Akt 1: Szene 2
SASORI Komushi war lästig wie eine Mücke und mindestens genauso minderbemittelt, wissen Sie, ich habe nie viel übrig gehabt, für Naivchen.
HIME Standen Sie sich nahe, Ihr Freund und Sie, meine ich?
SASORI Mir steht niemand nahe und ich stehe auch niemanden nahe. Trotzdem glaube ich, ihm damit einen Gefallen getan zu haben.
HIME Und was lässt Sie das glauben?
SASORI Komushi hing von je her an meinem Rockzipfel, weder verfügte er über außergewöhnliche Talente, noch über einen herausstechenden Ehrgeiz, um sich Talente zu beschaffen, wenn Sie mich fragen, vergeudete Kombinationen an menschlichen Genen. Vielleicht war es aber ja auch genau das, ... seine Menschlichkeit, vielleicht tue ich ihm Unrecht, ich weiß es nicht. Wie dem auch sei, ich glaube, ich habe ihm einen Gefallen getan, da er jetzt das Ansehen hat, ,.. mein Ansehen, was er sich all die Jahre so sehnlichst gewünscht hatte. Er ist jetzt perfekter, als ich es wohl je sein werde.
HIME Er „ist"? Verzeihen Sie, Sie sagten, Ihr Freund wäre tot.
SASORI Und das ist er auch, zumindest wenn ich das Leben vom Standpunkt der Allgemeinheit aus betrachte, ... ich hatte gehofft, Sie könnten das vielleicht anders sehen.
HIME Ich glaube, ich komme nicht ganz, ...
SASORI ... wissen Sie! Ich glaube es gibt viele Wege zu sterben und meine Form der Aufbarrung ist wohl die ästhetischste. Komushi ist nicht tot, denn tot bedeutet, dass man sich auerhalb seiner Möglichkeit vom Sein befindet, wenn wir bei Heidegger bleiben, doch ich glaube, ... Frau Doktor, ich glaube, ich habe eine neue Art des Seins geschaffen, die unserem menschlichen Leben in nichts nachsteht.
HIME Wenn Sie sich als Fan bekennen, dann muss ich sie wohl nicht daran erinnern, dass Heidegger den Tod sehr wohl als eine Art Rückwurf aufs eigentliche Sein verstanden hat. - Und Sie glauben, eine neue Form von Eigentlichkeit geschaffen zu haben?
SASORI Ich glaube nicht, ich habe! - Komushi ist dem Sein der Kunst jetzt um ein vielfaches näher gerückt, er ist Kunst und ist die Verschmelzung mit der Kunst nicht etwas, was uns ewige Befriedigung verschaffen sollte?
HIME Wenn man etwas auf Kunst hält, ...
SASORI Jeder der etwas auf sich hält, hält etwas auf die Kunst, der Rest ist Stümperei! energisch
HIME Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wie Sie es gemacht haben. Wie haben Sie Ihren Freund getötet?
SASORI Mit Rizin. Ich habe es unter seinen Kaffee gemischt, als er mich zuletzt besucht hat, in meinem Atelier auf Murano.
HIME Ihr Atelier befindet sich auf Murano? Nicht auf dem Festland?
SASORI In der Tat, ... ist das wichtig?
HIME Nicht zwangsläufig, ... aber Sie wohnen in Venedig?
SASORI Ja, in Castello.
HIME Verstehe, ... nun fahren Sie fort, ich wollte Sie nicht unterbrechen, Rizin haben Sie verwendet? Einfach und subtil. Sie sind mit der Chemie vertraut?
SASORI Ich habe Medizin und Chemie studiert, in Milano.
HIME Haben Sie sich in Venedig als Arzt niederlassen wollen?
SASORI Nein, ich habe das Studium abgebrochen, da ich schnell merkte, dass die Tätigkeit als Arzt mich nicht ausfüllen wird. Die Menschen liegen mir nicht am Herzen, wieso sollte ich also Zeit daran verschwenden sie zu retten, wenn ich diese in Wertvolleres investieren könnte?
HIME Mit Wertvollerem meinen Sie die Kunst?
SASORI Sie sind aufmerksam.
HIME lehnt sich in ihrem Stuhl zurück und nippt an ihrem Tee Nachdem Sie Komushi ermordet hatten, was haben Sie dann gemacht?
SASORI Ich habe gewartet, bis es dunkel wurde und dann habe ich mich ans Werk gemacht.
HIME beugt sich etwas nach vorne Sie haben ihn zu einem Kunstwerk gemacht?
SASORI So ist es.
HIME Wie?
SASORI Ich habe ihn aufgeschnitten und die Organe entnommen, dann habe ich ihn von innen gesäubert und schließlich mit Sägemehl, welches ich zuvor in eine Natronmixtur eingelegt hatte ausgefüllt. Dann habe ich seine Haut mit Wachs und weiteren Substanzen eingerieben, um sie vor Feuchtigkeit zu schützen. Anschließend habe ich die Substanzen einwirken und antrocknen lassen und bin unterdessen zurück nach Venedig gefahren.
HIME Und die Leiche haben Sie einfach zurück gelassen?
SASORI Natürlich nicht ohne sicher zu stellen, dass man ihn nicht findet. Ich habe einen Sarg so präpariert, dass ich ihn ohne weiteres mit der Mixtur füllen konnte und Komushi mehrere Wochen darin liegen lassen konnte, dass er auch tatsächlich hinreichend konserviert wird.
HIME Und das hat niemand gemerkt?
SASORI Nein, wie denn? In meinem Atelier bin doch nur ich und sonst niemand. Nur ich besitze einen Schlüssel, die Räumlichkeiten sind Privateigentum.
HIME Ich verstehe und sie verkaufen nicht?
SASORI Lediglich in den vorderen Räumen, nicht in den Hinterliegenden.
HIME Okay, ... räuspern Und dann, wie ging es dann weiter? Sie haben Komushi zu einem Kunstwerk werden lassen, doch nicht in dem Sie ihn lediglich mumifiziert haben?
SASORI Als ich die Zeit für reif hielt, habe ich ihn aus dem Sarg wieder herausgeholt und schließlich das feuchte Sägemehl durch synthetische Watte ersetzt. Anschließend habe ich die Gelenke abgetrennt und durch Puppengelenke ersetzt, damit er an Mobilität zurück gewinnt und anschließend die Augen durch Imitate ersetzt.
HIME Sasori, ... tiefes Einatmen Ihnen ist bewusst, was Sie da getan haben?
SASORI Im Gegensatz zu Ihren anderen Patienten, befinde ich mich im vollen Besitz meiner geistigen Kräfte.
HIME Das würde ich nicht unbedingt vor Gericht sagen.
SASORI lacht trocken Wer behauptet, dass ich mich vor Gericht für meine Tat zu verantworten hätte? Wir Zwei sind die Einzigen, die davon wissen, Sie dürfen Nichts sagen und ich hege nicht die Absicht mich zu stellen.
HIME Früher oder später wird man sich fragen, wo Komushi geblieben ist, Arbeitsstelle, Freunde, Familie, ... glauben Sie wirklich, man wird Ihnen nicht nachstellen, wenn die Zeit gekommen ist? Er hat die Fähre nach Murano genommen, ist aber nicht zurück gekehrt, denken Sie wirklich, man wird sie nicht gegen sie ermitteln?
SASORI Frau Doktor, ich fürchte fast, Sie unterschätzen mich
HIME Das habe ich nic,...
SASORI Doch, das haben Sie! - Murano ist zu Stoßzeiten gut besucht und das Boot fährt mehrere Male am Tag, denken Sie, der Bootsführer wird sich an jedes Einzelne der Gesichter erinnern können? Und selbst wenn? Wer sollte die Vermisstenanzeige stellen? Komushis Mutter ist eine alte senile Frau, sie wird wahrscheinlich längst vergessen haben, dass sie mal einen Sohn hatte.
HIME Trotzdem wird man Fragen stellen, wenn er seit Wochen nicht auf der Arbeit erscheint, ohne sich vorher abgemeldet zu haben.
SASORI Oh, das glaube ich kaum, denn Komushi war arbeitslos, nicht fähig einen Beruf pflichtbewusst und gewissenhaft aus zuführen, es brauchte meist nur wenige Monate und er hielt seine Kündigung in der Hand.
HIME Klingt, als hätte ihr Freund kein all zu einfaches Leben geführt.
SASORI Und deswegen habe ich ihm diesen Gefallen getan, wissen Sie, Komushi hatte nie ein Verständnis für Kunst, dabei wissen wir doch, seit Nietzsche, dass die Kunst den einzigen Weg darstellt, dieses Leiden eines Lebens zu ertragen. Ich wollte ihm helfen und das habe ich schließlich auch. Jetzt ist er eins mit der Kunst, keine Trauer, keine Frustration, kein Neid, ... wissen Sie, wie die alten Griechen dazu sagten? Ataraxie nannten sie das.
HIME Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Pyrrhoneer nicht das damit gemeint haben.
SASORI seufzt leise Sie verstehen einfach nicht, ... Sie verstehen nicht, ... verzweifelt murmelnd Aber wie könnten Sie auch, Sie haben es nicht gesehen. Sie haben nie die Schönheit erblicken dürfen, von einem perfektionierten Menschen, wissen Sie, ich finde Menschen durchaus schön, ohne ein perverses Interesse, verstehen Sie mich bitte nicht falsch, so jemand bin ich nicht. Ich glaube nur, wie ich zu Beginn bereits sagte, ihr Wesen macht die Menschen, naja, ... minderwertig. Und Komushi, der sich sein Leben lang minderwertig fühlte, dem konnte ich dieses Verlangen stillen.
HIME Sasori, ... glauben Sie, Sie haben damit etwas Gutes getan?
SASORI kaltes Lächeln Ist das eine Fangfrage?
HIME Nein, nein, es ist mir ernst, Sie sagen, Sie hätten Komushi einen Gefallen getan, indem Sie ihn in zu einer menschliche Puppe gemacht haben. Und davon sind Sie überzeugt?
SASORI Frau Doktor, ... es fiele mir im Traum nicht ein, darüber zu scherzen.
Ein schrilles Klingeln durchbricht die Stille. Im Nebenzimmer vertippt sich Josef K. beim Schreiben und nimmt leise fluchend einen Schluck Kaffee.
SASORI Ich sehe, die Zeit ist um. Schade, dabei hatte ich das Gefühl, das Gespräch hätte gerade Fahrt aufgenommen.
HIME schweigen
SASORI Ich hatte mir gedacht, dass Sie nicht all zu angetan sein werden, von meinen Erzählungen. Aber Sie werden mich schon noch verstehen. Sie werden die Dinge noch begreifen und mir zustimmen, ganz sicher. erhebt sich, nickt Hime dann anerkennend zu und geht schließlich zur Tür
HIME steht ebenfalls auf
SASORI Oh, ... machen Sie sich keine Umstände, ich finde alleine raus. Also dann, ... Arrivederci, dottoressa! verlässt den Raum, nickt Josef K beim Heraustreten kurz zu
JOSEF K Arrivederci, Signore.
SASORI Arrivederci. zieht sich seinen Mantel über und geht ab
HIME kommt in den Vorraum und schweigt
JOSEF K Frau Doktor? Ist alles in Ordnung, ... Sie wirken blass, möchten Sie noch einen Kaffee vielleicht?
HIME Ja, .. .... ja, ein Kaffee. Stell ihn mir einfach hin, ich muss noch ein paar Unterlagen durchgehen. verschwindet zurück ins Büro und lässt die Tür hörbar hinter sich zufallen
JOSEF K beginnt Kaffee zu kochen Ein sonderbarer Morgen ist das, ... ein ganz sonderbarer Morgen.
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