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Kapitel 5


Am nächsten Tag traf ich mich mit Lucy zu Beginn der Mittagspause am Sekretariat, denn sie hatte mir versprochen, mir bei der Wahl meiner extracurricular activities zu helfen. Gemeinsam betrachteten wir die unzähligen Listen, die dort ausgehängt waren - von Volleyball, über Theater bis hin zu Schach war alles dabei.


»Ich glaube, ich trage mich wieder für die Kunst-AG ein. Die habe ich auch schon letztes Jahr gemacht und da sind immer echt coole Leute. Außerdem kann man da wirklich tolle Projekte machen«, überlegte Lucy laut, während sie ihren Kugelschreiber vor den Blättern hin und her schwenkte. »Hättest du nicht auch Lust dazu?«, wendete sie sich dann an mich.


Ich ließ mir einen kurzen Augenblick mit meiner Antwort Zeit, in dem ich gedanklich nochmal die verschiedenen Aktivitäten durchging, doch dann nickte ich. Kunst klang für mich wesentlich besser, als irgendeine Sportart oder naturwissenschaftliche AG zu machen. Außerdem wäre ich dann mit Lucy zusammen. »Klingt gut, ich bin dabei«, antwortete ich deshalb.


»Perfekt, das wird bestimmt richtig spaßig.« Lucy lächelte mich zufrieden an und setzte anschließend schwungvoll unsere beiden Namen auf das Blatt.


»Jetzt sollten wir aber zusehen, dass wir in die Mensa kommen, sonst ist das ganze gute Essen schon weg.«


»Gutes Essen? Das muss gestern aber schon schnell weg gewesen sein, denn meine Mac and Cheese waren so weich, dass meine Oma sie selbst ohne ihr Gebiss hätte essen können«, antwortete ich lachend während ich mich daran zurückerinnerte, wie weich und breiig die Makkaroni geschmeckt hatten.


Ein angewiderter Schauer überkam mich und ich dachte sehnsüchtig an das Essen zu Hause in Deutschland. Vor meinem Austausch hätte ich es zwar niemals wahrhaben können, dass ich so etwas mal sagen würde, aber ich vermisste sogar das Schwarzbrot. Kein Brot hier in den USA hatte bisher mit dem von zu Hause mithalten können. Vielleicht sollte ich meine Eltern mal bitten, mir welches zuzuschicken.


»Da hast du einfach das falsche Essen gewählt. Mit der Zeit findest du heraus, was man hier gut essen kann und wovon man lieber die Finger lassen sollte, aber bis dahin hast du ja mich«, erklärte Lucy mir, woraufhin ich beruhigt ausatmete.


»Vielleicht hättest du doch den Theaterkurs wählen sollen, so dramatisch wie du dich gerade anstellst«, neckte sie mich mit einem breiten Grinsen auf den Lippen.


Ich streckte ihr dafür kurz die Zunge raus, doch fiel dann in Lucys Lachen mit ein.


Es freute mich, dass sie ihre Schüchternheit mir gegenüber immer mehr ablegte und anfing, Witze zu machen. Ich hatte das Gefühl, dass Lucy nicht besonders viele Freunde an der Schule hatte, zumindest nicht in unseren gemeinsamen Kursen, dabei war sie so ein liebenswerter Mensch. Vielleicht lag das an ihrer etwas zurückhaltenden Art, aber wir hatten uns von Anfang an gut miteinander unterhalten können.


In der Mensa angekommen, beriet Lucy mich wie versprochen bei der Essenswahl, sodass wir beide die Lasagne nahmen und uns damit zu ein paar Leuten aus unserem Erdkunde-Kurs setzten.


Gwen, Talisha und Marley waren gerade dabei, mich über Deutschland auszufragen, als die Tür zur Mensa erneut aufschlug und Dylan mit seinen besten Freunden im Schlepptau den Raum betrat. Selbstsicher ließ mein Gastbruder seinen Blick durch die Mensa schweifen, als wäre er ein König, der seine Untertanen musterte. Als sein Blick mich streifte, konnte ich förmlich sehen, wie er sich automatisch verdunkelte und es hätte mich nicht gewundert, wenn Dylan auf der Stelle wieder kehrtgemacht hätte.


Doch das war nicht der Fall. Stattdessen steuerte Dylan sogar auf einen leeren Tisch ganz in der Nähe von uns zu und ließ sich dort mit einem Plumpsen nieder. Seine Freunde taten es ihm nach, wobei Ace mir vorher noch einmal kurz zuwinkte, weshalb Dylan genervt die Augen verdrehte. Wahrscheinlich konnte ich mich heute auf der Rückfahrt wieder auf eine Strafpredigt gefasst machen, dabei konnte ich echt nichts dafür, dass Ace mich im Gegensatz zu ihm scheinbar mochte.


»Hallo, Erde an Valerie? Ich habe dich was gefragt«, vernahm ich in diesem Moment Marleys Stimme und seine, vor meinem Gesicht wedelnde, Hand holte mich aus meinen Gedanken zurück.


Peinlich berührt wendete ich meinen Blick von den Jungs ab. »Sorry, kannst du deine Frage bitte nochmal wiederholen? Ich war kurz abgelenkt«, meinte ich dann mit einem entschuldigenden Lächeln.


Marley machte eine abwinkende Handbewegung. »Alles gut, nicht so wichtig. Hast du dich etwa direkt in Dylan Campbell verguckt oder was war das gerade?«, fragte der Junge mit den grün gefärbten Igelhaaren stattdessen.


Röte schoss mir in die Wangen und ich hätte mich am liebsten ganz klein auf meinem Stuhl gemacht. Hatte ich Dylan wirklich so offensichtlich angestarrt? Das war ja mal sowas von unangenehm.


»Was? Nein, natürlich nicht«, entgegnete ich hastig. »Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich in den vergucke, ist ungefähr gleich mit der, dass ich die erste Präsidentin von Nordkorea werde.«


Dylan mochte ja so gut aussehen wie er wollte, doch sein Charakter war einfach nur absolut abstoßend. Ich hatte bisher noch kein einziges nettes Wort aus seinem Mund gehört und bezweifelte mit jedem Tag mehr, dass wir uns irgendwann zusammenraufen könnten und zumindest ein neutrales Verhältnis zueinander haben könnten. Wie sollte ich so eine Person bitte jemals gut finden?


»Du hast ihn aber ganz schön angeschmachtet, als er gerade reingekommen ist«, bemerkte Gwen. »Dafür musst du dich nicht schämen, an unserer Schule schwärmt bestimmt jedes zweite Mädchen für Dylan Campbell und die anderen für seine Freunde. Ich finde Ace ja persönlich am besten.«


Wäre ich nicht bereits so rot angelaufen wie eine Tomate, würde ich es jetzt spätestens sein. Ich hatte Dylan weder angestarrt noch angeschmachtet - wieso konnte mir das nur keiner glauben?


»Wusstest ihr schon, dass Valerie bei Dylan zu Hause wohnt?«, warf Lucy nun noch ein, um der Situation das Sahnehäubchen aufzusetzen.


Man konnte förmlich hören, wie Talisha, Gwen und Marley synchron nach Luft schnappten und mich anschließend aus vor Überraschung geweiteten Augen anblickten.


Das ließ mich stutzen. Warum war jeder so überrascht, dass ich bei den Campbells wohnte? Doch um danach zu fragen, blieb mir gar keine Zeit, denn Talisha hatte schon das Wort ergriffen.


»Das ändert die Sachlage natürlich beachtlich«, erklärte sie überzeugt. »Wenn das so ist, wette ich, dass ihr während deines Auslandsjahres mindestens einmal miteinander in der Kiste landet.«


Während sie das leichthin sagte, blieb mir vor Schock fast der Mund offenstehen. Auf was für absurde Vorstellungen kamen hier gerade alle? Das war doch einfach nur Wahnsinn!


»Ganz sicher nicht! Ich will nichts von Dylan und außerdem hasst er mich so sehr, dass er sich mir nicht mal freiwillig auf zwei Meter nähern würde«, erwiderte ich und versuchte möglichst viel Nachdruck in meine Stimme zu legen.


»Ach was, Dylan mag niemanden«, meinte Talisha nur schulterzuckend, als wäre das kein Argument.


Daraufhin begannen alle am Tisch wilde Fantasien über Dylan und mich zu spinnen, während ich mich nur noch ganz weit weg wünschte. Hoffentlich hatte Dylan nichts von unserem Gespräch mitbekommen, denn schließlich war sein Tisch gar nicht so weit von unserem entfernt. Doch als ich einen kurzen Blick riskierte, schien er mit seinen Freunden ebenfalls in eine Diskussion verwickelt zu sein und schenkte uns keinerlei Beachtung. Das ließ mich zwar ein bisschen aufatmen, aber richtig entspannen konnte ich die restliche Mittagspause über trotzdem nicht mehr.


Den ganzen restlichen Schultag über begleitete mich eine unangenehme Anspannung. Auch wenn ich Marley, Gwen und Talisha echt nett fand, wollte ich auf gar keinen Fall, dass durch sie Gerüchte in die Welt gesetzt werden würden wie zum Beispiel, dass ich mich in Dylan Campbell verguckt hätte. Das war nämlich erstens nicht der Fall und zweitens würde Dylan mir dafür dem Kopf abhacken und darauf konnte ich gut verzichten.


Um auf der Fahrt nach Hause unangenehme Auseinandersetzungen mit Dylan zu vermeiden, steckte ich mir dieses Mal direkt meine Kopfhörer in die Ohren. Das war vielleicht feige und unhöflich, aber das nahm ich gerne in Kauf, wenn ich dafür einem Streit mit Dylan aus dem Weg gehen konnte.


Trotzdem war ich froh, als wir auf der Auffahrt der Campbells hielten, denn die Spannung im Auto zwischen Dylan und mir war beinahe unerträglich. Hastig stieg ich aus und lief den Weg zum Haus entlang, doch Dylan war mit seinen langen Beinen deutlich schneller als ich und überholte mich. Er schloss die Tür auf und schlüpfte hinein, knallte sie mir aber wieder vor der Nase zu, bevor ich ebenfalls das Haus betreten konnte. Während ich an meinem ersten Tag hier in Amerika jetzt bestimmt traurig oder wütend geworden wäre, zog ich jetzt nur meinen eigenen Haustürschlüssel aus der Tasche mit einer Gleichgültigkeit, die mich selber überraschte. Anscheinend schien ich gegen Dylans Gemeinheiten abzustumpfen, was bestimmt ein sehr sinnvoller Selbstschutzmechanismus war. Als ich den Flur nun ebenfalls betrat, war Dylan noch dabei, sich seine Schuhe und Jacke abzustreifen.


»Du musst schon das Schloss austauschen, wenn du mich wirklich aussperren willst«, meinte ich trocken und legte dann ebenfalls meine Sachen ab, ohne Dylan eines weiteren Blickes zu würdigen.


Aus dem Augenwinkel nahm ich trotzdem wahr, wie Dylan Luft holte, um etwas zu erwidern, doch da betrat Kate den Flur.


»Schön, dass ihr wieder da seid«, begrüßte sie uns mit einem fröhlichen Lächeln. »Ihr braucht euch gar nicht ganz ausziehen, ich muss euch nämlich um einen Gefallen bitten. Könntet ihr bitte zusammen den Einkauf übernehmen? George ist noch in der Kanzlei und ich wollte da jetzt auch nochmal hinfahren und bis wir wieder zu Hause sind, haben alle Läden geschlossen.«


Mir wäre bei Kates Worten vor Schock fast der Mund offen stehen geblieben, doch das war kein Vergleich zu Dylans Gesichtsausdruck. Mein Gastbruder schaute so fassungslos aus der Wäsche, dass man es eigentlich auf einem Foto hätte festhalten müssen. Doch dann schlich sich ein gefährliches Glitzern in seine Augen, das mir eine Gänsehaut einjagte - ich hatte echt Angst vor dem, was jetzt kommen würde.


Doch bevor Dylan etwas entgegnen konnte, fuhr Kate fort: »Ich weiß, dass ihr beide euch nicht besonders gut leiden könnt, aber ich finde, das ist die perfekte Gelegenheit, euch etwas besser gegenseitig kennenzulernen. Deshalb dulde ich keine Widerreden, sondern will, dass ihr euch einfach mal zusammenreißt.«


Diese klare Ansage reichte bei mir, dass ich jegliche Widerworte runterschluckte und mich meinem Schicksal fügte, aber Dylan schien das nicht ganz so zu sehen.


»Das ist nicht dein scheiß Ernst, oder? Ich bin doch nicht Valeries Babysitter - wieso soll ich sie jetzt überall mit hinnehmen? Ich darf aber schon noch alleine aufs Klo gehen, oder?«, fuhr er seine Mutter so wütend an, sodass ich schockiert einen kleinen Schritt zurückwich.


Mir würde es niemals einfallen, so mit meiner Mutter zu sprechen. Vor allem übertrieb Dylan schon wieder maßlos. Mir machte es auch keinen Spaß, mit ihm zusammen zur Schule fahren zu müssen, aber immerhin waren das nur zehn Minuten am Tag und ansonsten sahen wir uns nur bei den gemeinsamen Abendessen.


Kate hingegen schien die Ausbrüche ihres Sohnes gewohnt zu sein, denn sie blieb vollkommen ruhig stehen, ohne die Miene zu verziehen. »Dylan, pass auf deinen Ton auf«, ermahnte sie ihn, wobei ihre Stimme einen drohenden Unterton angenommen hatte. »Ich finde es ehrlich gesagt zum Kotzen, wie du dich in letzter Zeit immer aufführst und wenn du dich nicht mal langsam in den Griff kriegst, werden dein Vater und ich ernsthafte Konsequenzen ziehen. Also überlege dir lieber noch einmal, ob du wirklich weiter mit mir diskutieren möchtest.«


Tatsächlich schien Kates Ansage jetzt auch bei Dylan gewirkt zu haben, denn obwohl sein ganzer Körper vor Wut bebte, griff er nach seinem Autoschlüssel, der noch auf der Kommode lag. Dann stürmte er wieder nach draußen und knallte die Tür schwungvoll hinter sich zu.


Kate stieß ein leises Seufzen aus und fuhr sich frustriert durch die Haare.


»Es tut mir echt leid, wie Dylan sich dir gegenüber verhält. Ich hoffe, dass es euch etwas hilft, besser miteinander klarzukommen, wenn ich euch jetzt sozusagen zwinge, Zeit miteinander zu verbringen. Wenn es aber wirklich gar nicht geht, darfst du dich gerne bei mir melden.«


Ich nickte zögerlich und versuchte den riesigen Kloß in meinem Hals zu ignorieren. Auch wenn ich das niemals zugeben würde, fürchtete ich mich echt ein bisschen vor Dylan in diesem wutgeladenen Zustand und mein Wunsch, jetzt mit ihm einkaufen zu gehen, war in etwa gleichzusetzen mit dem, alle meine Haare abzurasieren. Dylan würde mir garantiert den Streit mit seiner Mutter in die Schuhe schieben und mich dafür noch mehr angehen als sonst.


Trotzdem schluckte ich all meine Bedenken herunter und ließ mir von Kate den Einkaufszettel, Geld und einige Tragetüten in die Hand drücken, bevor ich dann ebenfalls nach draußen lief. Dylan saß schon bei laufendem Motor im Auto und trommelte unruhig mit den Händen aufs Lenkrad, weshalb ich mich beeilte, ebenfalls einzusteigen. Kaum hatte ich die Tür geschlossen, brauste Dylan auch schon mit einem Affenzahn vom Hof, dass ich mich gar nicht schnell genug anschnallen konnte.


Aus dem Augenwinkel linste ich zu ihm herüber und sah, wie seine Hände angespannt das Lenkrad umklammerten und sein Blick stur auf die Straße gerichtet war. Ich wollte mich gerade wieder von meinem Gastbruder abwenden, um aus dem Fenster zu gucken, als er seinen Kopf drehte und unsere Blicke sich streiften. In Dylans grünen Augen loderte so dunkler Zorn, dass ich wusste, dass er mich diesem Moment mehr als alles andere hasste und das jagte mir ganz schön Angst ein. Eine Gänsehaut breitete sich über meinen ganzen Körper aus und ein mulmiges Gefühl lag wie Steine in meinem Magen. Innerlich machte ich mich bereits darauf gefasst, dass Dylan mich jetzt anschreien würde, doch zu meiner Überraschung wendete er seinen Blick einfach wieder ab.


Wir verbrachten die ganze Fahrt in eiskaltem Schweigen und ich wusste nicht, ob ich mich freuen oder jetzt erst recht gruseln sollte, als wir auf dem riesigen Parkplatz eines Supermarktes etwas außerhalb der Stadt hielten.


»Soll ich einen Einkaufswagen holen?«, fragte ich Dylan so vorsichtig wie möglich, als wir ausstiegen.


Ich konnte echt nicht einschätzen, wie er im Moment drauf war und ob ihn nicht schon ein einziger Satz von mir zum Überkochen bringen würde.


»Ne, ich habe gedacht, wir kicken die Sachen einfach zur Kasse«, kam es von dem braunhaarigen Jungen ironisch zurück.


Etwas anderes hätte ich ehrlich gesagt auch nicht erwartet.


Doch anstatt zurückzuschießen antwortete ich: »Hä, was für eine Kasse? Ich dachte, wir klauen das einfach, schließlich sind deine Eltern nicht umsonst Anwälte.« Vielleicht würde dieser kleine Scherz die Stimmung ja etwas auflockern können, auch wenn meine Hoffnungen dafür nicht besonders hoch waren.


Zu meiner unglaublichen Überraschung sah ich aber tatsächlich, wie ein kleines Schmunzeln über Dylans Gesicht huschte. Es verschwand zwar so schnell, wie es gekommen war, aber trotzdem hatte ich es ganz genau gesehen. Ich hatte es tatsächlich geschafft, Dylan Campbell zum Lächeln zu bringen und auch wenn ich mir darauf absolut nichts einbilden sollte, machte mich das ein kleines bisschen glücklicher, als es sollte.


»Ich hole den Einkaufswagen. Komm einfach mit und lass dich nicht überfahren, denn ich werde dich ganz sicher nicht von der Straße kratzen und wiederbeleben«, antwortete Dylan nun doch noch auf meine Frage und auch wenn er es immer noch nicht schaffte, einen Satz ohne eine Gemeinheit über mich herauszubringen, hatte ich das Gefühl, dass sein Ton nicht mehr so scharf war wie sonst. Aber da konnte ich mich auch täuschen.


Brav folgte ich Dylan und als wir zusammen mit dem Einkaufswagen den Supermarkt betraten, blieb mir vor Staunen fast der Mund offenstehen. Auch wenn ich in einer deutschen Großstadt wohnte, hatte ich noch nie so einen großen, weitläufigen Supermarkt gesehen. Überall von der Decke hingen bunte Verkaufsschilder und in den unzähligen Regalen konnte man Sachen finden, die weit über den normalen Haushaltsbedarf hinausgingen.


»Mund zu, so siehst du noch dümmer aus als sonst und es gibt hier Leute, die mich kennen«, kommentierte Dylan auch sofort.


Ich zuckte mit den Schultern. »Ich versuche nur, mich auf dein Niveau hinab zu begeben, aber wie du willst.« Bevor Dylan etwas Weiteres erwidern konnte, zog ich den Einkaufszettel aus meiner Tasche. »Das sollen wir alles besorgen und am besten fangen wir jetzt an, sonst sind wir noch bis Ladenschluss nicht fertig«, sagte ich mit einem Blick auf die vielen Sachen, die Kate aufgeschrieben hatte.


Dylan schluckte seine Gegenworte runter und nickte zustimmend. Offensichtlich wollte er diesen Einkauf auch so kurz und schmerzlos wie möglich halten.


Und so schafften wir es zu meinem großen Erstaunen, die nächste halbe Stunde schweigend sämtliche Lebensmittel, die hier alle in mindestens doppelt so großen Verpackungen wie in Deutschland eingeschlossen waren, in den Wagen zu räumen.


»Kannst du noch eben Cornflakes besorgen? Ich gehe dann schon mal zur Kasse«, fragte mich Dylan, der den, mittlerweile bis oben hin bepackten, Einkaufswagen schob.


»Klar«, antwortete ich und lief in die entgegengesetzte Richtung los, wo ich erst die Cornflakes gesehen hatte. Dabei versuchte ich mir bewusst zu machen, dass das gerade die erste Konversation von Dylan und mir gewesen war, die nicht in einem Streit ausgeartet war.


Vielleicht hatte Kate ja Recht und es brachte etwas, dass Dylan und ich gezwungenermaßen Zeit miteinander verbrachten. Zumindest hatte ich mir den Einkauf deutlich schlimmer vorgestellt, nachdem Dylan erst so wütend gewesen war.


Immer noch in Gedanken versunken, griff ich nach einer Cornflakes-Packung und ging dann zurück in Richtung der Kassen. Dort blickte ich mich nach Dylan um, doch ich konnte ihn nicht finden, obwohl er mit seiner Größe eigentlich alle überragen müsste.


Er würde mich doch nicht einfach hier stehengelassen haben, oder? Ich traute Dylan wirklich viel zu, aber das wäre echt richtig fies. Nein, bestimmt war ihm nur noch etwas eingefallen, was bei unserem Einkauf noch fehlte und deshalb war er jetzt ebenfalls noch auf der Suche.


Und so wartete ich. Erst fünf Minuten, dann zehn und nach einer Viertelstunde entschloss ich mich, die Cornflakes mit dem Geld, das ich noch von Kate hatte, einfach zu bezahlen und draußen zu schauen, ob Dylans Auto noch auf seinem Parkplatz stand. Das war meine einzige Chance herauszufinden, ob mein Gastbruder noch hier im Supermarkt war, da ich seine Handynummer nicht hatte und er mich umbringen würde, wenn ich eine Durchsage im Laden machte.


So lief ich mit einem beklemmenden Gefühl im Magen und einer Packung Cornflakes in der Hand zum Parkplatz und hoffte inständig, dass Dylans Auto noch dastand. Doch als ich den Platz erreichte, wo ich mir zu hundert Prozent sicher war, dass wir genau hier geparkt hatten, stand nicht mehr Dylans schwarzer Sportwagen in der Lücke, sondern ein großer Geländewagen.


Fassungslosigkeit breitete sich in mir aus - Dylan hatte mich ernsthaft hiergelassen und war einfach weggefahren! Dass er mich immer mit gemeinen Sprüchen attackierte, war ja eine Sache, aber dass er die Dreistigkeit besaß, mich mitten in der Pampa auf dem Parkplatz eines Supermarktes zurückzulassen, brachte die Sache auf ein ganz neues Level.


Eine unfassbare Wut und Frustration breitete sich in mir aus und ich hätte am liebsten geschrien, um all meine Gefühle rauszulassen. Doch stattdessen setzte ich mich auf den Bordstein, der einen auf dem Parkplatz stehenden Baum umsäumte und versuchte einen klaren Gedanken darüber zu fassen, was ich jetzt am besten machen sollte. Meine Optionen waren entweder alle möglichen Leute hier anzusprechen, in der Hoffnung, dass jemand in dieselbe Richtung wie ich musste oder mir von Kates Geld ein Taxi zu rufen oder mich von ihr höchstpersönlich abholen zu lassen. Irgendwie erschienen mir diese Möglichkeiten alle nicht optimal, doch nach reichlicher Überlegung entschied ich mich schließlich für das Taxi. Ich war gerade dabei, mein Handy zu zücken, um mir ein Taxi zu rufen, als ein Auto mit quietschenden Reifen vor mir hielt. Ohne aufzusehen wusste ich, wer der Fahrer war. Dylan war offensichtlich zurückgekommen, um mich doch noch mitzunehmen.


»Steig ein«, rief mir mein Gastbruder mir auch schon aus dem heruntergelassenen Autofenster zu, als ich nicht sofort Anstalten machte, aufzustehen. Aber wenn er dachte, dass ich ihm jetzt freudestrahlend in die Arme fallen würde, nur weil er sich doch noch dazu durchgerungen hatte, mich mitzunehmen, hatte er sich ganz gewaltig geschnitten. Ich war echt wütend auf ihn und das sollte er ruhig spüren.


»Das könnte dir so passen. Erst lässt du mich hier einfach stehen und dann kommst du an, als wäre nichts gewesen?«, fauchte ich ihn an und kniff die Augen zusammen.


Doch Dylan ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern ließ seinen Arm lässig aus dem Fenster baumeln, ohne auch nur eine Miene zu verziehen.


»Du hast genau zwei Optionen, Valerie«, erklärte er mir ruhig. »Entweder siehst du zu, dass du in den nächsten zehn Sekunden deinen Arsch in dieses Auto bewegst oder ich lasse dich dieses Mal endgültig stehen. Deine Zeit läuft ab jetzt.«


Dylan blickte auf die Uhr an seinem Arm und ich konnte sehen, dass er es genoss, so viel Macht über mich zu haben. In seiner Gegenwart fühlte ich mich andauernd so klein und schwach und ich war mir sicher, dass Dylan genau das wollte. Aber das würde ich dieses Mal nicht zulassen.


»Dann wünsche ich dir eine gute Heimfahrt, ich komme schon selber irgendwie zurück, selbst wenn ich laufen muss. Kate wird bestimmt begeistert davon sein, wenn ich ihr heute Abend davon erzähle.«


Ich setzte ein zuckersüßes Lächeln auf, nachdem ich geendet hatte, während Dylans Gesicht immer weiter entgleiste. Es war vielleicht feige, die Ich-petze-das-deiner-Mutter-Karte auszuspielen, aber offensichtlich hatte diese Drohung Wirkung gezeigt, denn Dylans Kiefer spannte sich wütend an.


»Du steigst jetzt verdammt noch mal ins Auto, sonst zerre ich dich persönlich hier rein«, knurrte Dylan bedrohlich, doch ich verschränkte nur trotzig die Arme vor der Brust.


»Versuche es doch. Auf die anderen Leute wirkt es bestimmt auch gar nicht komisch, wenn ein großer Junge ein schreiendes Mädchen in sein Auto zieht«, erwiderte ich und konnte nur mit Mühe ein Grinsen verbergen. Jetzt hatte ich den Spieß plötzlich umgedreht, denn offensichtlich wollte Dylan echt nicht, dass seine Mutter etwas von dieser Aktion erfuhr. Wahrscheinlich war auch das der Grund gewesen, warum er noch mal umgedreht war und nicht sein schlechtes Gewissen.


Dylan schien nicht wirklich zu wissen, was er jetzt machen sollte, denn offensichtlich hatte auch er realisiert, dass ich in diesem Moment am längeren Hebel saß und man konnte förmlich sehen, wie wütend ihn das machte. Seine eben noch lockere und selbstsichere Haltung war mit einem Mal völlig verkrampft und sein Kiefer mahlte angespannt.


»Aber wenn du dich bei mir entschuldigst und zumindest versuchst, es ehrlich klingen zu lassen, kann ich vielleicht darüber hinwegsehen und ohne weiteres Drama mit dir zurückfahren«, bot ich meinem Gastbruder als Friedensangebot an. Eigentlich wollte ich einfach nur noch nach Hause und eine Entschuldigung würde Dylans Stolz soweit kränken, dass ich es nicht mehr nötig hätte, auf meiner Position zu beharren.


Ich konnte sehen, wie Dylan einen inneren Kampf mit sich austrug. Er wollte sich nicht bei mir entschuldigen und wahrscheinlich tat es ihm auch noch nicht mal leid, aber anscheinend hatte er noch weniger Lust auf noch mehr Stress.


»Ich hätte nicht einfach ohne dich losfahren sollen, das war echt übertrieben von mir. Kannst du jetzt bitte einfach einsteigen?«, presste er deshalb zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch und rang sich sogar ein Bitte ab.


Ich merkte, wie sich eine gewisse Genugtuung in mir ausbreitete. Dieses Mal hatte ich gewonnen.


Trotzdem war ich immer noch etwas verletzt und enttäuscht darüber, dass Dylan mich stehen gelassen hatte, weil ich gerade das Gefühl gehabt hatte, dass es zwischen uns minimal besser wurde, schließlich hatte Dylan über einen meiner Witze gelacht und wir hatten eine ganz normale Konversation geführt. Aber anscheinend ließ sich das Kriegsbeil zwischen uns nicht so einfach begraben, zumindest von Dylans Seite aus. Seufzend griff ich nach der Cornflakes-Packung neben mir und stieg zu Dylan ins Auto, um nach diesem anstrengenden Tag endlich nach Hause zu kommen.



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