Teil 11
Atarah verließ den eigenartig kleinen Laden, welcher gefüllt war mit Kräutern und toten Tieren. Flaschen, dessen Inhalt den Tod versprachen und schmutziger Staub, der bis in ihre Lungen gedrungen war. Noch immer angeekelt von dem Inhalt der Gläser in dem Laden und dem beißenden Gestank, zog sie sich die Kapuze tiefer in die Stirn und lief die Straße bis zu einer kleinen Gasse entlang, wobei sie augenblicklich an ihren Dolch in ihrem Mantel griff, als ihr ein Mann entgegen humpelte.
Erst als er sein schweißnasses Gesicht hob, erkannte sie den Prinz vor sich, der schmerzerfüllt grinste. Bevor sie verstand was los war, begann er zu schwanken und fiel unsanft auf den kalten Steinboden.
Atarah verhinderte noch rechtzeitig, dass er seinen Kopf auf dem Stein aufschlug, in dem sie ihn auffing.
>>Avel?<< stieß sie aus und sah hilfesuchend um sich. Erhob sich leicht bei dem Versuch um Hilfe zu bitten, doch sein Arm legte sich fest um ihr Handgelenk. >>Nicht. Ruf niemanden.<< verlangte er atemlos und brachte Atarah damit in eine missliche Lage. Was sollte sie tun? Er war schwer und das Blut, welches durch sein dunkelgrünes Hemd sickerte bewies, dass er schwere Verletzungen haben musste.
>>Du brauchst Hilfe. Avel du blutest.<< hörte sie sich mit Nachdruck sagen und fragte sich für einen Moment, warum die Sorge in ihr so tief gehend war.
>>Nicht. Es wird nur schlimmer, wenn..<< brach er ab und schloss leicht seine Augen. Atarah fluchte innerlich, als sie versuchte ihn auf die Beine zu hieven. >>Dann lauf. Denn wenn ich es nicht schaffe dich zu mir zu bringen, hole ich Hilfe.<<
Die Drohung schien zu wirken, denn er ließ sich tatsächlich hochziehen und stützte sich halb auf ihr, während seine Hand sich an die Wand der Gasse presste. Müll stapelte sich in jeder Ecke, aus denen Rattengeräusche drangen und da der Boden völlig verdreckt war, war sowohl die Kleidung von Avel endgültig ruiniert, wie der Saum von Atarahs schwarzem Kleid. Völlig verdreckt und verwirrt, stützte sie Avel und zog ihn mit sich. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis sie endlich vor der Haustür standen und von einer noch verwirrteren Mrs Oizys reingelassen wurden.
Auch sie half Atarah dabei den Prinzen hinauf in ihr Zimmer zu bringen, sodass sie ihn auf den Bauch legen konnten. >>Danke Mrs Oizys. Ich übernehme ab hier.<<
>>Ich hole dir vorher noch Verbandszeug meine Liebe.<< teilte sie Atarah mit, als ihr Blick auf den schon rot getränkten Stoff fiel, welcher noch immer Avels Rücken bedeckte.
Erst als Mrs Oizys zurück kam und dann abermals den Raum verließ, schloss Atarah die Tür ab und trat an das Bett, auf dem Avel halb bewusstlos lag. Sie schluckte die Fragen hinunter, griff nach einer Schere in der Schublade ihres Schminktisches, bevor sie das Hemd aufschnitt. Atarah sog scharf die Luft ein, als sie sah in welchem Zustand er war.
Sein gesamter Rücken war eine Landkarte des Leides. Striemen zierten es. Helle, rote und Blutverkrustete. Sie waren so tief, dass sie fast glaubte die Knochen unter seiner Haut zu erkennen. Es war schrecklich, wodurch sie für einen Moment Wut verspürte. Welches Monster war dazu in der Lage? Und das immer wieder?
>>Bitte. Du darfst sie nicht behandeln.<< flüsterte Avel. >>Avel. Das muss behandelt werden, du..<< setzte sie an, aber er drehte sich zischend seitlich.
>>Er wird es wieder tun, wenn ich es behandeln lasse.<<
>>Wer wird es wieder tun?<< fragte sie, während sie noch immer die Schere in ihrer Hand hielt und die Wut versuchte hinunter zu schlucken. >>Mein Vater Atarah.<<
Ihr Herz zerbrach in tausend Stücke, als sie den Mann vor sich liegen sah, den sie so sehr zu hassen glaubte. Sie hatte ihn verurteilt und benutzt, ohne zu ahnen wie es war, einen Tyrannen als Vater zu haben. Vorsichtig sank sie auf die Knie und zwang sich ihren Blick von seinem Rücken zu lösen. >>Avel.<< setzte sie an, bevor sie schwer schluckte.
>>Er hasst mich.<<
Sie sah ein weiteres mal auf seinen Rücken und verspürte unbändigen Mitleid mit ihm. Der Hass des Königs muss enorm sein, wenn er tatsächlich in der Lage war seinem Erben so etwas anzutun.
Vorsichtig streckte sie die Hand nach ihm aus. Legte diese auf seine Hand, die er sofort in seine nahm. Sah dabei zu, wie sein Atem flacher ging und wie er mit seinen Emotionen zu kämpfen versuchte.
>>Darf ich einfach meine Augen schließen, während du hier bist? Nur für einen Moment?<<
Abermals schluckte Atarah schwer und drückte seine Hand. >>Schließ die Augen.<< flüsterte sie und spürte eine kleine Erleichterung, als seine Mundwinkel sich zu einem Lächeln anhoben.
Mit der größten Selbstbeherrschung, die sie besaß, zwang sie sich die Decke über ihn zu legen und die Wunden nicht zu behandeln.
Still und voller Zorn saß sie an ihrem Bett, in dem der Prinz nun lag und fragte sich, was für Leid ihm wohl widerfahren war unter dem Griff des Königs. Fragte sich, warum der Durst nach Rache sich um ein Hauch veränderte und warum sie nun auch Avels Gesicht neben das von ihren Eltern sah, während die letzten Atemzüge des Königs seine Lungen verließen.
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