❀ Kapitel 32 | Harry Pov.
𝄞 For you I'd wait 'til kingdom come
Until my day, my day is done
And say you'll come and set me free
Just say you'll wait, you'll wait for me
Coldplay - 'Til Kingdom Come
Kapitel 32 "Intoxication, drug, anchor, luck"
Harry Pov.
Krach. Die Türe donnerte mit lärmender Lautstärke in den Rahmen, nachdem Sarah durch diese hindurch rumpelte. Ja, sie rumpelte. Bedrohlich. Panisch. Wie ein Nashorn, das mich mit seinem Horn aufspießen mochte. Den Blick, den sie mir zuwarf, steckte voller Emotionen. Ihr Gesicht spielte eine eigene Melodie von Wut, Traurigkeit und Unglaube im schnellen Wechsel. Auf ihren Wangen bildeten sich rote Flecken und ihr Atem ging viel zu schnell.
"Harry!", rief sie schrill, die Stimme stieß tief in mein Ohr und löste eine Alarmglocke in meinen Hirnzellen aus. Die Zellen gestikulierten wild umher, holten mich schleppend aus der Starre, die sich innerlich wie äußerlich bemerkbar machte. Ein Summen setzte ein, welches meine Synapsen aneinander docken ließen. Immer wieder.
Summ. Dock. Summ. Dock.
Louis, war mein erster Gedanke.
Noch ein summender Zusammenstoß meiner Hirnzellen, der mich durchzuckte.
Louis! Er möchte... mit mir?
Mein Herz stolperte und setzte unregelmäßig einige Schläge aus.
Wumm... wumm wumm... wumm.
Bis es weiter sprintete, so doll, dass mir schwindelig wurde. Ich griff blind um mich, bis ich Stütze an der Wand fand. Die Bilder zogen nur so in rasanter Geschwindigkeit an mir vorbei von dem Geschehen, welches eben bei der Zeremonie unerwartet passierte. Und wie unerwartet.
Ich fühlte mich, als wäre ich in einer Luftblase, die mich von der Außenwelt abschirmte.
"Harry, was war das da außen? Louis versaut uns unseren Tag! Und du sagst nichts, stehst du nur da!", brüllte sie mich an und kam schnellen Schrittes auf mich zu.
Gleich spießt sie mich mit ihrem Horn auf, ganz sicher.
"Sarah", stieß ich durch zusammengepresste Lippen aus. Das Denken fiel mir schwer, zitterte, weil ich nicht realisieren konnte, was Louis vor wenigen Minuten zu mir sagte.
"Was, Sarah?", blaffte sie mich an und durchbrach meine Gedanken. Alles drehte sich, weswegen ich meine Augen schloss und tief durchatmete. Mein Herz schlug noch immer wie ein wildes Tier bei der Jagd.
Ein Kapitel, mit mir? Das sagte er doch?
Sarah lief vor mir auf und ab, drehte sich im Kreis, bis sie genau vor mir stand und meine Arme packte. "Ist Louis verrückt geworden? Was sollte das? Was meint er mit, er möchte ein neues Kapitel mit dir? Und woran sollst du dich erinnern? Verdammt, Harry. Das ist unsere Hochzeit! Wieso hast du nichts getan?" Grob rüttelte sie an meinen Jackettärmeln, woraufhin ich meine Augen öffnete und in ihre Augen sah, die mich verzweifelt musterten.
"Ich konnte nicht...", sagte ich und atmete abermals tief durch. In mir toste ein heilloses Durcheinander. Tief in meinem Inneren verzehrte es mich danach, nach Louis zu sehen. Dass es in diesem Raum vorher noch einiges zu klären gab, stand allerdings außer Frage.
"Was konntest du nicht?", grätschte Sarah dazwischen, hinderte mich daran, meinen Satz zu Ende zu bringen. Ließ mich nicht nachdenken, nicht sammeln. Schlagartig platzte etwas in mir, was unsagbare Wut in mir auslöste.
Der entschiedene Moment traf nun ein, ihr das zu sagen, was ich schon lange hätte tun sollen. Und plötzlich fühlte ich mich wie ein waschechter Idiot, mir so lange damit Zeit gelassen zu haben. Alles, all die Jahre ergaben auf einmal Sinn nach Louis' Einschreiten, während der Priester dabei war, den Bund der Ehe zu vollziehen, der mich in unsichtbare Fesseln verstrickt hätte.
Mein heilloses Durcheinander formte sich zu einem großen Ganzen, glasklar.
"Sarah, ich kann das nicht!", rief ich also voller Enthusiasmus, entriss ihr meine Arme, hielt sie nach oben und sah in ihr erschrockenes Gesicht.
"Was kannst du nicht, Harry? Deinem besten Freund sagen, dass er die Klappe halten soll, während wir uns vermählen? Ich bin so froh, wenn wir ihn nicht mehr oft sehen müssen. Lass uns das ohne ihn durchz-"
"Ich kann dich nicht heiraten", platzte es aus mir heraus, unaufhaltsam, als hätte dieser Satz nur darauf gewartet, aus meiner Kehle zu flüchten. Fuck. Schonendes Beibringen, wie ich es von mir verlangte, wurde somit von der Liste gestrichen.
Sarah hielt inne, ihr Mund stand offen und die Augen richteten sich starr auf mich. Wie eine Eisskulptur stand sie einige Atemzüge da.
"Du... was?", krächzte sie, ihre Arme fielen wie ein nasser Sack, hingen schlaff an ihrem Körper. Mein Herz zog sich zwischen den heftigen Schlägen zusammen, weil genau das passierte, wovor ich mich gefürchtet hatte. Mir gefiel es nicht, Sarah so vor mir zu sehen, sie so zu verletzen. Auch in mir brach ein kleiner Teil, indem sie Platz gefunden hatte. Sie war mir nicht egal, hatte sich in mein Herz geschlichen, welches sich jedoch nach und nach wieder von ihr lösen wollte und in kleinen Schritten entfernte, wegen... Louis.
Er nahm mein Herz ein, Stück für Stück und schubste Sarah hinaus. Ein schleichender Prozess, der mich durcheinander brachte und ich just in diesem Moment fühlte, dass meine Liebe zu Sarah nicht mehr die war, die ich in den ersten Monaten empfand. Eine Liebe, die keine echte Liebe war.
Sie glich einer Brosche, die ich als Ablenkung an mich pinnte. Strahlend schön und einnehmend. Sie öffnete sich jedoch von ganz alleine und die Stecknadel bohrte sich in mich mit einer erschütternden Leichtigkeit.
Wie eine Warnung, dachte ich. Das ist nicht genug, sinnierte die Nadel der Brosche, bereit, sich von selbst zu lösen. Weil sie merkte, nicht zu mir zu passen.
Mit schlechtem Gewissen fiel mir auf, dass sich meine Worte wie eine Befreiung anfühlten. Wieso fühlt sich so etwas Grausames so gut an?
Vorsichtig näherte ich mich, legte eine Hand auf ihren nackten Arm und spürte, wie sich ihre Muskeln darunter sofort anspannten. Tief blickte ich in ihre Augen und schluckte. "Ich kann dich nicht heiraten", sagte ich ruhig, dennoch klar und schluckte den Klos in meinem Hals hinunter, um ihm nicht die Macht zu geben, mich mit Tränen zu überwältigen, die sich bereits ansammelten.
Fluchend schlug sie meinen Arm von sich, trat zwei Schritte zurück und schaute mich unverhohlen an. "Mich... nicht heiraten?", hauchte sie und schüttelte verständnislos den Kopf, bis ihr bitteres Lachen durch den Raum hallte. "Scheiße, Harry! Ist das dein Ernst? Du warst eben noch mit mir vor dem Altar gestanden, bereit 'Ja' zu sagen!", schrie sie nun außer sich, ihre Stimme überschlug sich und da sah ich sie. Tränen, die über ihre Wange liefen, die sie schnell mit der Hand wegzuwischen versuchte.
Meine Nerven lagen blank, es zerriss mich schier, sie so zu sehen. Es war nicht fair, sie in so eine miese Lage hineinzumanövrieren. Doch was geschehen war, war geschehen. Es gab keine Möglichkeit, die Zeit zurückzudrehen.
Würde ich sie zurückdrehen wollen?
"Es tut mir leid, Sarah", sagte ich die Worte, die ein Mensch wahrscheinlichsten am wenigsten hören möchte. Jetzt war sie an der Reihe, aufzuschluchzen und schlug sich die Hände vors Gesicht. Dennoch hielt ich Abstand, da ich nicht Derjenige war, der ihr Trost spenden konnte. So sehr ich es gerne wollte.
"Ich hätte es wissen müssen", warf sie sich vor, atmete tief ein und wischte sich übers Gesicht. Ihre Mascara verschmierte sich um die blauen Augen. "Am Anfang dachte ich mir nichts dabei, habe eure Freundschaft als innig belächelt." Das Lachen, das aus ihrer Kehle floh, hörte sich hysterisch an. "Dabei hat Louis Gefühle für dich, ich habe es nur zu spät gemerkt", stellte sie fest, wischte sich immer wieder über die Wangen, bis sie mich fokussierte und geradewegs auf mich zusteuerte. Mit tiefen Blick schaute sie mir in die Augen.
"Und jetzt? Jetzt sagst du mir, du kannst mich nicht heiraten, weil d-du... du auch Gefühle für ihn hast?", fragte sie mich erstickt. Sie musterte mich, konnte jedoch sehen, wie sie mit sich rang, den Blick standzuhalten. Selbst in diesem Augenblick bewies sie Mut und die Stärke, die tief in ihr schlummerte.
Natürlich bemerkte sie etwas... Sarah war nicht dumm, auch wenn sie nicht alle Schlüsse als Ganzes zusammenfügte. Sie spürte, dass etwas nicht stimmte. Ihre Worte, sie wäre froh, Louis nicht mehr oft zu sehen, bewiesen mir, richtig gehandelt zu haben. Wollte sie uns auseinanderzerren? Vermutlich, wenn sie Louis' Gefühle für mich erahnte.
Sogar Sarah bemerkte die Gefühle, die Louis für mich hegt. Wie konnte ich nur so blind sein?
"Liebst du ihn?", fragte sie forsch, als ich ihr keine Antwort gab. Ich nahm ihr Gesicht genau unter die Lupe und konnte in ihren Augen sehen, dass sie die Wahrheit bereits kannte. Vermutlich musste sie es nur noch hören.
Genug mit den Lügen. Genug mit dem Schweigen. Mit schweißnassen Händen fuhr ich mir durch die Haare, ehe ich leicht mit meinem Kopf nickte und: "Ja... Ich liebe ihn", flüsterte.
Bestürzt sog sie hastig Luft ein, legte ihre Hand auf den Mund und nickte stumm. Einige Sekunden passierte nichts, sie schaute mich nur an, bis ihre Augen zu Schlitzen wurden. "Natürlich tust du das. Ich kann es sehen. Erst jetzt sehe ich es, dass er es die ganze Zeit für dich war!" Schnaubend lief sie zum Sessel, der in der Ecke neben der Türe stand und sackte mit zusammengekniffenen Augen hinein. Tränen, die sie jedesmal wieder aufzuhalten versuchte, bahnten sich weiterhin ihren Weg. "Schön habt ihr mich verarscht!", spottete sie und bohrte ihren Augen in meine.
"Mein Instinkt war also gar nicht so schwach. Ich habe vor einigen Monaten einen scheiß Detektiv auf dich angesetzt, um zu sehen, ob du mir fremdgehst", erzählte sie meiner Meinung nach fast schon zu ruhig. Nur ein paar holpernde Atemzüge und Schluchzer erinnern an ihre Fassungslosigkeit.
Dafür knallte die Realität unschön vor meine Füße. "Du hast was?", entgegnete ich entsetzt.
"Denkst du, ich habe nicht gemerkt, dass du in meiner Nähe nicht immer ganz bei der Sache warst? Also habe ich Felix engagiert, den ich aus meinem Studium kenne. Er sollte dir nachspionieren", erklärte sie mir mit verschränkten Armen.
"Du hast mich von einem Fremden beschatten lassen?"
Ich war so wütend und getroffen von dem Geständnis, dass ich etwas zertrümmern könnte. Hielt mich allerdings davon ab und ballte meine Hände zu Fäusten, um meine Wut zu kontrollieren, die durch mich polterte. Normalerweise stand es mir nicht zu, darauf wütend zu sein, dass sie mich wegen diesem Grund beschattete, den ich wirklich in die Tat umgesetzt hatte. Andererseits wurde Felix vor meiner Untreue engagiert.
Felix. Studium. Nachspionieren.
Unvermittelt kam mir der Typ in den Sinn, mit dem sich Sarah vor unserer Wohnung gestritten hatte. Somit zählte ich eins und eins zusammen, als es mir wie Schuppen vor die Augen fiel.
Unbeirrt fuhr sie fort und konnte ihr ansehen, dass sie sich an meinem Anblick ergötzte. "Ich habe ihm aufgetragen, dich an Bellas Geburtstag im Club zu beobachten, da ich dachte, ich schaffe es nicht zur Party. Doch dieser Schlappschwanz konnte mir nichts liefern. Trotzdem wollte er mehr Kohle, als abgemacht", spuckte sie mir vor die Füße.
Er war es.
Mit Erkenntnis traf mich die Wahrheit. Deshalb kam mir der Mann so bekannt vor, mit dem Sarah nach dem Tanzkurs vor unserer Wohnung diskutierte. Der Typ aus dem Club, der widerliche Muskelprotz, der mich anbaggerte. Von dem Louis mich weg brachte, als er sich mit ihm anlegte, nur, um mich zu schützen. Mir wurde schlecht. Was hätte er getan, wenn ich mich auf ihn eingelassen hätte? Auch Bilder geschossen? Mich anderweitig erpresst?
"Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast", sagte ich in einem angewiderten Ton, weil ich mich genau an den Tag erinnerte, als ich die E-Mail mit dem Bild bekam, auf dem Louis und ich eindeutig mit Schwanz in der Hand zu erkennen waren. Es fühlte sich furchtbar an. Auch, wenn ich es verdient hatte, ging die entsetzte Wut in mir nicht fort. Sie blieb, weil mir bewusst wurde, welch falsche Spiele Sarah mit mir spielte, ohne es geschnallt zu haben. Und eine noch größere Wut auf mich selbst, dass ich es erst so weit hatte kommen lassen.
"Wann habt ihr es getan, hm?", stichelte sie und erhob sich bedächtig aus dem Sessel. "Als ich in Brighton arbeiten war? Oder nebenan in einem Zimmer, in unmittelbarer Nähe?" Provozierend kam sie auf mich zu und ging gar nicht auf mich ein. Stattdessen knallte sie mir ihre flache Hand ins Gesicht, welches ruckartig zur Seite flog. Ein stechender Schmerz zog sich durch meine Wange, weshalb ich reflexartig meine Hand auf diese legte.
Die habe ich verdient, resignierte ich dennoch erschrocken. Egal, wie falsch ihr Spiel in der Beziehung war. Dass ich sie betrog, hatte sie keinesfalls verdient.
"Du widerst mich so an, ihr beide! Wie konntest du mir das antun? Bleib mir bloß vom Leibe", zischte sie, schubste mich nach ihrer Ansprache von sich und verließ schluchzend das Zimmer. Sie verlangte keine Aussprache, keine Erklärung. Sie war fertig mit mir, berechtigterweise.
Liam wartete bereits auf Sarah im Flur. Sein Kopf zuckte nach oben und musterte seine Freundin besorgt, ehe er mich zornig ansah. "Was habt ihr euch nur dabei gedacht? Ihr seid doch alle das Letzte", giftete er und schloss Sarah in die Arme, die er vorsichtig den Gang entlang mit sich zog. Jedoch hielt er kurz inne. "Richte Niall aus, er braucht sich ganz sicher nicht bei mir melden. Es ist vorbei." Er sah verletzt aus und presste die Worte mühsam hervor, bevor er weitermarschierte.
Niall!, dachte ich voller Entsetzen. Nein, nein, nein!
"Liam!" Beunruhigt sprintete ich zur Türe. "Niall hat damit nichts zu tun. Bitte, beende es nicht", rief ich ihm verzweifelt hinterher, was ihn wenig zu interessieren schien und kopfschüttelnd aus meiner Sicht verschwand.
Aufgewühlt ging ich in das Zimmer. "Verfluchte Scheiße!", stieß ich mit einem nachfolgendem verzweifelten Laut aus. Meine Scheiße durfte nicht auch noch Niall belasten. Niall, der sich nach Jahren endlich einem Menschen öffnete, den er liebte. Mein Freund, der in jeder erdenklichen Situation für mich da war. Erschöpft lehnte ich mich gegen die kühle Wand und riss mir das Jackett vom Leib.
So viele Menschen litten... wegen meinem Handeln. Niemals hatte ich geahnt, welch einen Rattenschwanz es mich sich zog.
Sarah.
Niall.
Liam.
Louis.
Zierliche Arme legten sich um meinen Torso und ein warmer Körper drückte sich gegen meinen Oberkörper. Ich öffnete meine Augen und sah meine Schwester, die ihren Kopf auf meiner Schulter platzierte. Vertraute Wärme durchflutete mich, während ich sie in meine Arme schloss.
All die Wut, Scham, Entsetzten und Verzweiflung platzten auf einmal wimmernd heraus. Meine Gefühle schwappten über und zerrten an mir. Gemma hielt mich in ihren Armen, drückte sich feste an mich. Wie froh ich darüber war, weil sie für mich da war. "Es tut mir leid, so leid", wiederholte ich einige Male, bis ich mich zusammenriss und tief einatmete, um an Fassung zu gelangen. "Ich hätte auf dich hören sollen... von Anfang an", schniefte ich, erhob meinen Kopf, damit ich sie sehen konnte.
Ihre zierliche Hand legte sich auf meine Wange, die noch immer von Sarahs Schlag brannte. "Das hättest du... hättet ihr beide..." Mit einem Schulterzucken sah sie mich schief an. "Ihr zwei seid einfach zu stur, wenn es um euch geht. Aber ich bin froh, dass Louis den Mut aufgebracht hat, die Situation... na ja... zu retten?" Seufzend legte sie die Stirn auf meine Schulter. "Was ein Scheiß", nuschelte sie.
Brummend stimmte ich ihr zu. "Denkst du, es ist noch zu retten?" Erstaunt hob Gemma den Kopf. "Verdammt, ja! Was meinst du, weshalb er die Hochzeit gestoppt hat, Haz. Bist du noch immer so naiv?", fragte sie mit einem Unglauben in der Stimme, der mich peinlich berührte.
"Ich habe einfach Angst... weißt du?", flüsterte ich und füllte meine Lungen mit Sauerstoff.
"Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Geh endlich zu ihm. Lottie hat mir geschrieben, er sei völlig fertig mit den Nerven." Ergeben löste sie sich von mir und bugsierte mich zur Türe.
"W-was ist mit den Gästen? Wir müssen ihnen sagen, dass es keine Hochzeit gibt", stammelte ich und schaute in die feuchten Augen meiner Schwester.
"Du Dummerchen, die sind so gut wie weg", sagte Gemma und strich sich dabei eine Träne aus dem Augenwinkel, die ihr wohl soeben gekommen sein musste. Als ich sie fragend ansah, gab sie mir einen Kuss auf die Wange.
"Nachdem Louis dir endlich gesagt hat, was er möchte, war für uns gleich klar, dass es keine Hochzeit mehr geben wird." Liebevoll streichelte sie mir durchs Haar und lächelte mich wissend an. "Familie Styles und Tomlinson ist gerade dabei, alles zu regeln", zwinkerte sie mir aufmunternd zu.
Fahrig fuhr ich mit den Händen über mein Gesicht und stieß einen halbwegs entlasteten Laut aus. "Was würde ich nur ohne euch machen?" Erneut zog ich Gemma in eine Umarmung, sie waren einfach die Besten.
"Ihr wusstet es also?", fragte ich behutsam nach, während ich ihr diesmal eine Träne von der Wange wischte.
"Na ja... ja. Irgendwie schon. Irgendwie hat es fast jeder gespürt. Nur ihr zwei Idioten wart zu blind dazu." Sie boxte mir unsanft in die Seite, weshalb ich keuchte und schenkte ihr einen gespielt entsetzten Blick. "Und nun geh, du Vollhorst. Alles andere klären wir später." Entschieden schob sie mich aus dem Zimmer, nickte mir aufmunternd zu und ließ mich alleine im Gang zurück. "Husch, husch."
So absurd es auch war, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Meine Füße trugen mich von ganz alleine, als wüssten sie, welches Ziel sie ansteuern sollten. Ich zitterte am ganzen Körper, mir wurde heiß und Funken schossen in Wellen aus meinem Herzen, hell und erleuchtend. Sie nahmen meine Organe, meine Glieder und Gedanken ein. Erreichten jede Ecke, jeden Schatten und jede Zehen- und Fingerspitze, als ich vor der Türe stehen blieb, die mein ganzes Leben verändern würde.
Ich stand hier vor der Türe und fühlte mich auf einer Seite unbehaglich, weil ich mir unsicher war, wie Louis reagieren würde. Meine Hoffnung war so stark, dass er es ernst meinte, mit mir das neue Kapitel zu starten. Ein Kapitel, in dem wir als ein Liebespaar begannen. Nicht endeten, denn für mich war das der Schritt in ein neues Leben. Ein Neuanfang, den ich nur mit ihm wagen wollte.
Zum wiederholten Male schweiften meine Gedanken zu Sarah ab. Vor circa einem Jahr dachte ich noch, Sarah sei mein neues Kapitel, meine Zukunft, die ich mir immer ausgemalt hatte. Obwohl ich das unwohle Ziepen in meinem Bauch spürte, dass mir eine unausgeglichene Zukunft mit Sarah mitteilen wollte, ignorierte ich es gewissenhaft.
Mit Louis würde es mir nicht so ergehen, wir teilten dieselben Zukunftspläne, waren wie füreinander geschaffen, aufeinander abgestimmt.
Das befangene Gefühl schob sich wie von selbst in den Hintergrund. Und als ich die Türe öffnete und meinen Louis sah, übermannte mich das Gefühl, dass ich so lange erfolglos in einen Käfig sperrte. Liebe. Unendliche Liebe, die sich nun gemütlich in mir ausbreitete.
Wie ein Häufchen Elend saß er mit Lottie am Boden, doch als er mich sah, schnallte sein Kopf nach oben und er rappelte sich hastig auf die Beine. Niall stand neben der Türe, klopfte mir leicht schmunzelnd auf die Schulter. "Endlich bist du da. Er dreht halb durch", flüsterte er und schmiegte sich an mir vorbei.
Ich hielt ihn am Handgelenk fest. "Niall. Ich... Es tut mir leid." Ich senkte meinen Kopf, da ich ihm kaum in die Augen sehen konnte, sein Schmerz stand deutlich darin geschrieben. "Hey... schon gut. Regel du das endlich mit Lou, ich bekomm' das schon wieder hin", gequält lächelte er mich an und ich zog ihn in eine starke Umarmung. Lottie lächelte mir aufmunternd zu und drängte sich mit Niall nach außen, die Tür fiel ins Schloss und zurück blieben Louis und ich.
Er sah wirklich fertig aus. Seine Augen aufgequollen vom Weinen, die Haare durch das Haargel in alle abstehenden Richtungen zerzaust. Seine Lippen spröde vom drauf herumkauen. Und als ich den Raum mit weitläufigen Schritten durchquerte, fanden meine Hände seine überhitzten und feuchten Wangen. Sie passten perfekt dort hinein. Ich schaute in seine glasigen Augen, die noch immer im Licht schimmerten und lehnte meine Stirn sanft gegen seine.
"Lou", hauchte ich und verlor meine Fassung. Tränen der Erleichterung, ihn nun bei mir zu wissen, strömten hinab. Er krallte sich in mein Hemd und sein warmer Atem prallte gegen meine Lippen. Genüsslich schloss ich die Augen und hieß das prickelnde Gefühl willkommen, dass durch mich floss.
Er ist mein Rausch, meine Droge, mein Anker. Mein Glück.
"Ich habe es nicht vergessen", hauchte ich und lächelte ihn verliebt an. Ja, und wie verliebt. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie sehr ich diesen Mann liebte. "Du machst mich glücklich, nur du."
Er schluchzte erleichtert auf und schmiss sich in meine Arme, die sich bereitwillig für ihn öffneten. Er war mein und ich sein. So war es schon immer. Ich griff unter seinen Hintern und hob ihn hoch, er schlang wie selbstverständlich seine Beine um mich. Seufzend ließ ich uns auf das Sofa nieder, auf dem wir uns aneinander schmiegten, sodass nichts mehr zwischen uns passte.
Sein warmer Atem an meinem Hals erweckte eine angenehme, vertraute Gänsehaut auf meiner Haut, von der ich nie genug bekam. "Ich war zu dumm, das vorher zu erkennen. I-ich dachte... du... fühlst nicht dasselbe", fing ich an zu erzählen. Himmel, es war sowas von überfällig, dass wir Tacheles sprachen.
Er hob den Kopf, um mir in die Augen zu blicken. Hastig legte ich einen Finger auf seine weichen Lippen. "Lass mich das noch sagen, bitte." Er nickte ergeben, schaute mich mit wachsamen Augen an, sein Atem ging aufgeregt schnell. So wie meiner.
"Gestern...", setzte ich an, musste mich jedoch räuspern, da mir die Stimme versagte, als ich an den vergangenen Tag zurückdachte. "...als ich allein zu Hause in meinem alten Zimmer lag, konnte ich an nichts andres mehr denken, außer bei dir sein zu wollen. Es hat mich fast wahnsinnig gemacht." Liebevoll wühlte ich meine Hand in sein Haar, zog ihn sanft zu mir und gab ihn einen Kuss auf die Nasenspitze.
Zufrieden seufzte er auf, als ich gleichzeitig begann, seinen Kopf zu kraulen. Die harten Gesichtszüge verwandelten sich in feine, entspannte. Ich liebte es, wenn ich der Auslöser dafür war. "Ich wollte dir sagen, dass ich mehr für dich empfinde, als für Sarah. Nur habe ich es einfach nicht über meine Lippen gebracht." Ich schluckte hart, damit ich nicht losheulte. Meine Rede war noch nicht zu Ende.
Während seine Hände meinen Nacken fanden und mit meinen kurzen Haarspitzen spielten, öffnete Louis seine Augen und was ich darin fand, haute mich völlig aus dem Konzept. Unvorhergesehen wimmerte ich auf. Alleine dieser Blick drang so tief in mich ein und ich konnte es sehen, fühlen. Ich nahm das erste Mal voll bewusst wahr, wie viel Liebe er mir schenkte. Sie galt alleine mir, überschüttete mich und brachte mich zum Heulen.
Auch vergangene Nacht überrollte mich dieses Gefühl für einen flüchtigen Augenblick, als wir miteinander schliefen.
"Schlaf mit mir, Harry" , waren seine Worte.
Genau in diesem Moment konnte ich das sehen, was ich jetzt sah. Weshalb ich die Tränen mit dem überwältigenden Gefühl am gestrigen Abend weg blinzeln musste. Es erschien mir so unwirklich. Jetzt nicht mehr, jetzt erfasste ich die Wirklichkeit und Wahrheit, die darin steckte.
"Oh Haz." Louis zog mich feste in seine Arme und küsste meine Tränen von den Wangen.
"E-es tut mir so leid. Ich... du... wir... wie konnte ich es nicht sehen?", schluchzte ich und kam mir so dumm vor. Louis sah mir tief in die Augen. "Wir haben es nicht gesehen, Love. Ich wollte dich anschreien, wieso du mir nicht endlich sagst, dass du dich für mich entschieden hast. Ich wollte es so sehr... und dachte, du hast dich für Sarah entschieden. Dein Haare-", er stockte und griff in diese, schüttelte verbissen seinen Kopf.
"Fuck, Boo. Ich habe nicht nachgedacht, dass du deswegen denken könnest, ich hätte mich für sie entschieden."
Der Groschen fiel leider zu spät. Ich sackte stöhnend mit dem Kopf auf die Sofalehne. Zerknirscht sah ich ihn an. "Mein Kuss, nachdem du mich gefragt hast, welches Kapitel ich neu beginnen möchte... er war die Antwort. Damit wollte ich dir sagen, dass ich es mit dir möchte. Das wollte ich eigentlich schon immer", sagte ich aufgebracht und beobachtete jede Reaktion im Gesicht meines Wuschelkopfes.
Louis Augen hüpfte gespannt über mein Gesicht. "Seit.. Seit unserem...", er schluckte und die Stimme brach.
"Seit unserem ersten Mal, ja", beendete ich seinen Satz. "Vermutlich schon vorher, da war es mir noch nicht bewusst. Ich hatte Panik, Lou. Es wurde scheiße ernst zwischen uns. Ich hatte Angst, du merkst, dass ich mehr als Freundschaft für dich fühle und habe Flucht bei Sarah gesucht."
Ein eigenartiges Grunzen erfüllte den Raum, das immer lauter wurde und in ein Lachen überging. Skeptisch spähte ich zu Louis, der sich lachend auf meinem Schoß wand und sich Tränen aus den Augenwinkeln wischte. Als er mich anschaute und meinen skurrilen Blick sah, lachte er noch mehr und hielt sich den Bauch. Was war in ihn gefahren?
"Lou, wieso lachst du?" Meine Mundwinkel begannen zu zucken, als mir auffiel, wie amüsiert er aussah.
"Ich war einfach selber zu dumm, Haz. Wie konnten wir nur so bescheuert sein? Ich fasse es nicht." Seine Lachfalten umringten sanft seine Augen, seine hohen Wangen leuchteten gerötet und der Klang seines Lachens erwärmte mein Herz. Er war eine Augenweide. Meine Augenweide.
"Ich hatte zu diesem Zeitpunkt ebenso Gefühle für dich und eine scheiß Angst. Um uns. Ich wollte nichts kaputt machen", sagte er ernst und sah mich entschuldigend an. "Das wollten wir doch beide nicht", flüsterte er und küsste mich sanft auf den Mund.
"Ich liebe dich", wisperte ich hauchzart und shit, es fühlte sich wundervoll an. Louis' Körper spannte sich augenblicklich an und sah aus, als würde er aus allen Wolken fallen.
"Was hast du gesagt?", hauchte er, als hätte er es nicht begriffen. "Sag das nochmal", forderte er fassungslos auf.
Breit grinsend nahm ich sein Kinn zwischen die Finger, sodass uns nur noch Millimeter voneinander trennten. "Ich liebe dich, Louis Tomlinson." Meine Lippen legten sich sehnsüchtig auf die seinen, was uns ein himmlisches Seufzen entlockte. Louis übernahm die Führung, leckte heiß mit seiner feuchten Zunge über meine Lippen, die ich zu gerne in Empfang nahm. Unsere Lippen und Zungen verschmolzen, wurden eins. Süß, leidenschaftlich, voller Sehnsucht schmeckte der Kuss und nach so viel mehr.
Die Scheiße, durch die wir gingen, kam mir so unnütz vor. Obwohl es hätte anders laufen können, wenn wir uns gewagt hätten, unsere Gefühle zu offenbaren, war ich gerade überaus glücklich. Und wer wusste schon, ob wir uns so lieben gelernt hätten, wie wir es zu diesem Zeitpunkt taten.
Keuchend lösten wir uns voneinander, hörten jedoch nicht auf, uns mit den Fingern weiterhin zu liebkosen. Unsere Lippen berührten sich noch hauchzart und die Augen spiegelten unsere Zukunft voller Vorfreude wider.
"Und ich liebe dich, Harry fucking Styles" Die Lippen meines besten Freundes saugten gierig an meinen. Stöhnend erbebte ich unter ihm, als er sich begehrend an mich drückte.
"Ich liebe dich", flüsterte er zwischen zwei Küssen.
"Ich liebe dich", raunte ich durstig zurück. "Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr, Darling."
"Dann musst du es mir wohl immer wieder zeigen." Verschmitzt lächelnd vertiefte Louis den Kuss, in dem ich überglücklich abdriftete.
"D-darf ich dir das wirklich immer zeigen, Lou?" Unsicherheit machte sich in mir breit, als wir uns schwerfällig und außer Atem lösten. Die Gewohnheit schnappte zu, wie ein alter Bekannter.
Louis schien zu begreifen, was ich damit andeuten wollte. "Ich bestehe darauf. Ich bin dein, und du bist mein, richtig?", fragte er mit fragenden Furchen in der Stirn.
"Wie ein... richtiges Paar. Zusammen. Ich mein, so richtig?" Meine Augen begannen zu funkeln, während ich es aussprach und guckte Louis wie einen Hundewelpen an.
"Love. Denkst du, wir sind den harten Weg unserer Liebe bis hierhin gegangen, um kein Paar zu sein?" Louis änderte seine Sitzposition, saß nun seitlich auf meinen Beinen und lehnte sich gegen meinen Oberkörper. Verschmust schmiegte er sich an mich und guckte mich unschuldig von unten an. Wie süß konnte man sein?
"Ich wollte nur sicher gehen... Ich kann es nicht glauben. Wir zwei sind ein Paar, so richtig echt", hauchte ich und schlang schützend die Arme um ihn, aus Angst, er könnte es sich anders überlegen.
"Ein richtig, echtes Liebespaar, Love. Nur wir beide." Louis Augen schimmerten und mein Herz schwoll an.
Ein Liebespaar. Louis und ich. Mein bester Freund. Mein Seelenverwandter. Meine einzig wahre Liebe.
"Nur wir beide."
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❥ 4685 Wörter
Meine lieben Leser. დ
It's done. ಥﭛಥ So halb.
Ich freue mich auf eure Gedanken, zum Ende dieses Kapitel. ♡
Auf der nächsten Seite geht es mit dem Epilog weiter. Viel Freude damit. ♡
Wir hören uns gleich in der Danksagung.
(つˆ⌣ˆ)つ♡
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