleibe, zermatscht mein Hirn wahrscheinlich durch Monologe, mit unsichtbaren Personen und darauf kann ich nun wirklich verzichten.
>>Hi, Fait. Alles gut bei dir? Du siehst aus, als würdest du mir gleich mit deiner letzten Mahlzeit die Schuhe ruinieren. Also komm streite mit mir, Flämmchen. Das lenkt dich davon ab, wie aufgeregt du bist, mit so einem heißen Kerl wie mir, die Tanzfläche zu rocken<< Na toll, scheinbar versagt mein Pokerface auf ganzer Linie, wenn mir sogar Daimon meine Nervosität ansehen kann. Aber was soll ich denn fühlen, wenn ich mit einem Kerl, der sich nie an die Choreografie hält, ungeübt etwas im Zentrum der Aufmerksamkeit aufführen muss?! Schließlich stecken wir nicht in einem Musicalfilm, in denen die Charaktere, von jetzt auf gleich, völlig synchron eine Tanzaufführung in der Innenstadt abhalten und dabei kein einziges Mal aus dem Takt geraten.
>>Nur in deinen Träumen schmelze ich wegen einem kleinen Tänzchen mit dir dahin. Eigentlich bin ich so kalkweiß im Gesicht, weil ich Angst habe ich müsste mir nach einem deiner Extra-Einlagen wieder den Hals schrubben<<, schieße ich zurück, während wir beide über den Marmorboden schreiten. Zumindest hoffe ich, dass ich dieses elegante Verb in Zusammenhang mit uns legal verwenden kann. Daimon beginnt auf meine Retourkutsche jedenfalls sofort an zu grinsen, weil wir beide genau wissen, dass ich auf den kleinen Nackenkuss beim Tanzduell anspiele. >>Pah, wenn hier jemand Angst haben darf, dann bin ich das! Immerhin bist du mir nicht nur mit voller Absicht auf den Fuß getreten, sondern hast mir auch noch deinen spitzen Ellenbogen in den Bauch gerammt<<
Eine der wenigen schönen Erinnerungen, die ich an dich habe, denke ich lächelnd und versuche mir das Gefühl der Befriedigung, das ich dabei empfunden habe, genauer ins Gedächtnis zu rufen. Leider werden meine Gedanken von der beunruhigenden Tatsache unterbrochen, dass die viel zu romantische Atmosphäre in mein Bewusstsein dringt und sich einen Platz im Überlegungsstrudel erkämpft. So viel zu dem Plan, nicht für weitere Faimon-Schlagzeilen zu sorgen. Aber was will man schon erwarten wenn plötzlich eine Bärenmutter mit einem schrägen Sinn für Romantik auftaucht? Obwohl ich fairer Weise zugeben muss, dass die Ballade, das Streichergequietsche , um ein Vielfaches schlägt. Doch so viel Geschmack Juliana auch bei der Musikauswahl bewiesen hat, so viel muss ich ihr für die Pärchenauswahl wieder abziehen. Sie hätte Adrien und Cassie dazu anwerben sollen und mich nicht ausgerechnet mit dem Kerl, der das Wort Pärchen für mich wie einen hartnäckigen Fluch klingen lässt, paaren sollen.
Plötzlich nimmt Daimon seine Hand von meinem Rücken, was ihm einen ,,Was hast du vor"- Blick meinerseits einbringt, da ich bisher die leise Hoffnung hatte, alle etwaigen zusätzlichen Figuren für heute zu streichen und beim einfachen Grundschritt zu bleiben. Doch der Prinz hat natürlich andere Pläne und lässt mich kurz darauf ausdrehen. Und obwohl ich eigentlich gar nicht darauf vorbereitet war, schaffe ich es, dabei nicht auszusehen wie eine stolpernde Idiotin. Jedenfalls hoffe ich das, denn wenn man selbst im Körper des vermeintlichen Tanztrottels steckt, ist das ziemlich schwer zu sagen.
Kaum, dass ich mein Arm vollständig gestreckt habe und einen Blick auf die Zuschauer, um uns herum richte, die immer noch keine bessere Beschäftigung gefunden haben, als uns aufmerksam zuzusehen, zieht er schon kräftig an meiner Hand, so dass ich natürlich, in exakt derselben Pose lande, in der ich mich schon einmal wieder gefunden habe – mit dem Rücken an Daimons Brust gelehnt und auf das Schlimmste gefasst. >>Was sollte das denn? Ich nahm an, dass wir keine anderen Schritte mit einbauen<<, frage ich, wobei ich versuche meine Lippen so wenig wie möglich zu bewegen, damit die Kameras nicht mitbekommen, wie wir reden.
Das Lachen, das sich daraufhin aus seiner Kehle ergießt, wie ein verflüssigter Blumenstrauß, lässt mich kurzer Hand die Augen verdrehen. Ja, hahaha. Ich bin zwar nur fast im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gestolpert, aber kein Problem, lach' dich erst aus, denke ich bissig. >>Ach komm' schon, es war doch nur halb so schlimm. Außerdem dachte ich, wir lassen alte Erinnerungen aufleben<<, flüstert er mir ins Ohr, was so furchtbar unangenehm ist, dass ich am liebsten wirklich ein paar Andenken wiederaufleben lassen will. Und zwar das Gefühl ihm meinen Ellenbogen irgendwo hinzurammen! Diese Erinnerung könnte meiner Meinung nach eine Auffrischung ganz gut vertragen, besonders jetzt da sich eine Gelegenheit dazu bietet.
Schließlich entscheide ich mich doch gegen meinen aggressiven Grundinstinkt und spiele bei dem nervigen Hin-und Hergewiege gute Miene zum bösen Spiel, bis er mich kurzerhand wieder zu sich umdreht. Nur mit dem Unterschied, dass wir jetzt viel näher aneinander stehen und sich klischeehafter Weise sagen lässt, dass sich unser beider Atem zu einem einzigen vermischt. Eine Tatsache, die Juliana sicher schon einen großen Freudenhüpfer verschafft hat und wahrscheinlich nicht nur ihr, anscheinend verbreitet sich die Faimon-Shipper-Ritis nämlich schneller, als eine tödliche Seuche. Natürlich gehen an dieser Stelle auch Grüße an die unsichtbaren Leser meiner Selbstgespräche, die zumindest in meiner Vorstellung jetzt breitgrinsend und erwartungsvoll darauf warten, dass ich aufhöre zu quasseln und es endlich mit der Handlung weitergeht.
>>Weißt du, wenn ich dich jetzt küssen würde, wäre ich auf ewig Julianas non-familiärer Lieblingsneffe<< In diesem Moment schafft es mein Speichel irgendwie in eine falsche Röhre oder so zu gelangen, denn ich verschlucke mich gnadenlos. An meiner eigenen Spucke – eine wirklich berauschende Erfahrung. Wie bitte?, will ich fragen, um mich zu versichern, dass sich mein Gehirn keinen Horrorfilm vorgestellt hat, aber leider habe ich im Moment genug damit zu tun, Daimon nicht ins Gesicht zu husten.
Das kann nur ein Witz sein, oder? Er würde es sicher niemals wagen meinen Lippen so nahe zu kommen, wie das für einen Kuss nun mal erforderlich ist. Dafür ist der Status als Julianas Lieblingsneffe einfach nicht Bezahlung genug für ihn, beruhige ich mich, doch noch ehe ich zu Ende gedacht habe, bewegt sich sein Gesicht unerklärlicher Weise meinem entgegen. Das ist nur eine Lichtreflexion oder ein Anzeichen dafür, dass meine Schätzungsgabe von jetzt auf gleich in den Keller gefallen ist, rede ich mir ein, wobei sich das Gefühl seines Atems, der immer wärmer und verführerischer über meine Lippen streicht, nur schwer mit meinen Erklärungen belegen lässt.
Oh verdammt, denke ich, bevor ich soweit es unsere Walzerposition zulässt von ihm wegtrete, um seinen fünf Zentimeter entfernten Lippen zu entgehen. Das kann doch nicht sein ernst sein, oder?! Kann mir bitte mal jemand sagen, dass er mich nicht gerade einfach so, mitten auf der Tanzfläche küssen wollte, um seine ganz eindeutig verrückte Nicht-Tante zu beeindrucken und für immer einen Stein im Brett bei ihr zu haben. Nicht, dass ich einen Kuss unter irgendwelchen anderen Umständen zu gelassen hätte, – immerhin reden wir hier von Daimon und einen Kerl den man vorsätzlich nicht leiden kann, knutscht man ganz sicher nicht ab – aber die Tatsache, dass er mich als Mittel zum Zweck benutzen wollte, regt ganz eindeutig meinen Kampfgeist.
>>Sag mal, welcher abgestorbene, nicht existente Anteil deines Hirns hat von mir jemals Signale erhalten einen Kuss zu rechtfertigen! Ich habe verdammt noch mal - <<, beginne ich meine Tirade, während wir es tatsächlich immer noch schaffen weiter im Takt der Musik zu bleiben. Meine vor Wut kochende Stimme steht zwar im krassen Kontrast zu der ruhigen Ballade, aber immerhin sind wir nicht mitten auf der Tanzfläche stehen geblieben, um zu streiten.
>>Jetzt reg' dich ab, Flämmchen<<, unterbricht mich Daimon mit einem viel zu überheblichen Lächeln auf den Lippen, >>Ich hatte natürlich nie vor dich zu küssen. Ich wollte nur sehen, ob du mich vorher abbremst oder ob unter deiner kratzbürstigen Oberfläche nicht doch ein, bis über beide Ohren verknalltes Schulmädchen steckt. Denn wie ich vorher schon erwähnt habe, beruht unsere Abneigung für einander auf Gegenseitigkeit. Außerdem bist du nicht mein Typ<<
So ein Hornochse! Und da fragen sich die Leute, warum ich nicht Feuer und Flamme bin, zusammen mit ihm in eine Pärchenform gepresst zu werden! Tja, ganz einfach weil der Prinz einfach nur unglaublich ist! Und zwar nicht unglaublich nett, witzig oder was Cassie sonst noch für Eigenschaften auf ihrer Traummannliste gepackt hat, sondern unglaublich schamlos, überheblich und dreist! Ich weiß nicht, welche Rechtfertigung ich schlimmer finde, dass dieser Fast-Kuss das Produkt einer Verbesserung des Neffenstatus oder ein hirnloses Experiment sein soll, das genauso gut ein pubertierender Dreizehnjähriger hätte durchführen können. Das einzig Gute daran ist, dass in keiner der Erklärungen, Gefühle eine Rolle spielen. Einen verliebten Daimon will ich mir nämlich nicht mal vorstellen, denn irgendetwas sagt mir, dass er zu dieser verzweifelten Gattung gehört, die seiner ersten Liebe Kaugummi in die Haare geklebt hat, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.
>>Gut, dass wir uns wenigstens in dieser Tatsache einig sind. Ich habe nämlich ebenfalls nicht vor deinen Mund, allzu nah an meinen kommen zu lassen<<, meine ich und recke dabei selbstbewusst das Kinn in die Höhe, um Daimon klarzumachen, dass ich nicht mit mir spielen lasse. So langsam habe ich sowie so genug davon, eine seiner blöden Schachfiguren zu sein, die er sich beliebig auf sein Brett stellt, um sie manipulativ von rechts nach links zu schieben. Nicht dass, ich dazu jemals Lust empfunden hätte, aber nachdem wir beide schon einige Minuten, die unvorhergesehene Hauptattraktion für die Anwesenden spielen, geht mein dünner Geduldsfaden langsam zur Neige. Nur noch ein kleines bisschen und ich suche mir im benachbarten Schlossgarten, den man durch eine große Fensterfront bewundern kann, eine Spitzhacke, um ihn leiden zu lassen.
>>Also, meiner Meinung nach bist du ziemlich spät ausgewichen. Vielleicht ist ein kleiner Teil von dir also durchaus bereit Juliana so ein Festessen der Freude zu liefern<< Ich weiß nicht, was mich an dieser Situation am meisten aufregt, die Tatsache, dass Daimon mal wieder alles so dreht, dass ich unsterblich in ihn verliebt bin oder dass er meine persönliche Wohlfühlzone schon wieder mit seinem Gesicht überquert hat. Ich denke, ich tippe auf Letzteres, obwohl mir das eine süße Chance auf Revanche verschafft. Und mich meinen Plan für keine Faimon-Schlagzeilen zu sorgen über Bord werfen lässt.
>>Weißt du was?<<, flüstere ich, während ich die letzten Zentimeter zu ihm überbrücke und meine Stirn an seine lege. Eine Tatsache, die mir einfacher fällt, als vermutet und nicht mal einen Schauer des Ekels zur Folge hat. >>Hmm, lass mich raten. Du stellst dir schon seit unserem ersten Treffen vor mich zu küssen und hast jetzt vor das gegen meinen Willen durchzuziehen<<, murmelt er und ich muss mit kindlicher Freude feststellen, dass er seine Augen mittlerweile geschlossen hat. Eigentlich kein Wunder, wisst ihr wie anstrengend es ist, jemand in die Augen zu sehen, wenn diese nur wenige Zentimeter über deinen eigenen schweben?
Aber weiter im Plan, bisher läuft alles perfekt. Er ist tatsächlich so sehr von sich überzeugt, dass er in Erwägung zieht, dass ihn anziehend genug finde, um ihm einen Schmatzer auf die Lippen zu drücken – was natürlich einer seiner größten Irrtümer ist, denn... Ach, ihr werdet schon sehen!
>>Nicht ganz. Was ich eigentlich sagen wollte ist, dass ich diese Runde wohl für mich entscheide<<, sage ich in meinem besten verführerischen Ton, um noch ,bevor sein Gehirn meine Worte verarbeiten kann, meine Hand mit einer ruckartigen Bewegung aus unserer Fingerverknotung zu befreien und mich so auszudrehen, dass sein Arm, der zuvor auf meinem Rücken lag, nutzlos an ihm herabfällt. In Sekundenschnelle stehe ich also losgelöst von unserer Walzerposition schräg vor ihm und habe einen hervorragenden Blick auf seine entspannten Züge, die ich mit einem breiten Lächeln zur Kenntnis nehme. Tja, so dreht sich das Spiel, Sinclair-von-und-zu-Unausstehlichkeits-Edition.
>>Bye, bye, Bäumchen<<, verabschiede ich mich, genau in dem Moment, als er verwirrt blinzelnd die Augen aufschlägt. Doch dieses Ereignis nehme ich nur aus dem Augenwinkel zur Kenntnis, da ich mich bereits von ihm abgewendet habe.
Innerlich gebe ich mir ein freudiges High Five, während ich mit provokanten Schritten, vor ihm davonlaufe. Jedenfalls sollte das der Plan sein, doch Daimons biologische Schaltkreise haben das alles wohl schneller verarbeitet, als gedacht, denn ehe ich mich versehe schnappt er sich zum wiederholten Mal an diesem Abend mein Handgelenk, um mich mit den Worten: ,,Ich glaube, du überschätzt dich um ein Vielfaches, Flämmchen. Der heutige Sieger bin nämlich ich" zurückreißt und kurzerhand seine Lippen auf meine Stirn legt.
Während also meine Niederlage und die überraschende Wende dieses Moments langsam durch mein Hirn sickert, lacht sich Daimon klammheimlich, wegen seiner Am-Arm-Pack-Fähigkeiten ins Fäustchen. Die beiden Sänger singen für die dramatische Wirkung dieser Szene gerade die gefühlvollste Version des Satzes ,,I follow you into the dark" und als Sahnehäubchen dieses prachtvollen Chaostörtchens mischt sich auch noch Julianas Stimme sofort nach der Beendung eines harmonischen Ks in dieses Szenario. Denn ich zitiere: >>Du hättest sie verdammt noch mal auf den Mund küssen sollen, arbolito! Ich kann nicht fassen, dass du diese knisternde Liebesdramatik für einen Kuss auf die Stirn verschwendet hast, aber ihr seid zusammen trotzdem das Süßeste, das ich nach einem Körbchen voller Katzenbabys gesehen habe. Trotzdem müssen du und ich ganz dringend zielen üben. Entweder das oder besser denken!<<
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>>Fait, Fait<<, ruft eine weitentfernte Stimme, die durch mein in Watte gepacktes Hirn zu dringen versucht. Stöhnend knurre ich in mein Kissen. Es ist viel zu früh für Miris Weckdienst, denke ich, obwohl ich das eigentlich nur vermuten kann. Denn nichts wird mich in den nächsten fünf Minuten dazu bewegen meine Augen aufzumachen, um diese Aussagen mit einem Blick auf die Standuhr zu überprüfen.
>>Fait, Fait. Wach auf!<<, versucht ein Quälgeist wiederholt meine Aufmerksamkeit zu erlangen, während er/sie/es/Alien zu meinem Leidwesen dazu übergegangen ist an meiner Schulter zu rütteln. Dabei will ich eigentlich nur in Ruhe weiterschlafen, bei dem seltsamen Traum, den ich gestern Nacht hatte, muss mein Schlaf nämlich mehr als unruhig gewesen sein. Ich meine, welcher ausgeschlafene Geist denkt sich eine überfürsorgliche Mamabärspanierin, einen Tanz mit Daimon mit abschließenden Stirnkuss und Macens Outing als Homosexuellen aus? Kein Einziger, weshalb ich wohl oder übel meine tägliche Kaffeedosis von einen auf drei erhöhen muss, um richtig wach zu werden.
>>Wie konntest du das gestern nicht erwähnen, Fait? Das ist nicht nur eine kurze Erwähnung, sondern einen ganzen Monolog wert!<< Mittlerweile ist mein Gehirn aktiv genug, um Miri als nervigen Störenfried auszumachen und darüber hinaus auch noch zu dem traurigen Ergebnis zu gelangen, dass sie mich nicht mehr in Ruhe lassen wird. Murrend schlage ich die Augen auf, nur um nicht wie gewohnt an die weiße Wand auf der gegenüberliegenden Seite zu sehen, sondern auf ein rosanes Ungetüm, auf dem neben irgendwelchem schwarzen Gekritzel auch noch ein unförmiger Fleck aufgedruckt ist.
Was ist das denn?, frage ich mich, während ich ein paar Mal angestrengt blinzle, um meine leicht verklebten Augen dazu zu bringen, die deplatzierte Fläche vor mir verschärft wahrzunehmen. Eine Handlung, für die ich mich nur wenige Sekunden später ohrfeigen könnte. Verdammt, bekomme ich eine kurze Zeitreise mit anschließendem Zeiteinfrierer geschenkt, um zurück in die süße Unwissenheit zu gleiten? Nein? Das wäre dann nämlich meine Rettung vor der knallharten Realität gewesen, die mir in diesem Moment offenbart, dass der vermeintliche Traum gar kein Traum war.
Woher mein verschlafenes und noch nicht vollfunktionsfähiges Hirn das wissen soll? Ganz einfach, der unförmige Klecks in der Mitte der Schweinchenfarbe ist nämlich auch nicht das, was ich zuerst vermutet hatte, sondern ein Bild von mir und Daimon, der gerade seinen Mund auf meine Stirn presst. Drumherum das schwarze Gekritzel alias ein weiterer hirnloser Faimon-Artikel, den ich mir lieber nicht zu Gemüte führen möchte.
>>Also Fait, wir machen es jetzt folgender Maßen: Ich höre endlich auf zu reden, damit dein müdes Ich seine Morgenstille genießen kann, aber danach erzählst du mir haarklein, was genau passiert ist, okay?<<
Am liebsten würde ich mich einfach in meinem Bett vergraben, aber das würde dann auch bedeuten, dass ich mir am frühen Morgen das Gequatsche eines anderen antun müsste und dafür bin ich nun wirklich nicht geschaffen. Denn, zum Leidwesen meiner Mitmenschen, gehöre ich zu der Morgenmuffelmafia und bin morgens nur mit viel Geduld und Stille ertragbar. Zwei Dinge, die in diesem Moment nur mit sehr viel Fantasie auf Miri zutreffen, weshalb ich mich kapitulierend aus dem Bett quäle und damit beginne meine Morgenroutine durchzuziehen. Dass meine Zofe dabei in meinem Zimmer summend staubwedelt und nur darauf wartet, dass ich aus dem Bad gekrochen komme, versuche ich einfach auszublenden.
Stattdessen versuche ich meine Gedanken zu ordnen und die Erinnerungen an gestern weitestgehend zu vermeiden. So viel Neues und Chaotisches passt einfach nicht in mein Wattehirn. Außerdem möchte ich es noch kurze Zeit genießen, mich nicht mit irgendwelchen Problemen und Fragen herumquälen zu müssen. Schließlich bin ich aber leider mit Anziehen, Haare bürsten und etwaigen anderen Beschäftigungen im Bad fertig, was mir das Ignorieren des vergangenen Abends eindeutig schwerer macht.
Besonders, da ich jetzt gezwungener Maßen die Tür zum Badezimmer öffnen muss, damit ich den Preis für meine heilige Morgenstille, in Gestalt einiger Informationen abbezahlen muss. >>Also, erzählst du mir jetzt, was genau passiert ist?<<, fragt Miri aufgeregt, bevor ich auch nur einen Schritt in mein Zimmer machen kann. >>Ich muss nämlich ehrlicher Weise zugeben, dass ich neugieriger auf deine Version der Geschehnisse bin, als es für eine Zofe erlaubt sein sollte. Ich hoffe, du kannst mir diese Indiskretion und meine zügellose Neugierde irgendwann verzeihen. Aber erst -<<
In diesem Moment meint es das Schicksal anscheinend wirklich gut mit mir, denn Miris Satz wird durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Wer auch immer du bist, bitte rette mich vor dieser Fragestunde, bete ich, bevor ich an meiner Zofe vorbei zur Tür gehe und diese mit einem Ruck öffne.
>>Oh, hey. Ich glaube, wir haben noch einige Dinge zu besprechen, Flämmchen<<
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Hey Leute,
ich habe irgendwie das Gefühl, das einige von Euch gerade ihre Messer schärfen, weil ich Euch keinen richtigen Kuss geliefert habe...
Vielleicht liege ich dabei aber auch falsch....
Na ja, oben habe ich euch jedenfalls das Lied verlinkt, dass ich mir dazu vorstelle
Man liest sich!
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