11. C'est la vie
Dylan's Point of View:
Ich lag auf dem Sofa, Valerie neben mir. Sie hatte ihren Kopf an meiner Schulter anlehnt und meine Hand ruhte auf ihrem Oberschenkel. Ich genoss ihre Nähe sehr, in Momenten wie diesem verspürte ich immer eine gewisse Ruhe, während mein Leben ansonsten im Chaos zu versinken drohte. Aber daran war ich schließlich selber Schuld.
Ich hasste mich für das, was ich Valerie angetan hatte und was ich ihr immer noch jeden Tag antat, indem ich ihr nicht die Wahrheit sagte. Mir war klar, dass ich es nur noch schlimmer machte, indem ich es so lange hinauszögerte, aber ich hatte mich noch nicht getraut, Valerie endlich zu erzählen, was passiert war. Meine Angst sie zu verlieren, war einfach zu groß. Sie hatte mir schon so viele Fehler verziehen, aber das jahrelange Verschweigen eines Seitensprungs würde ganz sicher nicht dazu gehören. Hätte ich es ihr nur gleich gesagt, vielleicht hätten wir dann noch eine Chance gehabt... Aber ich war ein verdammter Feigling und dafür hasste ich mich.
Das Problem war, dass ich mich durch mein Geheimnis nicht nur selbst kaputt machte, sondern auch Valerie extrem darunter litt. Sie wusste, dass ich etwas vor ihr verbarg und dachte wahrscheinlich, ich würde nicht genug vertrauen, um es ihr zu erzählen. Wenn sie nur wüsste…
"Glaubst du, wir schaffen noch eine Folge?", riss mich Valeries zarte Stimme aus meinen düsteren Gedanken. Sie hielt abwartend die Fernbedienung in der Hand und auf dem Fernseher zeigte sich der Ladebildschirm für die nächste Folge, dabei hatte ich noch gar nicht mitgekriegt, wie die andere geendet hatte.
Wir waren gerade dabei, die neuste Staffel von Stranger Things zu gucken, die vor einigen Tagen rausgekommen war. Auch nach über vier Jahren Beziehung, führten wir nämlich unsere gemeinsame Serien-Liste immer noch weiter. Leider war auch dafür in den letzten Wochen die Zeit ganz schön knapp geworden. Heute hatten wir aber vor dem Schlittschuhlaufen noch etwas Zeit dafür gefunden.
"Bestimmt, eine Folge geht noch", antwortete ich meiner Freundin nach einem kurzen Blick auf die Uhr. Wir hatten noch etwas über eine Stunde Zeit, bis wir los mussten.
Ich freute mich schon aufs Schlittschuhlaufen. Erstens hatte mir Schlittschuhlaufen schon immer Spaß gebracht und zweitens hatte ich nach gestern gemerkt, wie gut es mir tat, etwas rauszukommen, Zeit mit meiner Freundin oder meinen Freunden zu verbringen und meinen Kopf einfach abzuschalten.
Valerie nickte zufrieden, offensichtlich war das die Antwort, die sie hören wollte. Dann drückte sie auf Play und die nächste Folge begann, aber richtig konzentrieren konnte ich mich immer noch nicht.
Unauffällig musterte ich Valerie von der Seite. Es kam mir so vor, als würde sie mit jedem Tag noch schöner werden, wenn das überhaupt noch möglich war. Ihre blonden Haare fielen in sanften Wellen über ihre Schultern und ihre blauen Augen fokussierten aufgeregt den Fernseher. Jedes Mal, wenn sie mich ansah, löste sich in meinem Bauch ein warmes Kribbeln aus. Ja, ich liebte sie definitiv noch wie am ersten Tag, wenn nicht sogar noch mehr.
Aber wie konnte ich ihr das alles antun, wenn ich sie doch so sehr liebte? Ich wusste es nicht… Offensichtlich war das egoistische Arschloch in mir doch noch stärker, als es nach außen hin wirkte.
In diesem Moment begann mein Handy zu vibrieren, doch ich ignorierte es. Bestimmt hatte Ace mir nur wieder ein unglaublich witziges Meme über Shrek geschickt. Bei dem Gedanken verdrehte ich zwar die Augen, aber trotzdem schlich sich ein leichtes Lächeln auf mein Gesicht. Ich wusste echt nicht, was ich ohne diesen Chaoten als meinen besten Freund tun würde.
Als mein Handy jedoch zum fünften Mal in Folge vibrierte, warf ich doch einen kurzen Blick darauf. Mir wurden fünf neue Nachrichten angezeigt, von einer Nummer, die ich nicht eingespeichert hatte. Trotzdem wusste ich augenblicklich, um wen es sich handelte, ohne auch nur eine Nachricht gelesen zu haben. Jacky.
Es war ja nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie sich wieder meldete, schließlich hatte sie das sogar angekündigt. Meine verhältnismäßig gute Laune war innerhalb von wenigen Sekunden komplett verpufft und ich spürte langsam die Wut in mir aufkochen. Wut auf mich. Wut auf Jacky. Wut auf die ganze beschissene Situation.
Trotzdem ging ich auf den Chat, wobei mein Puls sich mindestens auf das Doppelte erhöhte.
*Wir treffen uns um Punkt 16 Uhr am C'est la vie.*
*Du solltest lieber pünktlich sein! *
* Ich mache keine Scherze, Dylan!!!*
*Ansonsten muss ich Valerie leider doch so nette Bilder wie dieses hier schicken...*
Die letzte Nachricht war ein Bild. Es zeigte Jacky, die nackt auf mir saß.
Vor Schock konnte ich meine Augen im ersten Moment kaum von dem Bildschirm lösen. Das waren eindeutig Jacky und ich, auch wenn man mein Gesicht nicht sehen konnte.
Panik durchflutete meinen Körper und schließlich gelang es mir doch, mich aus meiner Schockstarre zu lösen und von dem Chat runterzugehen. Hoffentlich hatte Valerie nichts gesehen...
Ich warte einen verstohlenen Blick zur Seite, doch Vale starrte nur wie gebannt auf den Fernseher und hatte nichts mitbekommen. Wenigstens etwas, doch trotzdem steckte ich jetzt ganz schön in der Scheiße. Ich musste zu diesem beschissenen Treffen mit Jacky, auch wenn ich dafür Valerie und meine Freunde versetzen musste.
"Verdammte Scheiße", entfuhr es mir und Valerie sah mich daraufhin überrascht an aus ihren großen blauen Augen an.
"Was ist los?" Sie runzelte verwirrte die Stirn.
"Ich habe vergessen, dass ich heute Nachmittag zu einer Lerngruppe verabredet war", log ich. "Die warten jetzt schon alle auf mich. Es tut mir so leid, aber ich muss wirklich los."
Mein Herz wurde ganz schwer dabei, meine Freundin so anzulügen. Eine kleine Stimme in meinem Inneren erinnerte mich daran, dass ich sie schon seit Jahren belog und ich fühlte mich automatisch noch schlechter. Ich war echt ein ziemlich beschissener Freund.
"Aber wir wollten doch Schlittschuhlaufen gehen", meinte Valerie und blickte mich enttäuscht an. Es tat mir echt unglaublich leid, sie zu versetzen, aber es ging nicht anders.
"Tut mir leid, ein anderes Mal", entgegnete ich nur kurz angebunden. Meine Stimme klang dabei ganz schön kühl und ich hoffte, dass Valerie deshalb nicht weiter nachfragte.
Tatsächlich blieb Valerie daraufhin still. Das tat sie nur, wenn ich sie wirklich verletzt hatte, sonst entgegnete sie immer etwas. Meine Worte mussten sie also ganz schön getroffen haben.
Mein Brustkorb zog sich bei diesem Anblick schmerzhaft zusammen, doch dann griff ich nach meiner Winterjacke und zog die Tür mit einem Knallen hinter mir zu. Ich konnte es nicht noch länger ertragen, Valerie so verletzt zu sehen.
Als ich das Wohngebäude verließ, peitschte mir der kalte Wind entgegen und ich zog den Reißverschluss meiner Jacke so weit wie es ging hoch und schob meine Hände in die Jackentaschen. Mit eiligen Schritten lief ich dann die Straße entlang zur nächsten U-Bahn-Station.
Valerie hatte mich zu einem richtigen Öko gemacht, ich benutzte fast nur noch die öffentlichen Verkehrsmittel und mein Auto musste in der Garage verkümmern. Auch wenn ich es nur noch selten nutzte, hatte ich es nicht übers Herz gebracht, mein Baby zu verkaufen.
So stieg ich in die überfüllte U-Bahn und fuhr in die Innenstadt, wo das Café "C'est la vie" lag, in dem sich Jacky mit mir treffen wollte. Meine eh schon schlechte Laune war komplett im Keller, als ich schließlich ankam. Es war zehn Minuten vor vier, also hatte ich es noch pünktlich geschafft.
Ich atmete noch mal tief durch, um mich zu sammeln, bevor ich das Café betrat. Auch wenn ich eine unendliche Wut auf Jacky hatte durfte ich jetzt nicht ausrasten, sondern musst mir anhören, was sie zu sagen hatte.
Als ich das Café schließlich betrat, scannte ich mit meinen Augen suchend die Tische ab, aber Jacky war noch nirgends zu sehen. Ich setzte mich an einen Fenstertisch und bestellte einen Kaffee, indem ich jedoch nur lustlos herumrührte, während ich immer wieder ungeduldig auf die Uhr guckte.
Zwanzig Minuten später war Jacky immer noch nicht da und ich wollte gerade genervt aufbrechen, als die Eingangstür aufschwang und ein dick eingemümmeltes Mädchen hereintrat. Die anderen Tisch schränkten mein Sichtfeld zwar stark ein, sodass nur ihren Oberkörper zu sehen war, aber trotzdem erkannte ich sie sofort, auch wenn unsere letzte Begegnung Jahre zurück lag. Es war Jacky.
Ich merkte, wie es in mir zu brodeln begann und ich konzentrierte mich auf meine Atmung, um ruhig zu bleiben. Jacky hatte schon ein Mal versucht, Valerie und mich auseinander zu bringen und seit diesem Tag hasste ich sie. Und jetzt versuchte sie schon wieder, mir mein Leben schwer zu machen. Irgendwie konnte es bei mir auch nie einfach rund laufen, aber wie hieß es so schön C'est la vie. Ein passenderes Café hätte Jacky echt nicht auswählen können.
"Du bist zu spät", knurrte ich Jacky an, als sie zu mir an den Tisch gekommen war. Ich funkelte sie wütend an, doch sie ließ sich davon nicht verunsichern.
"Tut mir leid, wir haben etwas länger gebraucht", entschuldigte sich Jacky, doch es klang nicht echt. Ich war mir sicher, dass sie mich mit Absicht hatte warten lassen.
Doch im nächsten Moment wurde ich stutzig. Hatte Jacky gerade "wir" gesagt? Mein Blick fiel auf eine kleine Gestalt, die sich hinter Jacky verbarg und die ich im ersten Moment gar nicht wahrgenommen hatte.
"Was meinst du mit "wir"?" Meine Stimme klang verunsichert und meine Augen fokussierten, die kleine Person, die Jacky nun hinter ihrem Rücken hervorzog. Es war ein Kleinkind, vielleicht zwei Jahre alt oder so. Es hatte braune Haare und grüne Augen, so wie ich.
Panik breitete sich in mir aus. Das konnte doch nicht wahr sein… Bestimmt war das alles nur ein Traum und ich würde gleich schweißgebadet aufwachen. Ich kniff mich sogar ein mal, nur um zu der ernüchternden Erkenntnis zu kommen, dass alles echt war. Verdammte Scheiße.
Vielleicht babysittete Jacky ja auch nur, versuchte ich mir ein letztes Mal Hoffnung zu machen, aber ich wusste selber, wie affig das klang. Fuck, ich war sowas von geliefert!
Jacky schien es sichtlich zu genießen, wie ich in vor ihren Augen in völlige Panik verfiel, denn ein falsches Lächeln zog sich über ihr Gesicht.
"Ich glaube du ahnst es bereits, aber das, Dylan, ist dein Sohn."
Uhhh Cliffhanger😏😂
Ich würde sagen, der liebe Dylan steckt ganz schön tief in der Scheiße... Respekt an alle, die das mit dem Kind schon vermutet hatten👌
Was glaubt ihr, wird Dylan jetzt machen?
Ansonsten wollte ich noch sagen, dass ich ab morgen bis Montag auf einem Festival bin und in dieser Zeit gar nicht auf Wattpad aktiv sein werde. Am Dienstag kommt aber wie gewohnt ein Kapitel, bevor ich dann in den Urlaub fahre. Ich hoffe auch, dass ich aus Italien regelmäßig updaten kann, aber ich kann leider noch nichts versprechen 😅
Mit diesem Kapitel möchte ich übrigens auch xxselinaraxx alles Liebe und Gute zum Geburtstag wünschen!💗 Herzlichen Glückwunsch!💗🎉
Ich wünsche euch noch eine schöne Woche!
Bis nächsten Dienstag😊
Amy
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