Kapitel 16
Im Speisesaal herrscht reges Treiben. Überall erzählen die Erwählten aufgeregt von ihren Kleidern oder diskutieren über die richtigen Laufstegposen. Besonders gefragt ist dabei natürlich Trish, die mit ihrem Modeldasein ein gefundenes Fressen für die Horde aufgewühlter Damen ist. Ich verdrehe die Augen. Als ob meine Schwester irgendjemand wertvolle Tipps liefern würde. Der Laufsteg ist ihr Terrain. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass sie diesen Vorteil heute schamlos ausnutzen möchte. Nächstenliebe zu leisten steht daher ganz sicher nicht auf ihrer To-Do-Liste.
Ihre Haltung, die ich zuhause so oft wie möglich analysiert habe, zeigt mir deutlich wie angefressen sie ist, dass bisher noch kein Prinz auf ihre makellose Visage hereingefallen ist. Neben den offiziellen Dates, die von den Kameraleuten begleitet werden, steht es den drei Männern natürlich auch frei sich ansonsten mit den Erwählten zu treffen. Eine Tatsache, die die Prinzen anscheinend auch schon ausgenutzt haben. Nur nicht bei Trish.
Dass sie noch keinen weiteren Anschlag auf mich verübt hat ist ein echtes Wunder. Besonders da ihre Blicke, die zuhause meist abschätziger Natur waren, nun immer mehr mit einer Messerattacke auf meine Augen gleich kommen, so dass ich mir nie sicher sein kann, ob sie mir nicht demnächst im Schlaf die Kehle durchschneidet. Okay, vielleicht ist das ein bisschen übertrieben. Aber schließlich kenne ich sie nicht gut genug, um einen Mord auszuschließen.
>>Ich kann nicht fassen, dass du schon siebzehn Jahre mit der da unter einem Dach lebst<<, stellt Cassie fest, die wohl bemerkt haben muss, auf welcher Person gerade mein Augenmerk liegt. >>Ja, ich die meiste Zeit auch nicht<<, gebe ich zu und ergänze in Gedanken: ,,Aber noch unglaublicher ist die Tatsache, dass wir die gleichen Gene teilen". Manchmal wünsche ich mir wirklich, ich könnte mit jemanden über alles reden. Und dieses Alles bezieht auch meine besonderen Fähigkeiten mit ein. Wie oft war ich schon kurz davor Rocelyn endlich die Wahrheit zu sagen und habe mich dann doch nicht getraut? Unzählige Male. Doch immer bevor die Worte aus meinem Mund strömen konnten, war da dieser kleine, hartnäckige Zweifel, der mir die alles entscheidende Frage stellte: Was ist, wenn sie mich dann nicht mehr lieb hat? Nächtelang hat mich die Antwort darauf gequält oder eher gesagt der Zustand die Antwort darauf nicht zu finden.
Schnell löse ich meine Hand von meinem Glas Wasser. Auf der Oberfläche hat sich schon eine kleine Eisblume gebildet, die ich am liebsten mit einem Hitzestrahl entfernt hätte. Leicht panisch werfe ich der einzigen Person, die die Veränderung bemerken könnte, einen Blick zu. Doch Cassie ist zu sehr damit beschäftigt die anderen Erwählten zu beobachten und gleichzeitig eine vollbeladene Gabel nach der anderen zu ihrem Mund zu führen, als dass sie die Eiszeichnung auf der klaren Oberfläche bemerken könnte. Langsam befreie ich die angehaltene Luft aus meinen Lungen.
Keine melancholischen Gedanken in der Öffentlichkeit rüge ich mich und umschließe das Trinkgefäß mit meinen mittlerweile wieder lauwarmen Händen, um den Tauprozess zu beschleunigen. >>Bist du eigentlich schon aufgeregt wegen heute?<<, frage ich und versuche mich mittels eines Gesprächs von meinem kleinen Patzer abzulenken. Wenn die anderen Mädchen sich nicht immer ans andere Ende der langen Tafel quetschen würden, um uns aus dem Weg zu gehen hätte das ordentlich ins Auge gehen können, denke ich, schiebe den Gedanken aber sofort außer Reichweite. Das Geschehene lässt sich sowieso nicht mehr ändern. Außerdem ist schon jetzt nichts mehr von dem Vorfall zu sehen, wie ich bei einem kurzen Blick auf das Glas feststellen kann.
>>Und wie<<, seufzt Cassie. >>Ich muss ständig daran denken, was alles schief gehen könnte. Ich habe so etwas noch nie gemacht und allgemein fühle ich mich unwohl, wenn so viele Blicke auf mich gerichtet sind. Ich bin für so was einfach nicht geschaffen<<, gesteht sie und schaut mir bei den letzten Worten direkt in die Augen. In dem olivgrün spiegeln sich so viele Gefühle wider- Angst, Selbstzweifel, Verletzlichkeit-, dass ich gar nicht anders kann als sie von der Seite aus zu umarmen. >>Keine Sorge, du schaffst das. Du bist wunderschön, hast ein tolles Lächeln und kannst gerade aus laufen. Es gibt nichts, was schief gehen könnte. Außerdem woher willst du wissen, dass überhaupt Leute live zusehen?<<, versuche ich sie zu ermutigen. Ich wusste, dass Cassie schüchtern sein kann, trotzdem hatte ich keine Ahnung wie viele Selbstzweifel sie mit sich herumschleppt. Und selbst ihre Schüchternheit habe ich nie als besonders ausgeprägt empfunden, da wir irgendwie gleich einen Draht zueinander gefunden haben.
>>Das sagst du doch nur so. Außerdem hat Ms. Swan doch gesagt, dass einige Persönlichkeiten in der Nähe für dieses Ereignis anreisen werden, jedoch nicht länger als für die Dauer der Modenschau und der Verkündung bleiben. Hast du ihr etwa zu dem Zeitpunkt auch nicht zugehört?<<, fragt Cassie gespielt vorwurfsvoll, was ihre Miene etwas aufhellen lässt. >>Muss ich wohl verpasst haben. Hast du eigentlich schon die Bühne gesehen, die einige Männer während dem letzten Tag aufgebaut haben?, stelle ich eine Gegenfrage.
>>Natürlich. Nicht jeder ist so unaufmerksam wie du in Ms. Swans Unterricht<<, schießt sie lächelnd zurück und knufft mir in meinen Arm, der immer noch um ihre Schultern liegt. Sofort rücke ich etwas von ihr ab. >>Hey, gib es zu, du würdest am liebsten auch ihr gesamtes Gelaber verpassen, bist aber zu verantwortungsvoll und vernünftig, um es wirklich zu tun<<, provoziere ich sie, da es anscheinend genau das ist was sie gerade braucht. Ablenkung und eine gute Freundin. >>Hast du schon mal daran gedacht, dass ich mir ihr Gerede nur anhöre, um meine unaufmerksame Freundin mit den wichtigsten Informationen zu füttern? Ohne mich wärst du doch sicher immer noch der Meinung dein Kleid, einem leeren Park ,samt Prinzen und ein paar Kameras zu präsentieren<<, hält sie dagegen und setzt ihren Gib-Es-Zu-Ich-Habe-Gewonnen-Blick auf. Und es stimmt, auf ihre Aussage weiß ich wirklich nichts zu erwidern, außer vielleicht, dass ich wirklich nicht weiß, was ich ohne sie tun würde.
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Meinen Mittag verbringe ich zusammen mit Cassie in der Bibliothek. Die vielen Bücher scheinen sie zu beruhigen und auch ich kann meine aufkeimende Aufgewühltheit so unterdrücken. Während die Modenschau mich beim Mittagessen noch völlig kalt gelassen hat, bahnen sich nun immer mehr Steine in meinen Bauch. Jedenfalls fühlt es sich so an. Genauso wie für Cassie, ist das eine völlig neue Erfahrung für mich. Denn heute werden mir nicht nur fremde Menschen hinter Fernsehbildschirmen zusehen, sondern auch reale Personen, die neben dem Laufsteg stehen und zu mir aufblicken. Ein einschüchternder Gedanke, wenn ihr mich fragt.
Als Cassie und ich schließlich zum Damensalon aufbrechen, um uns fertig zu machen, wünsche ich mir sehnlichst meine Gelassenheit vom Morgen zurück. Die Tatsache, dass wir uns nicht allein in unseren Zimmern fertig machen können, sondern dazu angehalten sind dies zusammen mit allen anderen Erwählten bei laufender Kamera zu tun, beruhigt mich gelinde gesagt kein Stück. Besonders bei dem Tohuwabohu, das uns hinter der Tür des Damensalons entgegen schlägt. Der Raum ist, wie die meisten anderen im Schloss riesig und erinnert an einen Friseurladen. Überall stehen Waschbecken und Schminktische, außerdem kann ich weiter hinten im Raum eine Garderobe mit in Schutzhüllen geschlagenen Kleidern und mehrere Trennwände sehen.
Doch wen interessiert schon die Einrichtung, wenn hier gerade das absolute Chaos herrscht. Obwohl Cassie und ich pünktlich sind, scheinen alle Erwählten schon anwesend zu sein. Die meisten Schminktische und Waschbecken sind schon voll im Betrieb und in dem Raum herrscht eine Lautstärke, die bei mir im Laufe des Abends sicher Gehörschäden verursachen wird. Die Luft im Raum ist stickig und gefüllt von einem undefinierbaren Duft, der seine Ursache wahrscheinlich in unendlich vielen Parfums, Shampoos und anderen Pflegeprodukten hat. Jede verfügbare Fläche wurde scheinbar zu einem Ablageplatz ernannt, denn überall türmen sich Make-up Artikel, Haarnadeln und anderer Kram. Und in all diesem Chaos steht das Kamerateam und eine Moderatorin, die alles haarklein für die Öffentlichkeit festhalten.
Am liebsten möchte ich sofort die Kurve kratzen, doch in diesem Moment sehe ich wie der hellblonde Haarschopf meiner Zofe sich durch die Menge zu uns durchkämpft. Im Schlepptau eine hübsche Rothaarige in meinem Alter, die ich anhand der Kleidung als Zofe oute. >>Da seid ihr ja<<, ruft mir Miri zu, als sie vor uns steht. Eigentlich möchte ich gerade ansetzten, um zu betonen, dass Cassie und ich auf die Minute pünktlich sind, doch da werde ich schon von meiner Zofe mit den Worten ,,Wir haben euch im hinteren Bereich einen Platz reserviert" mitgezogen. Euch?, frage ich mich und drehe mich zu Cassie um, die von der Rothaarigen in die gleiche Richtung geführt wird wie ich.
Ohne von jemandem überrannt zu werden, schaffen wir es zu zwei Schminktischen, die tatsächlich noch unbesetzt sind. Sofort befiehlt mir Miri mein Kleid hinter einen der Trennwände anzuziehen und reicht mir zusätzlich einen flauschigen Bademantel. Ich seufze. Es wird sicher Stunden dauern bis meine Zofe mich aus ihren Klauen entlässt. Und scheinbar scheint sie heute darauf aus zu sein, uns beide zu stressen.
Nachdem ich jegliches Zeitgefühl verloren habe, sind meine Haare gewaschen, getrocknet und frisiert. Miri und ich haben uns dafür entschieden meine Haare zu Locken zu drehen, um danach die vorderste Partie an meinem Hinterkopf zu befestigen und ich muss sagen, dass das eine gute Wahl war. Leider sind wir nicht immer einer Meinung. Gerade ist nämlich schon wieder eine Diskussion über mein Make-up zwischen uns ausgebrochen. >>Wozu muss ich mich schminken, das sieht man auf dem Laufsteg eh nicht<<, stelle ich in diesem Moment fest. Ich bin kein großer Fan von Make-up. Das Einzige, was jemals schon den Weg auf mein Gesicht gefunden hat sind Lipgloss und mein geliebter Kajal. Da ich aber der Rosa-Kajal-Kombination etwas kritisch gegenüberstehe, fällt dieser wohl weg. >>Natürlich sieht man das. Außerdem würde ich das Make-up auch wirklich dezent halten<<, verspricht mir meine Zofe. Und da ist sie wieder, die Stirnfalte der Verzweiflung. Ob andere diese auch so oft zu sehen bekommen wie ich?
>>Was ist denn deine Definition von dezent?<<, frage ich vorsichtig. Aus Erfahrung weiß ich, dass das ein sehr dehnbarer Begriff ist. >>Ich würde, ein bisschen Foundation auftragen, um deine ebenmäßigen Züge zu unterstreichen. Deine Wangen mit Highlighter hervorheben und Wimperntusche auftragen. Außerdem finde ich wir sollten silbernen Lidschatten auf das Augenlid auftragen und...<<, erklärt Miri und dreht dabei mein Gesicht immer wieder in eine andere Richtung. Ich verstehe bei ihrer Erklärung zwar durchweg Bahnhof, aber bei einer Sache bin ich mir sicher ,,dezent" ist für mich etwas anderes. Genervt unterbreche ich sie. >>Das nennst du dezent?<<, meine ich rhetorisch, weshalb es noch ein bisschen dauert bis wir uns schließlich auf Lipgloss und Wimperntusche einigen.
Als letztes lege ich die ausgesuchten Accessoires an, bevor ich wieder in den Bademantel schlüpfe. Ich scheine vor allen anderen fertig zu sein, denn die Erwählten sitzen alle noch steif vor den Schminktischen und lassen ihre Zofen stumm an sich herumwerkeln. Auch Cassies Zofe ist immer noch dabei, die komplizierte Hochsteckfrisur meiner Freundin zu vollenden.
Immer noch ist die stickige Luft und die aufgeregte Atmosphäre alles andere als förderlich für meine eigenen Nerven, weshalb ich unter Miris Protest beschließe, kurz vor die Tür zu gehen. Sobald ich draußen angelangt bin ziehe ich die frische, unverbrauchte Luft tief in meine Lungen. So langsam steigt meine Aufregung. Bis zur Modenschau kann es schließlich nicht mehr lange hin sein. Ich seufze. Mein Gott bin ich froh, wenn dieser Trubel vorbei ist, denke ich.
>>Was machst du denn hier draußen? Solltest du dich nicht fertig machen?<<, fragt mich eine Stimme von der Seite, die mich augenblicklich zusammenzucken lässt. Schweratmend lege ich mir die Hand auf die Brust, in der mein Herz einen wilden Hüpfer macht. >>Meine Güte hast du mich erschreckt<<, erwidere ich und drehe mich zu Macen um. Wieder höre ich seine Worte von gestern im Kopf, die ich bis eben ganz wunderbar verdrängt habe. >>Tut mir leid. Ich dachte, du wärst geistig anwesend<<, neckt er mich, worauf ich nur die Augen verdrehen kann. Vielleicht war ich etwas in Gedanken versunken, aber das ist noch kein Grund sich einfach an mich heranzuschleichen.
>>Also?<<, spricht er auf seine Fragen von vorher an. >>Ich musste nur mal kurz Luft schnappen. Du glaubst gar nicht wie stickig die Luft dort drinnen ist. Außerdem haben ich und meine Zofe uns eine Pause redlich verdient. Wir sind gerade eben fertig geworden<<, antworte ich so lässig wie möglich. Er soll ja nicht glauben, seine kleine Wortdarbietung hätte irgendetwas zwischen uns geändert. Das hat es nämlich nicht – hoffe ich zumindest. So sicher bin ich mir da eigentlich nicht, sonst würde ich seinen Worten nicht so viel Beachtung schenken, oder? Argh, dabei möchte ich doch gar nicht, dass sich irgendwas ändert. In den wenigen Tagen hat sich eine beginnende Freundschaft zwischen uns entwickelt und diese möchte ich nur ungern gleich wieder verlieren.
>>Du willst aber nicht im Bademantel über die Bühne spazieren, oder?<<, fragt er und auf seinen Lippen bildet sich sein gewohntes spitzbübisches Grinsen, bei dem man ihm am liebsten mit der Bratpfanne eins überziehen möchte. >>Natürlich nicht<<, meine ich gespielt entrüstet. >>Ein so nettes Mädchen wie ich würde es doch niemals wagen das Motto mit einem weißen Bademantel zu sprengen<<
>>Oh wie konnte ich das bloß vergessen<<, spielt Macen mit, doch im nächsten Moment verschwindet sein Lächeln. >>Jetzt aber mal ein anderes Thema. Ich würde heute liebend gerne wieder mein Date an dich übergeben und...<< Rüge unterbreche ich ihn. >>Nein, auf gar keinen Fall. Das wäre ungerecht gegenüber den anderen Mädchen. Außerdem kannst du dich nicht einfach an meine Seite tackern und die ganzen anderen hübschen Erwählten außer Acht lassen. Heute Abend wirst du wohl eine andere Verabredung finden müssen. Haben wir und verstanden?<<, predige ich und suche mit strengen Blick nach einem Anzeichen von Auflehnung in seinem Blick.
>>Du hast recht. Das wäre das einzig Vernünftige<<, seufzt der Prinz geschlagen. >>Trotzdem werde ich heute nur Augen für dich haben<<, verspricht er und läuft dann mit seinem Geleitschutz im Schlepptau einfach so davon. Mit offenem Mund stehe ich da. So langsam gehen mir seine dramatischen Abgänge echt auf den Keks. Ich meine, kann er sich nicht wie normale Menschen mit einem ,,Bis später" verabschieden? Nein, er muss ja mit irgendeiner klischeehaften Kitschfloskel seinen melodramatischen Abgang perfektionieren.
Vor mich hin fluchend mache ich mich auf den Weg zurück zu meinem Schminktisch. Kaum dass ich angekommen bin, wirft mir Miri schon ein >>Da bist du ja endlich. Wir wollten gerade zur Bühne aufbrechen<< entgegen. >>Oh Gott, Fait. Ich bin so aufgeregt. Meine Knie fühlen sich an wie Wackelpudding. Wie soll ich es bloß bis zum Ende des Laufstegs und zurück schaffen?<<, äußert sich Cassie und stoppt gleichzeitig mit ihrer Hand die Blutzufuhr in meinem Arm. Beim Kampfgott, hat das Mädchen einen festen Händedruck.
>>Keine Sorge, du schaffst das. Wenn du erst mal auf der Bühne stehst und dir alle zujubeln ist die Aufregung nur noch Nebensache<<, meine ich und setze gedanklich noch ein ,,denke ich" hinzu, das in dieser Situation sicher nicht so gut bei Cassie angekommen wäre. In Wahrheit habe ich überhaupt keine Ahnung von Bühnenauftritten. Die größte Menge vor der ich jemals aufgetreten bin, waren circa fünfzig Personen. Aber die Kämpfe im ,,Fight and Art Club" habe ich schließlich ständig ausgetragen und außerdem habe ich dabei eine meiner Leidenschaften betrieben. Etwas in dem ich auch wirklich gut bin. Nicht so wie jetzt. >>Ich hoffe du hast recht<<, murmelt meine Freundin, die sich immer noch an meinem Arm festkrallt.
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>>Stellt euch bitte in einer Reihe auf. Die Show wird in Kürze beginnen<<, schallt die Stimme von Ms Swan – wie soll es auch anders sein- durch den Backstagebereich des Laufstegs. Neben mir atmet Cassie zittrig ein und aus. Auch mir würde eine Beruhigungstablette jetzt nicht schaden. Im Sekundentakt verlagere ich mein Gewicht von einem Bein auf das Andere und ich muss dem heftigen Drang wiederstehen auf meiner Unterlippe herum zu kauen. Auf der einen Seite möchte ich meinen ersten Auftritt als ,,Model" so schnell wie möglich hinter mich bringen, während ein anderer Teil von mir der Meinung ist, dass sich dieser Moment noch etwas hinauszögern sollte.
Bevor ich noch weiter mein Gefühlschaos bewerten kann, erregt jedoch der Streit, der um die Reihenfolge ausgebrochen ist, meine Aufmerksamkeit. Auf einmal scheinen alle das Wort ,,Manieren" vergessen zu haben. Nicht dass ich einer von ihnen die richtige Buchstabierweise zugetraut hätte, dennoch bin ich normaler Weise Ms. Swans schlechteste Schülerin, was die Einhaltung dieses Begriffs anbelangt.
Doch im Kampf um den Platz als erste Starterin, scheinen den Erwählten auch undamenhafte Verwünschungen und trotziges Fußaufstampfen recht zu sein. Nicht dass ich mich beschweren möchte, eigentlich ist dieser wortwörtliche Zickenkrieg eine unterhaltsame Ablenkung. Auch wenn mir einige wütende Ausstöße die Ohren klingeln lassen und der Spruch ,,Die Welt ist ein Irrenhaus und hier ist die Zentrale" niemals besser gepasst hat.
>>Meine Damen. Sie werden sich jetzt unverzüglich in Reih und Glied aufstellen. Ihr Verhalten ist absolut unschicklich<<, durchbricht eine wütende Stimme das Tohuwabohu. Ich glaube es ist nicht erwähnenswert, dass diese Stimme zu Ms. Swan gehört, die gerade wieder ihre berühmt, berüchtigten Stufen der Wut durchlebt – Atmen alla kaputte Dampflock, verzweifelte Miene und zuletzt die ausschlagartige Röte, die sich in ihrem Gesicht ausbreitet. Würdet ihr das gerade live miterleben, würde ich euch raten wegzusehen. Ich bin mal wieder schon zu hypnotisiert von diesem verstörenden Anblick, dass ich meinen eigenen Rat befolgen könnte.
Sofort scheint sich niemand mehr dafür zu interessieren, ob er nun an sechster oder an dritter Stelle den Laufsteg betritt und es formt sich eine lange Schlange. Ich und Cassie reihen uns relativ weit hinten ein und warten darauf, was nun passiert. >>Geht doch<<, zischt Ms. Swan sichtlich um Fassung bemüht. Und dieses Mal bin ich noch nicht mal die Ursache dafür. Hätte ich einen Kalender mit ins Schloss genommen, hätte ich mir sicherlich noch heute Abend ein dickes, fettes Kreuz neben diesem Tag gemacht, doch diese Aktion muss wegen mangelnden Utensilien wohl leider ausfallen.
>>Jetzt zum Ablauf. In wenigen Minuten beginnt die Modenschau. Eine Moderatorin wird die Show eröffnen und euch dann der Reihe nach aufrufen. Ihr lauft bis zum anderen Ende des Laufstegs und tretet nach einigen Posen den Rücktritt bis hierher an. Sobald euch eine Läuferin passiert – und nur dann – lauft ihr los. Die Nennung eures Namens kann auch nach dem Loslaufen erfolgen. Das ist kein Problem, achtet nur auf die Rückkehr eures Vordermanns. Verstanden?<<, trichtert uns unsere Lehrerin haarscharf ein. Klingt doch eigentlich ganz simpel, denke ich. Vielleicht ist meine Aufregung unbegründet.
>>Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du dich traust mit einer Lederjacke die Bühne zu betreten, während ich mir nicht mal sicher bin, ob ich mutig genug bin überhaupt einen Schritt auf den Laufsteg zu setzen<<, flüstert mir Cassie zu. Meine Lippen verziehen sich zu einem Lächeln. Sie war ganz schön überrascht, als sie mein Outfit zum ersten Mal gesehen hat. Anders als Miri aber eher positiv als negativ. ,,Glaub mir, wir schaffen das", meine ich leise. Es hat mir schon immer geholfen andere zu beruhigen, wenn ich selbst vor Aufregung fast durchdrehe. Obwohl ich eigentlich nur geradeaus laufen muss.
Doch bevor ich mir weiterhin Gedanken über meine Gefühle machen kann , schallt die Stimme einer Moderatorin durch die davor herrschende Stille. >>Herzlich Willkommen, an alle die live und zuhause mit dabei sind. Und natürlich auch ein herzliches Willkommen an die drei Prinzen. Heute findet die angekündigte Modenschau zum Thema ,,rosa" statt. Danach werden wir ein paar Interviews halten. Außerdem kommt im Anschluss die Entscheidung, welche Damen das Schloss heute noch verlassen müssen und welche eines der offiziellen Dates erringen. Jetzt will ich sie aber nicht länger auf die Folter spannen. Wir kommen zur ersten Dame des heutigen Abends: Trish Montgomery<<, kündigt eine Frau euphorisch an.
Ich verdrehe die Augen. Natürlich, hat Trish den kleinen Zickenkrieg von vorhin für sich entschieden. Ich lehne mich ein bisschen nach rechts um einen Blick auf ihr Outfit zu erhaschen und starre entsetzt auf den Tüllfetzen, den sie trägt. Wenn ich ihre anderen Kleider schon für übertrieben hielt, toppt das hier noch einmal alle Vorgänger. Es ist um die Taille eng wie ein Korsett, während der Rock weit ausgestellt ist. Das Kleid scheint zu achtzig Prozent aus Tüll zu bestehen und die Blumengirlanden, die auf den Saum und den Dekolletébereich genäht sind, setzen dem Ganzen noch die Plastikkrone auf. Apropos Krone, die trägt sie natürlich im teurem Edellook auf ihrem strohblonden Haupt, damit auch jeder sieht, dass sie äußerlich dem Wort ,,Prinzessin" Voll und Ganz entspricht. Wie konnte ich sie die ganze Zeit hinter der Bühne nur übersehen?
Die Antwort auf die Frage erhalte ich kurz vor meinem eigenen Auftritt. Nachdem die meisten Erwählten ihren Gang über den Laufsteg schon absolviert haben, kann ich sagen, dass protzige, übertriebene Kleider der letzte Schrei sind. Kein Wunder, dass Trishs Kleid dabei in der Menge untergegangen ist. Wobei ihres natürlich immer noch Platz eins der monströsen Stofffetzen ist.
Gerade kommt die nächste Erwählte von ihrem Trip zum Ende des Laufstegs zurück, was bedeutet, dass Cassie nun an der Reihe ist ihr Kleid zu präsentieren. Diese bleibt jedoch wie erstarrt stehen, so dass ich sie sanft am Rücken in Richtung Publikum und der Prinzen schiebe, die keine fünf Meter auf einer eigenen kleinen Tribüne thronen. Endlich scheint meine Freundin wieder Herr ihrer Sinne zu sein, denn sie setzt gekonnt einen Schritt vor den Anderen. Lächelnd sehe ich dabei zu wie sie in ihrem bodenlangen, roséfarbenem Kleid über die Bühne schwebt. Von hinten sieht ihre Hochsteckfrisur noch komplizierter aus als von vorne und ihr Auftreten in Kombination mit dem schlichten Kleid, zeugt von einer eleganten Schönheit. Ob mein Gang wohl auch so elfengleich aussieht? Ich bezweifle es. Dafür sind meine von der stabilen Kampfstellung geprägten Beine wahrscheinlich nicht grazil genug.
Gespannt beobachte ich die Reaktion der Prinzen, die ich von meiner Position als nächste Starterin endlich mal ansatzweise erkennen kann. Daimon spielt wie immer den idiotischen Griesgram, weshalb seine Miene strikt keine einzige Regung zeigt. Langweilig, denke ich und lasse meinen Blick weiter zu Adrien schweifen, der auf jeden Fall so aussieht als würde ihn das fesseln, was er gerade betrachtet. Ich hoffe doch schwer, dass sein Augenmerk auf Cassie liegt, aber von dieser Entfernung aus ist das schwer zu sagen. Ich möchte gerade den Letzten in der Reihe auf interessante Reaktionen überprüfen, als meine Aufmerksamkeit durch einen kurzen Aufschrei wieder zu Cassie gelenkt wird...
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Da das mit der Leser-Autoren-Beziehung, die ich gerne hier aufbauen würde, noch nicht so ganz funktioniert (*seufz*), stelle ich dieses Mal keine Frage.
Also....lasst gerne einen Vote oder einen Kommentar da (Ich verspreche Euch hiermit hoch und heilig, dass ich Kritik dankend annehmend werde und keinem von Euch den Kopf abreißen werde XD Nur wer sich darüber Sorgen machen sollte)
Dann bis zum nächten Mal <3
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