XI
Ich saß an meinem Schreibtisch, meine Brille auf der Nase und Kopfhörer in den Ohren. Die Musik war laut genug, um alles andere auszublenden – die Welt, meine Gedanken, und vor allem Minho. Es war meine Art, den Stress des Tages abzuschütteln, während ich versuchte, meinen Aufsatz zu überarbeiten.
„Das ist doch Mist“, murmelte ich und löschte die Hälfte der Arbeit, bevor ich wieder anfing zu tippen.
Ich war so in meinen Rhythmus vertieft, dass ich fast vom Stuhl fiel, als mich jemand an der Schulter antippte. Ich riss mir die Kopfhörer herunter und drehte mich um.
Minho stand hinter mir, ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
„Was hörst du?“
„Musik eben“, antwortete ich knapp und wandte mich wieder meinem Bildschirm zu.
Er blieb stehen, beugte sich ein wenig über meinen Schreibtisch und warf einen Blick auf meinen Bildschirm. „Was schreibst du?“
„Einen Aufsatz“, murmelte ich und versuchte, ihn zu ignorieren.
„Sieht kompliziert aus.“
„Ist es nicht.“
Er schwieg für einen Moment, aber ich konnte seinen Blick immer noch auf mir spüren. Schließlich schaffte ich es, den Aufsatz zu Ende zu bringen. Zufrieden speicherte ich die Datei, schloss den Laptop und schob meinen Stuhl zurück.
„Fertig?“ fragte Minho.
„Ja“, murmelte ich, stand auf und streckte mich.
Ich zog mir meine Brille ab, legte sie auf den Nachttisch und ließ mich ins Bett fallen. Die Decke fühlte sich kühl und beruhigend an, und ich schloss die Augen.
„Du hast immer so viel zu tun“, bemerkte Minho, der sich an den Bettrand setzte.
„Ja, das nennt man Schule“, murmelte ich schläfrig.
„Warum redest du immer so wenig mit mir?“
Ich öffnete ein Auge und sah zu ihm rüber. Er saß da, die Ellenbogen auf seinen Knien abgestützt, und schaute mich an. Es war nicht die übliche Minho-Mischung aus Arroganz und Selbstbewusstsein. Er wirkte… neugierig. Vielleicht sogar ein bisschen ernst.
„Weil du mich nervst“, antwortete ich trocken und zog die Decke bis zu meinem Kinn hoch.
„Ach komm“, erwiderte er mit einem leichten Lachen. „Das ist doch nur eine Ausrede. Es muss mehr dahinterstecken.“
Ich schnaubte. „Vielleicht, weil du einfach zu viel redest. Oder weil du ständig grinst, als wüsstest du etwas, das ich nicht weiß.“
„Das nennt man Charme.“
„Das nennt man überheblich.“
Minho lachte leise, dann war es für einen Moment still. Ich schloss wieder die Augen, in der Hoffnung, dass er die Andeutung verstehen würde, dass ich meine Ruhe wollte.
„Sag mal…“ Minhos Stimme durchbrach die Stille.
Ich stöhnte leise. „Was?“
„Was müsste ich tun, damit du mich magst?“
Das ließ mich die Augen wieder öffnen. Ich drehte meinen Kopf und sah ihn an. Er war ernst. Keine Spur von seinem typischen Grinsen, keine Überheblichkeit. Nur diese Frage, die im Raum hängen blieb, als ob sie ein eigenes Gewicht hätte.
„Was soll das heißen?“ fragte ich schließlich.
„Ich meine… du scheinst mich wirklich nicht zu mögen. Aber ich will, dass wir klarkommen. Also… was kann ich tun?“
Ich lachte kurz, trocken und ungläubig. „Du willst ernsthaft, dass ich dir sage, wie du mir gefallen könntest?“
„Ja“, sagte er ohne zu zögern.
Ich setzte mich auf, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte ihn. „Erstens: Hör auf, ständig so perfekt zu tun. Niemand mag das.“
„Okay.“
„Zweitens: Hör auf, mich die ganze Zeit zu provozieren.“
„Wird schwer, aber ich versuch’s.“
Ich hob eine Augenbraue. „Und drittens… hör einfach auf, du zu sein.“
Das brachte ihn zum Lachen. Es war ein ehrliches, schönes Lachen, das mich für einen Moment aus dem Konzept brachte. Er schüttelte den Kopf und sah mich an.
„Das dritte kann ich nicht versprechen.“
Ich seufzte und ließ mich wieder zurück ins Bett fallen. „Dachte ich mir.“
„Aber ich versuche das mit den anderen beiden“, fügte er hinzu, immer noch mit diesem leichten Lächeln auf den Lippen.
„Tu, was du willst“, murmelte ich, während ich die Augen schloss und versuchte, ihn aus meinem Kopf zu verbannen. Doch die Wärme in seiner Stimme blieb.
Ich starrte an die Decke und versuchte, meine Gedanken zu sortieren. Das Pochen in meinem Kopf, die Hitze, die sich nicht abschütteln ließ – es war alles zu viel. Und die Antwort lag direkt vor mir, ob ich es zugeben wollte oder nicht. Ich brauchte Körperkontakt. Diese verdammte Heat machte mich weicher, verletzlicher, als ich sein wollte.
Ich seufzte leise und drehte meinen Kopf in Minhos Richtung. Er saß immer noch da, ruhig, geduldig, fast so, als würde er auf etwas warten.
„Okay“, murmelte ich schließlich, halb gegen meinen Willen.
„Vielleicht gäbe es da noch was.“
Minho sah zu mir, die Augen wachsam. „Ich höre.“
„Unverwährtes Kuscheln“, murmelte ich, so leise, dass ich fast hoffte, er hätte es nicht gehört. „Während meiner Heat. Aber nur, weil… es hilft. Nicht, weil ich dich mag oder so.“
Er grinste. Natürlich grinste er. „Unverwährtes Kuscheln, hm? Klingt fair.“
Ich verdrehte die Augen. „Wenn du das überlebst, Minho, vielleicht mag ich dich dann ein bisschen mehr.“
„Wird gemacht“, sagte er mit einem spielerischen Salut, als wäre es die einfachste Aufgabe der Welt.
Als die Nacht hereinbrach, versuchte ich, mich in die Decke zu wickeln und zu tun, als wäre alles normal. Aber die Hitze machte es schwer, still zu liegen, und ich spürte jede Faser meines Körpers wie ein summendes Netz von Unruhe. Minho, der auf seiner Seite des Bettes lag, war still – zu still.
Und dann bewegte er sich. Ohne ein Wort drehte er sich zu mir, legte einen Arm um meine Taille und zog mich an sich heran. Es war sanft, fast unaufdringlich, aber trotzdem bestimmt.
Ich versteifte mich für einen Moment, der Kopf voller Gedanken, die ich nicht sortieren konnte. Doch dann ließ ich mich sinken, ließ den Druck nach und schloss die Augen. Seine Wärme war beruhigend, wie ein schweres Gewicht, das meine Nerven dämpfte.
Aus dem Fenster sah ich noch die letzten Farben des Sonnenuntergangs – verschwommene Töne aus Gold, Orange und tiefem Blau, die durch die Hitze meiner Haut zu flimmern schienen. Es war, als würde sich die Welt in diesen Farben auflösen, weich und träumerisch, genauso wie ich mich fühlte.
Minhos Atem war gleichmäßig, sein Griff fest genug, um mich zu erden, aber nicht so fest, dass ich mich eingeengt fühlte. Es war seltsam, wie gut sich das anfühlte – wie richtig.
„Danke“, murmelte ich schließlich, kaum hörbar.
Er sagte nichts, aber seine Finger zogen mich ein kleines Stück näher. Und während ich in die Dunkelheit glitt, fühlte ich mich für den Bruchteil eines Moments sicher.
💘
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