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KAPITEL ZWÖLF

Wir fuhren den See entlang – ich hatte es in der Landkarte nachgeschlagen – der sich La Biche River nannte. In unserem kleinen roten Auto ließen wir motivierte Wanderer und ihre Kinder und Hunde hinter uns. Wir fuhren vorbei an einem rustikalen Cottage Dorf in rot und dann noch an einem anderen in Holzfarben. Auch die Twin Lakes ließen wir rund, türkisgrün und vermutlich eisig kalt hinter uns, bis wir uns auf einmal in einer kleinen Stadt wiederfanden, die zur Hälfte aus touristischen Anlagen und zur Hälfte aus den Wohnungen der Angestellten bestehen zu schien.

Ich hing mit meinem Blick noch ganz verloren in den rote orangen Bäumen und den Bergen dahinter, die sich so wunderschön in durch die Ferne ausgeblichenen blau und grün Tönen erhoben, als ich mit Schwung losgerissen und nur von meinen Gurten davor aufgehalten wurde, direkt in Simon hinein zu fallen, der sein Lenkrad wieder schnell zurück kurbelte.

Ich wollte ihn schon anfahren, was das für ein beschissener Fahrstil sein sollte, als ich es roch.

Ally schnupperte.

Simon fuhr gemächlich auf einen Parkplatz.

„Ist das... ist das Bacon? Oh das ist Bacon und... und Kaffee und Burger. Ich rieche Burger. Kath, riechst du auch Burger?", analysierte Ally die Luft, die durch das leicht herunter gekurbelte Fenster an Simons Tür zu uns herein wehte und das gesamte Auto erfüllte. Und, oh ja, ich roch es auch. Bei dem bloßen Gedanken, an fettige Pommes und öligen Speck zog sich alles in mir zusammen und mein Mund füllte sich mit Spucke. Seltsam wie schnell man zum Allesesser wurde, wenn man nur genügend Hunger hatte.

Es dauerte nicht lange und wir hatten uns ausgiebig mit den letzten Resten von der Frühstückskarte, reichlich Kaffee, einer Portion Pancakes, Pommes und Burger eingedeckt. Die Arme Dame an der Drive-Through Ausgabe hatte mehr als einmal Tüten und Pappeschablonen mit Getränken aus ihrem Fenster heraus und durch Simons Autotür herein reichen müssen. Und ja, Simon hatte gleich die ganze Tür aufmachen müssen. Nicht, weil wir sooo viel bestellt hatten. Es lag nur am Fenster, dass sich nicht weiter, als diesen einen berühmt berüchtigten Zentimeter herunter kurbeln ließ.

Willig hatte ich ihm alles aus den Händen genommen und einiges weiter nach hinten zu Ally gereicht. Als wir wieder losfuhren und uns auf die Suche nach einem netten Platz zum Mittagessen begaben hätte ich schwören können, dass wir eine Fahne aus Fritiertem und Gebratenem hinter uns herzogen.

„Simon.", nörgelte Ally halb weinend und sehr hibbelig. „Halt doch endlich an, mir ist total egal, wo wir essen, ich hab so hunger.", wenn ich mich nicht ebenso ausgehungert wie sie gefühlt hätte, hätte ich gelacht. Ally hatte bereits den Deckel von einem der Kaffeebecher gelöst und reichlich Zucker darunter gemischt. Das Koffein zeigte bereits seine Wirkung, was den ganzen wilden rothaarigen Haufen auf dem Rücksitz noch hibbeliger zu machen schien. Nur Simon bewahrte eine gewisse Professionalität – anders konnte ich es nicht nennen – und suchte ganz ohne abgelenkt zu wirken oder ein knurren seines Magens verlauten zu lassen, nach dem kleinen Park von dem uns die Dame am Drive Through erzählt hatte.

Aber kaum hatten wir ihn gefunden, war Simon so schnell ausgestiegen und mit drei Tüten vorausgesprintet, dass Ally und ich nicht viel mehr tun konnten, als uns verdattert gegenseitig anzuschauen, bevor wir laut loslachten und alles daran setzten voll gepackt mir unseren durchgefetteten Papiertüten hinter ihm herzulaufen.

Kurz bevor wie ihn einholen konnten ließ er sich auf die Wiese fallen, die noch ein bisschen grün und ein wenig weich war und riss die Tüten auf. Es war ein einzges Gemetzel. Visuell und Geschmacklich. Die Pommes mischten sich mit dem Salat, der aus den Burgern heraus rutschte. Kleine Stückchen der Pancakes verschwanden in unseren Mägen während wir uns mit Pommes und Bacon vollstopften. Kaffee wurde getrunken, um die trockenen Brötchen herunter zu spülen, die eigentlich zu den Spiegeleiern gehört hätten, die die ersten fünf Minuten unseres Massakers leider nicht überlebt hatten.

Wären wir nicht so ernsthaft und unwiderruflich hungrig gewesen dann hätten wir uns selbst ausgelacht. So aber lagen wir nach gerade 15 Minuten voll und satt im Gras und blickten zum Himmel hoch, der so sommerlich blau war, als würde er es noch nicht akzeptieren können, dass wir uns bereits dem Winter näherten.

„Himmel war das schlecht.", stöhnte Ally.

„Es war schlecht.", stimmte Simon ihr zu und wischte sich seine fettigen Finger an einer Serviette ab.

„Aber es war so gut.", seufzte ich.

„Ja.", flüsterte Ally.

„So gut.", stimmte Simon zu.

Womit hatten sie bloß diese Burger belegt, wir waren ja alle drei komplett neben uns. Ich lachte über den Gedanken. „Was? Was ist so witzig?", wollte Simon wissen und drehte sein Gesicht zu mir herüber. Die herbstliche Sonne schien ihm warm auf die Nase und die Wange und ließ seine Haut rosig leuchten. „ach nichts.", meinte ich nur und lächelte glücklich.

„Okay, Sherlock, behalte deine Geheimnisse für dich."

„Schon geschehen, Watson.", wir lachten.

Eine Weile lagen wir einfach nur da und waren schwer damit beschäftigt unser kurzes aber reichhaltiges Festmal zu verdauen. Wir redeten und lachten und suchten nach Wolkenbildern, aber es kamen keine Wolken und der Himmel blieb babyblau.

Es fing bereits an zu dämmern und das schien mir plötzlich sehr komisch, immerhin hatten wir eben erst gefrühstückt, aber dann erinnerte ich mich, dass wir am Lake Louise ja erst mittags überhaupt aufgestanden waren. Es machte mich ein bisschen traurig, dass der Tag sich bereits dem Ende näherte. Irgendwie hatten wir nichts besonderes gemacht und es fühlte sich ein wenig an, wie Verschwendung, aber andererseits hatten wir so viel gelacht und geredet und auf unserer Autofahrt so viele schöne Landschaften gesehen, dass es vielleicht der schönste Tag meines Lebens war.

„Leute...", murmelte Ally träger, die halb im Schlaf mit flatternden Liedern zu uns herüber blickte und sich eine rote Locke aus dem Gesicht strich, die ihr über die hellen Wimpern gehangen war. „Vielleicht sollten wir mal nach einer Schlafmöglichkeit suchen und... und uns überlegen, ob wir noch irgendwas machen wollen?"

„Ja, ja, sollten wir vermutlich.", Simon schien jedoch keine Anstalten zu machen, sich nach diesem Satz auch nur einen einzigen Zentimeter zu bewegen. Ich schmunzelte und die Haare um meine Wangen kitzelten mich, als ich schnaubend Luft durch die Nase ausstieß.

„Kommt schon!", rief ich, während ich mich auf die Knie rappelte und etwas wackelig aufstand – Gleichgewicht würde wohl nie zu meinen Stärken zählen. Die anderen bewegten sich kein Stück, sie lagen nur wie zwei Essensleichen im Gras und ließen sich von der untergehenden Sonne noch ein wenig wärmen, von der sie in ein zartes orangenes Licht getaucht wurden. Wäre ich ein Maler bräuchte ich jetzt eine Leinwand. Aber ich war kein Maler, also brauchte ich nur eine Flasche Wasser (die unser barbarisches Frühstück überstanden hatte) von der ich den Deckel abschraubte.

„Hey!", Simon war schneller auf den Beinen, als ich es ihm zugetraut hätte. Nass hingen ihm die spitzen seiner Hellbraunen Haare ins Gesicht. Das Wasser lief ihm in die Augen und ließ ihn blinzeln, es tropfte an seinem Kinn herunter und durchnässte den T-Shirt-Stoff auf seiner Brust. Ich krümmte mich vor lachen und Ally – die eine Sekunde länger gebraucht hatte, um zu verstehen, was da eben geschehen war – stimmte lauthals mit ein und wand sich auf dem Gras hin und her, während sie sich den Bauch hielt und nach Luft japste.

„Na warte!", rief Simon. „Das kriegst du zurück!", und dann kam er auch schon auf mich zugerannt. Ein Schrei des Schreckens entfuhr mir und ich ließ vor Überraschung die Wasserflasche fallen. Dann drehte ich mich um und rannte um mein Leben. Wir lachten und ich hatte Seitenstechen und zudem absolut keine Muskelmasse. Simon hingegen schon. Der hatte außerdem noch längere Beine, was ich ungerecht fand. Ich schlug Haken wie ein Hase, rannte drei Mal im Kreis um Ally herum und dann wieder weg zu ein paar Bäumen, in dem Versuch, auf einen davon hinauf zu klettern.

Simon packte mich um die Taille, als ich gerade die ersten Äste mit meinen Händen berührte und riss mich von dem Baum weg. Er wirbelte mich im Kreis über die Wiese und meine Füße verloren den Halt unter dem Boden. Der Schwung und Simons fester Griff drückten mir die Luft aus meinem Brustkorb, aber trotzdem konnte ich nicht aufhören zu lachen und ich japste nach Luft und sah schon vor meinem inneren Auge, wie ich langsam blau anlief und trotzdem wollte ich nicht aufhören.

Auf einmal landete ich hart auf dem Boden. Wiese und kleine Äste stachen mir in die Rippen und den Oberschenkel und ich keuchte lachend auf. Simon, der über seine eigenen Füße gestolpert war lag hinter mir. Ich rappelte mich auf und belagerte ihn mit meinem Körper, wir rangen mit unseren Händen und ich gab mein bestes, das bisschen an Körpergewicht, das ich besaß bestmöglich gegen ihn einzusetzen.

Kalt und nass spritze mir Wasser ins Gesicht und durchnässte meine Haare und meine Kleider. Ally stand lachend vor mir, die leere Wasserflasche noch in der Hand, offensichtlich sehr amüsiert über meinen Gesichtsausdruck. Ehrlich gesagt, hätte ich mich selbst gerne gesehen, also konnte ich es ihr nicht übel nehmen.

Als wir wieder im Auto saßen waren wir alle außer Atem aber sehr glücklich. Die Luft wurde jetzt schnell frisch, kaum dass die Sonne hinter den Bergen verschwand und der Wind ließ mich mit meinen nassen Haaren frösteln, ich legte mir eine Decke um die Schultern und sandte in Gedanken einen kurzen Dank an Simons Mutter, die an alles gedacht hatte. Auch an eine durchnässte Kath mitten im Jasper National Park.

Wir hatten uns eine von diesen netten Besucherbrochüren genommen und durchgeblättert, welche Übernachtungsmöglichkeiten uns offen standen. Im Endeffekt mussten wir leider feststellen, dass es keine gab. Ein Ferienhaus konnten wir uns nicht leisten und wir bezweifelten auch, dass es davon überhaupt noch welche so kurzfristig zur Verfügung standen. Zelten wäre billig gewesen. Fünf Kanadische Dollar pro Nase, aber wir hatten kein Zelt und sobald wir den kleinen „Achtung!"-Kasten am unteren rechten Rand gelesen hatten, in dem vor Bären gewarnt wurde hatten wir auch kein wirkliches Bedürfnis mehr, danach zu fragen, wie viel man wohl zahlen müsste, um ein Zelt zu leihen.

Wir hatten noch Simons Auto. Der kleine 1990er Ford Escord in Rot würde wohl unsere Bleibe für diese Nacht sein und wir hatten nicht wirklich etwas dagegen. Immerhin hatten wir uns hier schon gut eingelebt. Wir hatten uns entschieden, einfach auf einem Parkplatz zu übernachten. Nicht weit von dem Park, wo wir gefrühstückt hatten, hatte Ally einen auf einem kleinen Plan gefunden, den wir uns neben der Broschüre auch noch geholt hatten. Der Parkplatz befand sich zwischen einem Museum über die Geschichte der Region und einer Katholischen Kirche mit dem Namen Our Lady of Lourdes, was ich schon ziemlich stylisch fand.

Im Eingangsbereich des Museums hatte Simon an einem Automaten heißen Tee für uns gekauft, den er vorsichtig in drei dünnen Plastikbechern zu uns zurück balancierte. Ally und ich hatten uns währenddessen darum bemüht, die hintere Sitzreihe flach zu legen, hatten aber nicht viel Erfolg dabei.

„Du musst drücken Kath.", meinte Ally, während sie mit einem angestrengten Blick nach einem Hebel suchte. Ihr Arm klemmte zwischen dem Sitzpolster und der Karosserie und ich hatte schon die Befürchtung, dass sie ihren Arm nie wieder daraus hervor winden würde können.

Ich versuchte also zu drücken, aber es passierte nichts, ich drückte noch mehr, aber das half nichts.

„Aha!", rief Ally aus, ich sah gerade noch, wie sie an dem Hebel zog und ich – die ich noch immer vergeblich an dem Polster drückte und zehrte – viel auf einmal mitsamt der hinteren Sitzreihe nach unten und landete abrupt, aber sanft auf dem Bauch. Ein paar Schimpfwörter ausstoßend versuchte Ally ihren Arm wieder hervor zu winden und gerade, als ich ihr meine Hilfe anbieten wollte bekam sie ihre Hand frei und ließ sich neben mich auf das Polster unserer Schlafstätte fallen. Sehr nah neben mir. Verdammt nah. Vielleicht zu nah. Zu nah? Ach was, niemals. Ich konnte sehen, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte und ihre Nasenspitze, die durch die frische Luft leicht rosig war und ihre Wangen die voller Sommersprossen waren. Ich konnte all die kleinen hellen Pünktchen auf ihrer Porzelanhaut sehen. Oh Gott. Vielleicht war ich doch zu nah. Ich wollte mich schon sehr abrupt und sehr unelegant aufrappeln um etwas Platz zwischen uns zu bringen, da drehte Ally sich zu mir und unsere Gesichter lagen einander gegenüber. So nah, dass nur noch Zentimeter meine Nasenspitze von der ihren trennten.

„Kath.", begann sie fragen.

„Ja?", antwortete ich atemlos. Wieso pochte mein Herz so schnell? Gerade eben war doch noch alles so friedlich gewesen.

Ally zögerte für einige Sekunden. Dann sah ich, wie sich etwas in ihrem Blick änderte, sie blinzelte zwei Mal und fragte schließlich: „Magst du mir das Wasser geben? Hinter dir."

Verdattert drehte ich mich herum und blickte mich nach einer Wasserflasche um. Ich hatte irgendwie mit etwas tiefsinnigerem gerechnet, auch wenn ich wusste, dass das absurd war. Aber dieser Blick. Ich konnte es nicht beschreiben. Irgendwas war da in ihrem Blick gewesen, was mich nicht losließ. Ich griff nach der Flasche, die eingeklemmt zwischen dem Sitzpolster und einigen Decken dalag und drehte mich wieder zu Ally, um ihr die Flasche zu geben. Sie streckte die Hand danach aus und griff sie, bevor ich mich wieder ganz zu ihr drehen konnte, was dazu führte, dass ihr Arm für einige Sekunden meine Brust streifte und ihr Körper sich leicht über meinen beugte. Ein Schauer durchlief mich vom Haaransatz bis in die Zehen. Als sie sich wider zurück fallen ließ und den Deckel abschraubte riss ich meinen Blick von ihr los. Meinen Blick, der auf ihren vom Wasser feuchten Lippen gehaftet hatte. Oh mein Gott.

Ich stand auf, zog mein T-Shirt wieder zurecht strich mir meine Haare aus den Augen. Die frische Luft, die kalt auf meine heiße Wangen traf tat gut und holte mich wieder in die Realität zurück. Ich griff nach einer der viele Decken, schüttelte sie aus und machte mich daran, den nun erweiterten Kofferraum auszupolstern, damit wir morgen früh nicht alle mit Zerrungen und blauen Flecken aufwachten.

Ich war erleichtert, als ich Simon wieder auf uns zukommen sah, die Stille zwischen uns war ohrenbetäubend

Ally stand auf und half mir mit den Decken, wobei ich sehr darauf bedacht war, den Abstand zwischen uns nicht mehr zu verringern, als unbedingt nötig. Gemeinsam mit Simon setzten wir uns in den Kofferraum und blickten auf die kleine Stadt mit ihren Lichtern, die langsam zur Ruhe kam und die Berge dahinter und den Himmel darüber, auf dem sich die ersten Sternbilder zeigten.

Simon saß in der Mitte und reichte jeder von uns einen Becher mit heißem Tee, an dem wir unsere Finger wärmten.

„Da! Eine Sternschnuppe!", stieß Ally aus und wir folgten ihrem Finger, doch die Sternschnuppe war bereits verglüht. „Wünsch dir was.", befahl Simon lachend uns Ally schloss kurz ihre Augen, wobei diese Falte zwischen ihren Augenbrauen entstand, die sich dort immer zeigte, wenn sie sich konzentrierte.

„Noch eine.", rief ich und folgte dem Schweif aus Licht, der sich über den Himmel zog. Was wir drei nicht wussten war, dass diese Nacht eine Sternschnuppennacht war. Und wir hatten Glück, dass wir in einem Auto mit Fenstern und geöffnetem Kofferraum übernachteten und nicht in einem dieser Holzdörfer mit Schalleosin und undurchsichtigen Wänden. Es war wunderschön und manche Sternschnuppen waren so groß, dass sie sich in einer breiten Linie über den gesamten Himmel zogen und andere waren fast schon lila gefärbt. Ich fühlte mich, wie in einem Märchen. Es war wundervoll.

Was in dieser Nacht nicht so wundervoll war, war der Schlaf. Es war kalt und hart gewesen und ich hatte die meiste Zeit mit Zittern verbracht. Irgendwann zwischen drei Uhr und vier Uhr morgens hatte Simon sich aufgerappelt und mir zugeflüstert, dass er nur nach einer Toilette suche, als er wieder gekommen war, hatte sich Ally (vermutlich auf Grund der Kälte, vielleicht auch nicht, wer wusste das schon so genau) an mich gekuschelt und einen Arm um meine Hüfte gelegt. Das war seltsam gewesen. Aber gut. Sehr gut sogar. Geschlafen hatte ich ab diesem Moment natürlich überhaupt nicht mehr.

Als wir dann um sechs oder sieben Uhr morgens langsam alle stöhnend und mit geschwollenen Augen dazu übereinstimmten, diese Nacht für beendet zu erklären fühlte ich mich total gerädert.

Wie Bettler schlichen wir uns in die Toiletten der Kirche – die im Gegensatz zum Museum bereits offen stand – um uns halbwegs wieder herzurichten. Ich wusch mir das Gesicht mit Seife und gurgelte mit Wasser in meinem Mund. Wir hätten an Zahnbürsten denken sollen. Zahnbürsten und Zahnpasta. Und Shampoo und Duschgel und frische Klamotten. Ich stöhnte innerlich auf bei dem Gedanken an frische Unterwäsche. Immerhin hatten wir Deo, mit dem wir uns reichlich ein parfümierten.

„Warum sind wir noch gleich hierher gefahren?", fragte Simon und gähnte herzhaft, sodass sein Mund ein riesiges schwarzes Loch und seine Nase klein und faltig wurde.

„Keine Ahnung.", empathisch stimmte Ally mit ein und streckte sich ausgiebig wie eine Katze. „Eigentlich haben wir gar nichts von diesem mysteriösen Park gesehen. Schade um den Sprit."

„Und schade um meinen Rücken.", meinte Simon und steckte seine Hände fröstelnd tiefer in seine Hosentaschen während wir den ungeheizten Flur der Kirche zurück zum Ausgang gingen. Ich war froh, dass wir niemandem begegnet waren, auf Fragen von Erwachsenen und Weisheiten von Priestern konnte ich gut und gerne verzichten.

„Immerhin scheint die Sonne.", wir gingen hinaus und steuerten Simons Ford an, der glänzend und knallrot in der schräg stehenden Morgensonne dastand. Nicht weit davon entfernt stand ein Wohnwagen. Die Tür stand offen und eine Frau mittleren Alters trat barfuß heraus und streckte sich ausgiebig. Sie legte sich die Hand an die Stirn, um das Sonnenlicht abzuschirmen und blickte zu uns herüber. Nach ein paar Sekunden, in denen wir uns alle gegenseitig anstarrten winkte sie uns dann lachend zu sich herüber. Verwundert schauten wir drei und an, ich zuckte nur mit den Schultern und nickte mit dem Kopf zu der winkenden Frau und dem Wohnmobil hinüber. Die anderen folgten mir.

„Hallo.", sagte sie. Ihre Stimme war rau, als wäre sie eine Kettenraucherin, nur dass ich nicht den Hauch einer Zigarette riechen konnte. Ihre Haut war braun gebrannt und straff, als würde sie viel Sport treiben. „Ihr gehört zu dem 1990er Ford Escord da drüben, richtig?". Simon nickte und hob gespielt schuldbewusst den Autoschlüssel in seiner Hand hoch. „Ach ja, Kurt und ich hatten auch so einen, als wir jung waren, Himmel habe ich damals schlecht geschlafen auf unseren ganzen Ausflügen. Wie ist es euch ergangen.", wir lachten und das war Antwort genug.

Angelockt von dem Geräusch unseres Gesprächs streckte nun ein Mann seinen Kopf aus der Tür des Wohnwagens heraus. Er hatte dunkle Haut, einen kahl geschorenen Kopf und eine goldene Kette um den Hals, die im Sonnenlicht schimmerte. An der Kette hing ein kleines E.

„Erica, möchtest du mir nicht unsere Gäste vorstellen?", fragte er und stellte sich grinsend neben die Frau und legte ihr liebevoll einen Arm um die Taille und zog sie sanft näher an sich. Er beugte sich zu ihr herunter und gab ihr einen Kuss auf die Haare. Oh mein Gott, konnte ich auch eines Tages so eine Beziehung führen? Und eines Tages im Sinne von sofort? Bitte?

„Oh, ähm, ja klar, also das sind... also.", sie brach ab und lachte. „Stellt euch bitte selber vor, ich weiß ja selbst noch gar nicht, wer ihr seid."

Nacheinander stellten wir uns vor und Simon berichtete, von wo wir kamen und wohin wir unterwegs waren.

„Oh, Lake Louis, wie schön, das ist unser nächstes Ziel, dann freuen wir uns um so mehr, wenn es euch so gut gefallen hat, nicht war, Kurt?", sie legte ihre Hand auf seinen Arm und strich liebevoll mit dem Daumen über seine dunkle Haut.

„Wollt ihr vielleicht mit uns frühstücken? Wir haben genug für uns alle zu essen und ihr habt sicherlich noch ein paar nette Geschichten zu erzählen?", fragte Erica strahlend und wir konnten nicht anders, als dankend anzunehmen.

„Wunderbar", fröhlich klatschte sie in die Hände und schickte Kurt zurück in das Wohnmobil um Campingstühle und einen Klapptisch zu holen. Gemeinsam halfen wir, alles aufzubauen. Erica übergab mir die Aufgabe, mich um das Braten der Eier und Paprikascheiben zu kümmern, was ich zu Beginn für keine sehr weise Entscheidung von ihr hielt, aber irgendwie freundete ich mich nach ein paar Minuten doch mit dem Bunsenbrenner an. Simon kochte Kaffee und Ally wurde gemeinsam mit Kurt dazu abkommandiert, Früchte für einen Obstsalat zu schneiden.

Es war das beste – und gesündeste – Frühstück, das wir alle seit einiger Zeit gehabt hatten und wir aßen mehr, als höflich war, aber Erica lachte nur und holte mehr Baguette und Kurt erzählte weiter von den Reisen, die er und Erica bereits unternommen hatten. Er konnte sehr gut Geschichten erzählen und seine Stimme war so angenehm, dass wir alle drei gebannt an seinen Lippen hingen, als er berichtete, wie sie in ihren Flitterwochen nach Australien geflogen waren und er in der Wüste von einer Schlange gebissen worden war. Ich atmete erschrocken auf und musste wohl sehr verängstigt geblickt haben, denn Simon strich mir lachend und beschützend über den Rücken und Kurt erklärte, dass es gar nicht so schlimm gewesen sei. Was ich ihm nicht glaubte.

Die Sonne stieg höher und gewann langsam an ihrer herbstlichen Restwärme. Ein lauer Wind strich über den Parkplatz und wehte goldene Blätter mit sich zu uns herüber. Nach einigen Stunden in denen wir nur dagesessen, geredet und reichlich heißen Tee getrunken hatten halfen wir schließlich beim aufräumen und abwaschen. Wir bedankten uns und alle umarmten sich zum Abschied. Es war seltsam, wie vertraut diese fremden Menschen mir geworden waren und es war merkwürdig zu wissen, wie zufällig unsere Begegnung gewesen war und das es die einzige zwischen uns fünf bleiben würde.

Noch im Auto schwärmte Ally von der frischen Mango und dem Eistee mit Pfefferminze. Ich schmunzelte und schlief ein, sanft hin und her geschaukelt von den Bewegungen des fahrenden Autos auf der Straße. Immer fahrend, immer weiter. Ich wollte immer weiter, ich wollte so viel sehen, alles was Kurt und Erica gesehen hatten. Und noch viel mehr.


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