24. Water Games
Die nächsten beiden Tage vergingen wie im Flug. Dienstags vormittags durften die Jungs ein Interview für einen bekannten australischen Radiosender geben und am Mittwoch stand der Besuch einer Reporterin, welche für eine Zeitschrift tätig war, auf dem Programm.
El und ich vertrieben uns so lange die Zeit am Pool, wobei wir uns von Stunde zu Stunde besser verstanden. Wir alberten im Wasser herum und nahmen zwischendurch ein ausgiebiges Sonnenbad. Als wir uns unterhielten, kamen wir natürlich auf das Thema „Harry" zu sprechen. El ergriff für mich Partei, gab jedoch zu bedenken, dass keinem, außer Niall, der Grund meines Traumas bekannt sei.
„Vielleicht ist das ja Harrys Problem", beendete sie ihre Ausführungen. „Vielleicht wäre es einfacher, wenn er wüsste, worum es geht."
„Aber du und der Rest weiß es auch nicht und euch stört es auch nicht", argumentierte ich dagegen.
Nur schon alleine die Vorstellung, es allen zu erzählen, machte mich im Augenblick ziemlich nervös.
„Bel, ich verstehe dich ja irgendwie und mir ist durchaus klar, dass es sich im etwas sehr Schlimmes handeln muss, was dir in der Vergangenheit widerfahren ist", äußerte sich El dazu.
Ja, es war schlimm aber ich tat alles, um dagegen anzugehen. Meine Beziehung mit Niall war der beste Beweis, dass es funktionierte und ich mich auf einem guten Weg befand, alles aufzuarbeiten. Doch eine Boy Band auf ihrer Tournee zu begleiten, verlangte mir einiges ab.
Berührungen schienen für diese Jungs etwas zu sein, worüber sie niemals nachdachten. Wenn sie auf der Bühne standen, passierte es ständig, dass sie sich anfassten und auch außerhalb des Bühnendaseins geschah dies oft genug. Auch El wurde von ihnen umarmt, nur ich nicht. Das machte mich automatisch zum Außenseiter, nur dass Liam, Zayn und Louis mich das nicht spüren ließen, im Gegensatz zu Harry. Er ging mir seit dem Vorfall beim Frühstück aus dem Weg. Aber wie sollte ich das ändern? Im Moment fühlte ich mich noch nicht bereit dazu, alle über mein Trauma aufzuklären.
Seufzend wandte ich meinen Blick zu El und sagte: „Es fällt mir sehr schwer darüber zu reden, verstehst du. Ich würde es manchmal gerne tun aber ich kann es irgendwie nicht..."
Die hübsche Brünette legte eine Hand auf meinen Arm, bevor sie antwortete: „Du musst es nicht tun, wenn du es nicht willst aber ich denke, es würde vieles einfacher machen."
„Hey Ladies, wir sind wieder da", hörten wir Louis plötzlich rufen.
Mit einem Badetuch in der Hand, spazierte er grinsend auf uns zu und gab El zur Begrüßung einen Kuss. Dann drehte er sich zu mir.
„Hi, Bel, Niall kommt gleich, soll ich dir ausrichten."
„Wie war euer Interview?", erkundigte sich El.
„Was soll ich sagen? Wie immer. Ach ja, das Thema Liams Cousine wurde natürlich angesprochen und wir haben alle einstimmig gesagt, dass sie sehr nett ist."
Er zwinkerte mir zu, als er das von sich gab. Liams Cousine. Fast hätte ich vergessen, dass ich mit ihm zusammen shoppen gehen musste. Langsam wusste ich nicht mehr, wie ich das alles bewältigen sollte und so kam es, dass ich nach One Directions letztem Konzert in Adelaide, unser Hotelzimmer aufsuchte, während die anderen zusammen feierten. Ich wollte einfach nur abschalten und nachdenken.
Unmotiviert setzte ich mich, nachdem ich meine Kleidung ausgezogen und das Sleep Shirt übergestreift hatte, auf das große Doppelbett und starrte in Richtung Fenster. Ich hatte mir alles so viel einfacher vorgestellt. Jeden Tag mit Niall zusammen sein zu können – dieser Gedanke war für mich der Himmel auf Erden gewesen, doch jetzt schien ich innerlich zu zerbrechen.
Ich war so in meiner Welt versunken, dass ich nicht wahrnahm, wie die Tür sich öffnete und mein Freund plötzlich vor mir stand. Ohne ein Wort zu sagen, setzte er sich neben mich und nahm meine Hand. Diese Berührung ließ mich augenblicklich aus meiner Trance erwachen. Ich schaute in sein Gesicht und konnte in seinen Augen erkennen, dass er sich Sorgen um mich machte. Diese Erkenntnis berührte mich so sehr, dass ich anfangen musste zu weinen. Als die Tränen aus meinen Augen hervorkrochen und über meine Wangen liefen, flüsterte Niall leise: „Bel, was ist los?"
„Ich..., mir geht's nicht so besonders", brachte ich stockend hervor.
„Das merke ich. Aber willst du mir nicht sagen, warum? Ich mache mir Sorgen um dich".
Er legte seine Arme vorsichtig um mich und zog mich zu sich heran. Sofort umschlangen meine Arme seinen Körper und als er mir ins Ohr flüsterte: „Sag mir bitte, was los ist, mein kleiner Rotschopf", versuchte ich unter Tränen zu reden.
„Ich hatte mir alles viel einfacher vorgestellt, verstehst du? Ich würde so gerne, dass die Jungs verstehen, was in mir vorgeht aber ich traue mich nicht, es ihnen zu sagen..., obwohl ich weiß, dass sie sehr nett sind. Ich weiß nicht einmal, ob ich es schaffen würde, sie irgendwann zu umarmen, dabei wünsche ich mir nichts mehr als das..."
„Wenn du es dir so sehr wünschst, dann kannst du es auch eines Tages, da bin ich mir vollkommen sicher", munterte er mich auf.
„Das sagst du so einfach aber sieh mich doch an..., ich bin ja bisher noch nicht einmal dazu fähig gewesen mit dir zu schlafen..."
„Bel". Niall schaute mir jetzt direkt in die Augen, als er redete. „Auch das wirst du irgendwann tun aber dann, wenn du dazu bereit bist und du weißt, wie ich darüber denke. Ich würde dich niemals drängen... das weißt du doch, oder? Und es ändert auch nichts an meiner Liebe zu dir."
Um dieses Statement zu untermauern, küsste er mich zunächst sanft auf die Lippen, dann fordernder. Ich ging sofort darauf ein, denn ich brauchte diese Berührung gerade im Augenblick so sehr, obwohl Niall mir nicht beweisen musste, wie sehr er mich liebte, das fühlte ich auch so.
Nach einigen Minuten, in denen unsere Zungen miteinander spielten, legten wir uns auf dem Bett nieder. Ich bettete meinen Kopf auf seine Brust, während er einen Arm um mich legte. Seine linke Hand streichelte über meine Wange, um gleichzeitig die Tränen wegzuwischen.
„Schlaf jetzt, Süße, ich weiß, dass das alles ziemlich anstrengend für dich ist."
Damit hatte er wohl Recht. Denken ist oft anstrengender als Handeln, das sagte meine spanische Großmutter immer, der ich nun wirklich zustimmen musste.
Den ganzen Tag verbrachte ich schon damit, über diese Misere nachzudenken, doch eine Lösung war leider noch nicht in Sicht. Und ich bewunderte Niall für seine unendliche Geduld und für die Liebe, die er mir gab. So schlief ich recht schnell in seinen Armen, beschützt und behütet, ein.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, zog ein Gedanke durch meinen Kopf, der mein Herz schneller schlagen ließ. Heute würde ich die Buckelwale sehen! Mit einem Blick auf den Kalender in meinem Smartphone vergewisserte ich mich, dass auch wirklich Donnerstag war, um Niall anschließend mit einem zärtlichen Kuss zu wecken.
„Blondie, aufstehen", hauchte ich in sein Ohr, „wir gehen heute zum Whale Watching."
Niall öffnete langsam seine Augenlider, verzog sein verschlafenes Gesicht zu einem Grinsen und sagte: „Aber vorher geh ich ne Runde duschen."
„Ich will zuerst", kam es von mir.
Bevor ich jedoch die Chance hatte, mich zu erheben, sprang Niall mit einem Satz aus dem Bett und lief zur Badezimmertür. Da er nur eine Boxershorts trug, kam ich zur Schlussfolgerung, dass er zwischendurch aufgestanden sein musste, um sich seiner Klamotten zu entledigen, was ich im Tiefschlaf nicht mitbekommen zu haben schien. Seine blauen Augen schauten mit einem schelmischen Blick in meine Richtung. „Möchtest du mir vielleicht Gesellschaft leisten? Dann sind wir schneller fertig."
Daran glaubte er doch nicht wirklich? Grinsend folgte ich meinem Freund in Richtung Badezimmer, in welchem wir unsere wenigen Kleidungsstücke auf dem Boden verteilen, um dann unter die Dusche zu steigen.
Als das warme Wasser auf meinen Körper niederprasselte, fühlte ich ein angenehmes Gefühl in mir aufsteigen, welches sich noch verstärkte, als ich Nialls Hände spürte, die langsam und überaus vorsichtig begannen, das Duschgel auf meiner Haut zu verteilen. Automatisch schloss ich meine Augen und murmelte: „Das tut gut, Schatz."
„Ich weiß", flüsterte er mir ins Ohr.
Er stand jetzt direkt hinter mir, seine Hände berührten meinen Bauch und drückten gleichzeitig meinen Körper leicht an seinen heran. Haut auf Haut unter der Dusche, vom warmen Wasser berieselt, von Dunst umgeben, der in der Duschkabine aufstieg. Es war anders und neu. Anders, weil die Wärme des Wassers irgendwie in mir aufstieg und zudem unsere Haut glitschig werden ließ.
Mein Kopf drehte sich nun zur Seite, damit er mich küssen konnte, etwas, was ich in jenen Moment unbedingt wollte. Ich wollte es nicht nur, ich brauchte es regelrecht, genau wie die Berührung seiner Hände, die sehr vorsichtig meinen Busen massierten. Warum fühlte sich das unter der Dusche plötzlich noch heißer an, als sonst?
Mein Innerstes brannte lichterloh und sehnte sich immer mehr nach ihm. Seine Erregung war ebenfalls deutlich zu spüren, was mir einen gewissen Kick gab. Die Vorstellung, dass ich es war, die so etwas fabrizieren konnte, wühlte mich total auf. Nialls Hände glitten nun langsam über meinen Körper, eine stoppte an meiner rechten Hüfte, während die andere hinunterwanderte bis zu meinem intimsten Punkt. Als er diesen berührte, gab ich einen keuchenden Laut von mir.
„Alles ok, Bel?", flüsterte er in mein Ohr.
Seine Stimme klang eine Nuance dunkler als sonst aber sehr sexy und löste eine Gänsehaut auf einem Körper, sowie ein immenses Kribbeln in mir aus.
„Alles ok", stieß ich zwischen zwei raschen Atemzügen hervor. Wie schaffte er es immer so schnell, mich fast zum Hyperventilieren zu bringen? Nialls Berührungen trieben mich fast in den Wahnsinn, ich konnte nicht mehr klar denken und bevor ich es richtig realisierte, befand ich mich an jenem Punkt, wie in unserer letzten Nacht in Irland. Eine riesige Welle überschwemmte meinen Körper und mein Unterleib zog sich automatisch zusammen. Wenn Niall mich nicht festgehalten hätte, wäre ich vermutlich einfach umgekippt, weil meine Beine den Dienst versagten. Doch er ließ mich erst los, nachdem meine Atmung sich allmählich normalisierte.
Das Wasser prasselte immer noch auf uns beide herab, während ich mich zu ihm drehte, um ihn zu küssen. Erst sanft und zärtlich, dann fordernder. Ich konnte fühlen, wie sein Herzschlag beschleunigte, als er den Kuss unterbrach, um Luft zu schöpfen und als meine Hand immer tiefer rutschte, hörte ich plötzlich sein leises Stöhnen.
„Bel, weißt du, was du da tust?", flüsterte er.
„Ich glaube schon", erwiderte ich grinsend. „Irgendwie müssen wir das Ding ja wieder kleiner kriegen."
Jetzt war es Niall, der grinste. „Tu dir keinen Zwang an, Süße. Ich bin zu allen Schandtaten bereit."
Da flackerte es wieder kurz auf: Sein leichtes Machogehabe.
„Freu dich bloß nicht früh, denn ich werde wahrscheinlich nicht das tun, was du vielleicht erwartest."
Seine Lippen befanden sich direkt an meinem Ohr, während er sehr leise flüsterte: „Bel, alles, was ich erwarte ist, dass du das tust, was du möchtest und wozu du dich imstande fühlst, ohne Angst davor zu haben."
Da hatte ich es wieder: Auf der einen Seite Macho, auf der anderen Seite dieses riesengroße Verständnis und eine total liebevolle Art. Wir schauten uns in die Augen und ich musste prompt lächeln.
„Du bist so süß", murmelte ich.
„Wolltest du nicht eher heiß sagen?"
Ich ersparte mir eine Antwort, mit der ich ihn sowieso nicht ärgern konnte und konzentrierte mich lieber auf mein Vorhaben. Es war ein erhabenes Gefühl, zu spüren, wie schnell ich ihn dazu bringen konnte, die Worte: „Hör nicht auf, Süße", herauszupressen. Ich wollte auch gar nicht aufhören, nicht kurz vor meinem Ziel.
Wenn mir jemand vor vier Wochen gesagt hätte, dass ich mit Niall in Australien gemeinsam unter der Dusche stehen würde, und meine Hände sein bestes Stück berühren würde, wie ich das nun tat, hätte ich denjenigen für komplett verrückt erklärt. Aber so änderten sich die Zeiten und so widmete ich mich voller Hingabe meiner „Aufgabe".
Es überraschte mich immer noch, wie zart seine Haut sich an dieser Stelle anfühlte und ich konnte nicht glauben, was meine Hände zu tun vermochten. Erst als ich sein lustvolles Stöhnen vernahm, schaute ich auf das, was ich fabriziert hatte.
„Das sieht ja fast aus wie Duschgel", brachte ich erstaunt hervor, was Niall zu einem Lachen animierte.
„Also das hat mir noch keine gesagt", meinte er schwach grinsend, während er versuchte seinen Atem zu regulieren.
Ich lehnt mich an ihn und hörte plötzlich sein Flüstern: „Und das vor dem Frühstück, der Tag kann ja nur gut werden."
Das Frühstück verlief nicht ganz so perfekt, denn Harry ignorierte mich nach wie vor. Mit großer Mühe kam ein „Guten Morgen" über seine Lippen und das wohl auch nur, weil ich gemeinsam mit Niall den Raum betrat. Er machte es mir wirklich schwer, alle Geschehnisse der letzten Tage zu vergessen, etwas was ich unbedingt wollte.
Stopp! Nicht alles. Das Ereignis unter der Dusche auf gar keinen Fall! Das musste ich unbedingt in meinen Gedanken behalten! Ein Lächeln huschte plötzlich über mein Gesicht, als ich daran dachte.
„Na, Bel, was geht in deinem hübschen Kopf vor?", vernahm ich Zayns Stimme.
Prompt wurde ich rot, doch Niall antwortete Gott sei Dank völlig unverfänglich: „Ich glaube, sie denkt gerade an Hot Dogs."
Ich wusste zwar nicht, warum ich so kurz nach dem Frühstück schon wieder ans Essen denken sollte aber da er mich gerettet hatte, protestierte ich nicht, sondern nickte zustimmend.
„Ach echt?", kam es von Louis. „Magst du die auch so gerne? El liebt Hot Dogs über alles!" Seine blau-grauen Augen blitzten regelrecht auf, als er diesen Satz von sich gab.
Wir schienen immer mehr Gemeinsamkeiten zu haben, was mich natürlich freute. Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, betrat Pauly gut gelaunt den Raum.
„Alles fit, Leute? In einer halben Stunde geht es los zu den Buckelwalen. Zayn, ich hab drei Schwimmwesten für dich besorgt!"
Alle lachten nur der Arme Zayn schaute ziemlich geknickt drein. Er hatte doch wohl nicht wirklich Angst auf einem Boot zu sein?
„Ach Zayn, ich beschütze dich auch vor den Buckelwalen", versuchte ich ihn aufzumuntern. Immerhin schenkte er mir ein zaghaftes Lächeln.
Vierzig Minuten später saßen wir in einem Boot, welches für zehn Personen plus Skipper zugelassen war. Außer den fünf Jungs, El, meine Wenigkeit und Pauly, leisteten uns noch Lou und Tom Gesellschaft, um das Whale Watching zu erleben. Die Sitzplätze waren in fünf Zweierreihen aufgeteilt und Niall und ich saßen ganz vorne. Da ich keine Angst vor Wasser hatte, machte es mir nichts aus, hin und wieder nassgespritzt zu werden, wenn die Wellen etwas stärker wurden. Direkt hinter uns saßen Lou und Tom, sodass Harry weit genug entfernt von mir blieb. Welch ein Segen!
Wir drifteten über das blaue Wasser, während der Guide uns erklärte, dass wir so nah wie möglich an die Wale heranfahren würden. Nachdem er eine geeignete Position entdeckt hatte, von welcher aus man die Tiere am besten beobachten konnte, drosselte er die Geschwindigkeit und ließ das Boot dann nur noch vor sich hindümpeln. Jetzt wurde es ernst. Meine Augen glitten über das Meer und suchten fieberhaft nach Walen. Plötzlich spürte ich Nialls Hand, die meine ergriff, während er mir ins Ohr flüsterte: „Sieh mal nach rechts".
Der Anblick einer gewaltigen Schwanzflosse überwältigte mich total und mir entfuhr ein: „Oh mein Gott, wie riesig!"
Mein Herz schlug bis zum Hals, als ich Nialls Hand fest drückte. Wir schauten uns ganz kurz in die Augen, dann wandte ich meinen Blick erneut dem Wal zu. Zu meiner großen Überraschung und Freude war ein zweiter hinzugekommen, der nun seinen Kopf aus dem Wasser streckte.
„Alter Schwede", hörte ich Liam rufen, „ das Viech ist ja noch größer als der erste!"
„Das ist ein Weibchen", klärte ich ihn auf. „Bei den Buckelwalen ist es nämlich so, dass die Männchen kleiner sind."
„Das gefällt mir überhaupt nicht", ließ Niall sich grinsend vernehmen, während die anderen Jungs staunend zu mir blickten.
Ich wusste mittlerweile, dass er es nicht mochte, wenn ein weibliches Wesen ihn, genau genommen seine Freundin, überragte.
„Da hab ich ja nochmal Glück gehabt", flüsterte ich ihm ins Ohr, worauf er schelmisch grinste.
Keiner von uns saß mehr, denn jeder wollte den Anblick dieser riesigen und gleichzeitig anmutigen Tiere nicht verpassen. Sie waren jetzt zu viert und schienen im Wasser zu spielen. Irgendwie sah es lustig aus, als sie mit ihren großen Flossen um sich schlugen, als wollten sie uns zuwinken.
Unser Skipper fuhr noch ein Stück näher an die Wale heran, was mir natürlich gefiel. Es fiel mir schwer zu beschreiben, was in jenem Augenblick in mir vorging. Pures Glück wäre nur ein vager Ansatz in die Richtung meiner Empfindungen gewesen aber wahrscheinlich am nächsten gekommen, was die Gefühle anging. Versunken in das Schauspiel, nahm ich gar nicht wahr, dass die Wale ein wenig näher an uns herangeschwommen waren. Erst als einer mit seiner riesigen Flosse auf das Wasser schlug und sich dabei drehte, hörte ich Zayn aufschreien.
„Das Viech wird uns alle ertränken!"
Die Jungs lachten ihn natürlich aus aber mir tat er in jenem Augenblick Leid. Und ich bekam Achtung vor seinem Mut. Wie viel Überwindung musste es ihn gekostet haben, auf dieses Boot zu gehen? Zayn konnte nicht schwimmen und er hatte mit Sicherheit tierische Angst, dass wir kentern würden, was natürlich nicht der Fall war, denn unser Skipper drehte sofort ab, um das Boot ein gutes Stück von den Walen zu entfernen.
„Hört auf zu lachen!", fauchte ich, „könnt ihr denn nicht sehen, dass er Angst hat?"
Alle schauten jetzt zu mir, doch ich bereute meinen kleinen Wutausbruch nicht, im Gegenteil. Dieser bewirkte nämlich, dass Pauly versuchte Zayn zu beruhigen und die Schwimmweste straffer um dessen Körper zog.
„Dir kann gar nichts passieren, ok?", hörte ich ihn sagen.
Zayns Gesichtsfarbe normalisierte sich wieder ein bisschen, statt grün-gelblich, wirkte er einfach nur blass. Nachdenklich betrachtete ich ihn. Er war heute über seinen Schatten gesprungen, warum konnte ich das nicht auch einfach tun? Es hätte alles viel einfacher gemacht. Seufzend wandte ich meinen Blick zu den Buckelwalen.
Wir blieben noch eine Weile in sichere Entfernung, um die riesigen Tier beobachten zu können, die mühelos durch den Ozean glitten. Ich hätte sie ja zu gerne singen gehört, doch das taten sie nur unter Wasser.
Als wir eine Stunde später an Land gingen, blieb mein Lächeln immer noch auf meinem Gesicht. Ich ließ Nialls Hand nicht los, nie wieder würde ich gutmachen können, was er mir am heutigen Tage zum Geschenk gemacht hatte. Er spürte wohl, dass ich ihm etwas sagen wollte und blieb stehen, damit die anderen an uns vorbeigehen konnten.
„Danke", brachte ich hervor. Dann fiel ich ihm um den Hals und begann ihn hemmungslos zu küssen.
Niall legte seine Arme fest um mich, als wolle er mich nie wieder los lassen.
„Ich bin so froh, dass du so glücklich bist", wisperte er mir ins Ohr.
Zwischen unsere Küsse mischten sich meine Freudentränen und immer wieder ein Lächeln.
„Kommt ihr jetzt endlich?!", hörten wir Pauly rufen.
Somit unterbrachen wir unseren Kuss und spazierten wenig später Hand in Hand zu den anderen, die bereits vor dem Bus warteten, der uns wieder zurück ins Hotel brachte. Dort gab es erst Mal eine Standpauke von Pauly.
„Sagt mal, seid ihr zwei eigentlich verrückt geworden in der Öffentlichkeit herumzuknutschen?", fragte er nicht gerade freundlich.
Während ich knallrot anlief, sprach Niall. „Du hast doch die Lage vermutlich nach Paparazzi abgecheckt und hättest uns mit Sicherheit gewarnt, oder?"
Pauly zog hörbar die Luft ein. „Ja sicher aber gewöhnt euch bitte an, das niemals mehr in der Öffentlichkeit zu tun, es sei denn ihr wollt unbedingt in den Schlagzeilen stehen."
Schweigend setzten wir uns nach diesem Anschiss auf unsere Plätze, doch da der Bus abgedunkelte Scheiben besaß, welche die Sicht von außen nach innen unmöglich machten, begannen wir erneut uns zu küssen. Ich war wirklich total happy und konnte dies Niall im Augenblick nicht anders zeigen, was ihn jedoch nicht weiter zu stören schien.
Im Hotel angekommen, zogen wir uns sofort um und betraten die Pool Area. Wir wollten schließlich Sonne tanken und eine Wasserschlacht veranstalten. Wie zu erwarten, fehlte Zayn bei dem ganzen Spektakel. Er hatte wohl für heute genügend Wasser zu Gesicht bekommen. Erneut bewunderte ich seinen Mut und fragte mich, warum ich solch ein Feigling war, wenn es darum ging meine Ängste und den Grund dafür in Worte zu verpacken.
Nach dem Abendessen, welches wir in unserem „Besprechungszimmer" einnahmen, wollte ich noch ein wenig die frische Luft genießen.
„Das wäre doch eine Gelegenheit, dich ein bisschen näher mit Liam anzufreunden", meinte Niall und Pauly schien entzückt über diese Äußerung zu sein.
„Kein Problem, ich geh gerne noch ein bisschen mit dir in der Hotelanlage spazieren", stimmte Liam sofort zu.
Wenige Minuten später machten wir uns auf den Weg in die Hotel Lobby, von welcher aus man in den großen und liebevoll angelegten Garten gelangte. Dort befanden sich auch einige Bänke. Auf einer von ihnen ließen wir uns nieder, um ein wenig zu reden. Zuerst ging es darum, wie toll der Ausflug zu den Buckelwalen gewesen sei, doch als Zayns Ängste zur Sprache kamen, fiel ein Schatten über mein Gesicht.
„Weißt du, Liam", begann ich, „ich bewundere Zayn dafür, wie er über seinen Schatten gesprungen ist".
„Aha und warum?"
„Weil ich das bisher nicht konnte oder zumindest nur bei Niall. Er weiß alles über mein Trauma, ihr jedoch nicht. Und es muss doch komisch für euch sein, dass ihr mich nicht anfassen dürft..."
Liams braune Augen blickten mich von der Seite an. „Es ist komisch, Bel und Harry hat am meisten Probleme damit."
„Das habe ich schon gemerkt. Ich meine, er geht mir ja nicht umsonst aus dem Weg."
„Ja, weil er Angst hat, er könnte dich aus Versehen berühren und du rastest dann aus und schon gibt's wieder Krach mit Niall."
Nun senkte sich mein Kopf zu Boden. Sie waren beste Freunde, alle fünf und wegen mir gab es jetzt zwischen zweien Streit. Das wollte ich nicht. Ich fühlte mich schon wieder schlecht, so wie gestern Abend, als ich mich auf das Zimmer zurückgezogen hatte.
„Was macht dir denn am meisten Probleme?", fragte Liam in die Stille hinein.
„Du meinst, wenn ich versuche darüber zu reden?", hakte ich nach.
Liams Nicken veranlasste mich zu einem tiefen Seufzer.
„Ich glaube, es ist die Angst, Menschen zu nahe an mich heranzulassen und vielleicht auch die Befürchtung, dass sie meine Ängste nicht verstehen können."
„Wie lange hast du Niall gekannt, als du ihm alles erzählt hast?"
„Drei Tage", erwiderte ich, wobei mich diese Aussage selbst erstaunte. Nach so kurzer Zeit hatte ich mich ihm öffnen können.
„Das ist ja nicht gerade lange", stellte Liam schmunzelnd fest. „Aber soll ich dir mal was sagen, Bel? Ich habe Niall noch nie so glücklich gesehen, wie mit dir. Und es ist absolut toll zu beobachten, wie ihr miteinander umgeht. Wenn ihr euch küsst oder umarmt. Es ist..., weißt du, wir sind wie eine große Familie, Bel. Und eigentlich sind wir es gewöhnt, dass jeder jeden umarmt."
Ich verstand, was er meinte und seine Aussage machte mich noch trauriger, als ich es ohnehin schon war. Binnen weniger Sekunden trafen mein Kopf und mein Herz gemeinsam eine Entscheidung. Ich erhob mich von der Bank, schaute Liam an und sagte: „Bitte umarme mich."
Liam schaute mich völlig entgeistert an, stand jedoch auf und legte vorsichtig seine Arme um meinen Körper. Es fühlte ich anders an, als Nialls Umarmungen, das war mir aber klar gewesen, doch ich spürte keine Furcht. Vielleicht lag es daran, dass ich schon ein bisschen Vertrauen zu ihm gefasst hatte. Doch das Wichtigste an der ganzen Sache war, dass ich diese Berührung zulassen konnte, ohne zu schreien und ohne wegzulaufen.
Zögerlich legte ich nun meine Arme um ihn, dort bleiben sie einige Sekunden, dann ließen wir uns gegenseitig los.
„Danke", murmelte ich ein bisschen verlegen.
„Bitte. War das jetzt so schlimm?", hörte ich ihn fragen.
Entschlossen schüttelte ich meinen Kopf. „Das nicht aber..., weißt du ich möchte die anderen Jungs auch umarmen können, doch ich will eigentlich, dass sie vorher wissen, was mit mir los ist. Also warum ich dieses Trauma habe und genau da liegt das Problem. Ich kann ihnen das nicht so einfach sagen, weißt du".
Nun nickte Liam verständnisvoll. „Ich möchte es ja selbst gerne wissen aber..."
Er brach plötzlich ab.
„Was hast du denn?", fragte ich unruhig.
Liams braune Augen blitzten auf. „Ich habe eine Idee, wie es vielleicht klappen könnte."
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Seid ihr jetzt neugierig, was Liam sich hat einfallen lassen? :D
Danke für die 10k reads :D - ich freue mich, dass meine "ältere" 1D Story auch gut ankommt.
LG, Ambi xxx
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