kAPITEL 24
Minhos Pov.
Ich saß allein am Gate 4, das Ticket nach Seattle fest in der Hand. In weniger als einer Stunde sollte ich in das Flugzeug steigen, das mich weit wegbringen würde, in ein neues Leben, ein neues Kapitel. Weit weg von Jisung, von all dem Chaos, das ich selbst angerichtet hatte. Und dennoch war es kaum auszuhalten – diese Leere, diese Kälte, die mit jeder Sekunde schwerer auf mir lastete.Der Lautsprecher kündigte das Boarding an, und die Menschen um mich herum begannen, sich zu erheben. Doch meine Beine blieben starr, mein Blick klebte auf dem Ticket in meiner Hand. Dieses Ticket sollte meine Rettung sein, meine Möglichkeit, vor all dem zu fliehen. Vor den Fehlern, die ich gemacht hatte. Vor ihm. Aber statt Erleichterung spürte ich nur einen stechenden Schmerz, der immer größer wurde. Das Bild von Jisung schlich sich wieder und wieder in meinen Kopf – seine Augen, voller Enttäuschung und Verletzung, wie er dort im Lehrerzimmer stand und mich ansah, als wäre ich der schlimmste Mensch der Welt. Und vielleicht war ich das auch.Meine Finger umklammerten das Ticket noch fester, als könnte ich damit das Bild aus meinem Kopf verdrängen. Aber es funktionierte nicht. Nichts funktionierte. Ich hatte alles versucht, ihn zu vergessen, ihn aus meinen Gedanken zu verbannen. Und trotzdem... war er immer noch da.Ich atmete tief durch, mein Blick wanderte über das Terminal, und dann fiel mein Blick auf das Schild am Gate gegenüber: „Boarding für Flug 129 nach New York". Ich wusste, dass Jisung diesen Flug nehmen würde – das Austauschjahr in den USA, von dem er schon lange geträumt hatte. Und plötzlich schoss eine panische Erkenntnis durch mich: Das hier war mein letzter Moment, meine letzte Chance, ihm die Wahrheit zu sagen. Bevor ich überhaupt verstand, was ich tat, sprang ich auf, ließ das Ticket fallen und rannte los. Meine Beine bewegten sich wie von selbst, meine Gedanken waren ein einziges Durcheinander, und doch war da dieser klare, überwältigende Gedanke: Ich musste zu ihm.„Jisung!" schrie ich, meine Stimme erstickte fast in der Geräuschkulisse um mich herum. Menschen warfen mir verwirrte Blicke zu, als ich durch die Menge hastete, aber ich achtete nicht darauf. Mein Herz raste, und meine Lungen brannten, als ich mich Gate 2 näherte. „Jisung!"Da stand er. Er war fast an der Sicherheitskontrolle, als er meinen Namen hörte und sich langsam umdrehte. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung, als er mich sah. Er wirkte verletzt, erschöpft – so, wie ich mich selbst fühlte.Ich blieb ein paar Schritte vor ihm stehen, holte tief Luft und sagte das Einzige, das mir in diesem Moment einfiel. „Es tut mir leid," stieß ich hervor. „Jisung, ich... ich wollte dich nie so verletzen."Er schüttelte nur den Kopf und sein Blick war voller Schmerz. „Warum? Warum hast du das getan, Minho?" Seine Stimme brach beinahe, und ich spürte, wie meine eigenen Augen feucht wurden. „Ich... ich dachte, wenn ich dir wehtue, würdest du mich vergessen und dein Leben leben. Dass du mich dann nicht brauchst und... glücklich sein könntest." Meine Stimme klang kaum mehr als ein Flüstern. Jisung schloss kurz die Augen, als würde er gegen die Tränen kämpfen. „Und was hast du jetzt hier verloren? Du wolltest doch weg."Ich trat näher, wagte es kaum, ihn anzusehen, und murmelte schließlich: „Weil ich nicht weggehen kann, ohne dir die Wahrheit zu sagen." Ein tiefes Zittern durchlief mich, als ich die Worte aussprach, die ich mir selbst so lange verweigert hatte. „Ich habe versucht, dich zu vergessen, Jisung, wirklich. Aber ich kann es nicht. Du bist... du bist das Einzige, woran ich noch denken kann."Er sah mich an, als würde er nicht glauben, was er hörte, seine Augen glänzten. „Und was ist die Wahrheit, Minho?"„Die Wahrheit ist..." Ich kämpfte mit jedem Wort, meine Brust zog sich schmerzhaft zusammen, doch ich sprach weiter. „Die Wahrheit ist, dass ich mich in dich verliebt habe. So sehr, dass es mich zerreißt."Jisung blickte mich noch einen Moment lang an, fassungslos und zugleich zögernd, als ob er nicht wusste, ob er mir trauen konnte. Aber dann sah ich, wie ein kleines Lächeln auf seinen Lippen erschien, und zum ersten Mal seit Wochen schien die Last von meiner Brust zu fallen.
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