Epilog
Es klopfte drei Mal leise an der Haustür. Liv hörte das Pochen dumpf bis in das Wohnzimmer. Müde stand sie auf und schlurfte durch den Gang ihres Hauses bis hin zum Vorzimmer, um die Haustür zu öffnen. Sie legte ihre Hand matt auf das kalte Metall und drückte die Türklinke hinunter um kurz darauf einen roten und zwei dunkle Haarschöpfe zu erblicken.
,,Liv?" kam es vorsichtig von James, als Liv im Türrahmen erschien.
,,Leute?" fragte sie überrascht, als ihre Freunde vor ihrer Haustür standen. Diese blickten Liv besorgt entgegen. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen und ihre Haut sah ungesund blass aus... Als hätte sie seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Oder als würde ihr irgendetwas Kummer bereiten.
,,Dürfen wir reinkommen?" fragte Sirius mitfühlend.
,,Natürlich! Bitte!" sagte Liv und trat aus dem Türrahmen, um ihre Freunde reinzulassen.
Es war Winter, weswegen Lily, Sirius und James dick eingemummt in Jacke, Schal und Haube waren. Zum Glück war es im Haus wärmer als draußen. Die Stimmung jedoch war umso kälter...
,,Wie geht es dir?" fragte Lily und legte Liv behutsam eine Hand auf die Schulter. Diese zuckte mit den Schultern.
,,Naja... Den Umständen entsprechend." murmelte sie leise vor sich hin. Lily warf James einen verzwickten Blick zu.
,,Wo habt ihr Harry gelassen?" fragte sie, als ihr auffiel, dass Lily und James ihr Baby gar nicht mithatten. Die beiden waren inzwischen verheiratet und waren vor etwa fünf Monaten Eltern geworden. Ein kleiner Junge, den die beiden Harry genannt hatten.
,,Alice und Frank passen auf ihn auf. Dann kann er ein wenig mit Neville spielen, während wir bei euch sind." erklärte James. Neville war der Sohn von Alice und ihrem Mann Frank Longbottom.
,,Wo ist dein Mann?" fragte Sirius an Liv gewandt. Diese schluckte.
,,Nicht hier... Schon wieder weg. Oder noch immer, ich weiß es nicht..." murmelte sie. Wieder warfen sich die drei betrübte Blicke zu. Remus war also wieder einmal abgehauen.
,,Und... Wo ist sie?" fragte Lily ganz vorsichtig. Liv seufzte, nickte in Richtung Wohnzimmer und führte ihre Freunde dorthin.
Die vier kamen vor einer in weiß gekleideten Kinder-Wiege zum Stehen, die direkt neben den Kamin stand, in welchem noch heiße, rote Glut glühte. Liv stellte sich zum Kopf der Wiege und blickte wehmütig auf das schlafende Baby hinunter, das einen blauen Strampler anhatte und seelenruhig vor sich hin schlief. Auch die anderen blickten vorsichtig über den Rand der Wiege.
,,Ach du meine Güte!" platzte es leise, jedoch mit strahlenden Augen aus Lily heraus.
,,Sie ist so hübsch!"
,,Und sie ist so klein... Seht euch ihr winziges Näschen an." kam es ganz begeistert von James.
,,Sie sieht genau so aus wie Remus! Bis auf die Ohren, die hat sie von dir!" murmelte Sirius vor sich hin.
,,Wahnsinn... Schaut sie euch an. Gerade einmal fünf Tage alt und schon so wunderschön..." schwärmte Lily weiterhin vor sich hin. Sie streckte ihren Arm in die Wiege und griff nach der winzigen Hand von Livs kleiner Tochter.
,,Hallo, kleine Cynthia..." murmelte sie. Sie schien sich sofort schockverliebt zu haben.
,,Liv, ihr beide könnt wirklich-..." meinte sie lächelnd und wollte Liv gratulieren, als sie plötzlich den Blick nach oben wandte und die Tränen in Livs Augen glitzern sah. Ihr Lächeln erfror schlagartig. Auch James und Sirius hatten gemerkt, dass Liv wieder den Tränen nahe war.
,,Hey... Komm her..." murmelte Sirius und nahm Liv in die Arme, als ihr die Tränen bereits über das Gesicht liefen. Keiner der drei konnte sich vorstellen, was Liv gerade durchmachte.
Was genau ihr solchen Kummer bereitete? Ihre kleine Tochter hatte Lykanthropie...
Einige Stunden, nachdem sie auf die Welt gekommen war, war die Krankheit bei ihr festgestellt worden. Remus war am Boden zerstört gewesen. Er und Liv hatten gedacht, dass die Träne des Ozeans, die er seit Jahren trug, sein Lykanthropie-Gen endgültig versiegelt hätte. Doch so wie es aussah, war es doch noch übertragbar. Niemand hatte damit gerechnet. Als Liv ihren Freunden davon erzählt hatte, waren alle geschockt gewesen. Keiner hatte es wahr haben wollen...
Und Remus? Der war so gut wie jeden Tag weg. Er ging in der Früh aus dem Haus, wenn Liv noch schlief und kam Abends erst wieder zurück, wenn Liv nicht mehr wach war. Das zu verarbeiten fiel ihm mehr als nur schwer. Er gab sich gewissermaßen die Schuld daran, dass seine Tochter nun das gleiche Schicksal ereilte wie ihn. Liv hingegen tat den ganzen Tag nichts anderes als darauf zu hoffen, dass er irgendwann wieder kommen würde.
,,Liv, bitte! Hör auf zu weinen, wir finden bestimmt eine Lösung!" versuchte Sirius ihr zuzusprechen, als er sich mit ihr auf das Sofa gesetzt hatte.
,,Wie, Sirius? Wie?" fragte Liv ihn mit zitternder Stimme und geröteten Augen.
,,Remus ist weg, der nächste Vollmond rückt immer näher und Cynthia wird nicht einmal drei Wochen alt sein! Und ich bin ganz alleine!"
,,Du bist nicht alleine, Liv! Wir werden immer für dich da sein, hörst du!" meinte Lily und nahm freundschaftlich ihre Hand. Nachdem James und sie geheiratet hatten war sie in alle Geheimnisse der Rumtreiber eingeweiht worden. Dementsprechend auch in Livs. Sie wusste also worum es ging.
,,Ich... Ich weiß einfach nicht was ich machen soll..." murmelte sie kraftlos.
,,Remus braucht Zeit, um alles zu verarbeiten." sagte James mitfühlend.
,,Er weiß vermutlich einfach nicht weiter. Aber du wirst sehen, ihr werdet das durchstehen! Und wir helfen euch dabei!"
Liv nickte matt und rieb sich die Tränen von den Augen.
,,Wenn ich nur wüsste wie..."
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Als Sirius, James und Lily sich schließlich wieder auf den Heimweg gemacht hatten, war es draußen bereits dunkel. Liv saß noch immer auf dem Sofa, während Cynthia weiterhin in ihrer Wiege vor sich hin döste. Sie schlief so friedlich vor sich hin... Als wäre sie ein ganz normales Kind. Doch bereits in weniger als zwei Wochen würde sie pausenlos schreien, vor den Schmerzen, die ihr der näherrückende Vollmond bereiten würde. Liv wollte sich gar nicht ausmahlen, was dann in der Nacht des ersten Vollmondes auf sie zukommen würde. Bei dem Gedanken daran stiegen ihr wieder Tränen in die Augen.
Plötzlich hörte sie, wie sie Eingangstür geöffnet wurde. Einige Sekunden später hörte sie das Geräusch, das ertönte, sobald das Schloss wieder in die Angeln fiel. Sofort stand sie von dem Sofa auf und hastete ins Vorzimmer, um nachzusehen, wer gerade in ihr Haus gekommen war. Ihr Herz sackte zusammen als sie auf einmal ihren Ehemann vor ihr stehen sah.
,,Hi..." murmelte Remus und lächelte sie matt an. Liv schossen automatisch wieder Tränen in die Augen und sie schlug beide Hände vors Gesicht. Remus ging auf sie zu und nahm sie fest in den Arm.
,,Wo warst du?" brachte sie mit zitternder Stimme heraus.
,,Wie kannst du mich einfach so alleine lassen? Nach allem was passiert ist!"
,,Es tut mir Leid..." murmelte Remus entschuldigend.
,,Mach das nie wieder, hörst du!" schluchzte Liv.
,,Versprochen!" kam es von Remus. Die beiden blieben noch eine Zeit lang so im Vorzimmer stehen, ohne, dass irgendwer die Zeit beachtete. Doch plötzlich wurden beide von einem hellen Geschrei unterbrochen, das aus dem Wohnzimmer kam. Liv löste sich augenblicklich von ihrem Mann und ging ins Wohnzimmer zu der Wiege. Cynthia war aufgewacht.
Liv beugte sich hinunter und hob ihr Baby aus der Wiege um es beruhigend in ihren Armen zu schaukeln. Remus stellte sich neben sie und legte einen Finger in die kleine Hand seiner Tochter. Sie griff sofort danach. Langsam schien sie sich zu beruhigen.
,,Sie ist ein kleiner Engel..." murmelte er leise vor sich hin.
,,Ich weiß, es wird schwer werden..." meinte Liv seufzend.
,,Aber wir kriegen das hin! Wir müssen das hinkriegen! Sie ist unsere Tochter!"
,,Ich weiß..." meinte Remus.
,,Weißt du... Ich konnte mich einfach nicht mit dem Gedanken abfinden, dass meine Tochter den gleichen Mist durchmachen muss, wie ich fast mein ganzes Leben. Bis du gekommen bist, und mich erlöst hast... Deswegen bin ich abgehauen. Es gab ein paar Dinge, die ich erst mit meinem Gewissen vereinbaren musste." flüsterte er leise, als Cynthia wieder einzuschlafen schien.
,,Ich dachte, du willst sie nicht..." sagte Liv plötzlich.
,,Ich dachte, dass du uns alleine lässt, weil dir das zu viel wird..."
Remus riss augenblicklich geschockt die Augen auf.
,,Wie kannst du so etwas denken?" fragte er fassungslos, jedoch immer noch flüsternd.
,,Ich liebe sie! Und ich liebe dich! Deswegen musste ich eine Entscheidung treffen."
Plötzlich ließ Remus die kleine Hand seiner Tochter los und griff sich um seinen Hals. Seine Hände suchten nach dem Verschluss seiner Halskette, den er flüchtig versuchte aufzumachen.
,,W-Was... Was machst du da?" stammelte Liv perplex, doch da hatte Remus bereits die Träne des Ozeans von sich gelöst und hielt die Kette in seinen Händen. Die weiße Perle baumelte daran.
,,Ich lasse nicht zu, dass das Leben meiner Tochter von der gleichen Angst geprägt wird wie meines früher..." meinte er. Er streckte seine Arme aus und legte dem Baby vorsichtig die Kette um den kleinen Hals, die natürlich noch viel zu lang war.
,,Aber... Ohne die Träne verwandelst du dich an Vollmond wieder, Remus!" stotterte Liv ungläubig. Remus nickte und lächelte matt.
,,Ich weiß." meinte er mit einem Blick auf seine Tochter.
,,Aber das ist es mir Wert. Lieber ich als sie."
Wieder stiegen Liv Tränen in die Augen, als sie Remus so reden hörte.
,,Du weinst ja schon wieder." meinte Remus lächelnd und strich ihr eine Träne von der Wange.
,,Ach... Lass mich..." murmelte sie gerührt und wandte ihren Blick lachend ab.
,,Ist es denn für dich okay, mit einem Werwolf verheiratet zu sein?" fragte er nochmal nach. Liv wandte ihm mit hochgezogenen Augen ihren Blick zu.
,,Hey! Machst du Witze? Wir sind das Meerjungfrauen-Werwolf-Duo, mich wirst du nicht so leicht los, netter Versuch." schnaubte sie, was Remus ein Grinsen ins Gesicht zauberte.
,,Also ich hoffe Tia hat wenn sie später älter wird nicht deinen Humor, dann muss ich mich ja mit zwei von euch herumschlagen..." murmelte er sarkastisch. Liv zog überrascht die Stirn in Falten.
,,Tia?" fragte sie verwundert. Remus zuckte mit den Schultern.
,,Ja... Naja, ich denke das passt zu ihr oder?" fragte er mit einem Blick auf Cynthia. Liv ließ sich den Spitznamen durch den Kopf gehen.
,,Tia..." wiederholte sie mit einem Lächeln auf den Lippen.
,,Ja... Ja, das passt wirklich zu ihr. Unsere kleine Tia..."
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