34. Catalyst
Die EMAs waren wirklich ein Riesenspektakel und die beiden Preise, die die Jungs einheimsen konnten, ließen sie fast vor Freude ausrasten. Ich hatte sie selten in solch einer grandiosen Stimmung gesehen. Ihre Musik schien ihnen wirklich alles zu bedeuten. Sie konnten sich absolut glücklich schätzen, dass sie ihre Bestimmung gefunden hatten, was den Beruf anging.
Und wieder einmal tauchte kurz der Gedanke in meinem Kopf auf: Was sollte ich in Zukunft tun? Doch binnen Sekunden verflog er wieder, weil nun die große Aftershow Party losging. Niall ließ meine Hand nur los, wenn er mir ein frisches Glas Champagner besorgte, ansonsten konnten alle sehen, dass wir zusammen gehörten. Das Ganze fühlte sich an wie ein gigantischer Traum, aus dem ich nicht erwachen wollte.
Doch alle Träume gingen irgendwann zu Ende und so flogen wie am Montag wieder zurück nach London, wo Niall und ich es uns zunächst auf seinem Sofa gemütlich machten. Er hatte unseren Lieblingstee gekocht, welchen wir genüsslich tranken, während wir eine DVD schauten. Ich liebte diese Kuschelstunden zu zweit, vor allem nach diesem hektischen, turbulenten Wochenende. Als sich plötzlich ein leichtes Ziehen in meinem Unterleib bemerkbar machte, murmelte ich: „Lass mich mal aufstehen, Blondie."
Niall ließ mich los, ich erhob mich und fühlte seinen Blick auf mir, als ich das Badezimmer betrat. Ich hatte es geahnt, meine Tage waren gekommen aber Gott sei Dank nicht so heftig wie sonst und die Schmerzen, die sich für gewöhnlich immer einstellten, blieben nur bei dem gemäßigten Ziehen in meinem Bauch. Das musste wohl an der Pille liegen, also hatte der Eingriff in den Hormonhaushalt wenigstens auch eine positive Seite. Nachdem ich wieder in das Wohnzimmer zurückgekehrt war und meinen Platz in Nialls Armen eingenommen hatte, fragte er sofort: „Alles klar, Süße? Du siehst so blass aus."
Dann gab er mir einen sanften Kuss auf die Nasenspitze, den ich mit einem Grinsen quittierte.
„Ja, es ist alles ok, hab nur meine Tage bekommen."
„Soll ich dir eine Wärmflasche machen?", lautete seine nächste, besorgte Frage.
Ich schüttelte leicht meinen Kopf. „Nein, es ist nicht so schlimm wie sonst, liegt wohl an der Pille. Aber du darfst gerne deine Hände auf meinen Bauch legen."
Das tat er dann auch, und wie immer, überaus vorsichtig. Es fühlte sich gut an, die Wärme zu spüren, welche von seinen Händen ausging und es bewirkte, dass ich das Ziehen fast gar nicht mehr spürte.
„Dr. Horan hat es mal wieder gerichtet", flüsterte ich ihm ins Ohr, was ihn zu einem schelmischen Grinsen animierte.
„Ich würde sagen, Dr. Horan hat jetzt ein paar Tage Pause", meinte er dann.
„Aber nur, was die innerliche medizinische Versorgung angeht, die äußerliche kannst du ja weiterhin übernehmen", kam es prompt von mir.
Niall lachte leise vor sich hin und flüsterte mir dann ins Ohr: „Du glaubst gar nicht, was für ein großes Opfer es für mich bedeutet, dir nicht alles zur Verfügung stellen zu können, was das angeht."
„Doch, das kann ich mir sogar sehr gut vorstellen."
Nialls Handy unterbrach mal wieder urplötzlich unsere Konversation. Er warf einen raschen Blick darauf, um zu sagen: „Das ist Darragh, bin gespannt, was er will."
Ich wusste, dass Niall oft mit seinen Freunden in Irland telefonierte, was mir aber nichts ausmachte. Nach wie vor fand ich es toll, dass er den Kontakt zu ihnen aufrechterhielt, obwohl sein Leben seit Jahren ganz anders verlief als ihres. Die Unterhaltung musste wohl sehr wichtig sein, denn Niall stand plötzlich vom Sofa auf, um sich in das Schlafzimmer zurückzuziehen. Seit wann hatte er denn Geheimnisse vor mir?
Da an der Tür zu lauschen noch nie mein Fall gewesen war, suchte ich in der Küche nach etwas Essbarem, um die Zeit zu überbrücken. Schließlich fand ich eine Packung Kekse, welche ich ins Wohnzimmer mitnahm und pflanzte mich wieder auf die Couch. Ich drückte die Pause Taste für die DVD und schaute stattdessen, was es im TV gab. Eine Sendung erregte sofort meine Aufmerksamkeit. Diese berichtete über die Whale Rescue Organisation in Neuseeland und insbesondere über die Rettung eines Buckelwales. Fasziniert und gespannt sah ich zu und erkannte Keith, mit welchem tatsächlich noch ein Interview geführt wurde. Jedes seiner Worte sog ich förmlich in mir auf.
„Für die Walrettung ist es sehr wichtig, dass die Helfer eine Beziehung zu diesen Tieren haben und den absoluten Willen, diese retten zu wollen. Es gibt Menschen, die können sogar mit Walen sprechen, dann geht das noch viel einfacher."
Mittlerweile war ich aufgestanden und stand jetzt direkt vor dem Fernsehgerät, welches an der Wand hing.
„Man sagt, dass Sie auch mit Walen reden können", sagte der Reporter jetzt.
Ich sah Keith nicken und hörte seine Antwort: „Ja, das stimmt aber diese Gabe ist sehr selten. Ich habe bisher außer mir nur drei Menschen getroffen, die das können."
„Wirklich? Und alle in ihrem Team?"
Keith schüttelte seinen Kopf. „Leider nicht. Der Eine war mein Großvater, der andere mein Vater und der dritte Mensch, den ich kenne, befindet sich auf der anderen Seite der Welt."
Er schaute jetzt genau in die Kamera und als ich seine Worte vernahm, erzeugten diese ein immenses Herzklopfen in meinem Körper.
„Beltia, wenn du diese Sendung durch Zufall anschauen solltest, so will ich dir eines sagen: Bitte komm nach Neuseeland, denn wir brauchen dich hier und ich weiß, dass du glücklich warst, als du mit diesem Wal sprechen durftest, den wir gerettet haben."
Das war der Augenblick, in welchem die Fernbedienung aus meinen Händen glitt, zu Boden fiel und Tränen aus meinen Augen strömten. Wie sehr dieser Moment damals mein Herz berührt hatte, ich wusste es noch ganz genau, denn die geballte Ladung jener Emotionen schlugen erneut auf mich ein. Ich bekam nur noch am Rande mit, dass das Interview beendet wurde und das nächste, was ich spürte, waren zwei starke Arme, die meinen Körper umschlangen.
„Bel, was ist los? Warum weinst du denn?", hörte ich Nialls aufgeregte Stimme.
Er küsste die Tränen von meinen Wangen, während er meinen Rücken streichelte.
„Keith..., da war eben Keith im Fernsehen...", brachte ich mühsam hervor.
„Redest du von Keith aus Neuseeland?", fragte er leise, während sein Daumen meine Tränen wegwischten.
Als ich nickte, gab Niall mir zunächst einen zärtlichen Kuss auf den Mund, hob anschließend die Fernbedienung vom Boden auf und spulte einfach zurück.
„Wozu habe ich denn so ein modernes TV-Gerät", sagte er.
Dann schauten wir beide gemeinsam nochmals das Interview an. Inzwischen hatte ich aufgehört zu weinen, doch mein Herz raste immer noch, vor allem als die Stelle auftauchte, wo Keith meinen Namen erwähnte.
Niall schaute zu mir, bevor er sprach. „Ich habe dir immer gesagt, dass er das ernst gemeint hat, Bel."
Dann spürte ich seine sanfte Umarmung. Sein Ton wirkte vollkommen ruhig und sachlich, als er weiter redete. „Warum willst du dir es nicht eingestehen, dass es dein größter Wunsch ist, dort mitzuarbeiten?"
Das konnte er doch nicht ernst meinen? Denn dies würde bedeuten, dass ich weg musste, weg von ihm, weg von allem, was mir lieb und wert war. Ärgerlich befreite ich mich aus seiner Umarmung und fauchte ihn an: „Warum zwingst du mich dazu, zwischen dir und Neuseeland zu wählen?"
Nialls Ton wurde jetzt auch etwas barscher. „Es bin nicht ich, der dich dazu zwingt, sondern dein Inneres, das dies unbedingt tun will! Begreifst du das denn nicht?"
„Nein, ich begreife es nicht! Wenn du mich loswerden willst, dann kannst du das auch anders sagen!"
Nach diesen Worten rannte ich zur Tür, schnappte meine Jacke im Vorbeigehen und verließ wortlos das Apartment. Mit Tränen in den Augen rannte ich durch die Straßen, doch ich achtete auf den Verkehr. Einmal Krankenhaus, weil ich unachtsam die Straße überquert hatte, reichte mir.
Irgendwann landete ich an der Themse und setzte mich dort auf eine Bank, um nachzudenken. Wieso wollte Niall, dass ich nach Neuseeland ging? Warum versuchte er nicht, mich zurückzuhalten, wie es doch eigentlich normal gewesen wäre?
Tränen liefen meine Wangen hinunter und tropften auf meine Jacke. Meine Nase begann zu laufen, doch ich achtete nicht darauf. Ich war zu sehr mit Nachdenken beschäftigt. Niemand kannte mich besser als Niall und er wusste Dinge, die in mir vorgingen, welche ich manchmal erst später realisierte. Aber wie konnte er wissen, was mein Innerstes zu diesem Thema sagte?
Er war kein Hellseher, doch wir waren Seelenverwandte. Das fiel mir in jenem Augenblick wieder ein. Das Gespräch in Irland mit Ann lag zwar schon einige Zeit zurück, doch jetzt tauchte es wieder in meiner Erinnerung auf. Was sollte ich nur tun? Ich war so verzweifelt, dass ich richtig dankbar war, als mein Handy sich meldete.
„Hallo", murmelte ich schwach und zwischen zwei Schluchzern.
„Bel, wo bist du?" Nialls besorgte Stimme verschaffte mir augenblicklich ein schlechtes Gewissen. Ich wusste in jenem Moment, dass ich ihm Unrecht getan hatte mit meiner Bemerkung, dass er mich loswerden wollte. Wie hatte ich dem Menschen, der mich wirklich liebte, so etwas an den Kopf werfen können? Glücklicherweise sprach er noch mit mir und ließ mich nicht im Regen stehen, und das nicht nur sinnbildlich gesprochen, denn es nieselte mittlerweile kräftig.
„Ich...sitze...an der...Themse", brachte ich leise und unter Tränen hervor.
„Bleib dort, ich komme dich abholen."
Dann legte er auf. Wie wollte er mich denn finden? Die Themse war schließlich lang und schlängelte sich durch ganz London durch. Langsam zog ich die Kapuze meiner Jacke über den Kopf, denn der verdammte Nieselregen hörte einfach nicht auf. Während ich auf mein Handy starrte, versuchte ich mich innerlich zu sammeln.
Wir mussten über das reden, was geschehen war. Über meine Träume, Wünsche, Sehnsüchte und Ängste. Über unsere Liebe, Zukunft und eine mögliche Trennung. Diesen Gedanken schob ich weit weg von mir, da er mich einfach nur traurig werden ließ.
Nach einer Weile vernahm ich Schritte, die sich näherten. Als ich den Kopf hob, schaute ich direkt in Nialls blaue Augen, der jetzt direkt vor mir stand. Wortlos reichte er mir seine Hand, die ich ohne zu zögern nahm, damit er mich von der Bank hochziehen konnte. Erst dann begann er zu sprechen.
„Du kannst dich nicht verstecken, ich finde dich überall, weil mein Herz dich sucht."
Langsam schloss ich meine Augen und ließ mich in seine Arme gleiten. Wir versanken in einem nicht enden wollenden Kuss, der mich realisieren ließ, wie sehr ich Niall im Moment brauchte.
„Und dein Herz wird mich immer finden", vollendete ich seinen Satz, als wir den Kuss unterbrachen.
„Falsch: unsere Herzen werden sich immer finden."
„Das klingt kitschig", widersprach ich grinsend.
„Eines Tages wirst du feststellen, dass ich Recht habe", wisperte er in mein Ohr.
Dann griff er erneut nach meiner Hand und wir gingen langsam und gemächlich in Richtung seines Apartments. Niall zeigte mir den kürzesten Weg dorthin, ich musste einen ganz schönen Umweg gelaufen sein, um zu dieser Stelle an der Themse zu gelangen.
„Das kommt davon, wenn man sich nicht in London auskennt und seinen Stadtplan zuhause liegen lässt", zog er mich auf, was ich jedoch mit einem Lächeln zur Kenntnis nahm.
In seinem Apartment angekommen, stellten wir uns zunächst gemeinsam unter die Dusche, um einer Erkältung vorzubeugen.
„Du hast am Samstag Geburtstag, ich will nicht, dass du dann mit Husten und Schnupfen im Bett liegst, anstatt zu feiern", lautete Nialls Begründung für die lange und heiße Dusche.
Das stimmte, ich wurde kommenden Samstag neunzehn, somit würde das letzte Jahr meiner Teenagerzeit anbrechen. Irgendwie stimmte mich das nachdenklich. Wurde ich wirklich schon so alt?
„Wie fühlt es sich an, zwanzig zu sein?", fragte ich Niall.
Er erwiderte grinsend: „Ziemlich cool aber bis dahin hast du ja noch ein Jahr Zeit."
Mein Kopf sank auf seine Schulter. „Wer weiß, was in einem Jahr ist", murmelte ich vor mich hin und erinnerte mich gleichzeitig daran, dass wir reden mussten.
Das taten wir dann auch, nachdem wir uns abgetrocknet, angezogen und ich meine Haare geföhnt hatte. Niall bereitete frischen Tee zu, während ich die Kekse verteilte.
„Also", begann ich etwas unsicher, nachdem wir auf dem Sofa Platz genommen hatten, „es tut mir Leid, dass ich vorhin so ausgeflippt bin. Ich wollte dich nicht kränken."
Seine blauen Augen, in denen ich zu versinken drohte, schauten zu mir. „Das weiß ich, Bel. Deswegen bin ich dir auch nicht böse."
Er reichte mir einen Schokokeks, in den ich sofort hineinbiss.
„Es ist so schwer für mich", versuchte ich zu erklären. „Aber..., woher weißt du, wie es in mir aussieht?"
Jetzt lächelte er, während er sprach. „Weil ich genau das, was du jetzt durchmachst, auch erlebt habe. Ich war sechzehn Jahre alt, als ich mich für X-Factor beworben habe und als ich genommen wurde, musste ich erst mal alles zurücklassen. An diesem Tag wusste ich nicht, dass ich vorerst nicht wieder nach Hause kommen würde, und wenn, dann nur zu Besuch. Ich ließ alle meine Freunde zurück aber ich fand neue. Ich ließ meine Eltern zurück, meine Großeltern, meinen Bruder, meine Cousins und Cousinen und meine Freundin, mit der ich dann Schluss gemacht habe."
„Warum hast du Schluss gemacht?", wollte ich wissen.
Genau das war meine Angst. Das alles zwischen ihm und mir vorbei sein würde.
„Wir waren sechzehn, Bel und ich war immer fort. Es hätte keinen Sinn gehabt die Beziehung aufrecht zu erhalten."
Das verstand ich wohl, denn mit sechzehn war man noch furchtbar unreif, doch wie sah das Ganze mit zwanzig aus? Sah er das jetzt anders? Bevor ich jedoch fragen konnte, sagte er: „Weißt du, Süße, ich kann verstehen, dass du Angst hast, denn das hatte ich auch. Aber überlege mal, was du vielleicht verpassen könntest. Ich möchte nicht, dass du dir irgendwann Vorwürfe deswegen machst und vor allem will ich nicht, dass du mir diese irgendwann machst, weil ich dich vielleicht davon abgehalten habe, das zu tun, was du unbedingt erleben willst."
Das klang so furchtbar fair aber auch so, als ob er genau wusste von was er redete. Ich konnte ihm seine eigene Erfahrung nicht absprechen, das wäre ziemlich kindisch gewesen aber ich wusste immer noch nicht, was ich jetzt tun sollte.
„Niall, ich weiß nicht, was ich tun soll, es ist alles so kompliziert, verstehst du? Ich liebe dich und ich will dich nicht verlieren."
„Das weiß ich." Seine blauen Augen suchten meine grünen, in die er nun blickte. „Bel, du sollst dir nur klar darüber werden, was für eine einmalige Chance das ist."
„Du würdest mich gehen lassen, wenn ich mich bewerben würde und sie mich nehmen?", fragte ich wie aus der Pistole geschossen.
Nialls Hand streichelte über mein Gesicht, bevor er antwortete. „Ja, das würde ich."
„Warum?" So simpel wie meine Frage gewesen war, so simpel erklang seine Antwort.
„Weil ich dich liebe."
Seine Worte erweckte ein Zittern in mir, gleichzeitig spürte ich die Tränen in meinen Augen. Sie brannten wie Feuer, genau wie meine Seele und mein Herz. Es war das größte Opfer einen Menschen gehen zu lassen, den man liebte, damit dieser glücklich sein konnte. Doch würde ich das überhaupt sein, ohne ihn? Ich wusste es nicht aber ich würde es auch nie herausfinden, wenn ich es nicht versuchte.
Seine blauen Augen blickten forschend in mein Gesicht und als er meine Tränen sah, nahm er mich in seine Arme. So lagen wir Stunden auf dem Sofa, ohne ein Wort zu sprechen, aber engumschlungen. Ich spürte seinen Herzschlag und plötzlich sagte ich in die Stille hinein: „Unsere Herzen werden sich immer finden, egal wie weit wir voneinander entfernt sind."
„Ach? Auf einmal ist es nicht mehr kitschig?", wisperte er mir ins Ohr.
Ich gab ihm einen Kuss auf die Nasenspitze und sagte: „Ich werde Keith anrufen und hören, was er dazu zu sagen hat, dass ich mich bewerben will."
„Das hört sich gut an, mein kleiner Rotschopf."
Seine aufmunternden Worte bewirkten, dass ich mich umgehend erhob, um die Visitenkarte zu holen. Anschließend blickte ich auf die Uhr und begann zu rechnen.
„Es ist acht Uhr morgens in Neuseeland, denkst du ich kann ihn anrufen?"
Niall musste lachen. „Ich habe keine Ahnung, wann der Typ aufsteht, versuche es einfach."
Sein Lachen klang nicht so frei wie sonst, ich wusste in diesem Moment, dass ihm eine Trennung genauso viel ausmachen würde, wie mir. Wir waren eben beide emotional veranlagt, auch wenn ihr es manchmal geschickt überspielen konnten. Seufzend griff ich nach dem Telefon und wählte die auf der Visitenkarte angegebene Nummer. Nach dem dritten Klingelton nahm schließlich jemand ab.
„Hallo?"
Ich erkannte Keith's Stimme sofort.
„Hallo, hier ist Belita", meldete ich mich fast schon schüchtern.
„Belita! Was für eine tolle Überraschung! Wie geht es dir?"
„Danke gut. Ich habe das Interview gesehen."
Mehr brauchte ich nicht zu erklären, er wusste sofort, wovon ich sprach.
„Ich hatte so gehofft, dass du es sehen würdest", sagte er mit freudig klingender Stimme.
Nun trug ich mein Anliegen vor. „Ich wollte fragen, was ich tun muss, um mich bei Whale Rescue zu bewerben."
„Du hast es dir tatsächlich überlegt?", kam es von Keith.
„Ja, das habe ich."
„Und dein Freund?"
„Wir haben gerade darüber gesprochen. Er war eigentlich derjenige, der mir gut zugeredet hat", antwortete ich ehrlich.
Keith atmete tief durch. „Alle Achtung, das ist ein großes Opfer, das er da bringt."
„Ich weiß aber er tut es, weil er mich liebt."
„Das ist gut zu wissen aber jetzt werde ich dir genau sagen, was du zu tun hast, also spitz die Ohren."
Keith nannte mir eine Webadresse, welche Niall sofort auf seinem Laptop aufrief. Dort fand man ein Bewerbungsformular, welches ich ausfüllen und nach Neuseeland mailen musste. Weiterhin erklärte Keith, dass ein Komitee entscheiden würde, wer von den Bewerbern in Frage kam und die endgültige Auswahl nicht vor Jahresende erfolgen würde.
Das bedeutete für Niall und mich mindestens acht Wochen Ungewissheit, was unsere gemeinsame Zukunft betraf, denn man konnte ja nicht unbedingt davon ausgehen, dass ich genommen wurde. Irgendwie hatte ich mir das alles einfacher vorgestellt, doch ich wollte nicht aufgeben. Jetzt hatte ich mich dazu durchgerungen, also wurde es auch in Angriff genommen.
„Ich wünsche dir viel Glück, Belita", sagte Keith, als wir uns voneinander verabschiedeten.
Niall half mir später, das Formular auszufüllen, es gab zwei Sachen, die mir nicht so ganz plausibel waren von all den Fragen, die aufgeführt wurden, doch er erklärte es mir geduldig. Als ich in seine blauen Augen schaute, die mir zuzwinkerten, konnte ich den Schmerz darin sehen. Er litt jetzt schon, wie sollte das denn werden, wenn ich wirklich nach Neuseeland gehen würde? Immerhin brauchte ich diese Entscheidung nicht vor Jahresende zu fällen, vorausgesetzt, man war bereit mich zum Whale Rescue Helfer auszubilden. Als ich die Bewerbung mitten in der Nacht abschickte, atmete ich danach tief durch.
„Ich bin stolz auf dich", hörte ich Niall sagen, der mich in seine Arme nahm.
„Ich liebe dich, Blondie", flüsterte ich ihm uns Ohr.
„Ich weiß, so einen Typen wie mich kann man nur lieben."
Da war er wieder, der kleine Macho-Niall, der mich zum Grinsen brachte.
„Lass uns schlafen gehen", schlug ich vor, was Niall zum Anlass nahm, mich hochzuheben und ins Bett zu tragen.
„Was hat Darragh eigentlich vorhin gewollt?", erkundigte ich mich, als ich kurze Zeit später in seinem Arm lag.
„Weißt du, Bel. Auch Jungs haben manchmal Dinge zu besprechen, die Mädels einfach nichts angehen."
„Du bist gemein."
Die Tage bis zum Wochenende vergingen rasend schnell. Niall und ich hatten uns darauf geeinigt das Thema Neuseeland erst wieder zur Sprache zu bringen, wenn es spruchreif sein würde. Wir wollten unsere gemeinsame Zeit so lange miteinander genießen, bis ich eine Nachricht von der Whale Rescue Organisatin erhalten würde.
Obwohl die ganze Sache in unseren Köpfen steckte, gelang es uns trotzdem, einfach nur Spaß zu haben, der allerdings hin und wieder unterbrochen wurde, weil Darragh jeden Tag anrief. Dieser Junge musste wirklich gewaltige Probleme haben und ich wollte für ihn hoffen, dass sie nicht mit Nelia zusammenhingen. Wenn er meiner kleinen Schwester wehtun würde, konnte er sich auf etwas gefasst machen.
Mittwochs durfte ich One Direction zu einem Fotoshooting begleiten und donnerstags streunte ich mit Perrie durch London, die mir vieles zeigte, unter anderem den Club, in welchem wir meinen Geburtstag feiern würde. Zumindest sah ich das Gebäude von außen, denn mittags war der Club logischerweise noch geschlossen. Ich hatte mir extra ein neues Kleid zugelegt, das ich zu diesem Anlass anziehen wollte.
Geplant war, dass wir von Freitag auf Samstag hineinfeiern würden, was mir auch ganz recht war. So konnte ich den Samstag, meinen eigentlichen Geburtstag, in aller Ruhe mit Niall verbringen. Wir würden essen gehen und einfach unsere traute Zweisamkeit genießen. Seit ich mich bei der Whale Rescue Organisation beworben hatte, erlebte ich jede Minute mit ihm noch viel intensiver, als das vorher der Fall gewesen war. Zeit war im Moment unser kostbarstes Gut und wir beide wussten das zu schätzen.
Als ich am Freitag erwachte, war Niall bereits aufgestanden. Mit leisen Schritten tapste ich in die Küche, um festzustellen, dass er gerade das Frühstück für uns zubereitete.
„Hey, Süße, komm her!"
Er schnappte mich einfach und begann mich zu küssen. Ich legte meine Arme um seinen Hals und genoss die Liebkosung seiner Zunge mehr als je zuvor.
„Warum bist du denn schon so früh auf?", fragte ich, nachdem wir unseren Kuss beendet hatten.
„Weil ich heute noch ein bisschen was zu tun habe", lautete seine Antwort.
Ich nippte an dem Tee, welchen er inzwischen in meine Lieblingstasse gegossen hatte und schaute ihn nur fragend an.
„Geburtstagsvorbereitungen", erwiderte er nur kurz angebunden.
Damit musste ich mich wohl oder übel zufrieden geben.
„Ich gehe nachher mit Perrie und El ins Nagelstudio", klärte ich meinen Freund nun auf.
„Schön, wer holt dich ab?"
„Perrie, sie kommt in einer Stunde vorbei."
Ich hätte zu gerne gewusst, welche Überraschung Niall für mich parat hatte, doch es würde nichts nützen, ihn zu fragen. Ansonsten war es ja keine Überraschung mehr.
Also suchte ich nach dem Frühstück das Badezimmer auf, um erfreut festzustellen, dass meine Tage endlich vorbei waren. Nachdem ich geduscht und mich angezogen hatte, eilte ich in die Küche, um Niall die frohe Botschaft zu verkünden.
„Wir können wieder loslegen, Dr. Horan."
Seine Antwort fiel nicht ganz so enthusiastisch aus, wie ich sie erwartet hatte.
„Fein, dann aber erst an deinem Geburtstag".
„Morgen erst? Warum das denn?" Enttäuscht schaute ich ihn an.
„Weil wir das vorher nicht mehr schaffen."
„Du meinst, weil du es vorher nicht mehr schaffst!", sagte ich ungehalten.
Jede Minute mit ihm war kostbar, das wurde mir von Tag zu Tag mehr bewusst.
„Süße, schau mal auf die Uhr. Perrie holt dich in zehn Minuten ab und ich muss ungefähr in einer Stunde los, um deine Überraschung vorzubereiten."
„Und das dauert bis acht Uhr abends, oder was?", warf ich ihm an den Kopf.
„Vielleicht."
Seine coole Art ging mir total auf die Nerven und so sagte ich: „Weißt du was, Horan? Die Mitternachts-Snacks kannst du dir für die nächste Zeit abschminken."
Dann verschwand ich im Schlafzimmer und knallte die Tür hinter mir zu. Nialls lautes Lachen, das daraufhin aus der Küche ertönte, brachte mich jedoch zum Schmunzeln.
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Ok, ich gebe es zu, diese Story weißt in diesem Kapitel Paralellen zu Promise me! auf - aber da der Rest komplett anders ist, hoffe ich, dass es euch nicht stört.
LG, Ambi xxx
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