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F I T Z
Meine Lungen brennen und meine Beine hängen wie zwei schwere Klumpen an mir. Aber es fühlt sich gut an. In letzter Zeit kam ich nicht wirklich zum Laufen, aber heute nutze ich den freien Nachmittag.
Während dem Semester lege ich oft mit Cam und Parker ein Runde Sport ein, aber das ging ja über den Sommer nicht. Blake hat sein eigenes Programm, der trainiert mit seiner Eishockeymannschaft und das sechs Tage die Woche. Ich bin zwar sportlich, aber Sport ist nicht mein Leben. Bei Blake ist das anders. Sein Körper ist sein Beruf, er muss fit sein sonst kann er Eishockey vergessen.
Ich öffne die Haustüre und werfe den Schlüssel auf die Kommode neben der Tür. Im Wohnzimmer finde ich die Jungs, Val und Judy vor. Blake sitzt auf dem Boden, die Mädchen haben die Couch für sich in Anspruch genommen und tüfteln an ihren Handys herum. Cam und Parker sitzen jeweils auf einem breiten Sessel. Die Jungs liefern sich eine heftige Session eines neues Online-Game auf dem Bildschirm und merken erst gar nicht, dass ich unter der Tür stehe. Erst am Judy mich bemerkt, sehen sie knapp auf.
„Hey, Fitzy.", begrüßt sie mich und schenkt mir ein Lächeln. Manchmal frage ich mich wie Judy und Parker Geschwister seinen können. Judy sprüht vor Lebensfreude und steckt jeden damit an, und Parker ist der introvertierteste Kerl den ich kenne und völlig auf sein Gaming fokussiert. Aber sie kommen gut miteinander aus und auch wie die anderen haben sie Parkers in sich gekehrte Art irgendwie liebgewonnen. Um ehrlich zu sein, genieße ich sein Schweigen, wenn wir zusammensitzen, weil der Tag hektisch war und mir viel Nerven gekostet hat. Und er kann zuhören. Ich gebe es zu, auch ich muss mir manchmal etwas von der Seele reden und Parker ist immer da und hört sich so gut wie jeden Scheiß an.
„Fitz, was geht? Wo warst du ganzen Tag?", fragt mich Blake, ohne vom Bildschirm aufzublicken.
„Auf der Uni und gerade eben laufen.", antworte ich ihm. „Ist noch was zu essen da?"
„Ja, etwas Hähnchen und Gemüse stehen noch auf dem Ofen. Sollte noch warm sein.", informiert mich Cam, unser eigener Koch im Haus. Wir lieben ihn sehr.
„Okay, danke.", murmle ich, gehe aber zuerst in den oberen Stock um zu duschen. Denn ich schwitze wie eine Sau und rieche vermutlich auch danach. Im Bad werfe ich die Klamotten in den Wäschekorb, der schon übergeht und steige unter die Dusche. Ich wasche mich hastig, weil mich mein knurrender Magen antreibt. In meinem Zimmer ziehe ich mir eine Joggingshose und ein einfaches Shirt an und hole mir das Essen aus der Küche. Damit geselle ich mich wieder zu den anderen ins Wohnzimmer.
Ich bedeute Val etwas zur Seite zu rücken, die ihre langen nackten Beine über die restliche Couch ausgestreckt hat und mache es neben mir ihr bequem. Die Mädchen unterhalten sich angestrengt über etwas, und beachten das Spiel nicht wirklich.
„Ist das ein neues Spiel?", frage ich mit vollen Mund.
„Jap, hat Parker ausgegraben. Soll erst nächsten Monat auf den Markt kommen.", erklärt Cam und grinst verstohlen. Parker ist ein kleiner Nerd und Hacker. Er hat ein paar Kumpel, die zu diesen illegalen Sachen kommen und wir profitieren davon. Als wir eingezogen sind, haben wir alle Geld zusammengelegt um uns einen großen Flachbildfernseher zu kaufen und die gesamte Ausstattung, die für einen perfekten Gaming-Abend notwendig ist. Parker war unser Berater. Und somit füllt die eine Wand im Wohnzimmer eine Technikausstattung vom Feinsten, die jedes Gaming-Herz höherschlagen lässt.
„Du weißt schon. Der Kerl mit den Dreadlocks hat es mir gegeben. Rocco heißt er, er war ein paarmal mitfeiern.", erklärt mir Parker.
„Der, der total nach Marihuana roch?", frage ich nach.
„Jep."
„Der Typ war total gruselig. Der hat mich ständig angebaggert.", schaltet sich Val ein und verzieht höchst angewidert das Gesicht.
„Sorry, ich konnte nicht anders. Er wollte mit und ...", beginnt Parker und zuckt unschuldig mit den Schultern.
„Und du kannst nicht nein sagen, Parker. Wissen wir.", meint seine Schwester Judy und verdreht die Augen. „Aber im Ernst, lass ihn nächstes Mal zuhause."
Ich verschlinge mein Essen in Rekordschnelle. Auch wenn mich Blake jedes Mal anfährt, ich soll mein Essen nicht zu schnell runterschlingen, tue ich es trotzdem. Blake hat einen strikten Ernährungsplan wegen seinem Sport, und meist hängen wir anderen damit drin. Cam und Blake saßen mal eine Stunde in der Küche und haben über Ernährung gesprochen, was er alles essen darf und was nicht. Und unser Koch hält sich jetzt daran, weil er ja so ein guter Kumpel ist.
Ich lasse die anderen kurz alleine, um das Geschirr wegzuräumen. Als ich wieder zurück komme hole ich mein Handy hervor und bleibe im Türrahmen stehen. Gerade fällt mir etwas ein.
„Hey, Val.", sage ich und sehe vom Handy auf.
Sie dreht ihren blonden Schopf zu mir und zieht die Brauen hoch. „Was gibt's?"
„Kann ich die Nummer deiner Mitbewohnerin haben?", frage ich ohne wirklich darüber nachzudenken, wie das wohlmöglich rüberkommt.
Mit einem Mal ist es still im Raum und alle verwirrten Augenpaare sind auf mich gerichtet. Sogar das Spiel auf dem Bildschirm ist eingefroren. Doch bevor ich mich erklären kann, reißt Val ihre Hände in die Luft, deutet mit einem lackierten Fingernagel auf mich und sieht mich alarmierend an.
„Nein, Fitz.", ruft sie aus. „Du wirst bestimmt nicht Rachel anbaggern. Dein Schwanz kommt nicht in die Nähe von diesem armen unschuldigen Ding, das verbiete ich dir. Sie ist viel zu gut für dich."
Ich lasse die Schultern sinken und sehe sie schief an. Wow, so viel Vertrauen habe ich noch nie empfunden. „Ach komm, ich bin nicht das größte Arschloch des ganzen Colleges. Das ist Blake schon."
„Hey, das war jetzt nicht nett.", murrt er und zieht eine ärmliche Schnute.
„Ach komm, sei nicht so. Manchmal bist du sogar stolz darauf.", murmle ich und wende mich dann wieder an Val. „Und nur zur Info, ich will nichts von Rachel. Ich schulde ihr bloß etwas."
„Ach ja? Und was?", will nun Judy wissen.
„Ich habe sie mit meinem Skatebord auf dem Campus angefahren und ich finde ich sollte mich dafür entschuldigen.", erkläre ich die Lage und versuche, alle damit zu überzeugen, dass ich nichts Unanständiges im Sinn habe.
„Ach, deswegen saß sie gestern Abend mit einem Verband auf der Couch.", murmelt Val gedankenverloren und sieht an mir vorbei.
Plötzlich bekomme ich noch mehr Schuldgefühle, weil ich sie anscheinend doch heftiger erwischt habe als gedacht. Aber sie raste so schnell davon, dass sie mir keine Chance gab es wiedergutzumachen. „Ich will es bloß wieder gut machen.", sage ich. „Sei nicht so und gib mir einfach ihre Nummer. Ich weiß, dass du sie hast."
Val sieht mich finster an und ich bin überrascht, wie finster sie schauen kann. Die Frau strahlt den ganzen Tag über beide Ohren. Aber zugegeben, im Moment macht sie mir etwas Angst. Normalerweise bekommt Blake ihre schlechte Laune ab. Denn die beiden zanken sich oft genug, denn Blake baggert sie manchmal an. Mal aus Spaß, mal aus Hoffnung, dass vielleicht doch etwas zwischen ihnen läuft. Aber Val lässt ihn jedes Mal kalt abblitzen, dass ich sogar Mitleid mit Blake habe.
„Ich sag dir nur eines, falls du es bei Rachel wirklich versuchen willst, sie hat deutlich gesagt, dass sie von Scheißkerlen nichts will.", sagt sie und zuckt betont locker mit den Schultern. „Das hat sie mir während einem vertraulichen Frauengespräch mitgeteilt."
„Boa, das war fies.", meint Cam, der das Spiel wieder gestartet hat.
„Fitz ist doch gar nicht so scheiße. Er kann sehr aufrichtig sein.", meint Blake. „Also wenn er will."
„Kommt schon Leute, ich kann euch hören.", schalte ich mich ein und neige den Kopf schief. Ich sehe meine Freunde an und frage mich gleichzeitig, ob ich sowas tatsächlich als Freunde bezeichnen kann. Vielleicht sollte ich das nochmal überdenken.
„Na gut, ich gebe sie dir. Aber bitte tu mir einen Gefallen und vergraule sie nicht. Wir verstehen uns echt gut und sie ist schließlich meine Mitbewohnerin.", gibt Val schließlich nach und sieht mich fast schon flehend an.
Ich lächle nett und siegessicher. Val konnte mir noch nie etwas abschlagen. Wir verstehen uns gut und wir haben oft tiefgründige Unterhaltungen. Aber die führen wir meist bei dem letzten Bier am Abend.
„Du bist ein Schatz. Und ich verspreche dir, ich werde nichts Unanständiges tun.", sage ich.
„Gut.", willigt sie ein, aber ich höre ihre Zweifel. „Ach und Fitz? Ich bräuchte deine Hilfe bei etwas."
„Klar.", sage ich. „Bei deinem Blog?" Manchmal, wenn ich Zeit habe, helfe ich ihr und bearbeite ihre Fotos nach, den sie für ihren Blog schießt.
Sie nickt. „Ja, ich habe wieder einige Fotos, die bearbeitet gehören. Ich saß schon eine Weile dran, aber irgendwie klappt es nicht ganz. Wäre cool, wenn du mal einen Blick drauf werfen könntest."
„Mache ich. Schicke sie mir einfach."
Die Jungs spielen noch eine Runde und die Mädchen verschwinden, weil sie noch Bonny abholen und einen Filmabend machen. Blake und Cam haben lautstark protestiert, dass wir ja alle einen Filmabend machen könnten. Aber Judy hat ihnen erklärt, dass ein Ryan Gosling Marathon ansteht. Die beiden willigten sofort ein und schmissen die Mädchen regelrecht aus dem Haus.
Also sitzen wir vier zuhause und trinken alle ein Bier.
„Wir sind alt geworden.", murrt Blake. „Wir sitzen zuhause, trinken armselig ein Bier. nicht mal die Mädels wollen mit uns abhängen."
„Ich habe mich schon gefragt wann es losgeht.", murmelt Parker und verrenkt seine Schultern, da er Cam gerade fertigmacht. Cam flucht leise.
„Was meinst du?", fragt Blake und nippt an seinem Bier.
„Dass du nervst, weil du keinen Sex hast.", erklärt ihm Parker und wirft ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. „Es ist Dienstag unter der Woche. Kein Verbrechen, dass wir zuhause sitzen."
Blake zieht eine Schnute, verschränkt die Arme vor der Brust und sieht grimmig drein. „Soll ich euch was verraten?", fängt er an. „Ich habe gestern einem Mädchen abgesagt, weil ich heute Morgen früh Training hatte. Ich wusste, sie wollte nur eine kurze Nummer schieben. Aber ich habe nein gesagt und bin davon."
„Blake, ich bin stolz auf dich.", gratuliere ich ihm aber ich er bemerkt meinen Sarkasmus.
„Du meinst es ja tatsächlich ernst, mit deiner Enthaltsamkeit.", sagt Parker und legt den Controller beiseite. Er steht auf und streckt sich. An den Bart und die langen Haare habe ich mich immer noch nicht gewöhnt. Wenn wir zusammen am Tisch in der Küche sitzen, habe ich das Gefühl ich nehme beim letzten Abendmahl teil.
„Ja, das tue ich. Ich glaube ich will mir selbst auch was beweisen.", sagt er und etwas Stolz schwingt mit. „Ich meine, es kann ja nicht so schwer sein, für eine Weile auf Sex zu verzichten, oder?"
Er sieht fragend in die Runde. Kurz ist es still, dann murmelt Cam leise: „Ich glaube da fragst du die falschen."
Blake seufzt laut auf. „Ihr seid eine schlechte Selbsthilfegruppe.", beschwert er sich. „Ich dachte, wir bauen uns hier gegenseitig auf."
„Ach komm schon Blake. Konzentrier dich einfach auf Eishockey, deine Kurse und ... suche dir ein weiteres Hobby oder so. Die Eishockeysession fängt doch bald an, also hast du damit alle Hände voll zu tun oder? Die Mannschaft braucht einen konzentrierten Captain.", sage ich ihm und klopfe ihm aufbauend auf die Schulter.
„Ja, du hast vermutlich recht. Die Mannschaft braucht mich und in meinen Kursen sollte ich auch besser werden."
„Na also. Jammer hier nicht rum, deine Jungs zählen auf dich."
Nachdem wir noch eine Weile im Wohnzimmer saßen, gehe ich hoch, weil ich noch an meinem neusten Werk weiter zeichnen will. Es ist eine eigene Kreation der Avengers Figuren, die ich etwas abgewandelt habe. Daran sitze ich schon seit einem Monat.
Ich hole den Zeichenblock hervor, lege meine ausgestreckten Beine auf dem Schreibtisch ab und konzentriere mich auf die Musik, die aus meinem Laptop schallt und auf den Stift in meiner Hand.
Irgendwann driften meine Gedanken ab und Rachels Gesicht füllt meinen Kopf. Ihre braunen großen Augen, die mich gestern so unschuldig und neugierig zugleich anblickten. Am Wochenende in der Bar ist sie mir sofort aufgefallen. Aber das lag vermutlich daran, dass sie mir ihren nackten Rücken präsentierte und damit alle männlichen Blicke auf sich zog. Das schwarze Kleid betonte ihren Körper perfekt, als würde sie gerade von dem roten Teppich kommen. Ich wette Val hatte ihre Finger im Spiel. Denn als ich sie gestern über den Haufen gefahren habe, schien sie mir das bravste Mädchen des gesamten Campus' zu sein. Ja, fast schon unschuldig.
Ich hole mein Handy hervor und speichere mir ihre Nummer ein, die mir Val vorhin geschickt hat. Dann öffne ich den Chat und tippe.
Ich: Hey, hier ist Fitz. Val hat mir deine Nummer gegeben. Ich denke ich schulde dir noch einen Kaffee.
Das Handy lege ich wieder zur Seite und versuche an etwas Anderes zu denken. Doch keine Minute später, leuchtet das Display auf.
Sie: Hey J meiner Hand geht's gut. Mach dir keinen Stress.
Ich: Da hat Val aber etwas Anderes erzählt. Lass mich dir beweise, dass ich kein Irrer bin, der Leute überfährt.
Sie: Okay, na gut. Kaffee hört sich gut an.
Bevor ich etwas zurückschreiben kann, vibriert mein Handy in der Hand und DAD leuchtet mir entgehen. Na toll, ich dachte ich hätte einen entspannten Abend vor mir. Aber da habe ich mich wohl geirrt. Es gibt Tage, die laufen wie am Schnürchen. Alles läuft rund, man selbst ist gut gelaunt, als würde Gott dir nur goldene Scheiße in den Hintern pusten. Aber dennoch sitzt dieses nagende Gefühl in einem und man weiß, irgendwann ist die perfekte Strähne vorbei und schwarze Gewitterwolken ziehen auf.
Das Klingeln reißt mich aus meinem Gedanken. Ich starre darauf. Ach ja stimmt, die schwarzen Gewitterwolken melden sich.
„Hey, Dad." Ich unterdrücke ein reflexartiges Stöhnen.
„Hallo mein Sohn.", höre ich die kühle nüchterne Stimme meines alten Herrn. Ich hatte mich schon gefragt wann er anrufen würde. „Wie ich gehört hatte, bist du seit gestern wieder am College."
„Jap."
„Und ich nehme an, du hast meinen Vorschlag nicht überdacht."
„Bingo."
„Ich bitte dich.", zischt er ins Handy. „Hast du es gar nicht in Erwägung gezogen?"
Jap, die perfekte Strähne ist definitiv vorbei. Denn meine gute Laune hat sich aufgelöst wie ein Luftballon der auf eine Nadel trifft. Puff und weg. Ich hätte nicht abebben sollen, weil ich tief in mir wusste, worum es gehen würde. Weil es jedes verfickte Mal das Gleiche ist.
Aber ich will ihm nicht noch einen weiteren Grund geben, indem ich ihn ignoriere und er somit nicht die Möglichkeit hat mich kleinzumachen und mir zu erklären, dass ich mir mein Leben versaue.
„Dad, ich bin nicht käuflich. Ich dachte, ich habe mich klar ausgedrückt.", sage ich. Ich zwinge mich nicht ausfällig zu werden, weil ich das anscheinend viel zu oft tue. Blake meinte mal, ich besitze die Kunst der Flucherrei perfekt. Da war er stockbesoffen.
„Ich will dich nicht kaufen, mein Sohn. Ich will dir ein besseres Leben bieten."
Mein Sohn. Manchmal glaube ich er vergisst meinen Namen.
Ich lache ironisch ins Handy und schüttle den Kopf. „Wenn es der einzige Grund war, warum du angerufen hast, können wir wieder auflegen. Ich habe keine Lust auf diese Scheiße."
Ich höre ihn schnauben. „Das ist keine Scheiße, mein Sohn. Das ist eine ernsthafte Unterhaltung. Also bitte ich dich einmal in deinem Leben vernünftig zu sein, damit du dir deine Zukunft nicht verbaust."
Mein Vater ist der Meinung, dass ich besser dran bin, wenn ich Wirtschaftswissenschaften studiere und später in seine Firma einsteige. Ich stelle mir vor, jeden Tag in dasselbe Büro zu gehen, mich in einen Anzug zwängen, mich vor den Laptop zu setzten und mich mit Zahlen und Leuten von Vollpfosten herzumzuschlagen. Aber egal wie ich es drehe und wende, die Vorstellung ist abartig und versetzt mich in Panik.
Ich schüttle den Kopf und fahre mir über mein Gesicht. „Ich verbaue sie mir nicht.", stelle ich klar. „Ich gestalte sie nur nicht nach deinen Wünschen. Ich denke hier liegt das Problem."
„Na gut, wie du willst.", sagt er kalt. Aber ich weiß, dass es in ihm brodelt vor Wut. Das habe ich schon oft genug gemerkt und gesehen. Dafür kenne ich ihn zu gut. „Wir reden bald nochmal darüber, auf dem Geburtstag deiner Schwester. Vielleicht kommst du bis dahin zur Besinnung."
„Du verschwendest deine Bemühungen.", versichere ich ihm, und grinse halb. Aber das kann er ja nicht sehen, also kann ich ruhigen Gewissens grinsen.
„Das werden wir noch sehen.", verkündet er.
War das gerade eine indirekte Kampfansage?
Er legt ohne ein weiteres Wort auf und bevor ich meine Wut überdenken kann, fliegt mein Handy quer durch den Raum in die nächstbeste Ecke. Aber ich erhebe mich hastig von dem Stuhl und fluche laut. Das Display hat einen Sprung. Nur einen? Das Ding müsste hinüber sein, so wie ich es geworfen habe.
„Fuck, Fuck. Fuck.", entfährt es mir. „Verdammte Scheiße."
Es ist immer dasselbe. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mit meinem Dad eine normale Unterhaltung hatte, in der er mir nicht das Gefühl gab ein Stück Scheiße zu sein. Manchmal hasse ich ihn. Aber dann denke ich mir, dass er immer noch mein Vater ist.
Ich sehe auf die Uhr. Kurz vor Mitternacht. Aber die Wut in mir hindert mich so oder so daran jetzt schlafen zu gehen. Also verlasse ich mein Schlafzimmer wieder und schlage den Weg runter in die Küche ein. Im Haus ist es still. Ich nehme mal an die anderen sind schon im Bett.
Doch als ich um die Ecke biege, entdecke ich Blake am Küchentisch sitzen, der jämmerlich in ein Loch starrt.
„Was machst du?", frage ich ihn und gehe zum Kühlschrank.
Er hebt ruckartig seinen Kopf und blinzelt. „Nichts. Wir haben morgen ein wichtiges Spiel. Das erste der Session und die Wahl für den Captain ist auch noch nicht gefallen. Denke aber, dass das morgen passieren wird."
Ich nicke und setzte mich mit einer Wasserflasche zu ihm an den Tisch. „Die Wahl fällt doch wieder auf dich oder?"
Er zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung. Jeff und Anderson sind auch nicht schlecht und sie haben zu jeden in der Mannschaft einen guten Draht."
„Du doch auch." Ich nehme einen großen Schluck vom Wasser und ich genieße es wie das kühle Nass meine Kehle befeuchtet.
Blake lässt die Schultern hängen. „Ja schon. Ach egal, lass uns nicht darüber reden.", winkt er eilig ab. Ich weiß, dass Blake nicht gerne über seine Gefühle redet und wenn er es tut, dann zerreißt er sich schon heftig den Kopf. Er ist jemand der seine Gefühle überspielt und einen glauben lässt, dass seine Welt aus rosaroten Wolken und Zuckerwatte besteht. Aber ich hatte schon ein paar Mal mitbekommen, wie seine Fassade bricht.
„Was ist mit dir?", fragt er und ich reiße den Kopf hoch.
Wir reden eigentlich selten über unsere Familien. Blake weiß bloß, dass ich keinen guten Draht zu meinem Dad habe und ich früh ausgezogen bin. Und er weiß auch nicht viel, was damals passiert ist. Es ist Teil meiner Vergangenheit und ich spreche nicht gerne darüber.
„Nichts, ich ähm hatte nur kurz mit meinem Dad telefoniert. Wie immer war es nicht ... angenehm." Blake brummt zustimmend.
Kurz sitzen wir schweigend beisammen und das ist auch völlig okay so. Blake ist mein bester Freund und er weiß, dass er nicht nachfragen sollte, wie die Story über meinen Vater lautet. Er weiß nur, dass sie beschissen ist. Und das genügt.
„Gehst du am Freitag auf die Party meiner Verbindung im Chelson Haus?", fragt er mich stattdessen.
„Klar. Wir gehen doch alle hin oder nicht?"
„Klar."
„Na gut, ich gehe ins Bett. Hab morgen Früh Uni.", erkläre ich und erhebe mich. Doch unter der Türe höre ich Blakes Stimme wieder und ich drehe mich zu ihm um.
„Hey, Fitzy? Kann ich dich was fragen?", fragt er und sieht mich direkt an.
„Sicher."
„Würdest du eher die sichere Variante wählen oder dich ins Risiko stürzen, auch wenn die wichtigsten Personen in deinem Leben nicht hinter dir stehen würden?"
Zwischen uns wird es still, dann räuspere ich mich. „Risiko. Du würdest es für immer bereuen, es nicht versucht zu haben. Egal was es ist."
„Und wenn es dabei um deine gesamte Zukunft geht?"
Ich nicke. „Eben, deshalb."
Blake nickt kaum merklich. „Danke Fitz. Wir sehen uns morgen."
„Bleib nicht zu lange wach. Du solltest morgen fit sein."
Ich schleppe mich hoch in mein Zimmer und falle müde ins Bett. Ein unruhiger Schlaf überkommt mich und ich frage mich immer wieder, warum er mit mir nicht einfach zufrieden sein kann. Warum bin ich nicht genug für ihn?
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