Thirty-two: Amazing Feelings
Gedankenverloren starrte ich auf das Meer, lauschte nach den Kindern, die lachend de nächste Sandburg aufbauten, beobachtete die Menschen, die sich kommunikativ an ihren Freunden zuwandten. Mir ging seit geraumer Zeit der Kuss nicht mehr aus dem Kopf. Es war, als konnte ich es immer noch kaum realisieren. Selbst nach den Gesprächen von Scott und Tracy hatte mich so manches wachgerüttelt. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich wie heute versessen auf das Display gestarrt und auf eine Antwort gebangt. Kein blauer Haken, keine Antwort, keine zuletzt gelesene Nachricht. Rachel hatte die Nachricht nicht gesehen, dachte ich mir und seufzte frustriert. Ich hatte wohl wirklich Mist gebaut. Ich hatte sie verurteilt und sie nicht angehört. Ich hatte ihr nicht ein einziges mal zuhören wollen, war zu sehr auf mein eigenen Kram konzentriert gewesen. Als ich schon glaubte es wirklich vergeigt zu haben, machte ich auf dem Absatz kehrt und war dabei den Nachhauseweg anzupeilen. Trotzdem hatte ich ein wenig Hoffnung, dass Rachel doch noch kommen würde. Also wartete ich, verbachte weiterhin schlagartige Minuten mit mir selbst und war mit meinen Gedanken wieder bei ihr und bei dem Abend. Der Kuss, wieso mag er mir nicht aus dem Kopf gehen? Es war doch nur ein Kuss...nur ein verdammter Kuss.
Und trotzdem konnte ich ihre Seele auf meinen Lippen spüren.
Ihre Seele, ihre weichen Lippen und wie sie alles in diesem Kuss gegeben hatte. Es war nicht nur ein bedingungsloser Kuss gewesen, so wie ich es ihr klarmachte. Nein es war mehr. Viel mehr.
Tatsächlich blickte ich wieder unverhohlen auf mein Display und erwischte mich dabei, wie ich ungeduldig auf den Chat klickte. Rachel war weder online, als hatte sie die Nachricht gelesen. Ein Seufzer entfiel mir aus der Kehle. Ich hatte es verbockt.
Ich senkte den Blick und atmete tief durch. Alles hatte sich so gut angefühlt und dann tauchte diese Frau auf und brachte mein komplettes Leben durcheinander. Wieso sie? Wieso nicht jemand anderes?
»Wieso muss das immer mir passieren?« Dachte ich mir. Verflucht nochmal ich werde ja noch verrückt, wenn ich weiterhin hoffend auf sie warten würde. Ich lief weiter. Plötzlich blieb ich stehen und starrte erneut auf das bescheuerte Display. Was tat ich da? Ich wollte nicht ein liebeskranker Volltrottel sein, der einer Frau nachlief. Ohne Murren und Knurren nahm ich mich zusammen. Ja ich sollte mich zusammenreißen! Rachel Collins ist der Feind und sie ist mit jemandem zusammen. Sie ist mit dem DJ zusammen du Idiot!
Idiot, Idiot und nochmal Idiot!
Auf einmal vibrierte mein Handy in der Hand und erfreut nahm ich den Anruf entgegen und fing an erleichtert zu seufzen.
»Rachel wie schön, dass du dich meldest und-
»Rachel?« Gluckste Royce und meine Hoffnung machte sich zunichte. Verärgert presste ich ein »Hey Heav« raus und schluckte schwer. Echt jetzt Kale? Du bist so tief gesunken, dass du nicht auf den Namen des Anrufers geschaut hast? Du bist echt ein Idiot.
»Wer ist Rachel?« Grinste Royce und ich schnaubte verächtlich »Niemand« knurrte ich und vernahm das Gelächter aus der Leitung. »Dafür klingst du aber sehr gereizt, wobei du doch gerade mit frohlockender Stimme Rachel gesäuselt hast. Hast du etwa Drogen genommen?«
Ich verdrehte die Augen. Royce wusste ganz genau, dass ich keine Drogen nahm und wenn doch, würde ich ein riesengroßes Problem als Polizist haben. »Machst du Witze? Ich kann gerade echt kaum lachen«
»Ja, weil Rachel nicht angerufen hat, sondern nur dein ach so guter bester Freund, der sich auch fragt, ob du auch noch lebst oder schon tot bist« funkte Royce dazwischen und er schnalzte »Dabei scheinst du ja doch noch zu leben...«
»Ich lebe und mir geht es gut. War's das jetzt, Heav?«
»Nicht so schnell, Kelly« gluckste Royce und bei dem Scheißkosenamen, braute sich der Hurrikan zusammen. Ich hasste es, wenn er mich so nannte und konnte es noch nie leiden von ihm als ein Mädchen bezeichnet zu werden. Durch die abrupte Stille, schien er sich zu beruhigen. »Also wer ist Rachel? Und wieso erwartest du so dringend ein Anruf von Rachel und seit wann hast du eine Frau?«
»Ich habe mich nur geirrt...« setzte ich selbstsicher an und hielt weiterhin Ausschau nach Rachel. Ich konnte mir förmlich sein Grinsen vorstellen und wie er mich bestimmt wieder musterte. Wie nach dem Motto „ich kaufe dir das nicht ab, Kumpel" »Ohohoh...« grölte Royce »Hast du das Weib etwa schon flachgelegt?« Auf einmal hustete ich und fing mich wieder. Hastig klopfte ich mir auf die Brust und stieß ein Schnauben aus »Willst du mich veraschen?! Nein habe ich nicht! Und das wird niemals der Fall sein!«
»Gähn! Deine jungfraumaria Methode ist ja noch langweiliger, als mein derzeitiges Sexleben. Wobei ich heute ein bisschen an Chardonnay's Titten spielen konnte«
»Ich will es nicht wissen, Heav!« Stieß ich knurrend aus und verbannte das Bild, was sich in meinem Kopf abspielte. Ein realistischer Porno zwischen der unschuldigen Chardonnay und mit Heav.
»Nein du willst ja nichts wissen, aber ich möchte zugern wissen, wer diese Rachel ist!« Warf er wieder schroff ein »Komm schon man ich brauche irgendwelche Details! Irgendetwas...dieser Papascheiß raubt mir den letzten Nerv und Narissa ebenfalls. Jetzt habe ich gerade meine Ruhe und in wenigen Minuten kommt Chardonnay mit Narissa zurück und dann bin ich wieder mit Windeln wechseln dran...du weißt doch dass ich es hasse und-
»Mein Gott du raubst mir echt die Nerven, Heav...« ich stöhnte theatralisch auf und gab mir den Ruck. Wenn er seine Details haben wollte, dann sollte er sie doch haben. Ich schloss unwillkürlich die Augen und stellte mir wieder das Bild vor, welches mir einfach nicht aus dem Kopf gehen mochte. Rachel, küssend, draußen in der Nachtdämmerung. Rachel, verweint, am Boden zerstört. Rachel in ihrem roten Kleid. Rachel auf dem Coachella. Rachel...
»Hallo?«
Sofort fuhr ich zusammen und erschrak mich fast zu Tode. Ich war so mit meinen Gedanken beschäftigt gewesen, dass Royce mich aus ihnen gerissen hatte. »Es...es gibt eine Frau...« fing ich an und holte tief nach Luft »Und ich weiß nicht wo ich bei ihr bin. Sie ist...kompliziert«
Royce seufzte schwer, natürlich hatte er sich wohl auf ausführliche Details erhofft und musste jetzt den wirklich besten Freund und meine Heulboje spielen. »Sie ist kompliziert?« Es klang wie eine Frage. Ich nickte und bejahte »Ja, sie...es ist alles ziemlich kompliziert...«
»Es scheint mir so, als bist du kompliziert, Kelly« scherzte er. Bei meinem Schnauben, fing er wieder an ernst zu klingen »Mein Gott du kannst aber auch gar nichts mehr ab. Verweichlichen die Bullen dich dort etwa?«
»Polizisten und nein das tun sie nicht!« Protestierte ich direkt. Royce schnaubte »Ist ja nicht so, als würde ich demnächst ersetzt werden. Wie hieß dein Aufseher nochmal? Scat?«
»Scott und nein er ist nur ein Freund, aber du bist mein bester Freund« stritt ich ab und wartete auf eine Reaktion von Royce. Heav ließ auf sich warten. Anscheinend schien jemand ins Haus gekommen zu sein, weil andere im Hintergrund zu hören waren. Ein schreiendes Baby. »Du nimmst sie mir jetzt ab!« Blaffte Chardonnay und ich bekam Royce's kindisches Verhalten an der Leitung mit. Natürlich stöhnte er genervt auf. Sekunden später war er wieder an der Leitung. »Verzeihung man ich habe jetzt ein schreiendes Baby auf dem Arm. Jetzt scheint sie gerade mal still zu sein, aber wenn sie so weiter macht, stecke ich mir die Kopfhörer in den Ohren« Es ließ nicht auf sich warten. Narissa schrie wie am Spieß und Royce fluchte etwas. Chardonnay ermahnte ihn nicht vor dem Baby zu fluchen, was er mit einem Schnauben quittierte. Es ließ mich ein wenig lächeln. Ein Baby raubte meinem besten Freund jeden einzelnen Nerv. Dass ich das mal erleben darf! Und wie von selbst tippte mich jemand an die Schulter an, dass ich mich umdrehte und fast erstarrte. Rachel stand direkt hinter mir, wirkte ein wenig benommen, aber versuchte schüchtern mich anzulächeln. Ich vernahm nur noch das Geschrei von Royce und Chardonnay, schaute verdattert zu Rachel, die einen irritierten Gesichtsausdruck pflegte. Lachend deutete ich aufs Telefon.
»Hey Kelly bist du noch dran?!«
Ich rollte mit den Augen und hielt die Blickkontakt zu Rachel. Zum ersten Mal fing sie nun wirklich an richtig zu lächeln, dass sie stumm auf mein Handy zeigte. Also nutzte ich die Gelegenheit, wandte mich an Royce und hielt die Augen auf sie gerichtet. »Wir hören uns Royce« noch bevor er irgendetwas antworten konnte, hatte ich abgeblockt und den Nacken in den Kopf gelegt. »Entschuldige mich, dass war nur mein Freund...«
»Du musst dich für nichts entschuldigen« setzte sie leise an und der glückliche Gesichtsausdruck war prompt von ihr verschwunden. Die Spannung zwischen uns war angespannt und nicht so prickelnd wie gestern. Also setzte ich zum Gespräch an, bevor ich noch vor Nervosität umkommen würde. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass du doch noch kommst«
»Du wolltest reden...« sie zuckte mit den Schultern »Also was möchtest du bereden und sage jetzt nicht, wie sehr es dir Leid tut, denn ich kaufe dir das nicht ab«
Da war sie, die kühle Person, die ich beim Verhör zuletzt begegnet war. Ich verzog leicht das Gesicht. Ich hatte es verbockt. Rachel würde mir keine Schritte mehr entgegenkommen, weil ich sie verletzt hatte. Trotzdem musste ich es versuchen. Ich musste daran festhalten und nicht einfach so aufgeben. Bedingungslos fielen mir die Wörter so aus dem Mund, dass ich mich nicht mehr zurückhalten konnte. »Ich kann dich gut verstehen, dass du nicht mit mir reden möchtest oder das du meine Entschuldigung nicht annehmen möchtest. Ich habe dich verletzt und das war von mir nicht fair gewesen. Ich habe nur die Seite betrachtet, die jeder mir erzählte, anstatt mir ein eigenes Bild von der Person zu machen, die ich kennenlerne« Ich steckte die Hände in den Hosentaschen und atmete tief durch »Aber du kannst es nicht leugnen, dass du mich mit dem Kuss überrumpelt hast und mich in den Ärger einbezogen hast. Du kannst es auch nicht leugnen, dass dein Freund mir den Schädel einschlagen wollte und ich aus dem Club geworfen wurde. Also...« meine Augen richteten sich an sie »Wieso hast du mich geküsst, Rachel?«
»Ich...« stammelte sie und knetete ihre Hände »Ich weiß es nicht...«
»Du weißt es nicht?« Setzte ich an und sah ihr tief in die Augen »Du weißt es also nicht, wieso du mich geküsst hast? Oder du willst es nicht wissen?«
Keine Antwort. Sie stand vor mir, schaute aufs Meer, nur bloß nicht zu mir. Rachel war unsicher. Ihre Unsicherheit nahm ihr den Mut zu sprechen. Für eine Sekunde dachte ich eine verletzende Seite in ihr zu sehen, aber als sie die Augen eng zusammenkniff, rümpfte sie die Nase und ihre Augen sandten Blitze zu mir. »Es war nur ein bedeutungsloser Kuss, um wahrscheinlich nur zu wissen, wie du küssen kannst. Es ist ja nicht so, als hätte ich nicht genug mit Cops herumgemacht« Eindeutig eine Lüge. Zu schnell geantwortet und vor allem schnelle Atembewegungen. Ich war wirklich dankbar jemals einen Mentalist aufgesucht zu haben, der mir viel über Körpersprache und Emotionen beibrachte.
»Wir wissen beide, dass es eine verdammte Lüge ist, Rachel«
»So wie du mich angelogen hast?« Jetzt kamen ihr die Tränen, die sie schwer zurückgehalten hatte. Der Schmerz, den ich ihr gestern zugefügt hatte, saß tiefer in ihrem Herzen, als ich angenommen hatte. Ich verzog das Gesicht und versuchte mich nicht aus der Fassung bringen zu lassen. »Rachel...« ich atmete hörbar aus »Ich wollte-
»Du bist wie die anderen, Kale...« schniefte sie und abrupt drehte sie sich von mir weg und war dabei Reißaus zu nehmen. Sofort packte ich sie am Arm und drehte sie zu mir herum. Ihr Laut erstickte und ihre Augen weiteten sich. Sie wollte mir nicht in die Augen schauen, dass sie sich hinter ihren Haaren zu verstecken versuchte. Augenblicklich strich ich die Haare vorn weg und sie schaute ängstlich zu mir. Ihre verweinten Augen glitzerten in der Sonne und ich konnte ihr den Schmerz ansehen. Der Schmerz, der tief in ihr saß. Rachel musste so gedemütigt worden sein, dass sie mit sich zu kämpfen hatte. Immer wieder versuchte sie wegzuschauen, aber als ich ich ihr näherte, streiften meine Lippen ihre Wange, bis zu ihrem Ohr. »Du kannst dich nicht vor mir verstecken, Kleines« wisperte ich ihr zu und sie drehte sich zu mir. Ein irritierter Gesichtsausdruck zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab und sie wirkte verwirrt. Wir hielten einen langen Blickkontakt, bis ich ihr noch intensiver in die Augen aufsah. »Ich sehe dich, Rachel«
Augenblicklich fielen ihr die Tränen über die Wangen und es schien ihr die Sprache verschlagen zu haben. Hastig legte ich meine Arme um sie, dass sie ihr Kopf in meine Brust vergrub und weinte. Rachel schluchzte leise, hielt sich an mir fest und ich stützte sie so sehr ich nur konnte. Eine Weile lag sie in meinen Armen, weinte sich an meiner Schulter aus und rang mit sich. Sie wollte etwas erwidern, aber meine Hand ruhte auf ihrem Rücken und ich wisperte ihr etwas zu. »Es ist alles in Ordnung, Rachel. Es ist okay«
»Ich sollte nicht weinen...ich sollte-
»Es ist in Ordnung, Rachel« ich sah sie an »Wirklich...es ist in Ordnung einmal an etwas zu zerbrechen, um am Ende wieder aufzustehen«
Sie presste die Lippen zusammen und schüttelte mit dem Kopf »Ich...ich habe Mist gebaut, Kale...ich weiß auch nicht was mit dir und mir...ich...« sie brach ab und warf sich fester an mich. Ich drückte sie an mich und fing an zu seufzen »Ich weiß es auch nicht, Rachel«
»Was ist das nur zwischen uns Kale?« Sie wisperte es so leise, als sollte ich es nicht hören und doch holte ich tief Luft und legte meine rechte Hand auf ihr bauschiges Haar »Glaube mir Rachel...ich habe keine Ahnung, aber ich merke, dass da etwas zwischen uns ist.«
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