Kapitel 17 ~ Die Quidditchweltmeisterschaft
Helena
In den vergangenen drei Wochen habe ich mit Dad die Welt bereist. Nachdem er so lange eingesperrt gewesen war, drängte es ihn danach jeden Tag etwas Neues zu entdecken und seine Freiheit zu genießen. Soweit ich weiß, ist die Adoption zwar nicht rückgängig gemacht worden, aber das Ministerium hat Dad noch, während ich in bewusstlos gewesen war, das alleinige Sorgerecht zugrückgegeben. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt wieder bei meinem eigentlichen Namen genannt zu werden.
Vor ein paar Stunden sind wir wieder nach England zurückgekehrt und auch wenn ich am liebsten den Rest meiner Ferien mit Dad verbringen würde, hat er mich dazu überredet die Einladung zu Quidditchweltmeisterschaft der Malfoys anzunehmen. Ein kleiner Teil von mir hat ein schlechtes Gewissen, weil ihre Einladung ausdrücklich nur an mich gerichtet ist. Aber Dad wird die Zeit meiner Abwesenheit mit Remus verbringen. Auch sie haben viel aufzuarbeiten und nachzuholen.
Am nächsten Morgen holt mich Tante Cissy ab und sofort nehme ich die gereizte Stimmung der beiden Erwachsenen wahr. Aber solange sie tolerieren, dass ich beide Teile der Familie in meinem Leben haben will, werde ich sie nicht zwingen miteinander auszukommen.
„Viel Spaß beim Spiel", ruft Dad mir noch zu, dann appariert Tante Cissy auch schon mit mir, ohne mir die Chance zu geben mich von ihm richtig zu verabschieden.
Mit großen Augen beobachte ich die Menschen um mich herum und sauge begierig die Stimmung in mich auf. Hier ist so viel Leben und die Begeisterung der Menschen ist ansteckend. Voller Vorfreude folge ich Draco und Lucius zu unseren Plätzen, während ich mich entspannt mit Tante Cissy unterhalte. Ihre ruhige Art lenkt und schirmt mich von den vielen Einflüssen um mich herum ab. Gerade erzählt sie mir von einem Ball, für den ich unbedingt ein Kleid brauchen werde. Aber wir haben dieses Gespräch bereits so oft geführt, dass ich sie nicht mehr ernst nehmen kann. In ihrer Jugend wurden mehrmals im Jahr Bälle veranstaltet, zu denen die großen Reinblutfamilien sich gegenseitig einluden, aber diese Tradition war nach Voldemorts Verschwinden eingeschlafen. Nun plant Tante Cissy jedes Jahr im Stillen für uns diesen alten Traditionen neues Leben einzuhauchen, aber bisher konnte sie ihre Pläne nicht realisieren.
Als wir die Loge betreten, verändert sich augenblicklich die Körperhaltung meiner Familie. Draco und Lucius richten sich stolz auf, während Tante Cissy genervt versucht Haltung zu wahren. Sofort sehe ich den Grund für ihr verändertes Verhalten. Auf der anderen Seite der Loge befinden sich die Weasleys inklusive Harry und Hermine. Natürlich beginnt Onkel Lucius sofort gegen Arthur Weasley zu sticheln. Genervt dränge ich mich an den beiden Malfoys vorbei, begrüße die Weasleys unbekümmert und lasse mich auf meinen Platz fallen. Dort versuche ich so wenig wie möglich aufzufallen. Denn abgesehen von der Gruppe um die Weasleys gibt es in dieser Loge niemanden, mit dem ich reden möchte. Nach einer Weile ist das Bedürfnis der Malfoys nach Selbstdarstellung gestillt und Draco setzt sich zu mir. Aber ich habe mich geirrt. Er hat noch lange nicht genug. Selbst als das Spiel angefangen hat, lästert er die ganze Zeit über die Weasleys, dabei sind sie keine zwanzig Schritte von uns entfernt. Meine Wangen glühen vor Scham. Warum muss er immer brav nachplappern, was Daddy ihm erzählt? Irgendwann kann ich sein selbstgerechtes Gerede nicht mehr ertragen.
„Verdammt, Draco!", fahre ich ihn unwirsch an. „Kannst du dieses Getue nicht ein einziges Mal lassen und dich zusammenreißen? Seit Wochen freue ich mich auf dieses Spiel und alles, was ich mitbekomme, ist dein Gemecker!"
Sprachlos schaut er mich an und verstärkt damit das ungute Gefühl, dass ich einen Fehler begangen habe. Ich hätte nicht herkommen dürfen. Gereizt wende ich mich von ihm ab, springe auf und schlendere ans andere Ende der Loge. Wie gebannt folgt George dem Verlauf des Spieles und als ich mich zwischen die Zwillinge quetsche, scheint er dies nicht wahrzunehmen. Automatisch rückt Fred beiseite und lächelt mich strahlend an. Die grünen Flecken in seinen braunen Augen scheinen durch die grüne Farbe in seinem Gesicht noch mehr zu leuchten als sonst. Sofort fühle ich mich besser.
„Danke, dass ich zu euch kommen durfte", sage ich in den allgemeinen Jubel und Freds Fingerspitzen zeichnen unsichtbare Linien auf meine Haut.
„Du kannst dich jederzeit wieder auf meinen Schoß setzen", neckt er mich und bevor ich widersprechen kann, verändert er leicht die Position seines rechten Beins, worauf ich fast auf den Boden falle. Aber sofort sind seine Arme da und halten mich fest.
„Träum weiter, Freddie", flüstere ich ihm ins Ohr, bevor ich lachend seine Hände abschüttle und aufstehe. Als ich aufsehe, verlassen die Malfoys gerade die Loge. Einen Augenblick überlege ich ihnen zu folgen, doch da schlingt Hermine ihre Arme um mich und erkundigt sich, ob ich noch eine kurze Zeit zu ihnen kommen möchte. Wenn mich die Malfoys in die Finger bekommen, werde ich sowieso Ärger bekommen. Also sage ich aus vollem Herzen zu.
Den ganzen Weg zurück zum Zelt der Weasleys wirft mir Ginny immer wieder nervöse Blicke zu und auch Hermine scheint nicht wirklich zu wissen, wie sie das Schweigen brechen soll. Ob sich die kleine Weasley an die Streiche erinnert, die ich ihr gemeinsam mit den Zwillingen gespielt habe? Hoffentlich nicht. Schüchtern erkundigt sich Ginny nach meinen Ferien. Sofort richtet sich mein Blick in weite Ferne und ich beginne ihnen von den Orten vorzuschwärmen, die ich mit meinem Vater besucht habe.
„Hast du deshalb auf keinen meiner Briefe reagiert?", erkundigt sich Hermine und ich nicke.
„Wir sind erst gestern Abend wegen der Weltmeisterschaft nach England zurückgekehrt und ich hatte noch keine Gelegenheit meine Post zu lesen", bestätige ich und dann erzählen mir die beiden Mädchen davon, was sie in den vergangenen Wochen getan hatten. Am liebsten würde ich Dad von diesem Abend erzählen, aber er ist bei Remus in Cornwall.
Bei den Weasleys vergesse ich alle Zeit. Irgendjemand stellt das Radio an und schon bald beginnen wir Mädchen in einer Ecke des Zimmers zu tanzen. Die Jungs sind noch immer vollkommen berauscht vom Spiel, von dem ich ehrlich gesagt kaum etwas mitbekommen habe. Erst hat Draco mich ständig abgelenkt, dann Freds Nähe. Ich kann immer noch nicht fassen, dass ich die ganze Zeit halb auf seinem Schoss gesessen habe. Immer wieder spüre ich seinen Blick auf mir, aber ich will dieses Gefühl der Sorglosigkeit auskosten, bis ich dieses Zelt verlassen und zu meiner Familie zurückkehren muss. Ich habe so viel Spaß wie schon lange nicht mehr.
Als Mr Weasley das Radio abschaltet und ich die ersten Schreie höre, ahne ich sofort, dass etwas Schreckliches geschehen wird. In der nächsten Sekunde sind Fred und George bei uns, Hermine stolpert aufgeregt zu Harry und Ron.
„Da draußen sind Todesser", bestätigt Mr Weasley meine Befürchtung und mir wird schlecht. Seine Worte verstehe ich nur noch gedämpft, als wäre mein Kopf unter Wasser. Plötzlich schlüpfen warme Finger zwischen meine und ziehen mich aus dem Zelt in Richtung Wald, fort von den Schreien der Muggel. Vor uns laufen Ginny und George. Krampfhaft klammere ich mich an Freds Hand und versuche mit seinen langen Beinen Schritt zu halten. Obwohl ich immer wieder ins Straucheln komme, zieht er mich unerbittlich immer weiter. Nach einer Weile habe ich die anderen vollkommen aus den Augen verloren. Immer wieder sehe ich mich suchend nach ihnen um. Kurz bevor wir den Wald erreichen, löst sich ein Schatten aus der Menge und kommt auf uns zu. Wie vom Donner gerührt bleibe ich stehen. Ich müsste rennen, aber ich kann mich nicht bewegen. Am Rande meines Bewusstseins spüre ich meine Erinnerungen ihre grausamen Hände nach mir ausstrecken. Drei weitere Schatten gleiten auf uns zu und mit einem Schlag wird mir klar, dass wir den Wald nicht rechtzeitig erreichen können. Wie von selbst taucht mein Zauberstab in meiner Hand auf und eine der maskierten Gestalten zögert kurz. Unauffällig versucht mich Fred hinter sich zu schieben, auch sein Zauberstab ist bereits auf die Näherkommenden gerichtet. Widerwillig lasse ich seine Hand los und wirble mit hoch erhobenem Zauberstab herum, als ich hinter mir einen Ast brechen höre. Ein vierter Todesser löst sich aus dem Wald. Wir sind umzingelt.
„Halt mir den Rücken frei, Freddie", scherze ich lahm und seine Fingerspitzen streifen sanft meinen Handrücken. Ein letztes Mal atme ich tief durch und versuche die Angst in Schach zu halten. Dann schleudere ich dem ersten Todesser einen Zauber entgegen. Nur mit Mühe kann er meinem Fluch ausweichen.
„Glaubt ihr wirklich, ihr könntet es mit uns aufnehmen?", spottet einer der Todesser und erschrocken zucke ich zusammen. Seine Stimme kommt mir unheimlich vertraut vor.
„Denkt daran, die Kleine ist Tabu", mahnt ein anderer Todesser kalt. Auch seine Stimme kenne ich. Ich glaube, es ist Gregorys Dad. Fieberhaft versucht mein Verstand eine Lösung zu finden und in meinem Kopf formt sich wie von Geisterhand ein verzweifelter Plan.
„Wenn ich jetzt sage, wirf dich auf den Boden und mach die Augen zu", wispere ich und spüre wie sich Fred hinter mir anspannt. Gerade als ich das Zeichen geben will, höre ich einen Schrei. Irritiert mustere ich einen der Todesser, der vollkommen entsetzt auf etwas am Himmel über uns deutet. Seine Maske ist in grünes Licht getaucht, wodurch sie nur noch bedrohlicher wirkt. In der nächsten Sekunde gibt es einen lauten Knall und die Todesser sind fort. Langsam hebe ich den Kopf und mit einem Mal bekomme ich keine Luft. Über unseren Köpfen schwebt das dunkle Mal.
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