Prolog
,,St. Margaret's Hope Jugendamt, wie kann ich Ihnen behilflich sein?" meldete sich eine weibliche Stimme am anderen Ende des Telefons.
,,Ähm... guten Abend, Brewster mein Name!" stammelte der Mann, der angerufen hatte etwas aufgeregt.
,,Ich habe einen Fall zu melden."
,,Liegt ein begründeter Verdacht vor, dass ein Kind misshandelt, missbraucht, vernachlässigt wird oder sonst erheblich gefährdet ist?" fragte die Frau etwas monoton am anderen Ende der Leitung. Als wäre der Satz einstudiert, was er vermutlich auch war.
,,Naja, es ist etwas seltsam." murmelte der Mann nur.
,,Könnten Sie mir den Sachverhalt etwas genauer schildern?" bat ihn die Frau am anderen Ende der Leitung.
,,Hören Sie..." begann der Mann. ,,Ich habe heute so wie jeden Abend einen Spaziergang mit meinem Hund unternommen. Ich bin also an der Küste entlang spaziert, als ich plötzlich jemanden im Wasser liegen sah! Ein junges Mädchen, um genauer zu sein!"
,,Tatsächlich? Fahren Sie fort!" forderte die Frau den Mann interessiert auf.
,,Sie war bewusstlos! Außerdem hatte sie keine Kleidung an, sie lag nackt im eiskalten Wasser! Möglicherweise wurde sie überfallen und ausgeraubt, ich habe keine Ahnung..." seufzte Mister Brewster.
,,Was haben Sie mit dem Mädchen gemacht?" fragte die Frau.
,,Nun, ich habe ihr meine Jacke umgelegt und sie zu mir ins Haus getragen. Ich konnte sie doch nicht dort liegen lassen und ich wohne nicht weit entfernt. Ich bin Arzt, wissen Sie? Sie liegt noch immer bewusstlos zugedeckt auf meinem Sofa. Ich war etwas überfordert und das Jugendamt anzurufen schien mir die beste Idee." meinte der Mann und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
,,Mister Brewster, haben Sie sich ein Bild vom Gesundheitszustand des Mädchens gemacht?" fragte die Frau ruhig.
,,Ja natürlich, sie scheint keine gröberen Schäden zu haben, sie wirkt tatsächlich nur weggetreten." antwortete Brewster.
,,Konnten Sie am Ort des Geschehens irgendetwas entdecken, das auf die Identität des Mädchens hinweisen könnte? Eine Brieftasche oder derartiges vielleicht?" lautete die nächste Frage der Frau am Telefon.
,,Nichts... Wie gesagt, ich vermute sie wurde ausgeraubt oder missbraucht. Ich schätze sie auf etwa zwischen fünfzehn und siebzehn Jahre. Sie hatte keinen Fetzen Kleidung an. Das einzige was sie trug, war eine Halskette."
,,Eine Halskette?" fragte die Frau verwirrt.
,,Ja, eine Halskette. Ich glaube aus Silber, oder möglicherweise Weißgold, mit einem kleinen Anhänger in dem eine Perle enthalten ist." erklärte er.
,,Ich frage mich, warum der oder die Angreifer das Schmuckstück nicht auch gestohlen haben..."
,,Nun gut, das ist in der Tat merkwürdig... Es war jedenfalls richtig von Ihnen, sich bei uns zu melden! Bitte sagen Sie mir ihre Adresse, ich schicke einen unserer Mitarbeiter zu Ihnen." sagte die Frau und man hörte das Klicken eines Kugelschreibers, mit dem sich sich vermutlich Mister Brewsters Adresse notieren wollte.
,,Ferry Gate Drive 13." sagte dieser. Die Frau schrieb die Adresse flott nieder.
,,Verstanden, vielen Dank. Einer unserer Mitarbeiter sollte in etwa einer Stunde bei Ihnen eintreffen, geben sie bis dahin bitte Acht, ob sich der Zustand des Mädchens ändert, oder ob es vielleicht aufwacht. Möglicherweise kann es Ihnen ja Näheres über seine Identität verraten."
,,Natürlich mache ich das! Auf Wiederhören!" verabschiedete sich Mister Brewster.
,,Auf Wiederhören!"
Mit einem Piepen wurde dem Mann signalisiert, dass die Frau aufgelegt hatte. Er seufzte und rieb sich die Schläfen. Von der Begegnung mit den Mädchen war er noch immer sehr mitgenommen... Er war mit seinem Hund an der Küste entlang spaziert, als er sie plötzlich im Wasser liegen gesehen hatte. Auch wenn gerade Hochsommer war... hier an der nördlichen Küste von Schottland war das Wasser auch im Juli eiskalt. Dem armen Mädchen muss etwas Schreckliches passiert sein...
Mister Brewster nahm einen tiefen Atemzug und ging von seinem Arbeitszimmer aus zurück ins Wohnzimmer, wo er eigentlich erwartet hatte, das Mädchen noch immer bewusstlos auf seiner Couch vorzufinden. Doch als er um die Ecke bog, saß das Mädchen hellwach aufrecht auf dem Sofa und hatte die Decke um sich gewickelt. Es starrte Mister Brewster mit großen, grauen Augen an. Ihr schwarzes Haar, das immer noch nass war, fiel schwer über ihre Schultern. Mister Brewster erschrak kurz.
,,Du meine Güte!" schnaufte er. ,,Du bist ja wach!"
Das Mädchen blickte ihn weiter mit großen, geweiteten Augen an und sagte nichts. Mister Brewster streckte die Hand aus und machte vorsichtig einige Schritte auf das Mädchen zu. Erschrocken starrte sie ihn an und wich auf dem Sofa zurück.
,,Hey, ich möchte dir nichts tun!" versicherte der Mann ihr freundlich und setzte sich auf einen Hocker, gegenüber von der Couch. Das Mädchen starrte ihn noch immer verschrocken an.
,,Was ist denn mit dir passiert?" fragte Mister Brewster vorsichtig. Er erhielt keine Antwort. Sie hatte nur aufgelöst die Augen aufgerissen und blickte verwundert durch den ganzen Raum.
,,Du stehst vermutlich unter Schock, was?" vermutete der Mann. ,,Kein Wunder. Vermutlich ist dir etwas Furchtbares zugestoßen..."
Das Mädchen blickte durch das Zimmer. Es war gemütlich eingerichtet. Ihre Aufmerksamkeit blieb an einer Zeitschrift hängen, die neben dem Sofa auf einem kleinen Kästchen lag. Interessiert überflog sie das bunte Titelblatt auf dem eine Frau in einem violetten Kleid abgebildet war, die einen großen Hut trug. Ihr Blick war starr auf die blonde Frau gerichtet. Mister Brewster beobachtete sie interessiert.
,,Mein Name ist Chuck." sagte er nach einiger Zeit der Stille.
Das Mädchen streckte einen Finger aus und deutete auf die Frau auf dem Titelblatt. Mit großen Augen sah sie Mister Brewster an.
,,Das? Das ist Olivia Newton-John." sagte der Mann verwirrt, als er ihren fragenden Blick bemerkte. Sie musterte die Frau weiterhin interessiert und schien Mister Brewster kaum zu beachten.
,,... Olivia..." wiederholte das Mädchen den Namen murmelnd.
,,Olivia? Ist das etwa dein Name?" fragte Mister Brewster interessiert. Er hatte sie das erste Mal sprechen gehört. Das Mädchen sah ihn verwirrt an, doch er nahm es dennoch als Zustimmung auf.
,,Wie bist du hier hergekommen, Olivia? Was ist mit dir passiert? Wo sind deine Eltern?" fragte Chuck weiter, auch wenn er auf keine seiner Fragen eine Antwort bekam.
,,Hier liegt wohl tatsächlich eine Art Trauma vor..." seufzte er nachdenklich. Plötzlich klingelte es an der Haustür. Das schrille Geräusch ließ das Mädchen erschrocken zusammenzucken und ängstlich die Augen aufreißen.
,,Keine Sorge! Alles gut, das war nur die Haustür!" beruhigte Chuck sie hektisch. ,,Ich bin gleich wieder da!"
Er eilte zur Haustür und schloss sie auf. Als er sie öffnete standen zwei Männer vor ihm. Beide waren in Anzügen gekleidet. Der eine trug zusätzlich noch einen ebenso schwarzen Zylinder. Der andere hatte dichtes, graues Haar und hielt ihm eine Dienstmarke vor sein Gesicht.
,,Guten Abend, Mister Brewster. Sie haben beim Jugendamt angerufen, wir sind die Vertreter, die zu Ihnen geschickt wurden." sprach der mit dem Zylinder mit einer tiefen Stimme. Chuck runzelte verwirrt die Stirn.
,,Ach tatsächlich... nun ja, die Dame am Telefon sagte mir, ich könnte erst in einer Stunde mit ihnen rechnen. Das war vor zehn Minuten... Sie sind viel früher da, als erwartet." murmelte er verwundert.
,,Außerdem hatte sie nur von einem Mitarbeiter gesprochen..."
,,Es wurde kurzfristig etwas früher jemand frei und wir entschieden uns dazu, zwei Mitarbeiter zu diesem besonderen Fall zu schicken." antwortete der andere Mann flott. Mister Brewster kratzte sich seufzend am Kopf.
,,Ach, wenn das so ist. Großartig, dass Sie so schnell kommen konnten! Bitte kommen sie doch rein!" forderte er die Männer zögernd auf und ging mit ihnen in Richtung Wohnzimmer, wo sie auf das verängstigte Mädchen auf der Couch trafen.
,,Ihr Name ist Olivia!" sagte Chuck, während die beiden Männer auf das verängstigte Kind zugingen.
,,Ich vermute sie steht unter Schock, kein Wunder, nachdem was ihr vermutlich passiert ist..." murmelte er. ,,Ich glaube sie ist um die sechzehn oder siebzehn Jahre alt."
,,Olivia, kannst du uns verstehen?" fragte der eine Mann. Wie üblich kam von ihr keine Antwort.
,,Wir werden sie mitnehmen müssen." seufzte der andere.
,,Was? Jetzt sofort?" fragte Mister Brewster überrascht.
Ohne Vorwarnung beugte sich einer der Männer zu dem Mädchen hinunter und wollte es hochheben. Doch Olivia wehrte sich. Sie begann ängstlich zu zappeln und zu fauchen und wollte von dem Mann offensichtlich nicht getragen werden.
,,Was tun Sie denn da? Sehen Sie nicht wie viel Angst das arme Mädchen hat?" fragte Chuck vorwurfsvoll, doch die Männer ignorierten ihn. Plötzlich zog der andere Mann einen Stab aus seinem Ärmel.
,,Impedimenta!" murmelte der Mann und ein heller Lichtblitz fuhr aus dem Zauberstab auf das Mädchen zu. Kaum hatte er sie getroffen, wurde ihr ganzer Körper schlaff und sie war nicht mehr in der Lage sich zu wehren, was es dem zweiten Mann möglich machte, sie ohne Probleme hochzuheben und mit ihr aus dem Wohnzimmer zu spazieren. Mister Brewster stand mit offenem Mund da und konnte seinen Augen nicht trauen.
,,Was machen sie mit ihr!" fuhr er die Männer an und eilte dem Mann hinterher, der Olivia in den Armen trug.
,,Sind sie noch ganz bei Trost?! Das ist illegal, was sie hier tun! Hören sie mir überhaupt zu?!" schimpfte er die Männer, die sich von ihm jedoch nicht ablenken ließen.
,,Das reicht, ich rufe sofort die Polizei!" sagte Chuck und griff aufgebracht nach dem Telefonhörer im Vorzimmer. Doch plötzlich zog der eine Mann wieder seinen Stock, der wie sich herausstellte ein Zauberstab war. Chuck starrte ihn mit großen Augen an und ehe er noch etwas sagen konnte, hatte der Mann die Zauberformel bereits ausgesprochen!
,,Obliviate!"
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