1. Tag des Aufbruchs
"Aufstehen, umdrehen und Gesicht zur Wand, sofort!"
Sofort schreckte ich hoch und stand auf, da es eh keinen Zweck hatte dagegen anzukämpfen. Ich wusste weder was sie mit nur vorhatten, noch wie spät es war, was mir große Sorgen bereitete. Hatte ich meinen Geburtstag verpasst? Meines Wissens wurde es einem doch zumindest mitgeteilt wenn man 18 wurde. Wäre ich nicht in dieser kack Zelle gefangen, hätte ich mir dann heute vielleicht einen Kuchen gönnen können. Ich hatte schon vergessen wie die anderen Lebensmittel schmeckten, abgesehen von Wasser und Haferbrei.
"Strecken Sie ihren rechten Arm aus!", herrschte mich der Offizier namens Jack an. Grob drückte er mich gegen die kahle Metallwand, die meine Zelle von den anderen Zellen abtrennte.
"Waren wir nicht schon beim Du?", lachte ich unschuldig, steckte dann aber willig meinen Arm von mir.
Gleich danach bereute ich es. "Gottverdammt, was ist das?", fragte ich sauer und betrachtete das graue Armband was sich schmerzhaft an mein Handgelenk drückte. Es fühlte sich an, als würde es in meine Haut stechen.
Eine Antwort bekam ich natürlich nicht, stattdessen wurde ich aus meiner Zelle gezerrt und in ein größeres "Raumschiff" oder so was gezerrt. Es ähnelte den alten Dropships, die uns später einmal zur Erde zurückbringen würden, mit dem winzigen Unterschied, dass hier überall Straftäter rumliefen.
Ich wusste nicht genau was hier los war, aber schlimmer als es so schon war, konnte es eh nicht mehr werden.
Jack schubste mich beinahe zu einem der merkwürdigen Sitze und grummelte ein knappes: "Anschnallen", ehe er wieder aus dem Ding stapfte.
Missmutig betrachtete ich wie es sich immer mehr füllte und sich schließlich auch jemand neben mich setzte.
Ich hatte das Gefühl keiner wusste so wirklich was jetzt passierte also ließ ich mich von der Aufregung die hier herrschte anstecken. Wenn das hier wirklich ein Dropship sein sollte, wo sollte es uns dann hinschicken? Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie uns zur Erde schicken würden.
"Hey, ich bin John, John Murphy", sagte der Typ der sich neben mich gesetzt hatte und dessen räuspern ich bis jetzt gekonnt ignoriert hatte.
"Okay. Hi John",erwiderte ich ohne ihn anzusehen. Ich versuchte mich an den Erdkundeunterricht zu erinnern. Sollte es zur Erde gehen, musste ich mein Wissen nochmal durchgehen. Also; Wasser findet man in Seen oder Flüssen, es regnet ab und zu, man kann Erdbeeren und Blaubeeren essen und man kann Kartoffeln anbauen.
"Ich würde jetzt deinen Namen auch noch ganz gerne erfahren", grinste er und musterte mich.
"Siena."
Bevor er etwas erwidern konnte, flackerte ein kleiner Bildschirm auf und unser, nicht ganz so beliebter Ratsvorsitzender erschien.
"Gefangene der Ark, ihr fragt euch sicher wieso ihr hier seid. Ihr fliegt zur Erde..."
Weiter hörte ich nicht zu, denn ich war zu perplex um irgendwas zu tun. Ich hatte recht. Eines der wenigen Male in meinem Leben, hatte ich tatsächlich von Anfang an recht gehabt. Wir würden zur Erde fliegen.
Eigentlich ziemlich bitter, dass man erst kriminell werden musste, um auf die Erde zu kommen.
"... da euer Verlust entbehrlich ist. Viel Glück." Unglaublich wie egoistisch Yaha war.
"Dein Dad ist ein Arsch, Wells", rief ich schließlich genervt.
Alle fingen an zu lachen und Wells warf mir vernichtende Blicke zu. Soll er nicht heulen, immerhin lebte er bis vor kurzem noch ein Leben im Luxus, als Sohn des Ratsvorsitzenden.
"Wieso bist du hier?", fragte John mich wieder. Seufzend drehte ich mich zu ihm. "Weil ich mich nicht an die Regeln gehalten habe, so wie jeder hier!"
"Wer hätte es gedacht", sagte er ironisch und bemerkte scheinbar dass ich mich nicht so für eine Unterhaltung interessierte. Als er sich von mir abgewandt hatte und einen Jungen beobachte, der sich dümmlicherweise abgeschnallt hatte, wagte ich es dann doch mal ihn zu mustern.
Selbst im sitzen erkannte ich, dass er Ca. einen halben Kopf größer als ich war und mindestens eine doppelt so große Nase wie ich hatte. Amüsiert zuckten seine Lippen, als das Dropship in Turbulenzen geriet und der dumme Junge hart auf dem Boden aufschlug.
Ein kleiner Sadist also.
Auf einmal gab es einen erneuten, heftigeren Ruck und die Lichter gingen aus. Ich wurde so fest in den Sitz gedrückt, dass ich nichtmal eine Hand heben konnte. Sollte ich jetzt sterben, hoffte ich, dass meine Mutter es doch noch in den Himmel geschafft hat und nicht in der Hölle auf mich wartet.
Angestrengt kniff ich meine Augen zusammen und biss mir beinahe zwanghaft auf die Unterlippe. Alle anderen kreischten wie wild gewordene Hühner herum, während ich mich sogar langsam beruhigte, als ich den metallischen Geschmack meines Blutes bemerkte.
Plötzlich spürte ich, wie sich eine warme Hand auf meinen Oberschenkel legte und sich kurz darauf an diesem festkrallte.
"Nimm sofort deine Hand von meinem Oberschenkel", zischte ich wütend.
"Tut mir leid, Eisprinzessin. Ich kann mich nicht mehr bewegen, du wirst das jetzt wohl aushalten müssen", sagte John unbeeindruckt und ich merkte wie er wieder anfing zu grinsen.
Sollte ich das hier überleben, konnte er was erleben. Es knallte nochmal und Johns Hand rutschte wieder ein Stück höher. Wütend blickte ich ihn an, doch sein Blick lag nur auf den, mittlerweile drei Jungs, die sich abgeschnallt hatten und nun wie Puppen durch die Gegend flogen. Der eine hatte bereits ein blutverschmiertes Gesicht und seine Augen blickten starr in die Leere. Pech gehabt würde ich sagen.
Ich versuchte schließlich mit aller Kraft meinen Arm zu heben und seine Hand wegzuschieben, doch ich konnte nicht, die kack Schwerkraft war gegen mich.
Auf einmal kippte das Raumschiff nach vorne und ich konnte mich wieder Bewegen. Ich schubste seine Hand weg und funkelte ihn böse an und gerade als ich etwas sagen wollte, brachen die anderen in freudiges Kreischen aus.
"Öffnet die Tore", rief ein Typ der ziemlich gut aussah. Er erinnerte mich an meinen Großvater. Also an die Bilder von ihm als er jünger war, versteht sich. Er war ziemlich heiß.
Mein Großvater wurde jedoch von einer etwas kleingeratenen Blondine unterbrochen. "Was ist mit der Strahlung?", fragte sie vorwurfsvoll.
"Sterben werden wir auch, wenn wir hier drinnen bleiben", sagte er schulternzuckend und wollte gerade das riesige Metalltor öffnen, als eine Brünette auf ihn zu gestürmt kam.
Ich will hier raus, mein Gott.
"Oh, Bellamy, was machst du denn hier?" fragte sie während sie sich ihm um den Hals schmiss. Toll, er hatte also scheinbar doch 'ne Freundin
"Octavia. Auf dich aufpassen, wie immer", sagte er liebevoll und drückte sie an sich.
"Willst du der 1. Mensch nach 97 Jahren auf der Erde sein?" fragte er sie leise, worauf sie nur nickte und das Tor öffnete.
Scheisse war das Hell.
Den anderen schien es ähnlich zu gehen, denn sie fingen an genervt zu stöhnen und hielten sich die Hand vor die Augen. Octavia sprang auf den Boden und sah sich um. Dann fing sie an zu schreien und alle folgten ihr jubelnd.
Das konnte ja was werden.
Langsam folgte ich ihnen und schaute mich um. Anders als in den Büchern, die wir oben immer gelesen hatten, waren diese Bäume komplett in ein giftiges grün getaucht.
Vorsichtig streifte ich über die bemooste Rinde eines dünnen Baumes und zuckte zusammen, als ein lautes Lachen hinter mir ertönte.
John stand mit einer Gruppe von Jungs am Dropship und konnte sich scheinbar kaum vor lachen halten, da einer einen super lustigen Witz gerissen hatte.
"John, kann ich mal kurz mit dir reden?" fragte ich unschuldig und lächelte ihn anzüglich an.
"Sicher", sagte er, wischte sich mit der Hand über die Nase und folgte mir. Als wir schließlich weit genug von den anderen entfernt waren, drehte ich mich zu ihm.
"Du denkst auch, du könntest dir jetzt alles erlauben, oder? Fass mich nie wieder an", keifte ich, holte mit der Hand aus und schlug ihm hart ins Gesicht.
Verwirrt blickte er mich an. Okay, eins musste ich ihm aber echt lassen; er hatte heftige blaue Augen.
"Kann ich wissen, dass du eine verklemmte Schlampe bist?", sagte er aggressiv und hielt sich mit der linken Hand seine Wange.
Bedrohlich machte er einen Schritt auf mich zu, doch ich ließ mich nicht einschüchtern.
"Gott, nur weil ich mich nicht von jedem dahergelaufenen Typen anfassen lasse, bin ich nicht verklemmt", antwortete ich.
Super Antwort, nicht kindisch.
"Beweis es mir doch, jetzt hatten wir ja genug Zeit uns kennenzulernen", grinste er wieder und nahm seine Hand von der Wange, die in ein leuchtendes rot getaucht war. Man konnte sogar meinen Handabdruck erahnen.
"Ich muss dir gar nichts beweisen, mein Lieber", sagte ich lachend und machte mich auf den Weg zu den anderen. Doch da wurde ich unsanft am Handgelenk zurück gezogen.
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