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R A C H E L
Das Flugticket ist gecheckt, meinen Ausweis habe ich auch sicher verpackt und für knapp zwei Wochen sollte das genug Kleidung sein, die ich den gesamten Tag über in die Tasche gestopft habe. Ich betrachte sie kritisch und runzle die Stirn. Irgendetwas wichtiges fehlt noch, da bin ich mir sicher.
Ich drehe mich zu Fitzy um, der auf meinem Bett sitzt, der aber auch keine Hilfe ist. Wie üblich steckt sein langer Körper in schwarzen Klamotten und seine Haare entwickeln ein Eigenleben auf seinem Kopf. Aber ich liebe seine Haare, diesen zerzausten Look als wäre er gerade aus dem Bett gekrochen.
Wir sind beide müde, weil Fitz gestern Geburtstag hatte und wir mit allen anderen gefeiert haben. Um vier Uhr morgens sind wir tot ins Bett gefallen und haben bis kurz vor Mittag geschlafen.
„Bist du sicher, dass du fliegen willst?", fragt er stirnrunzelnd, aber seine Mundwinkel zucken verdächtig. „Ich meine, du könntest am zweiten Feiertag wieder zurückkommen. Die Flüge sind vermutlich bis auf den letzten Platz ausgebucht aber ich würde dir schon einen auftreiben. Dann hätten wir hier noch ein paar ruhige Tage bevor die Vorlesungen wiederbeginnen. Ich finde, das klingt nach einem Plan."
Ich seufze lachend. Seit einer Woche redet er auf mich ein, ob ich tatsächlich zwei ganze Wochen über die Feiertage nach Hause fliegen will. Wir haben kurz vor Weihnachten und ich hatte beschlossen Thanksgiving am College zu verbringen und erst zu Weihnachten nach Hause zu fliegen. Zwei Hin und Retourflüge nach Virginia sind kostspielig nicht drin.
Aber Thanksgiving war mehr als okay. Denn auch ein paar unserer Freunde sind hiergeblieben und Fitz führte mich in ein schickes Restaurant aus. Es war unser erstes offizielles Date. Eigentlich hatte ich mir immer geschworen, dass ich beim ersten Date nicht mit dem Kerl ins Bett steige, aber was soll ich nun mal sagen? Es fällt mir verdammt schwer, die Finger von ihm zu lassen. Und gerade fällt mir auf, dass mich Fitz nie um ein Date gebeten hat. Nun gut, kann ich ihm auch nicht verübeln, ich hatte ihn schließlich klargemacht, dass wir nur Freunde bleiben. Ich hätte es in dem Moment wissen müssen, als ich den Satz ausgesprochen habe, dass das nicht klappen wird.
„Ja, ich bin mir sicher.", sage ich und nicke.
„Aber zwei ganze Wochen?", setzt er hinten nach und zieht die Brauen nach oben. Er sieht mich an, als hätte ich heute Morgen für eine Reise zum Mond gepackt.
„Es sind bloß zehn Tage, Fitz. Also keine ganzen zwei Wochen.", murmle ich sanft und neige den Kopf schief. Bewusst verkneife ich mir ein Lächeln.
„Wie du meinst, ich finde es trotzdem zu lange.", stellt er klar. Ich muss bei dem Gedanken schmunzeln, dass er mich nicht gehen lassen will und mich bereits jetzt vermisst.
Mir geht es gleich. Zu wissen, dass ich ihn die nächsten Tage nicht um mich habe, treibt ein ungutes Gefühl in meine Magengegend. In den letzten Wochen veränderte sich etwas zwischen uns. Wir haben unseren eigenen Rhythmus gefunden, verbringen jede freie Minute miteinander und manchmal erwische ich mich dabei, wie wir uns in eines dieser typischen Pärchen verwandeln. Pärchen, die ich eigentlich immer verabscheute und nur laut seufzen musste, wenn ich sie sah. Aber jetzt beenden wir manchmal die Sätze des anderen, laufen händchenhaltend über den Campus und ja, kaum zu glauben, aber wir machen immer öfter einen Filmabend und pennen gemeinsam auf der Couch ein. Dennoch kommt der Sex nicht zu kurz. Fitz zieht mich auf eine Weise an, die mich jedes Mal überrascht, wie stark sie doch ist. Und ihm scheint es ähnlich zu gehen. Er berührt mich sobald er die Chance dazu hat und auch jetzt, wo die Feiertage anstehen, erklärt er mir offensichtlich, dass ich nicht fliegen soll, wenn es nach ihm gehen würde.
Aber ich will meine Familie besuchen und wenn ich ehrlich bin, glaube ich würden uns ein paar Tage guttun, in denen wir nicht aufeinander kleben. Klar, Fitz und ich sind ein Paar, aber ich vermisse die Zeit ein wenig, wo ich für mich sein konnte und bloß an mich denken musste. Seit wir offiziell zusammen sind, verbringen wir keine Nacht mehr ohne den anderen. Meistens schlafe ich bei ihm, worüber ich mich wirklich nicht beschweren will, denn Fitzys Bett ist viel weicher als das Bett im Wohnheim. Und ich nutze jedes Mal die Chance, wenn ich das Bad und die Wanne für mich haben kann. Die Jungs haben sich noch nicht beschwert, dass sich eine Frau in ihrer geheiligten Männerbude breitmacht, also denke ich mal, das ist okay.
Ich komme auf ihn zu und sofort schlingen sich seine Arme um meine Taille und er hält mich fest. „Sieh es als Chance, mit deinen Eltern klar zu kommen."
Er schnaubt verächtlich und legt seine Stirn an meinen Bauch. „Baby, ich will dir ja nicht deine Friede-Freude-Eierkuchen-Weihnachtsillusion zerstören, aber Weihnachten ist bei uns kein Weihnachtsfest, wie es eigentlich sein sollte.", sagt er und mustert mich. „Es ist die Hölle auf Erden."
„So schlimm?", frage ich. Dumme Frage. Fitz redet zwar nicht gerne über seine verkorkste Familie, aber ich weiß, dass die Beziehung zu seinen Eltern alles andere als entspannt ist. Gerade sein Dad macht ihn zu schaffen, der stur seine Idee durchzieht. Fitz bekommt keinen Cent mehr von ihm. Ich sehe es ihm deutlich an, dass er gestresst ist und sich deswegen den Kopf zerbricht, aber er verliert kein Wort darüber. Und das zerbricht mir den Kopf.
Ich lasse meine Finger durch seine Haare gleiten und weiß schon jetzt, wie sehr es mir fehlen wird am Morgen halbverschlafen nach ihm zu tasten, an ihm zu riechen und in seiner Umarmung noch ein bisschen dahin zu schlummern.
Er sagt nichts, er brummt bloß und der Schmerz und all die schlechten Erinnerungen zeichnen sein Gesicht.
„Versuch es doch. Rede mit deinem Dad, vielleicht durchfährt ihn ein Weihnachtswunder oder so.", meine ich. Es tut mir wirklich leid, dass er das durchmachen muss. Am liebsten würde ich ihm sagen, dass er mit zu mir kommen soll und wir die Tage in Virginia verbringen. Ich könnte ihm die Farm zeigen, wo ich aufgewachsen bin, wo ich gerne hin verschwunden bin, wenn mir alles zu viel wurde und wie es ist auf dem Land zu leben. Schließlich ist Fitz in Boston großgeworden und durch und durch ein Stadtmensch.
„Ich weiß deinen Optimismus sehr zu schätzen Babe, aber ich habe keine großen Hoffnungen, was das anbelangt.", sagt er und vergräbt das Gesicht wieder an meinem Shirt. „Ich will die Feiertage ohne großes Drama einfach hinter mich bringen."
Kurz verharren wir so, lasse meine Finger durch seine schwarzen kurzen Locken gleiten und gebe ihm einen Kuss auf den Kopf. Ich wende mich wieder meine Tasche zu, denn ich sollte bald zum Flughafen los. Fitz hat darauf bestanden, mich zu fahren.
Es klopft ein paar Mal an der Tür. Ich schreie ein kurzes Ja, und gleich darauf kommt Val herein, allerdings hält sie sich eine Hand vor die Augen. Fitz und ich mustern sie verwirrt, doch ich schnaube. „Val, du kannst die Hand runternehmen.", sage ich zu ihr und verkneife mir ein Kopf schütteln.
Zögerlich späht sich zwischen zwei Finger hindurch und lässt schließlich die Hand sinken als sie sich vergewissert hat, dass wir angezogen sind. „Naja, wäre nicht zum ersten Mal. Ich gehe bloß auf Nummer sicher."
„Val, hat dir schon mal jemand gesagt, dass du leicht zum Übertreiben neigst?", räumt Fitz berechtigterweise ein und mustert sie.
Doch Val wirft ihm einen bösen Blick zu, und winkt eilig ab. „Sei still Fitzgerald. Ich will euch bloß nicht wieder erwischen. Zu sehen wie es zwei meiner besten Freunde tun, steht nicht gerade auf meiner Top Ten. Das wirst du doch verstehen."
Ich muss leise lachen. Letzte Woche ist Val ohne anzuklopfen in mein Zimmer gestürmt, dummerweise saß ich bereits oben ohne auf Fitzys Schoß, der auch nur mehr Boxorshorts anhatte. Seitdem klopft sie ein paar Mal lautstark an und hält sich die Hand vor die Augen, wenn sie weiß, dass Fitz hier ist. Aber wie Fitz eben erklärt hat, übertreibt Val gerne mal. Wir hatten bloß vergessen abzusperren, das ist alles.
„Hm, verstehe ich tatsächlich. Dennoch bleibt es mir nicht erspart, meine Mitbewohner zu hören, wenn sie irgendwelche Bunnys dahaben. Laut und deutlich. Und wenn ich sie nicht höre, laufen die Mädchen spätestens nächsten Morgen halbnackt in unserem Haus herum.", merkt Fitz an und wirft Val einen vielsagenden Blick zu.
Val mustert ihn verächtlich und ich drehe mich hastig zu meinem Freund um. Überrascht sehe ich ihn an. „Bitte was? Warum halbnackt?"
Fitz redet unberührt weiter. „Aber ehrlich gesagt kam das schon lange nicht mehr vor. Die meisten hat Blake angeschleppt, aber in letzter Zeit sehe ich ihn kaum mehr mit einem Mädchen."
Kurz ist es still im Zimmer, dann reißt Val den Kopf herum. „Hier, ich glaube die hast du letztens gesucht.", sagt Val an mich gerichtet und hält mir meine Body Lotion hin.
„Ach da ist sie.", seufze ich erleichtert auf und packe sie sofort in die Tasche ein. Ohne meine liebste Body Lotion gehe ich nirgendswo hin. Doch plötzlich halte ich inne und mustere Val scharf. „Moment Mal, hattest du sie etwa die ganze Zeit?"
Ertappt reißt sie schockiert die Hände in die Luft und sieht mich an, als wäre ich gegen eine Wand gelaufen. „Die stand halt plötzlich in meinem Zimmer. Was kann ich dafür?"
„Ja ja schon okay.", winke ich lächelnd ab. „Ich habe mir letztens auch was aus deinem Zimmer geborgt, wir sind quitt."
Bei dem Gedanken, wie ich notgedrungen in Vals leeres Zimmer gestürmt bin um mir Kondome zu holen, verbiete ich mir ein Grinsen. Aber Fitzys amüsierter Blick trifft auf meinen und ich spüre wie ich rot anlaufe. Val schiebt anzweifelnde Blicke zwischen uns hin und her, und in ihrem Kopf macht es plötzlich Klick. Hastig eile ich in die Küche, Val folgt mir.
„Warte, was?", zischt sie hinter mir.
Ich schnappe mir meine Schlüssel von der kleinen Kommode und zucke mit den Schultern. „Naja, die Kondome waren alle. Da dachte ich, Val hat bestimmt welche. Und da auf dich immer Verlass ist ... ", sage ich und sehe sie an. „Ich kaufe dir wieder welche."
Sie lacht auf. „Oh Gott, wie viele habt ihr denn bitte verbraucht?", murmelt sie.
Ich zwinkere ihr zu. „Ein paar halt.", sage ich schulterzuckend. Ich drehe mich kurz zu meiner Zimmertür um, um mich zu vergewissern, dass Fitz uns nicht hört. Dann grinse ich Val an. „Ach ja, und deinen kleinen rosa Freund habe ich auch entdeckt. Dachte nicht, dass du einen Dildo brauchst um auf deine Kosten zu kommen."
„Bitte sag mir, dass ihr den aber in Ruhe gelassen habt?", sie starrt mich mit großen Augen an. „Ob du es glaubst oder nicht, aber Hector ist mir heilig. Der macht einen besseren Job als manch lebendiger, auf den ist immer Verlass."
„Du nennst deinen Dildo Hector?", zische ich belustigt und mustere meine Mitbewohnerin nun mit etwas anderen Augen. Wenn man denkt, man kennt jemanden.
„Natürlich.", stellt sie selbstverständlich klar. „Glaub mir, der verdient einen Namen."
„Wer ist Hector?" Val und ich fahren herum, als hätte uns jemand beim Lästern erwischt. Wir blinzeln Fitz an, der gelassen und verwirrt an uns vorbei schlendert.
„Niemand.", ruft Val panisch aus, während ich im selben Moment sage: „Vals kleiner Helfer in Notsituationen."
Fitz runzelt noch verwirrter die Stirn und nimmt sich eine Wasserflasche aus dem Kühlschrank. Er hat keinen Plan worum es geht, besser so.
„Also falls du da mal ein paar Tipps brauchst, ich stehe dir mit Rat und Tat zur Verfügung.", bietet mir Val an. „Und wenn du dir einen kaufen willst, nimm mich mit."
„Danke kein Bedarf. Ich komme jedes Mal auf meine Kosten.", sage ich breit grinsend.
Vals und mein Blick gleiten zu Fitz, der völlig ahnungslos und mit gerunzelter Stirn uns beobachtet. „Was ist?"
Val und ich sehen uns an. Aber sie schenkt mir kopfschüttelnd ein Lächeln. „Mach dir schöne Ferien zuhause.", sagt sie und zieht mich in eine Umarmung. Ich kuschle mich an Val. Auch wenn sie manchmal eine große Klappe hat, werde ich sie vermissen.
„Danke. Dir auch schöne Feiertage.", wünsche ich ihr und löse mich.
Sie lässt den Kopf in den Nacken fallen und seufzt leise. „Mal sehen wie schön sie werden. Meine Brüder sind eine Klasse für sich."
Ich lache. „Wie schön, dass ich nur mit einem klarkommen muss."
Wir verabschieden uns, da Val los muss weil sie sich mit Bonny und Jude trifft. Sie fahren nach Boston um sich ins Weihnachtsgetümmel zu schmeißen. Das steht mir noch bevor.
Ich betrete mein Zimmer, wo Fitz mich resigniert ansieht. „Dein Handy hat geklingelt. Irgendein ... Colin hat angerufen.", sagt Fitz rau und hält mir mein Handy hin. Er mustert mich still und ich fange seinen Blick auf. Sofort kitzelt es in meinem Nacken und mein Herz stolpert kurz.
„Oh, danke.", sage ich kleinlaut und nehme es eilig entgegen. Ein verpasster Anruf von Colin.
Fitz räuspert sich und wartet einen Moment geduldig ab. Doch dann fragt er gerade heraus. „Wer ist das?"
Er muss meinen veränderten Blick bemerkt haben. Natürlich hat er das. Ich habe ihm noch nie von Colin erzählt, dass er mein bester Freund ist seit ich denken kann und ich mit Colin alles geteilt habe was ich erlebt habe. In meiner Panik fällt mir bloß ein Wort ein. „Niemand."
Wow, gute Antwort. Sehr einfallsreich. Damit ist natürlich alles gesagt.
Ich stecke mein Handy in die hintere Hosentasche ein und beschließe ihn später zurück zu rufen. Wir hatten letzte Woche telefoniert und er hat angeboten mich vom Flughafen abzuholen. Da ich weiß, dass er bloß eine Stunde von zuhause braucht, reicht es, wenn ich ihn kurz vorm Abheben anrufe, denn mein Flug dauert fast zwei Stunden.
„Niemand?", widerholt Fitz misstrauisch und erhebt sich vom Bett. Er überragt mich mit fast einem Kopf und ich senke den Blick auf meine Tasche. Sinnlos fuchtle ich daran herum, einfach um meine Hände zu beschäftigen und Fitz nicht zu verraten, dass mir die Situation gerade mehr als unangenehm ist.
„Ja, bloß ein Freund.", winke ich schulterzuckend ab.
Er lehnt sich am Türrahmen an, direkt neben dem Schreibtisch. Schier endlos lange Sekunden mustert er mich still und ich spüre, wie seine Ruhe an mir nagt. Ich habe verdammt nochmal keine Ahnung, warum ich mich im Moment so kindlich benehme. Und das ärgert mich.
Ich könnte Fitz ganz einfach von Colin erzählen und gut ist. Aber ich bleibe still und weiche seinen durchbohrenden Blicken aus, was eine Qual zu sein scheint, weil es mir verdammt schwerfällt.
„Du hast von ihm noch nie etwas erzählt.", sagt Fitz schließlich. Seine Stimme ist tief und rau, und vollkommen ruhig. Aber ich kenne ihn mittlerweile gut genug um zu wissen wie es in ihm drin aussieht. Alles andere als ruhig.
Ich hebe meinen Kopf und hafte meinen Blick auf ihn. „Warum? Ich kenne doch auch nicht all deine Freunde.", werfe ich ein, bissiger als gewollt.
Fitz nickt langsam und runzelt die Stirn. „Doch, das tust du."
Ich schnaube und schüttle den Kopf. „Ist doch egal. Colin ist ein Freund von zuhause, das ist alles."
„Für mich ist es nicht egal.", räumt er ein.
Ich sehe zu ihm und mustere ihn starr. Seine Gesichtszüge sind verhärtet und sein Körper auf Abwehrreaktion. Warum lässt er das Thema nicht einfach fallen? „Kann es sein, dass du gerade etwas eifersüchtig wirst?"
„Du gibt's mir im Moment allen Grund dazu."
Ich ziehe scharf die Luft ein und nicke langsam. Er hat recht. „Colin ist mein bester Freund seit ich denken kann. Wir sind zusammen aufgewachsen. Das ist alles."
Kurz starren wir uns an, doch dann nickt er langsam, während seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst sind. Sein Gesichtsausdruck gefällt mir gar nicht und wenn ich daran denke, dass ich heute Abend nach Hause fliege und ihn so zurücklasse bekomme ich Bauchschmerzen.
„Interessant, dass du mir von deinem besten Freund noch nie etwas erzählt hast, wo wir schon über einen Monat zusammen sind.", meint er anklagend. Wir starren uns an. „Bloß ein Freund, was?"
„Fitz, da ist nichts. Da war nie etwas und es wird auch nie etwas sein. Also sieh mich nicht so an.", sage ich und bete, dass sich seine Körperhaltung etwas lockert. Ich will, dass er mir glaubt. Denn es ist die verdammte Wahrheit und ich will nicht wegen so etwas Nichtigen streiten, wo ich in ein paar Stunden weg bin und zwischen Colin und mir nichts ist.
„Wie sehe ich dich denn an?", fragt er stattdessen.
„Als würdest du gerade überlegen, ob du mir vertrauen kannst oder nicht."
„Und?"
„Gott, natürlich." Ich schnaube und komme auf ihn zu. Ich löse seine starr verschränkten Arme und kuschle mich stattdessen an ihn. „Tut mir leid, dass ich Colin nie erwähnt habe, es ergab sich einfach nicht."
„Wie beruhigend. Und du fliegst jetzt zwei Wochen zu dem, ich bin sehr beruhigt.", murmelt er trocken.
„Ich fliege zu meiner Familie.", entgegne ich und sehe mahnend zu ihm hoch.
„Wo er auch ist.", fügt Fitz hinzu. Mit hochgezogener Braue wartet er meine Antwort ab.
Ich nicke. „Ja, Colin wird natürlich auch da sein, weil er zur Familie gehört.", erkläre ich sachlich. „Und jetzt spiel dich hier nicht so auf. Du kannst deine Krallen also wieder einfahren, denn eifersüchtig zu sein steht dir nicht." Ich schenke ihm ein sanftes Lächeln, aber die gewollte Wirkung bliebt aus.
Er sieht mir eine Weile beim Packen zu, aber schließlich habe ich alles. Ich ziehe den Reißverschluss zu.
„Gib sie mir, ich trage sie schon mal ins Auto.", bietet er an.
Da überlege ich nicht lange, weil das Ding viel zu schwer ist. Vermutlich, nein, ziemlich sicher habe ich zu viel eingepackt. „Okay, danke.", sage ich. „Ich komme gleich nach."
Fitz nimmt sie ohne mit der Wimper zucken und verschwindet aus der Wohnung. Ich sehe mich noch mal um, schließe die Tür und folge Fitz zu seinem Jeep.
Die Fahrt zum Flughafen habe ich mir anders vorgestellt. Ich sehe Fitz nun seit geschlagenen zwanzig Minuten dabei zu, wie er stur gerade ausblickt, das Lenkrad fest umklammert und schwach die Stirn runzelt. Der Radio schallt leise aus den Lautsprechern und Boston zieht an uns vorbei. Ich nage an meiner Unterlippe und beschließe ihm noch fünf Minuten zu geben. Ich sehe sogar auf die Uhr.
„Fitz, rede mit mir.", bitte ich ihn und hafte meinen Blick auf ihn.
„Was soll ich denn sagen?", meint er stattdessen und ich verdrehe die Augen. Sind alle Männer so?
„Tut mir leid, das sagen zu müssen aber du führst dich kindisch auf.", platz es aus mir heraus, als wir an einer roten Ampel zu stehen kommen.
Er wirft einen Blick zu mir und mustert mich mit großen Augen. „Ich verhalte mich kindisch?"
„Ja, du. Weil du hier sitzt und wie ein Kleinkind schmollst, wegen ... nichts." Inzwischen ist meine Stimme laut und aufgebracht.
Er seufzt und fährt los. „Ich schmolle nicht, ich finde es nur scheiße, dass du mir von dem Kerl nie was erzählt hast. Ich meine deine Reaktion sagt doch alles.", wirft er mir hin.
Ich schüttle den Kopf. „Wie habe ich denn reagiert?"
Fitz presst statt einer Antwort die Lippen zusammen und konzentriert sich auf den Verkehr. Es ist verdammt viel los und ich bereue es bereits jetzt, dass ich damit angefangen habe. Aber ich will ihn so nicht in Boston zurücklassen, denn es ist Weihnachten und ich will nicht mit ihm streiten.
„Weiß der Kerl überhaupt von mir?", fragt mich Fitz stattdessen. Mahnend wirft er mir einen Blick zu.
Ich beschließe ruhig zu bleiben, schließlich sind wir erwachsen und können wie zivilisierte Menschen darüber reden. Hoffe ich. „Erstens, der Kerl hießt Colin. Und zweitens, ja er weiß von dir."
Er beruhigt sich etwas. „Und weiß er auch, dass wir zusammen sind?", fragt er weiter. Typisch Fitzy, er will immer alles wissen.
Die kurzzeitige Ruhe verschwindet mit einem Mal, denn ich zögere zu lange. Fitz schnaubt laut und schüttelt den Kopf.
„Es tut mir leid, aber wir reden über alles andere. Colin weiß, dass es da jemanden gibt, aber mehr habe ich ihm nicht gesagt.", rede ich drauf los. Ich habe keine Ahnung, wie ich die Situation beruhigen kann, denn es ist die Wahrheit. Colin weiß, dass es da jemanden gibt, aber dass wir seit mehr als einem Monat zusammen sind habe ich ihm nicht gesagt. Ich wollte ihm das nicht übers Handy sagen, weil ich dabei ein ungutes Gefühl hätte. „Fitz, warum vertraust du mir nicht?"
„Das tue ich doch."
„Würdest du es tun, dann würdest du dich nicht so verhalten.", meine ich. Die Tatsache, dass er mir nicht vollkommen vertraut was Colin angeht, schmerzt. Ich dachte, zwischen uns läuft es gut, aber so wie es aussieht, ließ sich ein erster Streit nicht mehr lange hinauszögern. Auf der anderen Seite kann ich ihn verstehen, ich habe mich vorhin wirklich dumm verhalten. „Hör zu, ich will nicht in dieses Flugzeug steigen, wenn das nicht geklärt ist. Also bitte vertrau mir.", sage ich.
Zögerlich, aber deutlich nickt er. „Okay.", sagt er.
„Okay, was?", hake ich nach. Ich muss es einfach von ihm hören, eher steige ich nicht aus dem Jeep. Denn wir nähern uns dem Flughafen.
„Okay, ich vertraue und glaube dir. Zufrieden?", murmelt er. Nein, um ehrlich zu sein nicht, aber er ist angepisst was ich verstehen kann. Ich habe nie ein Wort über Colin verloren, und vorhin so reagiert, dass ich Fitz allen Anlass gegeben habe zu glauben, da lief etwas zwischen Colin und mir. Ich war schon angepisst, als ich ihn bloß mit einer Frau alleine zuhause sah. Vielleicht sollte ich ihm keine Vorwürfe machen.
Fitz hält in der Kurzparkzone und wir steigen aus. Still hievt er meine Tasche aus dem Kofferraum und ich mustere ihn, während er mir ausweicht. „Fitz, sieh mich an.", bitte ich ihn leise. Er seufzt, vergräbt die Hände in den vorderen Hosentaschen und haftet seinen Blick auf mich.
Ich hake meinen Finger in seinen Hosenbund ein und zeihe ihn zu mir. „Ich will dich, nur dich, kapiert?", murmle ich. „Also bitte zweifle nicht daran, denn das verletzt mich."
Er presst seine Lippen aufeinander und nickt dann. „Okay." Im nächsten Moment beugt er sich zu mir und küsst mich. Es ist ein langer zärtlicher Kuss und für einen Moment, verspüre ich Erleichterung.
Ich löse mich von ihm, packe meine Tasche und gehe auf das Gebäude zu. „Schreib mir, wenn du gelandet bist.", ruft er mir nach.
„Mache ich. Ich rufe dich an, sobald ich kann." Ich schenke ihm ein Lächeln und auch auf Fitzys Gesicht stielt sich eines.
Völlig gedankenverloren schleppe ich mich an den ganzen Passagieren vorbei, suche mein Gate, zeige der netten Frau mein Ticket und schreibe Colin wann ich landen werde. Erst als ich im Flugzeug sitze, atme ich hörbar aus und sehe aus dem Fenster. Das beschwerende Gefühl, dass dieser kleine Streit mit Fitzy verursacht hat, will nicht verschwinden. Kurzerhand hole ich mein Handy hervor um Fitz zu schreiben. Aber er kam mir zuvor.
Er: Tut mir leid, ich hab mich idiotisch verhalten.
Ich: Mir auch, ich hätte dir von ihm erzählen sollen.
Er: Vergessen?
Ich: Vergessen. Ich vermisse dich, du wirst mir fehlen.
„Miss, könnten Sie bitte ihr Handy auf Flugmodus stellen? Danke." Ich reiße den Kopf von meinem Handy hoch und sehe die junge Stewardess an, die mir ein gezwungenes Lächeln schenkt.
„Klar, natürlich." Hastig nicke ich und blicke wieder auf mein Handy, aber keine Nachricht mehr von Fitz. Widerwillens schalte ich auf Flugmodus und hole meine Kopfhörer hervor. Vielleicht schafft es Harry Styles in diesen zwei Stunden meinen Kummer zu vertreiben.
Sorry Leute, dass ihr länger warten musstest. Aber die Uni hat wieder begonnen und jetzt sind die schönen Stunden wo ich nur schreiben kann, sehr reduziert. Ich beeile mich aber, versprochen. Freue mich auf eure Meinungen. Bis bald,
Eure SummerOF_Love
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