- 6.6 - Ein letzter Tanz
Klitschnass kamen sie an der Festhalle an und begaben sich als erstes in die Toilettenräume, um sich umzuziehen. Kurz bevor Luna in einer der Kabinen verschwinden konnte, zog Conny sie zur Seite. Neugierig musterte sie die Dunkelhaarige. "Wie geht es dir?"
Das Gesicht der Dunkelhaarigen erhellte sich ein wenig. "Es geht schon. Ich werde wahrscheinlich nicht so lange stehen können, da die Markierungen noch immer fürchterlich brennen." Sie wollte sich schon wieder umdrehen, doch Conny hielt sie erneut davon ab. "Was ist?"
Jetzt wollte es Conny wissen, ob sie wirklich eine zusätzliche Fähigkeit besaß oder ob sie sich das alles nur eingebildet hatte. Wenn sie es schaffte ihre Freundin zu heilen, dann konnte sie absolut sicher gehen. "Ich möchte etwas ausprobieren", erklärte Conny unsicher sich am Hinterkopf kratzend.
Verwundert schaute Luna sie an. Aus einer Toilettenkabine lugte Fiona hervor. "Ich komme hier an den Reisverschluss nicht alleine ran, my Love." Auf diese Worte zeichnete sich eine leichte röte auf Lunas Wangen.
"Komme gleich", antwortete sie ihr und richtete sich an Conny, "Was willst du ausprobieren?"
Daraufhin griff sie nach den Händen ihrer besten Freundin, welche zu Connys Überraschung mitmachte. Die Augen schließend und spürte sie wieder einmal das Kribbeln in ihren beiden Armen. Als sie sie wieder öffnete, war der besorgte Blick ihrer Freundin gewichen und wurde von einem Erstaunten ersetzt. Sie verstand sofort was Conny getan hatte und das gab Conny wiederum die Erkenntnis, dass sie tatsächlich eine zweite Fähigkeit hatte.
Freudig hielt Luna Conny an den Schultern fest und sah ihr in die Augen. "Du bist eine Heilerin Conny", flüsterte sie ihr zu. Lunas Markierungen konnte sie nicht heilen, das war ihr auch klar, aber die Schmerzen konnte sie ihr ein wenig nehmen, denn ihr Auftreten wurde mit einem Mal leichter.
"Das war mir bis gerade eben auch noch nicht klar", sagte Conny leise. Sie hatte mit so etwas auch gar nicht gerechnet, so würde sich aber der zusätzliche Blutwert erklären, welcher ihr immer Probleme bereitet hatte.
"Meine Güte, Conny, zwei Fähigkeiten. Wie kann das eigentlich sein?" Das wüsste sie auch gerne.
Fiona trat kurzerhand aus der Kabine und zog Luna genervt mit sich. Luna bedankte sich noch bei Conny lachend, während sie rückwärts in die Kabine stolperte. "Jetzt kann ich auch wieder auf die Tanzfläche!"
Als sie sich aus den nassen Kleidern herausgeschält und sich umgezogen hatten, begaben sie sich zusammen in den Ballsaal. Conny schaute sich um und beobachtete einige Schüler, welche sich auf der Tanzfläche zur Musik wiegten. Auf der Suche nach ihre Ballbegleitung, musste sie sich beschämt eingestehen, dass sie Isaac die ganzen Ball über sitzen gelassen hatte.
"Er wird es schon verstehen, wenn wir es ihm erklären", versuchte Luna sie zu beruhigen. Fiona setzte sich in der Zwischenzeit neben Laya und Shawn an den Tisch und die Freundinnen erklärten sich bereit, etwas zu essen zu besorgen. Vom Kampf waren sie ziemlich hungrig geworden.
Auf den Weg zum Buffet rempelte ein großer blonder Mann in seinen Mittvierzigern Conny genervt an. "Junge Dame passen Sie besser auf, wo sie hinlaufen." Es klang schon fast wie eine Drohung und sofort wusste sie, wer der Mann war, der vor ihr stand. Lucs Vater: Enael Déchanter.
Conny schluckte hart. Er wirkte sehr einschüchternd auf sie, da er nicht nur zwei Köpfe größer war, als sie, sondern auch, weil er sie abfällig musterte. Um einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen, entschuldigte sie sich schnell und zog Luna mit zum Buffet. Kein Wunder woher Luc diese Eigenschaft hatte. Erleichtert atmete Conny wieder aus. Ehrlich gesagt, hatte sie sich Lucs Vater genau so vorgestellt: Kalt und immer verstimmt.
Sie schaute zurück, ob er noch immer in der Nähe war und sah, wie er seinen Sohn am Arm packte. Selbst Luc wirkte klein neben seinem Vater und ein hilfloser Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Luna beobachtete ebenfalls diese Situation mit ängstlicher Miene.
"Bei so einem Vater tut mir Luc doch echt leid", stellte Conny leise klar.
"Das was er ihm antut, ist auch nicht moralisch vertretbar...", eröffnete Luna zischend und atmete dabei tief ein. Doch bevor Conny ihre Freundin fragen konnte, was sie meinte, erspähte Luna schon Isaac und bewegten sich auf ihn zu.
Er sah seine Freundinnen strahlend an und richtete aufgeregt seinen Anzug.
"Wo habt ihr euch eigentlich rumgetrieben? Ihr ward nicht bei der Zeugnisübergabe und seid lieber in den Regensturm draußen herumgelaufen. Unfassbar", bemerkte er belustigt und wuschelte den anderen Beiden über die nassen Haare.
Nun begann auch Luna leicht zu schmunzeln. "Wir sind da in einen Kampf geraten, aber anscheinend waren wir nicht die Einzigen."
"Was meinst du?" Isaacs Gesichtsfarbe wandelte sich zu einem leichten Rotton, so langsam verstehend, worauf die Dunkelhaarige hinaus wollte.
Lunas Grinsen wurde noch breiter und erklärte daraufhin trocken: "Lucs Krawatte hängt schief." Sie deutete auf Isaacs Brustkorb, als dieser wild nach Luc suchte. Jetzt fiel es auch Conny auf, dass Isaac nicht mehr eine roséfarbene, sondern eine beige Krawatte trug. Erst jetzt bemerkte Isaac, was Luna meinte und schielte an sich herunter. Mit einem hochroten Kopf schaute er zwischen seinen breit grinsenden Freundinnen abwechselnd hin und her.
"Ich... ich, wollte...", sein Blick fiel auf die Trinkbar, "mir noch einen Cocktail holen" und bewegte sich mit immer schneller werdenden Schritt zu der Bar.
'Wer hätte das gedacht?' schmunzelte Conny in sich hinein kopfschüttelnd. "Wie lange wusstest du es schon?"
"Es war doch ziemlich offensichtlich und dann hat mich Luc im Café darauf angesprochen und um Hilfe gebeten. Das hatte mich tatsächlich auch gewundert", erklärte Luna aufgeregt und schaute Isaac hinterher. "Ich wusste nur nicht ganz, wie Isaac es aufnehmen würde."
"Wie meintest du das eigentlich vorhin mit Lucs Vater?", erinnerte sich Conny an die Aussage von vorher. Luna betrachtete sie aus ihren Augenwinkeln. Sie atmete daraufhin einmal tief ein und stieß die Luft schwerfällig wieder aus. "Lass mich dir das später erklären. Ich will jetzt den Moment nicht ruinieren...", sagte sie bloß und schaufelte sich Essen auf den Teller. Einverstanden tat Conny ihr es nach. Dann setzten sie sich zu ihren Freunden an den Tisch, die sich bereits angeregt unterhielten.
"Warum hat das denn so lange gedauert?", fragte Fiona und steckte sich hungrig zwei Kartoffeln in den Mund. Shawn und Scofield reflektierten noch einmal die Ereignisse mit Varjo und Conny war so glücklich, dass das geschafft war. Jetzt konnten sie alle wenigstens noch den Abschlussball etwas genießen.
Als sie mit dem Essen fertig waren, gesellte sich auch Isaac zu der größeren Gruppe und setzte sich neben Conny, auf die Tanzfläche blickend. Ihm war die Situation zuvor wohl immer noch ziemlich unangenehm. Die anderen Paare begaben sich schon auf die Tanzfläche und tanzten wild miteinander. Nur Scofield, Isaac und Conny beobachteten die anderen von Weiten. Daraufhin drehte sich Isaac schüchtern zu ihr um und fragte sie, ob sie auch tanzen wollten. Er wusste, dass weder sie noch er wirklich tanzen konnten oder mochten, doch Conny nickte nur. Bei einem Abschlussball konnte sie sich doch wenigstens einmal überwinden.
Unbeholfen standen sich die beiden gegenüber. Laya und Luna bemerkten dies. So beschloss Laya Conny und Luna Isaac zum Tanzen zu animieren, was mehr oder weniger gut funktionierte, dann wechselte jeder einmal durch. Da sich Fiona nicht mehr so gut fühlte begleitete Luna ihre Freundin wieder zum Tisch und ließ sie daraufhin von der wiederkehrenden Quinn durchchecken. Conny folgte ihnen nach einem kurzen Moment.
"Wurde sie auch beeinflusst?", fragte Quinn Luna besorgt. Jetzt sah auch Conny, dass sich Fionas Zustand drastisch verschlechtert hatte. Luna nickte mit gerunzelter Stirn und strich sanft über den Handrücken der Blonden. Scofield saß auf der anderen Seite und legte die Beine der Blonden sorgfältig nebeneinander auf die Bank. "Ich würde sie gerne zu einer Krankenstation bringen und ich bitte dich hier zu bleiben Luna. Eine Ablenkung würde dir gut tun." Quinn strich ihr sanft über den Rücken und bat Peter Fiona zu tragen.
Luna wurde mit einem leeren Blick zurück gelassen. So rutschen Scofield und Conny näher an sie heran und versuchten sie zu unterstützen. Die anderen bemerkten ihren Zustand und wollten wissen, was mit Fiona passiert ist. Lunas Muskulatur spannte sich immer weiter an. Instinktiv führte Conny die Gruppe von ihr weg und erklärte ihnen die Situation.
"Meinst du, wir sollten sie mit Mister Scofield alleine lassen?" Es war Isaac, welcher besorgt seine Augenbrauen nach oben zog.
"Ich denke, sie braucht erst einmal Zeit für sich", erklärte sie daraufhin in Lunas Richtung blickend. Sie wusste, dass Scofield alles unter Kontrolle hatte.
Die restliche Gruppe machte sich auf zu der Fotobox und ließen ein paar Fotos schießen. Als sie wieder in der Halle eintraten, waren Luna und Scofield verschwunden. Fragend schaute sich Conny im Saal um und erblickte sie zusammen über die Tanzfläche schweben. Für einen Moment schaute sie ihnen fasziniert zu bis sie sich fragte, wie er das geschafft hatte, sie wieder mit auf die Tanzfläche zu schaffen.
Begeistert von den beiden bat sie auch Isaac wieder mit ihr zu tanzen und Shawn folgte mit Laya. In einem fliegenden Wechsel zwischen den beiden Gruppen, wirbelte Shawn sie nun über die Tanzfläche. Die Halle leerte sich immer mehr, doch das merkten sie in ihrem Tanzrausch nicht wirklich.
"Mein Bruder verhält sich seit einiger Zeit komisch. Weißt du etwas darüber, ob er vielleicht schwanger ist?" Mit dieser Frage hatte sie absolut nicht gerechnet. Shawn blickte Conny belustigt an. Sie trat ihm bestimmt schon zum hundertsten Mal auf die Füße und war so irritiert von der Frage, dass es dadurch wohl nicht besser wurde.
"Nein, aber ernsthaft. Weißt du was mit ihm los ist?" Seine Augenbrauen fanden ihren Weg nach oben. Sie wusste, was er meinte, doch zuckte nur mit den Schultern. Daraufhin flüsterte er ihr ruhig ins Ohr: "Ich könnte auch Luna fragen, die weiß es sicher auch", und schaute auf das tanzende Paar neben ihnen, "aber es wäre gerade nicht der richtige Zeitpunkt dafür."
Conny merkte dabei nicht, wie die Musik ruhiger wurde und somit jedes Tanzpaar sich mit der Musik hin und her wiegte. So zog er sie vorsichtig näher zu sich heran und achtete darauf, wie sie reagierte. Nach einem kurzen Zögern ließ sie es zu und legte ihre Arme über seine Schultern. Sie kannten sich schon so lange, dass es für Conny kein Problem war. "Was würdest du tun, wenn ich es dir erzähle?"
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