25. Therapy
Am nächsten Morgen hieß es um zehn Uhr aufstehen, da wir nun Adelaide verlassen und nach Perth fliegen würden. One Direction gaben dort zwei Konzerte, doch der Ankunftstag stand zur freien Verfügung, da erst am darauffolgenden Tag der erste der beiden Auftritte stattfand.
Nachdem wir den Flug überstanden und im Hotel eingecheckt hatten, verkündete Pauly, dass er ein großes Boot gemietet habe, mit welchem wir nun hinaus auf das Meer fahren könnten. Wie zu erwarten, blieb Zayn im Hotel zurück, während ich mich mit den restlichen Jungs und El auf diesen Auslug freute.
Niall hatte mir erklärt, dass wir vom Boot aus schwimmen gehen konnten, wenn wir das wollten. Genau darauf hatte ich Lust! Einfach ins Wasser zu springen, unterzutauchen und mir eine paar schöne Stunden zu machen.
El und ich legten uns auf den Bug und sonnten uns, bevor das Schiff ankerte. Die Jungs sprangen natürlich zuerst ins Wasser, doch El und ich warteten keine Minute, bis wir es ihnen gleich taten. Ich schwamm zu Niall, der mich prompt untertauchte, was ich mir jedoch nicht gefallen ließ. Das gab Rache! Im nu war eine lustige Wasserschlacht im Gange, bei welcher Pauly sogar mitmachte.
„Wenn jetzt noch ein paar Buckelwale auftauchen würden, dann wäre das doch für Bel perfekt", meinte Louis, bevor er untertauchte um El kurz darauf unter Wasser zu ziehen.
Ich musste prompt lachen und dachte an den gestrigen Ausflug. Automatisch wanderte mein Blick zu Niall. Ohne ihn wäre das alles nicht möglich gewesen. Und erneut wurde mir bewusst, wie viel ich ihm eigentlich zu verdanken hatte. All das, was ich in den letzten viereinhalb Wochen gelernt hatte, was ich im Moment erlebte und was ich in Zukunft noch tun würde.
Alles wäre so anders verlaufen, wenn ich ihn nicht getroffen hätte. Ein einziger Mensch veränderte mein komplettes Leben und daran würde ich mich immer erinnern.
Ich schwamm zu Niall, legte meine Arme um seinen Hals und ließ mich an seinen Rücken geklammert, durch das Wasser ziehen. Unglaublich wie normal es für mich geworden war, ihn einfach zu berühren. Ich dachte nicht mehr darüber nach, so wie zu Beginn unserer Freundschaft. Und genau das wollte ich bei den anderen Jungs auch schaffen. Sie zu umarmen, ohne darüber nachdenken zu müssen und ohne Angst zu haben, dass mir vielleicht etwas geschehen könnte. Aber dazu musste ich über meinen Schatten springen. Plötzlich wanderten meine Gedanken zu Liam. Was hatte er sich wohl ausgedacht, damit genau das funktionierte?
Zwei Stunden später traten wir unseren Rückweg zum Hotel an. Unglücklicherweise wurde dieses durch hunderte von Fans belagert und wir waren gezwungen, den Hintereingang zu benutzen. Die Jungs nahmen das mit Humor, schließlich hatten sie sich mit der Zeit daran gewöhnt.
„Pass mal auf, was passiert, wenn ich jetzt das Fenster öffne und rausschaue", meinte Niall grinsend, als wir in unserem Zimmer angekommen waren.
Um mir zu demonstrieren, dass er niemals untertrieb, was solche Dinge anging, huschte er schnell zum Fenster und streckte seinen Kopf heraus. Der Geräuschpegel, welcher von der Straße nach oben dröhnte, war einfach unglaublich. Ich hörte mir das genau fünf Sekunden an, dann forderte ich: „Mach das Fenster zu! Das hält ja keine Mensch aus!"
Lachend schloss er den Flügel des großen Fensters und gesellte sich zu mir auf das große Doppelbett.
„Wollen wir noch ein bisschen den Pool unsicher machen?", fragte ich grinsend.
Doch Niall schüttelte zu meiner Überraschung den Kopf und verkündete: „Liam möchte mit uns reden. Ich hab zwar keine Ahnung, um was es geht aber ich lasse mich überraschen. Vielleicht kannst du dir El schnappen, die leistet dir bestimmt gerne Gesellschaft."
Nach dieser Aussage klingelte ich kurz bei El und Louis durch. Wie zu erwarten war El sofort bereit, mich zum Pool zu begleiten. Wir belegten zwei Liegen nebeneinander und begannen sofort ein Gespräch. Auch El schien keine Ahnung zu haben, warum Liam die Jungs so plötzlich zusammengetrommelt hatte oder sie wollte es mir nicht sagen.
Langsam keimte in mir der Verdacht auf, dass es etwas mit dem Gespräch, welches ich mit Liam in Adelaide geführt hatte, zu tun haben könnte. Hundertprozentig sicher war ich mir jedoch nicht.
„Bel, mach dir doch keinen Kopf, sie werden uns nachher schon aufklären", meinte El, während sie versuchte ihre Wasserflasche zu öffnen.
„Mist, das verdammte Ding ist so fest zu, ich krieg's nicht auf", motzte sie.
„Gib mal her!"
Skeptisch überreichte El mir die Flasche und staunte umso mehr, es mir gelang diese zu öffnen.
„Du wirkst immer so zerbrechlich aber in dir steckt die Kraft von einem Elefanten", stellte sie erstaunt fest, was mich natürlich zum Lachen brachte.
„Zuhause nennt an mich auch Belita, der Flaschenöffner", scherzte ich und legte mich dann auf die Liege.
„Und wie läuft's so mit Niall und dir?", fragte El plötzlich.
„Eigentlich super aber wir haben noch nicht miteinander geschlafen, falls du das wissen wolltest", antwortete ich wahrheitsgetreu.
„Das hättest du mir nicht sagen müssen, weil ich es so oder so weiß", meinte El trocken.
Etwas irritiert schaute ich nun zu ihr. „Woher denn? Siehst du mir oder ihm das vielleicht an?"
„Nein."
„Aber er hat es dir gesagt?"
„Auch nicht."
„Dann hat er mit Louis darüber gesprochen?"
Sie schüttelte ihren Kopf, so dass die langen braunen Haare umherflogen.
„Bel, du wirst es noch früh genug erfahren, wie ich so was erfahre."
Ihre Aussage beruhigte mich in keiner Art und Weise, im Gegenteil. Ich dachte die ganze Zeit darüber nach, wie El das wohlherausgefunden hatte.
Irgendwann tauchten dann die Jungs auf, frisch geduscht und überraschenderweise schick angezogen.
„Ladies, wir gehen heute Abend essen. Schmeißt euch in hübsche Klamotten, denn Paul hat einen Tisch in einem sehr guten Lokal reservieren lassen", klärte Louis uns auf, als er unsere erstaunten Gesichter bemerkte.
„Na dann mal los!" El und ich erhoben uns gleichzeitig von den Sonnenliegen, um wenig später das Hotel zu betreten.
Nachdem ich geduscht und mein korallfarbenes, enges Minikleid angezogen hatte, betonte ich meine Augen ein wenig mit Kajal und Wimperntusche. Immerhin sah man mir an, dass ich einige Zeit in der Sonne verbracht hatte, denn mein Gesicht wies eine leichte Bräune auf. Als ich das Badezimmer verließ, stieß ich fast mit Niall zusammen. Sofort legte er seine Arme um mich und schnupperte an meinem Hals.
„Dein Parfum riecht so gut", seufzte er.
„Danke aber du riechst auch gut", erwiderte ich und küsste ihn anschließend auf die Lippen.
Niall nahm meine Hand und wir liefen in Richtung Aufzug, wo die anderen bereits warteten. Es war zwar nach wie vor unangenehm für mich, in einem Aufzug mit so vielen Personen zu stehen, doch irgendwie stand ich das durch, zumal ich genau zwischen El und Niall meinen Platz eingenommen hatte.
Dafür bekam ich als Entschädigung das wohl beste Abendessen, welches uns bisher in Australien serviert worden war. Frischer Fisch gehörte schon immer zu meinen Favoriten, was das Essen anging und dieser hier übertraf wirklich alles. Das Restaurant schien sowieso eines der Toplokale zu sein, es wirkte sehr exklusiv und wir wurden hervorragend bedient. Alles in allem war es ein sehr schöner Abend und wir waren guter Dinge, als wir zurück in unser Hotel gebracht wurden.
„So, jetzt schmeißen wir uns alle in bequeme Klamotten und treffen uns wie besprochen in Raum Nummer einhundertfünfunddreißig", kündigte Liam an, als der Aufzug in der obersten Etage stoppte.
Die fünf Jungs nickten brav, während ich ziemlich überrascht dreinschaute.
„Gilt das auch für El und mich?", fragte ich neugierig.
„Ja, vor allem für dich", meinte Niall ernst dreinblickend.
Das war jedoch alles, was ich aus ihm herausbekam. Er wollte mir keine weiteren Auskünfte darüber erteilen, was denn nun in Raum einhundertfünfunddreißig stattfinden würde. Zehn Minuten später machten wir uns gemeinsam auf den Weg dorthin.
Besagter Raum lag im Erdgeschoß und zählte wohl auch zu den Einrichtungen, in welchen Konferenzen und dergleichen abgehalten werden konnten. Als Niall die Tür öffnete, hörten wir bereits Stimmengewirr. Die restlichen Jungs waren also schon da. Verwundert stellte ich fest, dass sie einen Kreis gebildet hatten und auf dem Boden saßen.
Niall und ich setzten uns dazwischen, nachdem Zayn und Harry Platz gemacht hatten. Es war ein großer Kreis, der jedem ausreichend Platz bot, sich auszubreiten, ohne seinen Sitznachbarn berühren zu müssen. Das konnte mir nur Recht sein, obwohl ich immer noch keine Idee hatte, weshalb wir eigentlich hier waren.
„So, dann fange ich mal an", eröffnete Liam das Gespräch. „Bel, wir wollten gerne mit dir über unsere Probleme reden."
Das meinte er doch nicht ernst, oder? Sollte das etwa heißen, dass alle nun über mich herfallen würden, um mir zu sagen, dass ich ein Außenseiter sei, der alles kaputt machte? Aber Niall hätte solch einem Vorhaben nie und nimmer zugestimmt, dessen war ich mir ziemlich sicher. Unsicher blickte ich zu Liam, der sich jetzt erhob, um in der Mitte des Kreises seinen Platz einzunehmen.
„Zu deiner Info, Bel, wir wissen nicht genau, ob es wirklich so zugeht, wenn man über seine Probleme spricht aber wir denken, das passt schon irgendwie. Aber wir können dir eines versichern: Alles was du nun hören wirst, ist die Wahrheit, nichts davon ist ausgedacht oder so.Und du wirst uns danach vielleicht mit anderen Augen sehen."
Ich verstand immer noch nicht, was er damit ausdrücken wollte, bis er anfing erneut zu reden.
„Ich bin Liam, zwanzig Jahre alt und ich habe Angst vor Löffeln. Ich habe diese Angst, seit ich denken kann und weiß nicht, was der Auslöser hierfür ist. Nur eines ist gewiss: Da ich keine Ahnung habe, wodurch dieses Trauma entstand, ist es nur sehr schwer zu bekämpfen. Aber ich werde mich bemühen. Mein Ziel ist es, eines Tages wieder mit einem Löffel essen zu können."
Was Liam gerade von sich gegeben hatte, konnte man durchaus als eine Art Trauma bezeichnen. Mir war nie bewusst geworden, dass er Angst vor Löffeln hatte! Und das, was wir hier versuchten, hieß Gruppentherapie. Nun war ich gespannt, was die anderen erzählen würden.
Nachdem Liam fertig gesprochen hatte, nickte er Zayn zu, der dann die Mitte des Kreises betrat, Liam die Hand reichte, um ihm aufzuhelfen und sich anschließend selbst in den Kreis setzte, während sein Bandkollege an seinen Platz im äußeren Kreis zurückkehrte. Zayn begann jetzt zu sprechen.
„Ich bin Zayn, zwanzig Jahre alt und ich habe Angst davor ins Wasser zu gehen, weil ich nicht schwimmen kann. Genauer gesagt habe ich auch Angst davor, irgendwann zu ertrinken. Ich würde gerne schwimmen lernen aber bisher hat mir immer die Zeit dazu gefehlt, weil wir ständig auf Tour sind. Vielleicht ergibt sich nächstes Jahr die Möglichkeit."
Ok, das war zwar nicht unbedingt etwas Neues für mich, doch nur alleine die Tatsache, dass ich seine Angst aber auch seinen Mut miterleben konnte, löste ein Gefühl des Respekts in mir aus. Der nächste, der sich nun erhob war Louis. Er reichte Zayn die Hand, genau wie dieser das vorher mit Liam getan hatte und nahm dann seinen Platz in der Mitte ein.
„Mein Name ist Louis, ich bin einundzwanzig Jahre jung und ich habe Angst vor dem Erwachsenwerden und ganz besonders vorm Altern. Im Moment habe ich das ganz gut im Griff aber ich schätze, wenn ich mal dreißig werde, könnte es eng werden."
Louis hatte also Angst vorm Altern? Das hätte ich niemals gedacht! Wie man sich doch täuschen konnte! Nun stand Harry auf und begab sich zur Mitte. Nachdem er Louis die Hand gereicht und beide ihre Plätze getauscht hatten, begann er zu sprechen.
„Ich bin Harry, neunzehn Jahre alt und ich habe Angst davor, dass die Menschen mich nur mögen, weil ich reich, berühmt und nicht gerade schlechtaussehend bin. Ich habe Angst, dass sie den richtigen Harry nicht sehen und auch nicht kennenlernen wollen. Ich möchte, dass man mich mag, weil ich Harry aus Holmes Chapel bin und nicht, weil ich Harry Styles von One Direction bin."
Er holte kurz Luft, um anschließend noch etwas hinzuzufügen. „Ich habe keine Ahnung, wie ich das ändern soll und das macht mir Kummer."
Zum ersten Mal seit ich Harry kannte, tat er mir wirklich leid. Wie musste es sich anfühlen vielleicht nur gemocht zu werden, weil man eine berühmte Person war? Seine Worte drücken so viel Einsamkeit aus, dass es mir Angst machte. Als Harry zu Ende gesprochen hatte, erhob Niall sich und ging auf seinen Bandkollegen zu. Er reicht Harry seine Hand, um ihm aufzuhelfen und setzte sich dann in die Mitte. Nun war ich gespannt, wovor mein Freund wohl am meisten Angst hatte.
„Ich bin Niall, zwanzig Jahre alt und meine größte Angst ist es, meine Freundin Belita zu verlieren, wenn unsere Beziehung in der Öffentlichkeit bekannt wird. Ich habe Angst, dass sie den Druck nicht aushält."
Seine Worte trafen mich wie ein Hagelsturm und bevor er noch etwas sagen konnte, sprang ich auf, lief zu ihm, um mich vor ihn zu knien und ihn zu umarmen.
„Du wirst mich nicht verlieren, Baby", flüstere ich unter Tränen. „Niemals, denn ich liebe dich, weißt du das denn nicht?"
Wir verharrten etwa eine halbe Minute in unserer Umarmung. Als Niall sich dann erhob, nachdem er mich geküsst hatte, wusste ich, was zu tun war. Diese Jungs ebneten mir den Weg, all das zu erzählen, was sie eigentlich schon lange hätten wissen sollen. Und ich spürte, dass mein Innerstes dazu bereit war. Ich konnte genau jetzt über das reden, was sich vor vier Jahren zugetragen hatte. Es gab kein Zögern und keine Unsicherheit, als ich zu sprechen begann.
„Mein Name ist Belita und ich bin achtzehn Jahre alt. Als ich vierzehn war, wurde ich beinahe vergewaltigt. Seitdem leide ich unter einem Trauma. Ich habe Angst, wenn ein männliches Wesen, das ich nicht näher kenne, mich berührt, egal in welcher Form."
Zunächst herrschte totale Stille im Raum, ungläubige Gesichter schauten mich an, doch dann kam El auf mich zugestürmt, kniete nieder und umarmte mich heftig.
„Ich habe geahnt, dass es so etwas in der Richtung ist. Du bist so tapfer und ich liebe dich dafür", brach es aus ihr heraus.
Lächelnd gab ich ihr die Umarmung zurück und flüsterte: „Ich hab dich auch sehr lieb."
Nachdem wir uns wieder losgelassen hatten, blieb ich noch in der Mitte des Kreises sitzen, um die Mimik der Jungs zu betrachten. Diese drückte vor allem eines aus: Betroffenheit.
Niall kam jetzt auf mich zu, reichte mir seine Hand und zog mich vom Boden hoch. Wir umarmten uns sofort und ich hörte ihn flüstern: „Ich bin so stolz auf dich, das glaubst du gar nicht."
„Doch", bekräftigte ich, „ich weiß das haargenau. Aber du musst mir eines versprechen."
„Was denn?" fragte er verwundert.
„Dass du deine Angst bekämpfst, was den Beziehungsverlust angeht. Du wirst ich nicht wegen deinen Fans verlieren, verstanden?"
Meine Stimme klang entschlossen, als ich das von mir gab und ließ ihn lächeln.
„Du wirst mich auch nicht verlieren", antwortete er leise, um mir anschließend einen zarten Kuss auf die Lippen zu drücken.
„Dürfen wir jetzt auch mal etwas sagen?", vernahm ich Louis' Stimme.
Niall ließ mich los, damit ich die Jungs und insbesondere Louis nun anschauen konnte.
„Bel, wir finden es sehr mutig von dir, dass du uns das alles gesagt hast und wir möchten uns entschuldigen, falls einer von uns dir mal zu nahe gekommen ist, aber wir konnten es ja nicht wissen...", versuchte er mit geknickter Stimme zu erklären.
Sie waren so einfühlsam, etwas, was ich niemals vermutet hätte. Ihre Gesichter wirkten immer noch erschüttert und drückten gleichzeitig eine gewisse Anteilnahme aus. Bestimmt fragte sich jeder von ihnen, außer Niall, wann er mich in den letzten Tagen vielleicht zufällig berührt hatte. Doch es war nicht alleine diese Tatsache, die den Kern meiner Seele traf.
Jeder Einzelne zeigte die Bereitschaft, mir seine Ängste anzuvertrauen und das war ein Zeichen, dass sie mich in ihre Familie aufnehmen wollten. Mein Herz schlug schneller, als ich überlegte, ob ich noch einen Schritt weiter gehen sollte, was meine Trauma Bekämpfung anging. Jetzt war die perfekte Gelegenheit, um es zu versuchen, denn alle waren in einer gewissen Weise für die Sorgen und Ängste des anderen sensibilisiert.
Mit Liam hatte es bereits funktioniert, warum sollte es dann mit den anderen nicht auch klappen, jetzt, wo jeder Bescheid wusste? Innerhalb von Sekunden traf ich diese Entscheidung, die alles verändern konnte. Ich holte kurz Luft, bevor ich zu reden begann.
„Ihr wisst nun, was mein Problem ist", begann ich zögernd, „und ich würde es sehr gerne bekämpfen."
Die kurze rhetorische Pause, welche ich einlegte, gab mir die Gelegenheit, mich nochmals ein wenig zu sammeln, um dann meine Bitte zu formulieren. „Aber dafür brauche ich eure Hilfe."
„Natürlich helfen wir dir dabei", sagte Zayn sofort.
„Du musst uns nur sagen, was wir tun sollen", forderte Louis mich ohne Umschweife auf.
Ich holte nochmals tief Luft und antwortete dann, mit einem Blick in die Runde: „Bitte umarmt mich."
Zunächst herrschte vollkommene Stille im Raum und Harry, Zayn und Louis schauten ziemlich ungläubig drein, doch Liam ergriff plötzlich das Wort.
„Wer soll dich denn als Erster umarmen, Bel? Hast du einen besonderen Wunsch?"
„Ja, das habe ich", antwortete ich wie aus der Pistole geschossen. Ich wollte, dass jener Junge von den Vieren, dessen Ängste mir am meisten zugesetzt hatten, mich zuerst in die Arme nahm, ungeachtet dessen, was vor wenigen Tagen geschehen war. Als ich auf ihn zuging, schaute er überrascht drein und seine grünen Augen musterten mich verwirrt. Direkt vor ihm blieb ich nun stehen.
„Würdest du mich bitte umarmen, Harry?", fragte ich schüchtern.
Damit hatte wohl keiner gerechnet, vor allem Harry nicht, der mir nun etwas zögerlich eine sehr vorsichtige Umarmung gab. Es fühlte sich fremd an aber nicht unangenehm und ich konnte spüren, dass er ebenso viel Angst hatte wie ich. Doch dann flüsterte er mir etwas ins Ohr: „Danke, Bel."
Er dankte mir, dass ich so etwas zuließ? Wie sehr hatte ich diesen Jungen verkannt? War das etwa der richtige Harry? Wenn ja, dann gefiel er mir tausend Mal besser, als das Individuum, mit dem ich ständig gestritten hatte.
Als nächster kam Louis an die Reihe, der eine gewisse Herzlichkeit ausstrahlte, als er mich umarmte. Ich konnte diese wirklich fühlen. Dann ging ich weiter zu Zayn, der mich ebenfalls sehr vorsichtig umarmte und mich spüren ließ, wie sehr er mich mochte.
Von Liam in die Arme genommen zu werden, war zwar nicht mehr unbedingt neu für mich, trotzdem löste es eine neue Emotion in mir aus: Dankbarkeit. Ich war ihm unendlich dankbar dafür, dass er dies alles in die Wege geleitet hatte. Es war die beste Idee, die man haben konnte, um mir die Möglichkeit zu geben, mein Trauma zu bekämpfen.
Die letzte aller Umarmungen bekam Niall. Normalerweise analysierte ich diese Art der Berührung zwischen ihm und mir nicht mehr, weil sie so vertraut war, doch in jenem Augenblick musste ich es tun. Ich spürte Einzigartigkeit, Liebe und Vertrauen und das Gefühl, ihn niemals loslassen zu wollen. Während seine Hände beruhigend über meine Rücken streichelten, sagte er leise: „Ich bin so froh, dass du das alles geschafft hast, mein kleiner Rotschopf."
Ich lehnte meinen Kopf an seine Wange und wisperte: „Und den Rest schaffe ich auch noch."
Niall verstand haargenau, was ich ihm damit andeuten wollte, denn er flüsterte zurück: „Alles zu seiner Zeit, Süße."
Als ich am nächsten Morgen gemeinsam mit Niall den One Direction „Besprechungsraum" betrat, saßen die anderen bereits am Tisch und vertilgten ihr Frühstück.
„Guten Morgen, ihr Zwei, habt ihr gut geschlafen?", wurden wir freudig begrüßt.
„Klar", meinte ich lächelnd und ließ mich auf den freien Stuhl neben Harry fallen.
Dieser lächelte mich freundlich an und reichte mir den Orangensaft.
Während Niall sich sofort über die Rühreier hermachte, setzte ich das Glas an und trank, weil ich furchtbar durstig war.
„Sag mal, Niall", begann Louis, „wann hattest du eigentlich das letzte Mal Würstchen im Schlafrock?"
Mein Freund zuckte mit den Schultern und antwortete: „Das ist schon ne ganze Weile her, mindestens vier Monate".
„Ach so, wir dachten nämlich, du würdest uns es verschweigen, wenn du wiedermal welche genießt."
„Warum sollte ich?"
Manchmal redeten sie echt so einen Scheiß zusammen, dass ich nicht wusste, was ich davon halten sollte. Prinzipiell war es mir aber egal, denn mein Gehirn beschäftigte sich gerade mit dem Gedanken, wann und wo ich mit Liam shoppen gehen sollte. Normalerweise durfte es jetzt kein Problem mehr sein. Wir konnten uns umarmen, also würden wohl keine Komplikationen auftreten, wenn ich alleine mit ihm unterwegs war. Als ich die Frage bezüglich unseres Shopping Trips an Liam stellte, antwortete Pauly darauf.
„Am Montag habt ihr den ganzen Tag Zeit, denn wir fliegen erst abends nach Melbourne."
Zufrieden mit dieser Antwort widmete ich mich nun meinem Frühstück, wobei ein Gedanke in meinem Kopf haften blieb: Hoffentlich würden wir nicht von irgendwelchen durchgeknallten Fans verfolgt werden!
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Ich hoffe, Liams Idee hat euch gefallen! Wenn ihr mögt, könnt ihr gerne einen Kommntar hinterlassen, damit ich weiß, wie ihr darüber denkt!
Ich wünsche euch ein gutes neues Jahr und hoffe, ihr seid alle gut hineingerutscht ;)
LG, Ambi xxx
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