Kapitel 41
Namjoon PoV
„Steh endlich auf! Hopphopp! Namjooooonnnn! Heute noch!"
Stöhnend tastete Namjoon nach seiner Decke und wollte sie sich über den Kopf ziehen, doch sie flutschte ihm durch die Finger, als Seokjin ihm diese mit einem Ruck wegzog. Augenblicklich bekam Namjoon eine Gänsehaut; ein kalter Windzug strich über seine nackten Beine und seine Brust.
„Du bist grausam", murrte der Leader und richtete sich auf, „wie bist du überhaupt hier herein gekommen?"
Seokjin antwortete nicht, sondern machte sich über Namjoons offenen Kleiderschrank her. Namjoon wollte die Chance nutzen, um sich seine Decke wieder zu angeln, doch Seokjin kannte seinen Freund offensichtlich zu gut, denn er befahl, ohne hinzusehen: „Denk nicht mal dran!"
„Warum machst du denn so einen Aufstand? Großer Gott, es ist erst halb neun, Jin!", stellte Namjoon entsetzt fest, als er einen Blick auf sein Handy warf; zehn verpasste Anrufe über die letzte Stunde verteilt.
„Es ist Weihnachten, Joonie! Weih-nach-ten! Du weißt schon: Geschenke, Glühwein, Tannenbaum und Familie."
„Wir sind doch im Urlaub. Wo willst du denn einen Tannenbaum herbekommen?"
Seokjin sah tadelnd über seine breiten Schultern zu seinem Freund.
„Wer hat noch einmal gesagt, dass du einen IQ von 140 hast?" - „148. Und jetzt erklär mir das mal.", verlangte Namjoon, schwang seine Beine vom Bett und schloss sein riesiges Fenster, da noch immer Winterwinde in den Raum wehten und ihm eine Gänsehaut bescherten.
Seokjin hatte in der Zwischenzeit ein farbiges Knäul aus Namjoons Schrank gekramt und warf es dem Leader zu. Verdutzt darüber, dass er sich nicht daran erinnern konnte, einen roten Pullover zu besitzen, fing Namjoon den Stoff auf und stellte gleichzeitig halb amüsiert, hab entsetzt fest, was für einen schrecklichen Fummel sein Hyung da angezogen hatte.
Er trug ebenfalls einen Pullover in dem gleichen Rotton, mit einem aufgestickten Gesicht eines Weihnachtsmannes. Namjoon Finger verkrampften sich leicht um den unbekannten Pullover und er hatte eine unangenehme Vermutung, was genau Jin ihm hier vorgelegt hatte.
„Das ziehe ich nicht an!", versuchte er schwach zu protestieren, doch Seokjins Eifer ließ keinen Widerspruch zu. Schon hatte der Älteste eine Hose für Namjoon herausgesucht und hielt sie dem Leader abwartend hin, mit einem Blick, der ganz eindeutig keinen Widerspruch zuließ. Seufzend ergab sich Namjoon seinem Schicksal und faltete seinen Pullover aus.
Später würde er sich mit Seokjin einmal über die Sache mit den Klamotten- in- fremde- Koffer- packen unterhalten, den Jin hatte da eine äußerst nervige Angewohnheit. Wann immer sein Koffer zum Bersten gefüllt war, jubelte er seinen Members noch etwas von sich unter und das so geschickt, dass man das erst merkte, wenn Jin in dem Koffer herumkramte.
So wie jetzt. Nur dass es ausnahmsweise mal etwas für Namjoon und nicht für Seokjin gewesen war; obwohl Namjoon eine von Seokjins Hosen definitiv lieber gewesen wäre, als der Pullover, der im Übrigen eine Zuckerstange aufgestickt hatte und sich ihr Rot fürchterlich mit dem eigentlichen Rot des Pullovers biss.
Doch Namjoon litt lieber still vor sich hin, anstatt an Weihnachten einen Streit vom Zaun zu brechen. Zum Glück war die Hose eine von seinen normalen, sonst hätte er sich wohl zum Gespött seiner Bandkollegen gemacht. Gerade als er fertig umgezogen war, klopfte es an der Tür.
„Das werden die anderen sein!", erklärte Seokjin aufgeregt und eilte zu Tür, wo sich Namjoon ein Bild des Jammers bot. Seokjin hatte nicht nur für sich und Namjoon diese schrecklichen und im Übrigen auch kratzigen Dinger besorgt. Alle weiteren fünf Member standen in Rot gekleidet vor ihm und auch Mira war nicht verschont geblieben, die auf Taehyungs Arm saß.
Jimin hatte eine Weihnachtsmütze aufgenäht, Hobi trug einen Tannenbaum, Kookie eine Lichterkette (zumindest glaubte Namjoon, dass es eine Lichterkette darstellen sollte), die sich einmal quer über seine Brust zog, Taehyung hatte einen Renntierkopf erwischt und Yoongi ein komisch deformiertes Geschenk. Mira war von allen noch am besten weggekommen; sie hatte eine Schneeflocke erwischt.
„Dich hat es also auch erwischt.", bemerkte Yoongi demotiviert, als Namjoon hinter Seokjin trat, „wie schafft er das immer noch etwas in meinen Koffer zu bekommen, wenn der bis zum Rand gefüllt ist?"
„Da bin ich überfragt."
„Ich kann euch hören", kommentierte Seokjin und zog seine Dongsaengs ins Zimmer. Nachdem er hinter Hoseok die Tür geschlossen hatte und alle ihn abwartend ansahen, klatschte er in die Hände.
„Da wir ja jetzt alle fertig sind..." - „Wo ist Dan Bi?", unterbrach Jimin Seokjins offensichtlich vorbereitete Ansprache und bekam dafür einen beleidigten Blick.
„Sie ist zu ihrer Familie gefahren. Gestern Abend. Kann ich jetzt weitermachen? Ihr habt ja wirklich keinen Respekt vor eurem Hyung", empörte sich Jin und sah von einem zum anderen. Yoongi zuckte daraufhin nur mit den Achseln und nuschelte etwas in sich hinein, worauf Seokjin jedoch nicht einging.
„Der Plan für heute steht fest.", sagte er, nun wieder mit einem begeisterten Funkeln in den Augen, „ich habe ein kleines Ferienhaus in der Nähe gemietet, wo wir Plätzchenbacken und einen Baum schmücken können. Und natürlich Bescherung machen können."
„Du hast ein Haus gebucht, obwohl wir hier noch im Hotel sind?", fragte Namjoon sicherheitshalber noch einmal nach, denn er war sich nicht sicher, ob er seinen Freund richtig verstanden hatte.
„Wir haben eindeutig zu viel Geld.", bemerkte Yoongi, „so was nennt sich Verschwendung."
„So was nennt sich gutes Organisieren und sollte Dankbarkeit erzeugen, kein Gemecker.", tadelte Jin, „ich hab schon alles vorbereitet, sogar eingekauft. Wir müssen nur noch alle Geschenke ins Auto laden und dann können wir los."
„Seit wann haben wir ein Auto?" - „Seitdem ich eins gemietet habe, Tae."
Unter den Membern brach eine wilde Diskussion aus, ob die Verschwendung für Weihnachten angebracht sei und Yoongi schlug vor, hier zu feiern und einen Film zu gucken; danach waren plötzlich doch alle dafür, ins Auto zu steigen und Seokjin scheuchte alle wieder zurück in ihre Zimmer, um die Geschenke aus ihren Verstecken zu holen.
Nach mehreren Weihnachten, in denen es immer wieder zu Dopplungen bei den gegenseitigen Geschenken gekommen war, hatten alle gemeinsam beschlossen, dass sie jedes Weihnachten wichtelten. Jeder zog einen Namen aus einem Becher und diesem musste er dann ein Geschenk besorgen, ohne dass der Beschenkte wusste, von wem das Geschenk kam.
Eine immer wieder lustige Angelegenheit mit einer besonderen Art des Nervenkitzels. Namjoon hatte dieses Mal Jimins Namen gezogen und ihm eine komplette Ladung Sportklamotten besorgt, weil ihm erstens nichts Besseres eingefallen war und er mitbekommen hatte, dass Jimin seine Sporthose irgendwie kaputt bekommen hatte.
„Hat niemand irgendwas vergessen? Ich will später nicht noch einmal umdrehen müssen." - „Jaja, Hyung." - „Wir haben alles." - „Geht es jetzt los?" - „Wie lange fahren wir?" - „Können wir endlich los?" - „Du hast doch so lange gebraucht, jetzt beschwer dich nicht."
„Ey! Kein Streit!", unterbrach Seokjin die Maknae-Line, die sofort wieder in eine Diskussion verfallen war. Namjoon, der auf dem Beifahrersitz saß, drehte das Radio auf, um eine weitere Diskussion zu vermeiden.
Weihnachtslieder begannen dudeln, als Seokjin den Motor startete, die Ausfahrt vom Hotelgelände nahm und auf einen schmales Schotterweg abbog, der sich entlang eines Berges schlängelte. Hinten sangen Hobi und Yoongi fürchterlich schief zu Last Christmas, während die Maknae- Line im Takt dazu Beifall klatschte.
„Sag mal, Hyung", meinte Namjoon nach einer Weile, während das Auto immer wieder hin und her ruckelte, „wenn du einen Weihnachtsbaum willst, sollten wir nicht einen besorgen?"
„Ich hab uns einen liefern lassen. Wir müssen ihn nur noch schmücken; zwei Kartons mit Schmuck sind hinten im Kofferraum."
„Kann es sein, dass du dieses Weihnachten viel ernster nimmst, als alle anderen?"
„Natürlich", antwortet Seokjin und warf einen prüfenden Blick über die Schulter, „es ist schließlich unser erstes Weihnachten zu acht."
Namjoon warf ebenfalls einen Blick über die Schulter und beobachtete, wie Tae mit Miras Händen den Takt klatschte.
„Stimmt", murmelte er leise und drehte den Kopf wieder nach vorne, „daran hatte ich gar nicht gedacht." „Es fühlt sich tatsächlich schon viel länger an, obwohl sie erst seit August bei uns ist.", stimmte Seokjin zu und ging etwas vom Gas, denn vor ihnen waren gerade die Umrisse eines Hauses aufgetaucht.
„Wir sind da!", verkündete Seokjin, doch das ging im Lärm von der Rückbank unter. Die beiden vorne tauschten einen amüsierten Blick, bevor sie ausstiegen. Seokjin warf Namjoon einen Hausschlüssel zu, bevor er die Hintertüren aufmachte und die Jüngeren nach draußen scheuchte und Namjoon sich daran machte, das Haus zu inspizieren.
Wie er feststellte, war das Haus für acht Personen ein wenig zu klein; es gab nur drei Betten und alles war sehr schlicht gehalten. Seokjin hatte recht gehabt, ein Tannenbaum stand schon in der Mitte des Wohnzimmers, wo er sofort von Taehyung, Mira und Hobi belagert wurde, die sich als erste dafür gemeldet hatten, ihn zu schmücken.
Namjoon, der die zwei Kisten mit Weihnachtsschmuck noch mit ins Haus getragen hatte, wurde ebenfalls damit beauftragt, sich um den Baum zu kümmern, da er in der Küche absolut keine Hilfe sein würde. Yoongi hatte ein paar Musikboxen mitgebracht und positionierte sie überall im Wohnzimmer, damit auch jeder etwas Weihnachtsmusik zu hören bekam.
Dann ging es an die Arbeit; Namjoon und Mira verteilten eine Lichterkette und Glitter auf den dicht bewachsenen Ästen, wobei Mira auf Namjoons Schulter klettern musste, damit sie ganz oben drankamen. Hobi und Tae kümmerten sich währenddessen um Weihnachtskugeln. Seokjin hatte sich auf dem Küchentisch breitgemacht und rollte mehrere Teigmischungen aus, Yoongi war in der Küche am Werk und schien mehrere Glasuren zuzubereiten und Kookie stach mit kindlicher Begeisterung Plätzchen aus dem fertigen Teig aus.
Und Jimin, der als Einziger nichts zu tun hatte, deponierte die acht Geschenke möglichst schick um den Baum, wobei er immer wieder fast dafür sorgte, dass entweder Namjoon oder Tae auf die Nase fiel. Nach knapp drei Stunden war alles zu Seokjins Zufriedenheit und er erklärte sich bereit, einen seiner heißgeliebten Schmorbraten noch zu machen.
Alles in allem war der Weihnachtsnachmittag ziemlich lustig, vor allem dank Jungkook, der irgendwann angefangen hatte mit dem Mehl herumzuspielen und alle einzusauen. Ab sieben gab es dann Abendessen und als jeder keinen einzigen Krümel mehr auf seinem Teller hatte, erlaubte Seokjin die Bescherung.
In einem fürchterlichen Durcheinander angelte sich jeder sei Geschenk aus dem Haufen und riss es mit einem ratschenden Geräusch auf. Hobi war der erste, der sein handgroßes Geschenk aufgemacht hatte; er bekam einen kunterbunten FidgetSpinner mit drei Flügeln und einem dunkellilafarbenen Auge in der Mitte.
Tae bekam ein Kauspielzeug für Tannie und ein weißes, bedrucktes Hemd von Gucci. Namjoon bekam mehrere Bücher über Astronomie, Englisch und Geschichte; Seokjin bekam ein Rezeptebuch zu Weihnachtsplätzchen und zwei kleine Kissen, genau wie Yoongi, der jedoch zusätzlich noch eine Nackenstütze für lange Flüge bekam.
Jungkook war wohl am schlechtesten dieses Jahr weggekommen, denn er bekam lediglich drei Liter Bananenmilch mit Proteinen versetzt. Mit einem breiten Grinsen beobachtete Namjoon, wie sehr sich Jimin über seine weiße Sportshose, eine schwarzrote Hose und ein graues Sweatshirt samt Sportsocken.
„Und Mira, warum hast du noch nicht ausgepackt?", fragte Yoongi und zog damit alle Aufmerksamkeit auf sich. Die Kleine hatte ihr riesiges Geschenk noch nicht angerührt, sondern starrte es lediglich mit großen Augen an.
„Freust du dich nicht darüber?", fragte Seokjin besorgt, doch Mira schüttelte den Kopf.
„Ich fühle mich schlecht", gestand sie dann, „ich habe keine Geschenke für euch, aber ich bekommen eins. Das ist nicht gerecht."
Einen Augenblick blieb es still, dann nahm Kookie das Mädchen in den Arm und lachte leise.
„Du bist doch noch ein Kind. Du musst uns nicht schenken. Wir feiern Weihnachten doch sowieso nicht groß.", meinte Yoongi, hob ihr Geschenk auf und hielt es Mira hin.
„Es ist von uns allen.", sagte er und strich Mira sanft über den Kopf, als sie es annahm. Sie riss das Geschenkpapier ab und heraus fielen mehrere Pinsel und ein komplettes Set von allen möglichen Aquarellfarben in Farbtönen, von den Namjoon nicht mal gewusst hatte, dass es sie gab. Er hob sammelte die Pinsel ein, die bei überall hin gerollt waren und hielt sie Mira gebündelt wieder hin, wofür er eine herzhafte Umarmung bekam.
„Können wir dann jetzt endlich Plätzchen essen?", fragte Kookie in die Runde und hatte schon einen Teller Schokoplätzchen in der Hand, glasiert mit dunkler Schokocreme.
„Stell die sofort wieder zurück! Die Glasur ist noch nicht fest!", schimpfte Seokjin und schlug sich prompt die Hand auf den Mund, kaum hatte er es ausgesprochen. Denn ein teuflisches Funkeln war in die Augen des Maknaes getreten. Bevor irgendjemand reagieren konnte, hatte er die Glasur mit seinen Fingern abgekratzt und schmierte sie dem Ältesten lachend ins Gesicht.
by Durga
Wir sind im Endspurt... :(
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