Ein Ball ohne Liv
Am Tag des Schulballs hatten Liv und die Rumtreiber den ganzen Nachmittag in der Bibliothek verbracht. Sie hatten alle möglichen Bücher durchgeackert und im Endeffekt so viel Zeit dort verbracht, dass sie völlig die Zeit vergessen hatten. Schließlich war es schon eine halbe Stunde vor Ball-Eröffnung, und die fünf waren noch immer in die Bibliothek gewesen. Gemeinsam machten sie sich nun hastig auf den Weg zu ihren Gemeinschaftsräumen, diese lagen ja auf dem gleichen Weg. Als die Rumtreiber schließlich eine andere Abzweigung nehmen mussten, wandte sich Sirius noch schnell Liv zu.
,,Ich muss dich nicht abholen, oder?" fragte er hoffnungsvoll. Liv verdrehte die Augen.
,,Nein, warum auch... Ich bin ja nur deine Fake-Begleitung." schnaubte sie.
,,Perfekt!" seufzte Sirius erleichtert, woraufhin Liv nur wieder die Augen verdrehte... genau wie Remus.
,,Wir sehen uns dann später in der großen Halle!" rief Remus ihr noch hinterher, als sich ihre Wege trennten. Liv hastete weiter zum Ravenclaw Gemeinschaftsraum. Auch, wenn sie es eigentlich niemals gedacht hätte... Aber sie freute sich sogar ein bisschen auf den Ball. Sie war zwar noch nie auf einem gewesen und wusste nicht, wie Bälle normalerweise abliefen. Aber der Gedanke an ihr schönes Kleid, zauberte ihr ein Lächeln aufs Gesicht.
Im Gemeinschaftsraum hastete sie die Treppen hinauf zu ihrem Schlafsaal. Als sie bei der Tür angekommen war, wollte sie gerade die Türklinke hinunter drücken. Doch genau in dem Moment, wurde die Tür von der anderen Seite aus geöffnet und Liv erblickte Avery, die im Türrahmen stand und den Schlafsaal gerade verlassen wollte.
Sie trug ihre schulterlangen, blonden Haare halboffen und hatte ein bodenlanges, dunkelrotes Kleid an, welches eng-anliegend hinunter verlief. Auf ihren Lippen trug sie einen ebenso dunkelroten Lippenstift. Sie sah s schlichtweg aus wie der Teufel in Person... Leider wie ein bildhübscher Teufel, das musste Liv wohl oder übel zugeben.
Hinter ihr konnte Liv noch einen Blick auf Jessica und Elizabeth erhaschen. Jess trug ein dunkelgrünes Cocktailkleid, während Lizzy ein silbernes, langes Kleid mit weitem Rock anhatte.
,,Liv! Da bist du ja!" sagte Avery überrascht. Liv runzelte verwirrt die Stirn. Avery klang so... nett.
,,Beeil dich, sonst verpasst du noch die Eröffnung." sagte sie und zwinkerte ihr zu, ehe sie sich gemeinsam mit ihren Freundinnen an Liv vorbeidrängte. Verwirrt blickte ihr Liv noch hinterher. Die letzten zwei Wochen hatte Avery sie behandelt wie Luft. Oder sie hatte sie giftig angefunkelt. Warum war sie jetzt auf einmal wieder so aufgesetzt freundlich?
,,Ach ja!"
Avery drehte sich noch einmal zu Liv um, die noch vor der Tür stand.
,,Viel Spaß auf dem Ball!" sagte sie noch mit einem Zwinkern und machte auf dem Absatz kehrt, um mit den anderen beiden zu verschwinden, die leise kicherten.
Skeptisch sah Liv ihnen noch hinterher. Doch sie dachte sich nichts dabei. Sie wusste ja mittlerweile gut genug, dass ihre Mitbewohnerinnen seltsam waren.
Sie schloss die Tür hinter sich und lief voller Vorfreude zu ihrem Kleiderschrank. Liv öffnete die beiden Schranktüren und holte den schwarzen Kleidersack mit ihrem wunderschönen, blauen Kleid darin. Mit einem Grinsen im Gesicht öffnete sie den Zippverschluss... Doch was sie erwartete, ließ ihr Gesicht sofort erblassen.
Das erste, was sie bemerkte, waren die riesigen, pechschwarzen Tintenflecken. Dann erblickte sie die Tellergroßen Löcher, die in den wunderschönen Stoff des Rockes gerissen wurden. Panisch holte sie das Kleid aus dem Kleidersack und erkannte, dass der ganze untere Saum des Rockes nur noch an wenigen Fäden hing. Der ganze linke Ärmel wurde brutal vom Kleid gerissen, vom rechten waren nur noch Stofffetzen übrig. Die vielen, weißen Perlen des Perlengürtels lagen verstreut im Kleidersack herum...
Ihr schönes Ballkleid war in lauter Einzelteile zerfetzt worden.
Liv schlug erschrocken die Hand vor den Mund. Sprachlos stand sie da und starrte auf ihr ruiniertes Kleid... Wenn man es überhaupt noch Kleid nennen konnte! Wie sollte sie so zum Ball gehen?
Sie spürte wie sich ihr Herz verkrampfte, Sie fühlte sich, wie als hätte ihr jemand einen gewaltigen Schlag in die Magengrube verpasst. Das Kleid, welches sie so sehr an ihr Zuhause erinnert hatte... War nun ein einziger Haufen von Stofffetzen. Zitternd setzte sich Liv auf ihr Bett und nahm das kaputte Kleid in ihre Hände. Sie konnte es unmöglich anziehen...
Sie konnte unmöglich auf den Ball gehen...
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Die große Halle erleuchtete in voller Pracht. Die vier Haustische wurden entfernt, stattdessen gab es eine riesige Tanzfläche. An der Seite standen Tische, an denen Getränke ausgeschenkt wurden. Die Decke sah aus, als würden Schneeflocken hinunter rieseln. Nich dazu schwebten an ihr hunderte, hell leuchtende Kugeln, die aussaßen wie Sterne. In einer Ecke stand ein riesiger geschmückter Weihnachtsbaum und die Wände waren mit Kerzen und Silbernen Weihnachtskugeln geschmückt. Es roch nach Zimt und Tannenzweigen. Es sah atemberaubend schön aus.
Der Chor hatte sich schon in der Mitte der Halle aufgestellt und wartete auf Professor Flitwicks Einsatz für die Eröffnung. Alle Schülerinnen und Schüler standen bereits in einer dichten Menge davor und wartetet gespannt.
Darunter waren auch Sirius, Peter, Remus und James. Alle vier fix fertig gestriegelt und gekämmt in ihren Festumhängen. Allerdings schien James dem Chor relativ wenig Aufmerksamkeit zu schenken. Sein Blick klebte nämlich an Lily Evans, die gemeinsam mit ihrer Freundin Alice ein paar Meter weiter weg von den Rumtreibern stand.
,,Sieht sie nicht umwerfend aus..." murmelte er verträumt und starrte sie weiterhin an.
Natürlich hatte er sie gefragt, ob sie ihn auf den Ball begleiten würde... Allerdings war ihre Antwort genau die selbe gewesen, wie sonst auch immer. Nämlich nein. Er hatte sich auch um keine andere Begleitung gekümmert. Wenn Lily ihn nicht begleiten würde, dann sollte das auch keine andere tun! Und anders als Sirius war James auch nicht zu stolz um alleine aufzutauchen. Sehr zum Bedauern der restlichen Damen von Hogwarts...
Anders als Remus und Peter. Die beiden hatten sehr wohl eine Begleitung. Remus hatte (wenn auch eher als Notlösung) Ruth Baker gefragt, ebenfalls eine Gryffindor, die mit ihnen im Jahrgang war. Sogar Peter hatte jemanden gefunden. Louise Springs, eine Hufflepuff... Allerdings hatte sie nur ja gesagt, weil sie sich erhoffte durch Peter näher an James und Sirius heranzukommen.
Apropos Sirius... Dieser wartete noch immer auf seine Begleitung. Doch auch, wenn Liv nicht aufzutauchen schien... Es schien ihm ziemlich egal zu sein. Er sah sich stattdessen interessiert nach potentiellen ,,Opfern" in der Halle um. Ganz anders Remus. Dieser suchte die komplette Halle nach Liv ab. Auch als der Chor bereits begann zu singen, schenkte er ihm keine Aufmerksamkeit. Er ließ seinem Blick nur durch die Menge schweifen und hielt nach Liv Ausschau. Doch sie tauchte nicht auf. Selbst als der Chor schließlich fertig war und der Ball endlich eröffnet wurde.
,,Krone! Hast du Liv irgendwo gesehen?" fragte Remus seinen Freund verwundert. James blickte sich flüchtig um.
,,Nein."
,,Wo ist sie denn..." grübelte Remus weiter.
,,Vielleicht kommt sie später." kam es von Sirius. Ihm war das ganze sowieso ziemlich egal. Er war ja nicht hier um mit Liv zu tanzen, sondern um sich zu amüsieren. Das konnte er genauso ohne sie.
Remus biss sich verzwickt auf die Unterlippe. Vermutlich hatte Sirius Recht. So wie er Liv kannte, war es nicht abwegig, dass sie sich etwas verspätete.
Sirius setzte sich nach der Eröffnung schließlich in Bewegung und ging zu den Getränken. Schon nach fünf Minuten fand er sich lachend mit zwei Mädchen dastehend, die ihn mit vollem Einsatz anflirteten. Und wie man Sirius so kennt, ließ er sich das auch gerne gefallen.
Die Zeit verging und mittlerweile war bereits eine Stunde vergangen, in der Sirius sich mit allen möglichen Mädchen unterhalten hatte. Doch Liv war noch immer nicht da. Mittlerweile wurde auch er etwas stutzig. Anscheinend hatte sie sich wohl doch umentschieden und wollte nicht zum Ball gehen. Dabei hatte sie sich extra das schöne Kleid gekauft... Aber naja, es war ihre Entscheidung.
,,Na, wen haben wir denn da..." ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihm. Er drehte sich überrascht um und erblickte niemand anderen als Avery Brown, die in ihrem roten Kleid auf ihn zukam.
,,Avery!" sagte er überrascht, da er nicht damit gerechnet hatte, dass sie nach seinem Korb noch mit ihm reden würde.
,,Wo ist denn dein Date?" fragte sie schmunzelnd. Sirius runzelte die Stirn.
,,Liv ist nicht mein Date, okay?" schnaubte er und nahm einen Schluck von seinem Punsch.
,,Aber wie ich sehe ist sie gar nicht hier, oder irre ich mich?" fragte Avery. Sirius blickte sie stutzig von der Seite an. Da war wieder dieser merkwürdig bösartige, süßliche Unterton, der in ihrer Stimme mitschwang. Irgendetwas war hier faul.
,,Naja, sie kommt eben ein bisschen später..." murmelte er. Avery schmunzelte selbstgefällig und zuckte mit den Schultern.
,,Falls sie überhaupt noch auftauchen wird." meinte sie und zwinkerte ihm seitlich zu.
Plötzlich wurde Sirius ganz unwohl zumute. Er starrte Avery mit großen Augen an, ohne etwas zu sagen.
,,Falls du jemanden zum Tanzen brauchst, du weißt wo du mich findest!" rief sie ihm noch selbstgefällig lächelnd zu, ehe sie wieder ging.
Ohne zu zögern hastete Sirius los und suchte seine Freunde. Das war in der Menschenmasse gar nicht so leicht. Doch es dauerte nicht lange und er hatte James gefunden, der am anderen Ende der Halle Lily beobachtete.
,,James!" rief er ihm laut zu, woraufhin sich sein Freund verwundert umblickte.
,,Tatze? Was ist los?" fragte er.
,,Hör zu! Liv ist noch immer nicht da und ich hab' ein ganz mieses Gefühl!" erklärte Sirius ihm. James zog verwirrt die Stirn in Falten.
,,Was? Warum?"
,,Keine Ahnung, Avery hat so eine blöde Andeutung gemacht!" versuchte Sirius es ihm irgendwie zu erklären.
,,Ich weiß nicht, Tatze. Vielleicht wollte sie doch nicht kommen. Liv ist eben anders. Du weißt ja, sie mag keinen... naja, Spaß." murmelte James.
,,Komm schon, James! Ich sag' dir, Avery führt etwas im Schilde!" wollte Sirius seinem Freund klar machen. James seufzte.
,,Na gut... Sehen wir auf der Karte nach."
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