Woche 2, Montag, Teil 2
ROBERT
Entnervt streiche ich mir die Haare aus dem Gesicht. Sie sind verschwitzt, ebenso wie mein Champion-T-Shirt und ich fühle mich eklig. Seit geschlagenen vier Stunden schon proben wir jetzt diese bescheuerte Choreo und sind noch immer nicht viel weiter als am Anfang.
Von uns ist keiner ein wirkliches Tanztalent, weder Charles noch Simon und ich klarerweise auch nicht. Am besten kann es noch Charles, haben wir festgestellt. Er hat zumindest die nötige Kondition, die es braucht, um mehrere Stunden durchzuhalten und glaubt mir, das ist schon mal was.
Auch Simon sieht verschwitzt aus. Er trägt einen dunkelblauen Pulli sowie gleichfarbige Jeans und sieht wirklich geschafft aus.
Aus dem Nebenraum kann ich die Musik von "Fluch der Karibik" und Sophies helle Stimme vernehmen, von der anderen Seite kommt Klaviermusik.
"Ich störe euch wirklich nur ungern bei euren Proben", meint der Veranstalter, von dem ich gar nicht bemerkt hatte, dass er den Raum betreten hat, "Aber ich wollte euch nur sagen, dass ihr noch eine Stunde habt."
Ein Stunde?
"Ich würde sagen, wir machen uns jetzt mal frisch", sage ich, rieche an meinem T-Shirt und verziehe die Nase. "Wir sollten uns auch das Gleiche anziehen. Danach gehen wir nochmal alles durch. Okay?"
"Klar.", sagt Charles, "ziehen wir uns alle eine schwarze Hose und ein rotes Oberteil an? Dazu schwarze Schuhe?"
"Geht klar", erwidert Simon, der auch schon echt müde aussieht, "Eine Dusche kann ich echt dringend gebrauchen."
Mir geht es genauso. Ich bin mir meines guten Aussehens bewusst, doch genauso weiß ich jetzt, dass ich grässlich aussehe. Verschwitzt, mit verstrubbelten Haaren und zerrissenen Knien in der teuren Jeans.
In meinem Zimmer angekommen, stelle ich mich erst mal unter die Dusche. Sport ist nicht so mein Ding, und es tut wirklich gut, jetzt unter dem wohltuenden, warmen Wasserstrahl zu stehen und den ganzen Schweiß abzuwaschen.
Danach schlüpfe ich in ein rotes Tommy-Hilfiger-Shirt sowie schwarze Jeans, ausnahmsweise no-name und schwarze, teure Chucks.
Danach föhne ich mir die Haare und lasse sie mir wieder ins Gesicht fallen, das ist die Frisur, von der ich weiß, dass sie am besten aussieht.
Als ich in unserem Trainingsraum ankomme, ist Charles bereits hier. Er trägt eine rote Portugal-Fußballdress, auf die sein Name gedruckt ist und eine schwarze Trainingshose, dazu Nike-Turnschuhe.
Wir sehen völlig unterschiedlich aus, aber anscheinend ist es ihm nicht mal bewusst.
Da betritt Simon den Raum. Er trägt einen roten Pulli mit der Aufschrift Hug me! und einem Kaktus daneben, dazu schwarze, zerrissene Jeans und dunkelbraune Boots.
Wir sind so was von gar nicht im Partnerlook und das regt mich richtig auf. Wir haben schon so gut wie verloren.
***
Jetzt sitzen wir im Speiseraum, der völlig leergeräumt wurde, auf Lankbänken und warten auf die anderen. Simon kratzt sich durch das Loch am Knie in seinen Jeans, Charles trampelt nervös mit den Füßen und ich sitze einfach nur da und warte.
Mir ist klar, dass das mit Sophie und mir nichts für längere Zeit ist, natürlich, schließlich lebt sie am anderen Ende des Landes, aber sie wird mich nach dieser Nummer, die wir gleich bringen werden, hassen, mich lächerlich finden, und das zu Recht.
Als Simon den Vorschlag gemacht hat, dieses Lied zu nehmen, war ich sofort dagegen. Aber mir war klar, dass wir nur noch eine knappe halbe Stunde hatte und das zumindest besser wäre als irgendeine schreckliche, misslungene Choreo.
Jetzt betritt Sophie mit ihrem Team den Raum, sie wirkt selbstbewusster und hübscher denn je, im Vorbeigehen macht sie einen Kussmund. Hinter ihr kommt Robin, der mit seiner Augenklappe und dem riesigen, blau-weiß-gestreiften T-Shirt irgendwie seltsam aussieht und Samantha, die auf ihre eigene Art cool aussieht.
Sie lassen sich auf der Lankbank neben uns nieder. Sophie beugt sich hinunter, so dass wir alle uneingeschränkten Einblick in ihr Dekolleté bekommen und gibt mir mit lippenstiftroten Lippen ein Küsschen auf die Wange, doch ich erwidere ihn nicht, aus Angst, was sie gleich von uns zu sehen bekommen wird.
Dann wird sie mit mir Schluss machen und mit Simon zusammenkommen - der ist, nach mir natürlich, eindeutig der Hübscheste von uns und sieht auch nicht so aus, als hätte er eine Freundin.
Dann tritt das letzte Dreierteam herein.
Lissa, die braune Leggings und ein weites grünes Top trägt, geht vorne, dicht gefolgt von Angelina, die eine weiße Schlaghose sowie ein braunes T-Shirt mit grünen Blättern trägt und zuletzt kommt Harry, in braunen Jeans und einem hellgrünen T-Shirt.
"So" Karin räuspert sich und blickt in die Runde. "Wir haben bereits das Team gelost, das beginnen wird, und zwar sind das Sophie Taylor, Robin Johnson und Samantha Harris!"
Die drei betreten die Bühne, Sophie flüstert dem DJ, der ganz offensichtlich O4 ist, etwas ins Ohr, dann stellen sie sich, in Dreiecksform, mit dem Rücken zu uns auf.
Ich hatte bereits geahnt, dass ihr Song "Fluch der Karibik" sein würde und jetzt, als die ersten Töne erklingen, habe ich Gewissheit.
Der Reihe nach drehen sie sich alle um, zuerst Robin, der in der Mitte steht, dann Samantha und zuletzt Sophie.
Ich hatte nicht wirklich allzu große Erwartungen, doch die drei tanzen wirklich gut. Jede Bewegung scheint perfekt geplant zu sein und wenn einmal etwas in die Hose geht, wird es sofort überspielt.
Am Ende verbeugen sie sich, ich sehe Sophie an und verabschiede mich bereits in Gedanken von ihr.
"Das war toll!", verkündet Karin, "Die nächsten sind Robert Lewis, Charles Thomas und Simon Everhood!"
Wir gehen nach vorne, Charles gibt O4 unsere Musik bekannt und der kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Toll, das kann ja was werden.
Wir stellen uns hin, und ich merke richtig, wie mir die Röte ins Gesicht steigt, als der Ententanz beginnt. Charles steigert sich richtig ein, geht in die Hocke, watschelt herum, macht Flügelbewegungen, auch Simon macht, so gut es geht mit, doch ich bin unglaublich verklemmt, kann mich kaum bewegen.
Als das Lied zu Ende ist, werden wir von einer Mischung aus Klatschen und Lachen verabschiedet, dann laufe ich hinaus. Gott, das war peinlich.
***
Wenig später wird das Ranking gezeigt.
1. Samantha Harris - 5 Punkte
1. Sophie Taylor - 5 Punkte
1. Robin Johnson - 5 Punkte
2. Angelina Wood - 3 Punkte
2. Lissa Parks - 3 Punkte
2. Harry Walker - 3 Punkte
3. Charles Thomas - 1 Punkte
3. Robert Lewis -1 Punkt
3. Simon Everhood - 1 Punkt
"Aber bevor ihr euch darüber zu viele Gedanken macht, möchte ich noch etwas sagen", erklärt Karin, die heute ohnehin mehr oder weniger das Kommando zu haben scheint.
"Ich würde gerne unsere Entscheidung begründen", erklärt sie und ihr Pferdeschwanz wippt, "Warum Samantha, Sophie und Robin den ersten Platz belegt haben, muss ich wohl kaum erklären.", meint sie und ich sehe Sophie selbstzufrieden grinsen. "Ihre Performance war wirklich gut, für die Zeit, die sie zur Verfügung hatten. Auch ihre Outfits waren sehr gut gewählt, ebenso das Lied. Gut gemacht!"
Einige klatschen, auch ich, weil ich mir so sehr wünsche, dass das mit Sophie etwas Tieferes, Längeres wird als meine vielen bisherigen Beziehungen.
"Die Entscheidung um den 2. Platz haben wir uns nicht leicht gemacht. Das Jungsteam hat mal etwas anderes probiert, Hut ab für euren Mut!, allerdings hättet ihr... wie soll ich sagen... ein bisschen mehr Begeisterung hineinstecken könnten. Eure Choreografie, Angelina, Lissa und Harry, war gut gewählt. Es gab zwar ein paar kleine Patzer" Lachen im Raum, "doch im Großen und Ganzen haben wir gesehen, dass ihr euch Mühe gegeben habt. Darum der zweite Platz an euch! Jetzt zeigen wir noch das Gesamtranking, dann würde ich euch dringend raten, schlafen zu gehen. Ihr werdet es morgen brauchen!"
Das Gesamtranking wird an die Wand gebeamt, fieberhaft suche ich nach meinem Namen.
1. Lissa Parks - 24 Punkte
1. Samantha Harris - 24 Punkte
2. Angelina Wood - 23 Punkte
3. Simon Everhood - 21 Punkte
4. Harry Walker - 20 Punkte
5. Robin Johnson - 18 Punkte
6. Robert Lewis - 14 Punkte
6. Sophie Taylor - 14 Punkte
7. Charles Thomas - 11 Punkte
Dass ich auf demselben Platz bin wie Sophie muntert mich zumindest ein bisschen auf. Ich wage ein zaghaftes Grinsen in ihre Richtung und - sie lächelt zurück.
Mir fällt ein Stein vom Herzen.
Ich weiß nicht warum, aber das mit ihr bedeutet mir so viel, wie nichts zuvor. Ich hoffe wirklich, es bleibt.
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