28. Code Words
Als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich Nialls warmen Körper an meinen gepresst. Seine regelmäßigen Atemzüge verrieten, dass er noch tief und fest zu schlafen schien, während meine Gedanken zurück zur letzten Nacht wanderten. Erst jetzt begann ich alles zu realisieren und zu verarbeiten.
Jede einzelne Berührung und die daraus resultierenden Emotionen wurde von mir analysiert. Das sanfte Streicheln seiner Hände auf meiner Haut, das den Wunsch in mir auslöste, dass er dies für ewig tun würde. Die Liebkosung seiner Lippen, die das Feuer in mir brennen ließen, weil er dies genau an der richtigen Stelle tat. Doch es gab absolut nichts, was sich besser anfühlte, als mit ihm zu schlafen. Und genau das machte die letzte Nacht so vollkommen. Es war einfach perfekt gewesen.
Als ich meine Augen schloss und mich auf nichts anderes konzentrierte, erlebte ich all das noch einmal. Zum allerersten Mal die letzte aller Berührungen zu testen, war so etwas Einmaliges, dass ich plötzlich Angst bekam, es sei durch nichts mehr zu überbieten. Was hatten meine Freundinnen mir da bloß für einen Scheiß erzählt? Langsam aber sicher kam ich zu der Überzeugung, dass sie sich wohl für ihr erstes Mal den falschen Typen ausgesucht haben mussten.
Mit Niall war alles so einfach und trotzdem emotionsgeladen gewesen. Am meisten überraschte mich jedoch die Tatsache, dass jeder die Gefühle des anderen wahrzunehmen schien. Irgendwie überwältigte mich das total, denn noch nie zuvor hatte ich einen Menschen so nahe an mich herankommen lassen wie ihn und das in jeglicher Hinsicht. Das Wichtigste für mich war jedoch, dass ich es nicht bereute, die letzte aller Berührungen zugelassen zu haben. Alles war so, wie es sein sollte. Realität und Traum vermischten sich nicht mehr, denn sie waren seit letzter Nacht zusammen verschmolzen.
Es war ein absolut gutes Gefühl Niall neben mir liegen zu wissen, schlafend und total entspannt. Meine Augen wanderten über sein hübsches Gesicht, um anschließend über seinen Oberkörper zu gleiten, der nicht von der Decke eingehüllt war. Diese begann erst ein Stück tiefer, an jener Stelle wo sein Bauchnabel lag. Ich hätte stundenlang dasitzen können und ihn einfach nur anschauen, doch irgendwann meldete sich der Wecker, der Niall nun aus dem Schlaf riss. Fast hätte ich es vergessen, dass heute wieder ein Konzert anstand.
Ich beobachtete wie er langsam seine Augen aufschlug, um verwirrt zu murmeln: „Wer hat das Scheißding angestellt? Ich bin so müde..."
Nun küsste ich ihn sanft auf die Nasenspitze, was er mit einem leichten Grinsen quittierte.
„Hast du gut geschlafen, mein kleiner Rotschopf?", wisperte er.
„Ja und du?"
Niall zog mich zu sich, so dass ich in seinem Arm liegen konnte.
„Ich hab super toll geschlafen." Er hauchte mir einen Kuss auf die Lippen, was mich zum Lächeln brachte. „Geht's dir gut, Bel?", fragte er anschließend.
„Ja, klar. Mir geht es absolut super. Ich meine... nach dieser Nacht kann es mir doch nur geht gehen..."
Ich wollte ihn wissen lassen, dass er alles absolut richtig gemacht hatte und dass ich nichts bereute. Als mein Blick auf seine Schulter fiel, bekam ich jedoch Gewissensbisse. Der Abdruck meiner Zähne war klar und deutlich zu sehen. Ich fühlte mich wirklich schlecht, weil ich die Schuld daran trug.
„Wie geht es deiner Schulter?", fragte ich zögernd, während eine leichte Röte über mein Gesicht zog.
Nun grinste Niall breit. „Der geht's schon wieder spitze, ich merke eigentlich kaum etwas."
Trotz seiner Antwort behielt ich ein schlechtes Gewissen und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Stelle.
„Jetzt heilt es bestimmt schneller", meinte ich. Wie hatten meine Gefühle nur so mit mir durchgehen können?
Niall lachte leise. „Weißt du, Bel, so was kommt vor, also bleib ganz entspannt. Ich werde dich auch nicht damit aufziehen, versprochen."
Nachdem wir uns geduscht und angezogen hatten, suchten wir unseren Besprechungsraum auf, um gemeinsam mit den anderen zu frühstücken. Louis und El erschienen kurz nach uns, die anderen waren schon da, selbst Zayn, die alte Schlafmütze.
Sowohl die Jungs, als auch die Crew schienen bester Laune zu sein. Es wurde viel gescherzt und geredet. Ich häufte mir eine große Portion Rührei auf den Teller, während Niall sich ein typisch englisches Frühstück mit Bohnen und Würstchen gönnte. Harry, der zu meiner Rechten saß, verdrückte ebenfalls einige der kleinen Würstchen. Als er mich fragte, ob ich eines haben wollte, schüttelte ich meinen Kopf.
„Nein, danke, mir reichen die Rühreier", antwortete ich lächelnd. Gleichzeitig freute ich mich darüber, wie sehr sich unser Verhältnis normalisiert hatte, seit wir die Gruppentherapie hinter uns gebracht hatten.
„Magst du eigentlich generell keine Würstchen zum Frühstück?", erkundigte sich Harry beiläufig.
„Ich glaube Bel hat da heute keinen Bock drauf, denn wir hatten gestern Würstchen im Schlafrock", antwortete Niall zu meinem Erstaunen.
Was sollte der Scheiß denn jetzt schon wieder? Sicher hatten wir gestern Nacht noch etwas gegessen aber das waren Hühnchen Teile gewesen und keinesfalls Würstchen im Schlafrock. Bevor ich etwas dazu sagen konnte, mischte Louis sich nun ein.
„Echt? Würstchen im Schlafrock? Das freut mich jetzt aber! El hatte gestern mal wieder einen Mitternachts-Snack!" Seine blau-grauen Augen blitzten total unternehmungslustig auf.
Die anderen Jungs saßen da und grinsten von einem Ohr zum anderen. Irgendwie kam mir das Ganze reichlich seltsam vor, doch als ich mich bemühte meinen Freund zu korrigieren, indem ich hervorbrachte, dass wir Hühnchen Teile gegessen hätten, brachen alle in lautes Gelächter aus. Zayn, Harry und Liam liefen die Tränen die Wangen hinunter, als sie zu Niall schauten, der nur grinsend zu Louis blickte.
El schien die Einzige zu sein, die das nicht so lustig fand, jedenfalls sagte sie plötzlich laut: „Hört ihr jetzt mal auf damit, ihr Idioten! Das kann ganz schön nerven, wisst ihr das!"
„Ach komm schon", meinte Louis versöhnlich, „bisher hat es dich nie gestört und auf einmal macht du eine auf beleidigte Leberwurst."
„Ich bin nicht beleidigt darüber was du gesagt hast, aber ich finde es nicht richtig, dass..." Sie stoppte plötzlich mitten im Satz und schüttelte leicht den Kopf.
„Was?", fragte Louis nur.
„Vergiss es. Ihr bekommt nachher eure Abreibung."
Ich verstand nun überhaupt nichts mehr und traute mich auch nicht zu fragen, vor allem nicht, als Zayn noch einen Satz losließ.
„Also wenn ich Würstchen im Schlafrock hatte, rauche ich danach immer einer Zigarette."
„Ich bin Nichtraucher", kam es prompt von Niall.
„Dafür bist du ein Allesfresser", zog Harry meinen Freund auf, was Niall jedoch nur mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nahm.
Schließlich stand El auf, weil sie fertig mit Essen zu sein schien.
„Kommst du mit Bel", fragte sie in meine Richtung.
Da ich ebenfalls aufgegessen hatte, erhob ich mich, um El nach draußen zu folgen. Wir liefen auf die große Dachterrasse des Hotels, wo sich um diese Zeit kein Mensch aufhielt. Dort ließen wir uns auf einer Bank zwischen all den Pflanzen nieder, bevor El zu reden begann. Mir war irgendwie klar, dass sie mir etwas Wichtiges mitteilen wollte.
„Niall hat dich wohl noch nicht darüber aufgeklärt, oder?", meinte sie.
„Was meinst du denn? Über was soll er mich denn aufklären?", fragte ich leicht verwundert.
Nun seufzte El leise vor sich hin. „Bel, du hast ja wohl inzwischen mitbekommen, dass die Jungs kein oder zumindest wenig Schamgefühl besitzen. Sie erzählen sich einfach alles."
Nickend erwiderte ich: „Ja, das ist mir schon aufgefallen."
„Gut. Also die Sache ist die...", fuhr El fort, „es gibt eben Dinge über die sie sich unterhalten wollen, wenn die Crew anwesend ist, die es jedoch nicht mitkriegen soll."
Ich nickte erneut und wartete gespannt darauf, was nun kommen würde.
„Dafür haben sie dann Code Wörter erfunden."
Ich schaute El an, als hätte sie den Verstand verloren.
„Was denn für Code Wörter?", fragte ich völlig entgeistert.
„Zum Beispiel Würstchen im Schlafrock", antwortete El grinsend.
„Aha. Und was bedeutet das?", erkundigte ich mich zögernd.
Bevor sie zu einer Antwort ansetzte, atmete El tief durch. „Würstchen im Schlafrock", erklärte sie nun ruhig, „bedeutet, dass du mit jemandem geschlafen hast."
Innerhalb von Sekunden überzog sich mein Gesicht mit einer flammenden Röte. Alle wussten, dass Niall und ich letzte Nacht Sex miteinander hatten! Ich hätte ihn auf der Stelle erwürgen können! Doch El war noch nicht fertig mit ihren Erklärungen.
„Kannst du dich daran erinnern, dass der Begriff Hot Dogs schon mehrmals gefallen ist?", fragte sie.
Als ich nickte und fragte: „Und was bedeutet das?", antwortete sie grinsend: „Dass du sein Ding in die Hand genommen hast und..."
„Nein", fiel ich ihr ins Wort, „ich höre mir das nicht länger an und Niall kriegt eins auf die Fresse!"
„Bel, beruhige dich doch! Du kannst es ihm locker heimzahlen, wenn ich dir alle Begriffe erläutert habe", meinte sie ruhig.
Ich schnaufte wie eine Dampflokomotive, so wütend war ich im Augenblick, doch ich wollte plötzlich alles wissen.
„Louis hat vorhin das Wort Mitternachts-Snack erwähnt", hörte ich El schelmisch grinsend sagen.
„Und für was steht das? Ich nehme nicht an, dass es etwas mit Essen zu tun hat", warf ich ein.
„Da hast du absolut Recht, denn damit ist Oralsex gemeint."
„Oh mein Gott!" Ich wurde puterrot im Gesicht und fragte mich, was es sonst noch für Code Wörter gab.
„Also wenn ich Niall jetzt eins auswischen will, kann ich sagen, dass es drei Tage keinen Mitternachts-Snack für ihn gibt, oder?" richtete ich meiner Frage an El.
Diese schüttelte daraufhin den Kopf. „Das kommt ganz drauf an, wie du ihn bestrafen willst, den Mitternachts-Snack gibt es nur für uns Frauen, bei den Jungs, also für den umgedrehten Fall, heißt es dann Cupcakes."
„Moment mal, hat Louis das Wort nicht vor ein paar Tagen benutzt?", fragte ich erstaunt.
„Ja, hat er."
Ich schüttelte nun meinen Kopf und fasste mir an die Stirn.
„Geht's dir nicht gut?", wollte El wissen, doch ich antwortete nur: „Zu viele schmutzige Informationen auf einmal."
Dann mussten wir beide laut lachen, bis wir Bauchschmerzen bekamen.
„Na warte, Niall kann was erleben", japste ich zwischen zwei Lachsalven.
„Bitte lass mich dabei sein!", bettelte El, ein Wunsch den ich ihr wohl kaum verwehren konnte, nicht nachdem sie mich so gründlich aufgeklärt hatte.
Keine drei Minuten später befanden wir uns auf dem Weg in das Besprechungszimmer, wo die Jungs immer noch saßen und sich unterhielten, außer Niall, der immer noch aß. Als er uns erblickte, schaute er mich zunächst fragend an, doch die Farbe wich aus seinem Gesicht, als ich laut und deutlich von mir gab: „Für die nächsten drei Tage sind die Cupcakes gestrichen, Horan!"
Dann machte ich auf dem Absatz kehrt, gefolgt von El. Wir hinterließen brüllendes Gelächter. Es war mir egal, ob Niall jetzt von den anderen Jungs aufgezogen wurde, denn verdient hatte er es auf jeden Fall. Ich war ihm jedoch nicht mehr böse, sondern musste eher darüber schmunzeln. El und ich konnten nicht aufhören zu lachen, während wir den Gang entlang liefen.
„Jetzt bist du vollends eingeweiht, was diese Dinge angeht", meinte sie, als wir vor den Aufzügen standen.
„Allerdings und Niall wird sich das nächste Mal gut überlegen, was er erzählt."
Eine Viertelstunde später lagen wir am Hotelstrand, wobei die Jungs uns Gesellschaft leisteten. Niall, der dicht neben mir lag, flüsterte mir plötzlich ins Ohr: „Du hast das doch vorhin nicht ernst gemeint, oder?"
Ich konnte mir ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen, als ich antwortete. „Schauen wir mal, vielleicht will ich mich ja rächen."
„Und wieso?" Seine blauen Augen blickten erstaunt drein.
„Weil du mich in Unwissenheit hast dahinschmoren lassen", entgegnete ich prompt.
Seine Lippen knabberten jetzt zärtlich an meinem Ohrläppchen.
„Ach komm schon, Bel." Er küsste mich sanft. „Es tut mir Leid, ok?"
Warum nur wurde ich so schnell schwach bei ihm? Seufzend erwiderte ich: „Ok, du hast gewonnen."
Als Niall sich kurze Zeit später erhob, um Liam ins Wasser zu folgen, hörte ich wie Zayn, Louis und Harry ihm hinterher pfiffen. Fragend schaute ich zu El.
„Was war das denn jetzt?"
„Ich glaube, sie haben gerade die Bisswunde an seiner Schulter entdeckt", erwiderte sie grinsend. Daraufhin wollte ich mich am liebsten in das nächste Mauseloch verkriechen, doch Louis versuchte mich aufzumuntern.
„Das ist doch nichts Schlimmes, Bel", meinte er und zwinkerte mir zu. „Es besagt lediglich, dass ihr beiden wohl Spaß hattet."
Seine Aussage machte mir bewusst, dass ich wirklich viel lockerer werden musste, was diese Dinge anging.
Die beiden Tage in Melbourne vergingen so rasend schnell, dass mir angst und bange wurde. Drei Wochen Australien hörte sich unendlich lange an und nun war die Hälfte bereits vorbei. Nach dem Konzert am Mittwochabend flogen wir direkt nach Sydney, worauf ich mich natürlich auch freute. Dort würden die Jungs am Samstag ein Konzert geben, was bedeutete, dass wir genügend Zeit hatten, die Stadt anzuschauen oder sonstigen Aktivitäten nachzugehen.
Niall, Harry und ich entschieden uns dazu, Golf zu spielen, etwas, was ich seit meinem Irlandaufenthalt nicht mehr getan hatte. Umso mehr freute ich mich auf den tollen Parcours, welcher zum Hotel gehörte. Die Ausrüstung konnte man komplett ausleihen und somit gab es keine Probleme, dass irgendetwas fehlte.
Harry staunte sogar über meine Fähigkeiten und selbst Niall musste zugeben, dass ich mich verbessert hatte, seit ich zum ersten Mal mit ihm auf dem Golfplatz gewesen war. Es machte unglaublichen Spaß mit den beiden Jungs loszuziehen, ich genoss jede Minute auf dem Parcours und freute mich, wenn mir ein Schlag gelang. Zur Belohnung gab es immer einen Kuss von Niall, was mich noch mehr anspornte und Harry zum Lachen animierte.
„Ihr zwei seid so ein süßes Paar", stellte er schmunzelnd fest.
Ich lächelte, bedankte mich und fragte: „Warum hast du eigentlich keine Freundin?"
„Weil mir bis jetzt noch nicht die Richtige über den Weg gelaufen ist und es für uns verdammt schwer ist, jemanden kennenzulernen, der es ernst meint", antwortete er, bevor er sich auf den nächsten Abschlag vorbereitete.
Seine Aussage ließ mich nachdenklich werden. Irgendwie hatte er Recht, denn viele Mädchen zeigten nur Interesse für die Jungs, weil sie einer Boy Band angehörten. Aber keine von ihnen wusste, welch tolle Charaktere diese fünf wirklich besaßen. Ich war auf jeden Fall froh, sie kennengelernt zu haben und mit ihnen auf Tour sein zu dürfen.
Es veränderte meine Einstellung in mancher Hinsicht total. Sie arbeiteten wirklich hart für ihren Erfolg aber sie verloren nie den Spaß daran und hielten fest zusammen, wie eine Familie. Und ich war nun ein Teil davon, was mich absolut glücklich machte. Ich hätte die ganze Welt umarmen können, so ausgelassen fühlte ich mich im Augenblick. Und ich war Niall so dankbar für all das, was ich hier erleben durfte, angefangen von den fantastischen Orten, die wir bereisten, die Bootstour zu den Buckelwalen, die Erfahrung über meinen Schatten springen zu können, was mein Trauma betraf und die letzte aller Berührungen genießen zu dürfen.
Seit Dienstag tat ich das jede Nacht. Es hatte mich zwar einigermaßen verblüfft, dass mein Freund nach ungefähr zwei Stunden auf der Bühne zunächst ausgepumpt in der Garderobe saß. Doch sobald wir uns alleine in unseren Hotelzimmer befanden, bekam ich zu spüren, dass sein Adrenalinspiegel immer noch so erhöht war, dass er kein Problem damit hatte, über mich herzufallen. Wobei die Aussage „über mich herfallen" nicht so ganz zutraf, denn er war immer noch sehr vorsichtig wenn es darum ging, mich in irgendeiner Form zu berühren.
Meine Gedanken wurden unterbrochen, als ich Nialls Stimme hörte: „Bel, träumst du? Du bist an der Reihe."
„Sorry, ich hab wirklich geträumt", entschuldigte ich mich augenzwinkernd, während ich an ihm vorbei ging.
Niall grinste mich an, als wisse er genau, was sich in meinem Kopf abspielte. Das störte mich jedoch nicht, denn ich konzentrierte mich nur auf den Schlag – so wie ich es gelernt hatte. Beide Jungs starrten dem Ball mit offenem Mund hinterher.
„Das gibt's doch gar nicht! Niall, die macht uns hier fertig!", hörte ich Harry sagen.
„Also echt, Bel, du solltest mal zur Dopingkontrolle gehen", bemerkte mein Freund mit witzigem Unterton in seiner Stimme. Ich konnte genau heraushören, dass er sich für mich freute, denn wenn alles glatt lief, würde der Ball mit dem nächsten Schlag im Loch sein. Minuten später jubelte ich laut, weil das tatsächlich eingetreten war.
„Ich glaube, wir sollten in Rente gehen, was das Golfspielen angeht", meinte Harry und schaute zu Niall, der nur mit den Schultern zuckte. Dann setzten wir unser Spiel fort. Um den nächsten Abschlagspunkt zu erreichen, fuhren wir mit unserem Caddy, da es sehr weit zum Laufen gewesen wäre. Dieser wurde von Harry gesteuert, dem das richtig Spaß zu machen schien.
An unserem Ziel angekommen, sprang ich mit Schwung aus dem Gefährt, was dazu führte, dass ich nicht richtig am Boden aufkam. Alles was ich plötzlich spürte, war ein stechender Schmerz im linken Fußknöchel.
„Autsch!" Schmerzverzehrt verzog ich mein Gesicht. Keine Sekunde später stand Niall neben mir, um sich die Bescherung anzuschauen. Er kniete auf dem Boden und tastete vorsichtig meinen Fuß ab.
„Tut das weh?", fragte er besorgt.
Ich schaute in seine blauen Augen und nickte.
„Ok, dann brechen wir ab und bringen dich zum Doc", entschied Harry spontan, was Niall mit einem Nicken kommentierte.
Die Jungs halfen mir in den Caddy zu steigen, damit ich mich nicht noch mehr verletzte. Niall legte seine Arme um mich, während Harry das Gefährt sicher über den Parcours steuerte. Mein Knöchel schmerzte wirklich höllisch, doch ich hielt tapfer durch.
Im Hotel angekommen, trug Niall mich bis zu den Aufzügen, während Harry versuchte, Pauly telefonisch aufzutreiben. Als wir zu Dritt in den Aufzug stiegen, meldete er sich endlich. Der Lockenkopf erklärte ihm kurz was Sache war und wandte sich dann an uns.
„Pauly hat gesagt, er kümmert sich drum, dass sofort ein Arzt zu Bel kommt. Ihr sollt einfach auf euer Zimmer gehen."
Obwohl Niall es locker alleine geschafft hätte, mich heil auf unserem Bett abzuliefern, begleitete Harry uns trotzdem bis zur Zimmertür. Er zog die Karte durch den Türöffner, damit Niall es einfacher hatte und mich nicht abzusetzen brauchte. Wie fürsorglich die Jungs doch waren!
Nachdem Niall mich auf unser Doppelbett gelegt hatte, setzte ich mich auf und betrachtete meinen dicken Knöchel, der noch immer schmerzte.
„Es tut mir Leid, ich wollte dir keinen Kummer bereiten", brachte ich hervor und schaute zu ihm.
„Unsinn!" Niall küsste mich sanft auf die Lippen. „Es ist eben dumm gelaufen."
Bevor wir weiter reden konnten, klopfte es an der Zimmertür. So schnell ging das also, wenn man berühmt war und medizinische Hilfe benötigte!
„Das wird der Arzt sein", meinte Niall und erhob sich, um zur Tür zu laufen.
Ich schaute ihm hinterher und wunderte mich, dass er nicht sofort wieder auftauchte, sondern mit dem Arzt zu sprechen schien. Plötzlich kehrte er mit ernster Miene zurück, setzte sich zu mir auf das Bett und begann zu reden.
„Bel, der Arzt, der dich gleich untersuchen wird ist männlich. Und er wird dich jetzt leider anfassen müssen, zumindest deinen Fußknöchel."
Ich hatte mir schon so etwas gedacht und atmete tief durch. Das war dann jetzt wohl so eine Art Feuertaufe, die ich durchstehen musste. Da es jedoch nicht zu ändern war und ich mir hirnrissig vorgekommen wäre, auf eine Ärztin zu bestehen, sagte ich nur: „Dann ruf ihn halt rein. Du bist ja dabei um mich zu beschützen."
Niall erwiderte grinsend: „Darauf kannst du sich verlassen, Süße. Eine falsche Bewegung und ich schlage den Kerl bewusstlos."
Prompt musste ich lachen. Niall war wirklich zu süß, wenn es um so etwas ging. Nun wartete ich gespannt auf jenen Mann der mich gleich zwangsläufig berühren musste. Zwei Sekunden später kam Niall mit einem freundlich ausschauenden Herrn, mittleren Alters, um die Ecke.
„Hallo, ich bin Dr Scott", stellte er sich vor. „Ihr Freund hat mir zu verstehen geben, dass ich sie vorsichtig behandeln soll", sagte er lächelnd.
Ich nickte nur, während ich zu Niall schaute, der sich sofort zu mir auf das Bett setzte. Er nahm meine Hand und streichelte diese beruhigend.
„Keine Angst, ich bin bei dir", flüsterte er mir ins Ohr.
Da ich keine Socken trug, konnte der Arzt sich sofort meinem Knöchel widmen. Zunächst warf er einen Blick darauf und fragte wie das passiert sei. Nachdem ich es ihm erklärt hatte, tasteten seine Hände vorsichtig über meinen Fuß. Im ersten Moment zuckte ich leicht zusammen, doch was mir wirklich half, war Niall, der meine Hand nicht los ließ. Er befürchtete wohl das Schlimmste, was jedoch nicht eintraf.
Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter, während ich die Prozedur über mich ergehen ließ. Eigentlich war es nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte. Da es sich um eine notwendige Untersuchung handelte, bekam ich nicht das Gefühl, durch diese Berührung belästigt zu werden. Sie diente einzig und alleine dazu, meinen Gesundheitszustand zu überprüfen.
Als ich es aus dieser Perspektive betrachtete, normalisierte sich meine Atmung sogar ein wenig. Dieser Mann tat nichts, was mir schaden würde, im Gegenteil. Er bemühte sich wirklich, mir nicht noch mehr Schmerzen zuzufügen, als ich ohnehin schon aushalten musste.
„Zum Glück ist nichts gebrochen, sondern nur ein bisschen gestaucht", lautete seine Diagnose.
Es war Niall der zuerst erleichtert aufatmete, bevor ich das Gleiche tat.
„Ich werde Ihnen eine schmerzstillende Salbe verordnen, welche außerdem die Schwellung abklingen lässt", fuhr der Arzt fort. „In ein paar Tagen ist das wieder abgeklungen, es können jedoch hin und wieder Schmerzen auftauchen, vor allem, wenn Sie den Knöchel zu stark belasten."
„Darf ich denn bald wieder Golf spielen?", fragte ich hoffnungsvoll.
Der Arzt grinste leicht, schaute zu Niall du meinte: „Ihre Freundin ist wirklich nicht kleinzukriegen. Verletzt sich beim Golfen und will gleich wieder auf den Parcours."
„Sie ist eben hart im Nehmen", antwortete Niall ebenfalls grinsend.
„Ich werde ihnen eine Art Knöchelstütze zukommen lassen", versprach der Arzt, was mich überaus freute. Anschließend verabschiedete er sich von mir und Niall. Ich schaute ihm nach, bis er durch die Tür verschwunden war.
„Ich bin so stolz auf dich", vernahm ich Nialls Stimme an meinem Ohr.
Seine Hand strich sanft über meine Wange, als ich ihm in die Augen schaute. Kurz darauf versanken wir in einem endlosen, innigen Kuss, der durch ein lautes Klopfen an unserer Zimmertür unterbrochen wurde. Seufzend stand Niall auf, um nach dem Störenfried zu schauen.
Es war nicht nur einer, sondern alle Jungs, einschließlich El begehrten Einlass, um einen Krankenbesuch abzustatten, wie Louis sich ausdrückte. Sie belagerten unser Bett, plünderten die Minibar und riefen schließlich den Zimmerservice an, damit wir mit weiteren Getränken und Essen versorgt wurden. Bevor ich es richtig realisierte, war eine Party im Gange. Niall holte irgendwann eine seiner Gitarren hervor und so bekamen El und ich eine Art Gratiskonzert von One Direction geliefert, was wir sichtlich genossen.
„Weißt du jetzt, warum das Management immer eine ganze Etage mietet?", fragte Zayn lachend, als El und ich lautstark applaudierten.
„Damit sich eure Zimmernachbarn nicht beschweren können", rief ich ihm zu.
Nun bekam ich den Applaus für eine richtige Antwort.
„Gibt's eigentlich ein Code Wort für Sex mit körperlichen Handicaps?", fragte Louis plötzlich. Ich wurde puterrot im Gesicht und hätte ihn am liebsten erwürgen können.
„Nein, aber wir können ja eins erfinden", meinte Harry trocken.
„Sag du doch mal was, Liam. Du hast doch immer so gute Ideen", brachte Zayn hervor.
Prompt antwortete mein „Cousin": „Behinderten-Fußball."
„Hä? Wie kommst du denn jetzt darauf?", wollte Niall wissen.
„Na ja, Ball im Tor und so..."
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Ich hoffe, ich konnte euch mit diesem Kapitel einen Lachflash bescheren :) Die Widmung geht dieses Mal an meine Freundin CatrifaThrums , weil es ihr Lieblingskapitel ist.
Ich wünsche euch noch ein schönes Wochenende!
LG, Ambi xxx
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