Emotions
Pray sackte sofort in sich zusammen, als Klayten ihr die Spitze injiziert hatte. Ihr toter Sohn fiel achtlos aus ihren Armen. Immer noch konnte ich nicht glauben, was meine Augen dort sahen. Den Schaden wiedergutmachen, konnte ich nicht, dafür hatte Klayten schon viel zu viel angerichtet. Es war, als würde er mir eine ganz andere Persönlichkeit von sich präsentieren.
Er hievte seine bewusstlose Schwester über seine Schulter wie ein erledigtes Vieh. So schnell ich konnte, stellte ich mich ihm in den Weg. Dieses gehässige Lächeln kannte ich bisher nur von seinem Bruder.
„Ist das dein Ernst? Willst du mich jetzt tatsächlich daran hindern?"
Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Zum einen ekelte ich mich vor ihm, für das, was er getan hatte und auch die Angst nahm so langsam Besitz von mir ein. Zum Anderen blieben meine Augen an diesen unglaublich anziehenden roten Lippen hängen, die mich auf unanständige Gedanken brachten, welche ich nicht in Worte fassen konnte. Das Blut auf seinen Lippen erinnerte mich jedoch daran, was er noch vor wenigen Minuten getan hatte. Was er jedoch gerade empfand, konnte ich überhaupt nicht deuten. Er schien mit der Gebundenheit wohl besser zurechtzukommen, als ich. Doch kaum hatte ich auch nur den Gedanken daran verschwendet, wurde ich eines Besseren belehrt. Wie ein nasser Sack ließ er seine Schwester zu Boden fallen, schloss den einzigen Abstand, der uns noch voneinander trennte und zog mich unsanft zu sich. Ich spürte seinen heißen Atem auf meiner Haut und roch den Tod, der von ihm ausging. Stürmisch landeten seine blutverschmierten Lippen auf Meinen. Vor ungezügeltem Verlangen erwiderte ich seinen Kuss und war gleichzeitig geschockt über meine Gier und den Ekel des Blutes. Ich wusste ganz genau wessen Blut an seinen Lippen klebte. Es stammte von dem Mann, der zerfleischt auf der Veranda lag. Stumme Tränen glitten meine Wangen hinab, als meine Finger nach der Brosche mit dem Saphirstein an meinem Gürtel suchten, den mir Matrov gegeben hatte. Ich drückte auf den Stein und spürte, wie er sich ein Stück weit nach innen bewegte, während Klayten den Kuss intensivierte. Der Ekel überkam mich erneut. Ich konnte doch nicht einfach mit ihm in Leidenschaft versinken, wenn hinter uns der Tod wütete, den er mit sich gebracht hatte. Es war nicht mehr dasselbe. ER war nicht mehr derselbe. Angewidert drückte ich ihn von mir. Seine Augen funkelten in einem leichten Grün und das bedeutete, dass er zu allen Schandtaten bereit war. Er sah mich an, als verstünde er die Welt nicht mehr.
„Denkst du ernsthaft, ich könnte so tun, als wäre nichts passiert!", schrie ich ihm entgegen.
„Du kommst hierhin und metzelst einfach so deine Familie ab! Ich meine, wer macht so was? Wieso machst du das?"
Er schüttelte den Kopf, als wäre ich diejenige, die nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.
„Meine liebe Isabell, das habe ich dir doch bereits erklärt. Sie hat mich hintergangen."
Sein Tonfall war unvorhersehbar ruhig, so als würde ich gerade mit ihm über das Wetter plaudern und nicht über eine Mordtat.
„Aber das gibt dir noch lange kein Recht dazu, sie alle umzubringen! Sie sind doch deine Familie!"
„Sind sie nicht."
„Sie ist deine Schwester!"
Ich atmete tief ein und wieder aus.
„Und ich bin auch noch schuld daran. Hättest du nicht an mir getrunken, wäre das alles nicht passiert", sprach ich meinen Gedankengang laut aus.
Erbost über meine Aussage zog er mich wieder zu sich.
„Ich wollte es auch und ich will es auch jetzt noch."
Seine Augen glühten förmlich und ich war sehr irritiert über seine Bemerkung. Er brachte mich so sehr aus dem Konzept, dass ich meine Worte nicht richtig zusammen bekam.
„Was du hier getan hast, ist unverzeihlich. Ich hätte niemals gedacht, dass du dich zu solch einem Mann entwickelst. Du weißt noch nicht einmal, ob sie es überlebt!"
„Und wenn schon? Sie hat eine Chance von 50 zu 50, ansonsten verreckt sie eben."
Geschockt über seine Aussage löste ich mich von ihm
„Sie ist deine Schwester!", wiederholte ich noch einmal eindringlich.
„Sie hat es verdient", kam es gleichgültig über seine Lippen.
„Dann hast du dein Schicksal nun auch verdient."
Unangekündigt trat ich ihm mit einem gewaltigen Tritt in den Bauch, sodass er einige Spuren weiter nach hinten rutschte. Von jetzt auf gleich war sein Blick dem Erdboden geweiht.
„Das hättest du nicht tun dürfen. Glaub mir, du willst mich nicht als Gegner haben."
„Du vergisst, mit wem du sprichst. Dieses Mittel wurde aus dem Körper meines früheren Ichs hergestellt. Ich habe die perfekten Gene um mit dem Mittel zu verschmelzen."
„Wer sagt denn, dass ich sie nicht auch habe", grinste er gehässig und ehe ich mich versah, hatte er mich auf den Boden geschmissen und mich festgenagelt. Ich ärgerte mich über mein unachtsames Verhalten. Das hätte nicht passieren dürfen.
„Lass mich los, Klayten!", schrie ich schon fast hysterisch. Sein gesamter Körper lag auf Meinem und er rieb sich an mir. Neben mir lag seine Schwester mit einer offenen Platzwunde am Kopf. Ich hoffte, dass sie noch lebte.
„Willst du das wirklich", flüsterte er mir ins Ohr und meine Wut suchte sich ihren Weg nach draußen.
„Ja!"
Ich stieß ihn von mir und schleuderte ihn einige Meter weit, dort knallte er gegen einen Baum. Von ein auf den anderen Moment hatte er sich wieder aufgerichtet. In seinen Augen stand der pure Hass geschrieben, als er auf mich zielgerichtet zukam. Ich wusste, dass er nun keine Rücksicht mehr nehmen würde. Wieso auch? Unsicherheit machte sich in meinem Organismus bemerkbar. Der Rauch der brennenden Hütte hatte sich mittlerweile über das gesamte Gebiet ausgebreitet und beschmutzte die Luft. Es ließ mich husten und unvorsichtig werden, denn als ich nach vorne sah, war Klayten bereits verschwunden. Kurze Zeit später, spürte ich seinen heißen Atem an meinem Ohr und seine Hände an meinem Hals, die sich wie Schlingpflanzen immer fester um meinen Hals zuzogen. Wie ein wildgewordenes Tier schnupperte er an mir und wieder überkam mich eine Welle des Ekels.
„Dieses Mal kann ich für dich keine Ausnahme mehr machen. Bitte verzeih mir, aber ich kann mir keine Schwäche erlauben. Und du bist meine Schwäche."
Der Druck an meinem Hals nahm zu und war kaum mehr auszuhalten. Körperlich war ich in bester Verfassung, aber meine Emotionen machten mir einen Strich durch die Rechnung. Ich begehrte Klayten noch immer, ganz gleich was er getan hatte, gleichzeitig ekelte und ängstigte mich seine Tat. Ich empfand solch eine Abneigung zu ihm, was mich bewegungsunfähig zu machen schien. Ich war geschockt, enttäuscht und traurig. Niemals, wirklich niemals hätte ich ihm so etwas zugetraut. Wieder glitten mir Tränen die Wangen hinab und ich begann meine Halsmuskulatur anzuspannen. Mit einem lauten Aufschrei schleuderte ich ihn über meinen Rücken.
In diesem Moment registrierte ich das Raumschiff, welches gerade zur Landung ansetzte. Matrov kam in seiner kompletten Montur nach draußen, schnappte sich Klayten und schlug einige Male brutal auf ihn ein, bis ich ihn daran hinderte, weiterzumachen:
„Aufhören!", schrie ich, um zu ihm durchzudringen.
Klayten war mittlerweile bewusstlos und sein Gesicht eine völlige Blutlache.
Was für ein Glück heilen Vampire so schnell, ging es mir durch den Kopf.
Selbst jetzt noch, hatte ich nach alldem was er getan hatte, Mitleid mit ihm.
„Ich werde diese Bindung nicht länger dulden, das ist dir doch klar", hörte ich Matrov's Stimme hinter dem isolierten Helm.
„Ich möchte es auch nicht mehr. Ich wäre dir sogar äußerst dankbar dafür, wenn du die Bindung rückgängig machen könntest."
Er nickte mir zu, schwang Klayten auf seine Schulter, und wollte gerade seinen Weg zum Raumschiff antreten, als ich ihn aufhielt:
„Warte! Hier liegt noch seine Schwester! Klayten hat ihr das Mittel gegeben. Sie ist am Kopf schwer verletzt, aber es könnte sein, dass sie noch lebt."
Er drehte sich zu mir in meine Richtung und bückte sich, um auch Pray auf die andere Schulter zu hieven. Als wären die Beiden nichts weiter als heiße Luft, trat er seinen Rückweg zum Raumschiff an. Ich war von seiner Stärke sehr beeindruckt. Vermutlich hatte er noch nicht einmal das volle Ausmaß seiner Stärke gezeigt, immerhin trug er auch einen ziemlich schwer aussehenden Anzug.
„Kommst du?", hörte ich seine blecherne Stimme durch den Helm hindurch.
Ich nickte, obwohl ich wusste, dass er mich nicht sehen konnte. Wohl bedacht folgte ich Matrov ins Innere des Schiffes.
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