Thirty-nine: Amazing Cocktails and Lemonades
Wo war die Zeit geblieben? Die Zeit, die an mir vorbeizog? Die Zeit, die viele Wunden mit sich genommen hatte. Wo war die verdammte Zeit oder noch besser: Wo war ich? War ich wirklich zu einer kalten Person mutiert? Rachel hatte mich ängstlich angesehen, als sie mich eiskalt bei ihrer Frage erwischte. Wie ich von ihrer Frage überrumpelt wurde und ich ihr sagte, dass es sie nichts anginge. Dabei sollte es um sie gehen. Scott hatte mir gesagt, dass ich es ernst nehmen sollte. Irgendwem musste ich den ganzen Scheiß erzählen. Irgendwie musste es doch klappen. Ich sollte den ersten Schritt wagen. Ich musste es tun. Also gab ich Rachel zwar ein kleinen Teil von der Wahrheit, aber es entsprach der Wahrheit. Ich hatte mit meinen Freunden abgehängt, meine eigenen verbotenen Party's geschmissen und viel Ärger eingeheimst. Wir hatten auf dem Campus Alkohol hingeschmuggelt oder wirklich verruchte Trinkspiele gespielt, die mit einem Besuch beim Tätowierer, auf dem Polizeirevier oder kotzend über der Klobrille geendet hatten. Wie gut das Marshall bei der Polizei war und dies nicht heute in meinem Führungszeugnis enthalten war, dass Kale Byron in seinem betrunkene Zustand rein provokativ auf die Motorhaube des Polizeifahrzeuges gehauen hatte. Es wäre absolut nicht gut für mich ausgegangen und wer weiß wie ich sonst geendet hätte. Vielleicht in einer Imbissbude, bei MC Donald's oder als Putzmann der die Toiletten schrubben musste. Bei den Gedanken an dem Abend, spürte ich den kalten Zug auf meinem Rücken. Der Schmerz saß noch tief in meinen Wunden. Es war zu früh darüber nachzudenken. Viel zu früh und das vor Rachel zu tun, wäre nicht gut ausgegangen. Der Alkohol hatte mein Leben gefickt. Um mich zu beruhigen und mir selbst einzugestehen die Wahrheit zu sagen murmelte ich es leise vor mich hin. Mit geschlossenen Augen katapultierte ich mich in die Zeit der Vergangenheit eines verkorksten Teenagers zurück. »Der Alkohol hatte mein Leben zerrissen...« Ich glaubte schon vor der nächsten Panikattacke zu stehen, als ich Nebel um mich herum sah. Nebel welches in mein Sichtfeld auftrat. Hastig lehnte ich mich zurück, kam zur Besinnung, machte die Atemübungen, die Inanna mir auf dem Weg mitgegeben hatte und merkte wie schnell sich alles beruhigte. Ich war der verrückten Hippiefrau ziemlich dankbar gewesen, dass ich vor Erleichterung in mich lächelte und nach meiner Limonade griff. Dabei schielte ich zum Cocktail, an welchen Rachel genippt hatte. Tequila Sunrise. Sie hatte den irgendwie immer getrunken. Auf dem Coachella, auf der Party und mit ihrer Freundin. Das Gebräu wirkte sommerlich, gelb orange. Es schien ein Favorit von ihr zu sein, weshalb ich schmunzeln musste. Woran erinnerte mich das? Chardonnay Heaven hatte eine Sucht für Chardonnay Weißwein.
Heav der sehr auf Gin abfuhr, hatte es vor ihren Augen probiert. Damals kurz bevor sie sich kennenlernten, hatten wir bei mir zusammen eine Flasche Chardonnay geköpft, die er getrunken hatte. Er hatte sich die Frage gestellt, was das Gebräu so an sich hatte, wofür seine Nachbarin so schwärmte. Ich hatte nur an sein Glas gerochen aber bei dem Gesicht, das Royce machte, brauchte ich nicht zu wissen wie es schmeckte. Es schmeckte abartig, so hatte es Royce behauptet. In Wirklichkeit mochte Royce kein Chardonnay, also nicht seine Frau, nein die vergötterte er sehr. Er konnte den Weißwein nicht leiden.
Ich starrte Royce sprachlos an, als er den Wein aus seinem Rucksack holte, den er sich im Drugstore besorgt hatte. »Du hast doch nen Knall!« Ich schüttelte mit den Kopf »Anstatt das du dir dein Gin von Zuhause mitnimmst, kaufst du dir extra Chardonnay Wein?«
»Ein Wein mit Weintraubengeschmack...« staunte Royce und deutete auf die Flasche. »Die war nicht so teuer gewesen...aber es ist auch egal, Chardonnay kauft sich diese Marke immer. Ich habe sie beobachtet, wie sie sich den Wein kaufen wollte«
»Den du ihr weggeschnappt hast« fügte ich den letzten Satz hinzu und Royce schnitt eine Grimasse. Er hatte mir erzählt, dass er Chardonnay zufälligerweise im Drugstore getroffen hatte, wo sie dabei war sich den letzten Wein zu sichern. Den letzten Chardonnay, der im Regal stand. Royce hatte es sich nicht nehmen lassen, ihn ihr vor der Nase wegzuschnappen und mitzunehmen. Das hatte Chardonnay ziemlich wahnsinnig gemacht, dass sie ihn auf dem Parkplatz verfolgte. Ihn als Arschloch beschimpfte und sagte, dass er sie kreuzweise konnte. Mein bester Freund schenkte sich ein wenig von dem Chardonnay in ein Glas ein. Da ich kein Weinglas parat hatte, goss er ihn sich in eine Tasse ein. Meine Gläser waren irgendwo in der Tiefgarage vergraben gewesen, da ich sowieso so gut wie kaum zuhause war. Ich ernährte mich nur von Kaffee und Wasser.
»Na dann...« stieß Royce mich an und erhob die Tasse »ich würde mal sagen...Prost«
Ich prostete ihm mit meiner Fanta zu und wartete den Moment ab, wie Royce sich den Wein gab und ihn hinunterkippte. Dabei weiteten sich seine Augen und wie von selbst knallte er die Tasse auf dem Tisch und erhob sich schleunigst vom Stuhl. »Verdammt! Der schmeckt ja scheiße!« In Windeseile sauste er in die Küche, beugte sich nach der Spüle und trank aus dem Wasserhahn. Er hatte den Wasserhahn kräftig aufgedreht und schluckte das Leitungswasser in schnellen Zügen hinunter. Keuchend wischte er sich mit dem Ärmel über den Mund und atmete tief durch. Ich hingegen grenzte an einem Lachkrampf, dass ich mich lachend am Bauch festhalten musste und mich mit den Händen an den Knien abstützte. »Und wie hat dir der werte Wein gemundet? War er sehr gut? Oh ich vergaß, er schmeckte wie nochmal? Wie scheiße? Mensch da hast du echt dir ein Goldstück von Getränk gekauft. Respekt Heav. Da hat sich die Arschlochkarte sehr bei deiner Nachbarin gelohnt, nicht wahr?«
Royce erdolchte mich mit bösen Blicken und trat auf mich zu. »Das ist nicht komisch, Kelly!« Grummelte er und ließ sich knurrend mit eine Tasse Leitungswasser auf dem Sessel nieder. »Sie hatte mir beinahe die Augen ausgekratzt, als ich ihr den Wein stibitzt hatte...«
Seitdem hatte Royce sich geschworen nie wieder ein Tropfen von dem Weißwein anzurühren. Aber wenn er mit Chardonnay an den Abenden Weißwein trank, was Chardonnay mit ihrem verstorbenen Mann getan hatte, schien er die Tatsache zu ignorieren, dass der Wein grottig schmeckte. Es war egal, Royce hatte mein Respekt verdient das durchziehen zu wollen.
Als ich an meiner Limonade nippte vernahm ich Rachel, die sich wieder an ihrem Platz setzte und mich angrinste. »Da war so eine große Schlange...« sie legte die Sonnenbrille auf den Tisch »Entschuldige, dass du so lange warten musstest«
Ich warf ein Blick auf meine Uhr, die mir verriet das sie nur wenige Minuten weg war. »Ich bin doch noch hier...« scherzte ich. Für solche Situationen war ich wirklich zu Scherzen auferlegt. Es funktionierte, denn Rachel kicherte. Wahrscheinlich wäre es von Vorteil, wenn wir gegenseitig die Stimmung auflockern würden. Nach meiner Reaktion von vorhin, könnte Rachel wahrhaftig etwas anderes gebrauchen, als ein missgelaunter Polizist.
Ich deutete auf ihren Cocktail und zwinkerte ihr zu »Wieso trinkst du immer dasselbe?«
Sie schien absolut nicht damit gerechnet zu haben, dass ich ihr eine ähnliche Gegenfrage stellen würde, aber es wirkte auf mich, als hätte ich keine Wunden aufgerissen. Im Gegenteil ihre Mundwinkel hoben sich und sie grinste über beide Ohren hinweg. »Weil der Tequila Sunrise mich glücklich macht« sie wirkte verlegen und fasste sich an ihren Haaren »Ich war zu Zeiten ein absolutes Partygirl und hatte keine Party ausgelassen. Eines Tages waren wir zum Geburtstag meiner Oma eingeladen und mein Großonkel, der für eine Tequila Destillerie gearbeitet hatte, hatte mir zum ersten Mal einen Tequila Sunrise ausgeschenkt. Ich war damals 17 und wüsste nicht, was mich erwarten würde« Sie setzte ein breites Lächeln auf »Mein Großonkel hatte mit mir darum gewettet, das es eine Sorte geben würde, von der ich nicht genug bekommen werde. Denn ich hatte so vieles ausprobiert, aber kein Getränk hatte mich so begeistert, wie der Tequila Sunrise Cocktail« sie hielt das Glas nach oben »Denn durch die Farbe spricht man von den Sonnenuntergang. Ein Sonnenuntergang hat die Farben von Rot, orange und gelb. Genau wie der Cocktail. Orange, rot und gelb« sie genehmigte sich ein Schluck ihres Cocktails und ihre Augen fingen an zu strahlen »Den Spitznamen, den du mir gestern gegeben hast...es war so schön so genannt zu werden«
»Dass du der Sonnenaufgang bist?« Ergänzte ich ihre Gedanken und sie lächelte mich seufzend an. Zugern hätte sie etwas erwidert, aber ich legte ihr die Hand auf die linke Wange und zwinkerte ihr zu. »Oh das bist du, Sunrise« meine Stimme wurde tiefer »Und das Getränk passt so gut zu dir. Du strahlst solch eine Wärme aus und wenn du weg bist, merkt man wie kalt und dunkel das hier ist. Es ist eine Freude dich hier zu haben, Rachel« Wenn Heav das hören würde, würde er mich als den liebeskranken Vollpfosten halten. Für so eine Säuselei hätte er keine Zeit. Aber es ploppte aus mir heraus und war nicht aufzuhalten. Irgendwann fuhren meine Finger über ihre Wange entlang und sie schloss die Augen. Gedankenverloren schmiegte sich die Frau an meine Hand und schloss die Augen. Sie genoss jede Art von Berührung, die ich ihr gab. Es kam so über mich sie berühren zu wollen. Ich strich ihr über die Locken, nahm den Sommerhut und legte ihn neben ihre Sonnenbrille ab. Dabei sahen wir uns wie Verliebte in die Augen.
Ich starrte zu ihr, hielt den Blick fest und beugte mich zu ihr rüber. Meine Lippen waren ihren nicht weit entfernt. Ich schloss meine Augen, näherte mich ihrem Gesicht. Bereit sie zu küssen und-
»Möchten Sie noch etwas zu Trinken haben, Sir?« Riss uns eine Stimme aus den Gedanken. Plötzlich zuckte ich so derart zusammen, dass ich das Gleichgewicht verlor, ein Schrei ausstieß und direkt auf den Tisch krachte. Rachel verlor das Gleichgewicht, versuchte sich an mich festzuhalten, doch es war zu spät. Rachel und ich landeten krachend auf dem Boden. Ich fiel auf sie drauf und ihr Cocktail rutschte vom Tisch und schüttete sich über mich.
»Fuck!« Stieß ich den Fluch aus und erdolchte das Mädchen, die Kellnerin, mit bösen Blicken. Ein schwarzhaariges Mädchen unterbrach das Beste von besten. Das konnte doch nicht wahr sein!
Ich war so dabei ihr den Arsch aufreißen zu wollen, ehe ich mich zu ihr drehte und lautes Vibrieren an meiner Brust vernahm. Rachel fucking Collins lachte sich den Arsch ab. Sie lag kichernd unter mir und gackerte was das Zeug hielt. Die Tränen schossen ihr in den Augen und ihr Lächeln war so breit, dass die Fältchen sich bildeten. Automatisch steckte Rachel mich mit ihrem Gekicher an und so fanden wir uns beide totlachend auf dem Boden wieder. »Du bist wie ein Walross auf mir gelandet!« Lachte sie laut auf, während ich ihr die Hand anbot und ihr auf die Füße half. Sie hielt sich an mir fest und kicherte weiter »Du bist auf mir gelandet und dann ist der Tisch beinahe zusammengekracht!«
»Witzig« stieß ich gespielt genervt aus und schnitt eine Grimasse. »Ich harre ein weiches Kissen als Unterlage gehabt«
Sie zog gespielt ein Schmollmund »Deine Unterlage hätte sich die Beine brechen können!«
»Das hat sie aber nicht« versicherte ich ihr und zwinkerte ihr frech zu. Langsam bemerkte ich wie die Kellnerin uns ziemlich blass anstarrte und anfing zu zittern. »Es tut mir wirklich Leid...Ich wollte wirklich nicht...«
Ich winkte mit der Hand »Schon gut, aber ich glaube wir brauchen ein neues Getränk für meine Begleiterin« Bei dem Satz zuckte Rachel willkürlich zusammen. Ich drehte mich zu ihr um und musterte sie forschend. »Geht es dir gut?«
Sie nickte stumm, war daran sich die Tasche zu schnappen und etwas zu zurufen »Toilette« entfuhr es ihr und schon stürmte sie hastig an uns vorbei.
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