
Past
Ich betrachtete die vielen Metallstufen hinauf zum Raumschiff und mit jedem Schritt wurde mein Herz schwerer.
Ist es tatsächlich die richtige Entscheidung ihm in sein Schiff zu folgen? Ich kenne ihn noch nicht einmal!
Die Tür glitt durch einen Mechanismus automatisch auf und verschaffte mir einen Eindruck vom Inneren des Schiffes. Seine Wachen hatten sich seitlich an den Türen postiert.
Gut. Ich bin schon mal nicht allein mit ihm in diesem riesigen Schiff.
„Die Gefahr wurde eliminiert", teilte er seinen Wachen mit und ließ Klayten wie ein erledigtes Vieh von seiner Schulter fallen. Doch ich ließ es nicht so weit kommen, dass der bewusstlose Klayten hart auf den Boden knallte, sondern fing seinen schlaffen Körper noch rechtzeitig auf. So viel getrocknetes Blut hatte sich auf seinem schönen Antlitz verteilt. Das Blut anderer Menschen. Er ist nicht derjenige, für den ich ihn gehalten hatte. Die Erinnerung an das Massaker, welches er angerichtet hatte, schmerzte und schockierte mich zutiefst.
Matrov stand zum Rücken zu mir gewandt und hielt kurz in seiner Bewegung inne, als warte er auf das Geräusch von Klaytens Körper vom Aufprall auf den Boden. Er blickte, immer noch in seiner vollen Montur, über seine Schulter und ich suchte notgedrungen eine Erklärung.
„Bitte entschuldige, aber ich finde es nicht richtig ihn einfach hinzuschmeißen."
Er schüttelte den Kopf.
„Du hast wohl immer noch Gefühle für ihn, was?"
Er ließ die bewusstlose Pray in seine Arme gleiten und überreichte sie einem der Wachen.
„Bringt sie in die Röhre zur Regeneration. Sie scheint es wohl überlebt zu haben."
Eine sehr erfreuliche Nachricht an diesem finsteren Tag. Dann wandte er sich wieder an mich.
„Nach allem, was er dort draußen seiner Familie angetan hat, hängst du immer noch an ihm."
Wut schwang in seiner Stimme mit.
„Das wird sich hoffentlich gleich ändern."
Er nahm mir Klayten aus meinen Armen und übergab ihn ebenfalls einer der Wachen.
„Bring ihn bitte nach unten in eine Zelle und sorge dafür, dass er die nächsten Tage keine Nahrung zu sich nimmt. Das gilt auch für jegliches Ungeziefer!"
Der Wachmann nickte gehorsam.
„Und du Rin, komm mit!"
„Ich heiße Isabell", brachte ich etwas kleinlaut über meine Lippen.
„Ich werde dich bei deinem richtigen Namen nennen, Rin. Dein Name, den du auf der Erde erhalten hast, ist für mich nicht länger von Bedeutung!"
Sein barscher Befehlston ließ keine Widerrede zu, also folgte ich ihm wortlos durch die Metallgänge hindurch. Die Schritte hallten auf den Metallgestängen wider. Obwohl ich tot war, hatte ich das Gefühl nicht genügend Luft in diesem riesigen Transportschiff zu bekommen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich mich in Matrovs Anwesenheit nicht wirklich wohl fühlte. Er war von seiner Art her unberechenbar und kalt. Scheinbar spürte Matrov, dass mit mir etwas nicht stimmte.
„Wir sind gleich da."
Er bog um eine scharfkantige Ecke. Stumm lief ich ihm hinterher und betrachtete beeindruckt die vielen Waffen an den Wänden des Raumschiffes, die mir so vollkommen unbekannt waren. Genauso wie dieser Mann, dem ich nun folgte.
Matrov blieb vor einer Tür stehen, die genauso aussah, wie die zig anderen Türen, an denen wir bisher vorbeigelaufen waren. An der Seite der Tür war eine Metallplatte befestigt. Matrov zog seinen Handschuh aus und legte seine Hand auf die Platte. Seltsamerweise sah seine Hand keinesfalls widerlich oder anders aus, als meine. Und ich dachte schon, ich bekäme es nun wahrhaftig mit einem Alien aus dem All zu tun. Etwas erleichtert darüber war ich schon. Die Tür öffnete sich mit einem Summen.
Trotzdem betrat ich unsicher das Zimmer, denn in diesem Raum wäre ich vermutlich mit ihm allein, was mir so gar nicht geheuer erschien.
Kaum war ich im Zimmer, schloss sich abrupt wieder die Tür und ließ mich zusammenzucken. Es war, als hätte er meine Furcht gespürt.
„Keine Angst, ich werde dir nichts tun."
Wieder stand er mit dem Rücken zu mir gewandt und entledigte sich nun seines Anzuges, als er weitersprach:
„Du musst allerdings verstehen, dass ich nicht gerade Luftsprünge mache, wenn ich spüre, dass du jemand anderen begehrst, wo du doch eigentlich zu mir gehörst."
Seine tiefe dunkle Stimme hallte in diesem großen Zimmer wider und ließ förmlich die Metallwände vibrieren. Ich schluckte, denn Matrov stand nun vollkommen nackt vor mir, zwar immer noch mit dem Rücken zu mir gewandt, doch ich fühlte mich sehr unangenehm, wenn ich daran dachte, dass er sich jeden Moment zu mir umdrehen würde. Sein kraftvoller, durchtrainierter Körper ließ jeden einzelnen Muskel hervorblitzen, ganz zu schweigen von seinem Knackarsch, doch hey, ich war keine Gafferin, nein, das war ich nicht.
Und dann kam der peinliche Moment, indem sich der Anführer der Vampire mit seiner kurzen schwarzen Igelfrisur zu mir umdrehte. Stechend grüne Augen bohrten sich in meine, bevor ich dazu kam mir die Hände vor die Augen zu halten.
„Bitte zieh dir doch etwas über oder lass mich aus dem Zimmer", gab ich ihm zu verstehen.
„Früher hast du den Anblick immer genossen."
„Das tue ich. Ich meine, du hast einen sehr ... schönen ... Körper, aber ich kenne dich nicht."
„Noch nicht. Glaub mir, deine Erinnerungen kommen schneller zurück, als du es für möglich hältst."
Ich hörte, wie er im Zimmer umherlief. Dann spürte ich seinen warmen Finger an meinem Kinn und augenblicklich wurde mir heiß. Vorsichtig ließ ich die Hände sinken und sah, dass er sich in eine sterile weiße Decke eingehüllt hatte. Seine stechend grünen Augen fixierten mich und raubten mir förmlich den Atem. Er war ein unglaublich hübscher Anführer, abgesehen von seiner unschönen Narbe auf der linken Wange und seine rechte Augenbraue war wohl auch mit vielen Stichen genäht worden.
Wovon diese Narbe wohl stammte?
Und augenblicklich fügte sich das Puzzle zusammen, als sich vor meinem geistigen Auge Bilder zusammentaten. Bilder aus einer Schlacht, die sie nicht gewonnen hatten. Wie ein kleiner Film lief er vor meinem inneren Auge ab. Allerdings waren es nur Bruchstücke. Der Tag der letzten Schlacht und der Untergang des Planeten Omanis, meinem Heimatplaneten. Es war alles so... echt, so als wäre ich ein Teil dieser Geschichte. Realität und Erinnerungen verschwammen in sich zusammen und schließlich lag ich am Boden, mitten auf dem Planeten Omanis.
Das Feuer wütet, ovalförmige Kampfjets jagen durch den Himmel und feuern eine Kanone nach der Anderen. Aber Halt, es sind nicht nur Kanonen, die sie hinabwerfen, kleine Spritzen, jagen wie ein Hagelregen hinab auf den Planeten, auf unsere Rasse, die Vampire. Wie Schachfiguren fallen sie um. Matrov hat sich über mich gebeugt und hält mich in den Armen. Der Dreck und das Blut, welches vom Kampf an ihm klebt, lassen ihn sogar noch attraktiver auf mich wirken. Ich bin in Rins Körper, nur als stummer Zuschauer, aber trotzdem ist alles so unheimlich echt. Ich spüre alles und im Moment fühlt sich mein Körper an, als wäre ich durch den Fleischwolf gedreht worden. Ich blicke an mir hinunter und erkenne dann auch, warum. Mein Unterleib ist nicht mehr da, mich hat es voll und ganz erwischt. Einzig und allein mein Oberkörper liegt nun in Matrovs starken Armen. Das hier ist mein letzter Atemzug auf unserem Heimatplaneten. Mitfühlend legt Matrov seine Stirn an Meine. „Wir werden uns wiedersehen meine Liebste, das verspreche ich dir." Dann haucht er mir noch einen letzten Kuss auf die Lippen. Meine Hand klammert sich um sein Handgelenk und ich merke, wie langsam das Leben aus mir entweicht.
Der nächste Szenenwechsel ist enorm. Ich liege mit Matrov zusammen nackt auf einer Wiese. Eng liege ich an ihm geschmiegt und streichle seinen athletischen Körper. Ich fühle jedes einzelne Haar an meinen Fingerkuppen. Die Geborgenheit, die Liebe und das Verlangen nach diesem Mann. Meine Finger gleiten weiter hinab zu seiner Männlichkeit. Ein Schmunzeln schleicht sich auf seine geschwungenen Lippen. „Hast du etwa noch nicht genug?" Ich schüttele energisch mit dem Kopf. „Du weißt doch, dass ich von dir nie genug bekommen kann", necke ich ihn und schon liegt er mit seinem gesamten Gewicht auf mir. Seine stechend grünen Augen bohren sich in meine und er fährt mir mit seiner großen Pranke von Hand mitfühlend durch mein schwarzes Haar. „Was würde ich nur ohne dich machen, mein kleines Juwel." Seine Lippen verschmelzen mit Meinen und mein Herz will sich gar nicht mehr beruhigen. Ich bin überwältigt von dem Ansturm an Gefühlen, dass ich gar nicht wirklich realisiere, dass ich wieder in der Gegenwart angekommen war und vor einem ziemlich besorgten Matrov stand, der meine Schultern fester zusammenpresste, als er womöglich beabsichtigt hatte.
„Au", entfuhr es mir und ich schlug ihm die Hände von meinen Schultern.
In dem Moment löste sich sein Laken um den Körper und fiel achtlos zu Boden. Ich konnte nicht schon wieder wegsehen, dafür hatten mich die letzten Bilder in meinem inneren Kopf viel zu sehr bewegt. Also sah ich hin uns sog alles was ich sah tief in mich auf. Jeder einzelne Muskelstrang, jeder noch so kleine Makel und sein...
Erneut drehte ich mich um, als ich sein Grinsen bemerkte. „Bitte zieh dir endlich etwas über", sagte ich gereizter als beabsichtigt. Unerwartet näherte er sich meinem Ohr und ich spürte seinen heißen Atem auf meiner Haut, der mir regelrechte Qualen verursachte. Eine Qual der Enthaltsamkeit. „Ich freue mich schon auf den Tag, an dem dein altes Ich wieder zum Leben erweckt wird." Von jetzt auf gleich hatte sich ein Schalter in mir umgelegt und die Angst machte sich in mir breit.
Wird mein früheres Ich, mich also einfach ins Jenseits befördern?
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