Kapitel 27
Gute Erinnerungen besaß Chan deswegen wohl nicht. Er hatte sicher vergessen, was es heißt zu lachen oder Spaß zu haben. Hyunjin erinnerte sich an seine Kindheit, in der er so glücklich war und dachte gerne daran. „Erinnerst du dich an deine Kindheit?", fragte Hyunjin, worauf Chan die Knie zu sich zog und sich in das Sofa kuschelte. „Ich hasse meine Kindheit." Wäre Chan jemand anderes geworden, hätte er eine andere bessere Kindheit gehabt? Er müsste zwar immer noch Menschen essen, aber vielleicht lies er dann Kinder außer Acht und konzentrierte sich auf die Leute, die schon an der Schwelle des Todes standen. Wenn man das mit dem Geschmack außer Sicht lies. Chan war es wohl wichtig leckeres Fleisch zu haben anstatt eines, was durchdrängt war mit Sorgen und Frust. Für manche Menschen bedeutet gutes Essen Leben. Der Ghoul gehörte wohl auch dazu. Vielleicht war das Fleisch der Kinder seine einzige gute Sache im Leben. Dabei gab es so viele andere schöne Sachen auf der Welt. Chan kannte sie nur gar nicht. Hyunjin fiel etwas ein. Etwas, was Chans Weltbild verändern würde. Dann würde er sicher die Lust an Kinderfleisch verlieren.
Chan brauchte Freunde. Das war ihm klar. Und Hyunjin wollte ihm dabei helfen. Er wusste nicht, woher die Menge an Sympathie für den Serienmörder gab, aber irgendwie wollte Hyunjin ihn lächeln sehen. Wenn seine Küsse so atemberaubend waren, wie war dann erst sein Lächeln? „Hast du Lust ein paar Leute kennen zu lernen? Keine Sorge, sie sind echt nett!" Chan legte den Kopf schief und schaute ihn verwirrt an. „Ich dachte nur, dass du vielleicht deine Kindheit so abschließen kannst, wenn du einfach ein paar Leute kennen lernst und mit ihnen was unternimmst." Hyunjin kümmerte sich also um ihn. Chan roch noch Angst, die von seinem Körper ausströmte aber da war noch ein leichtes, duftender Geruch. War das Zuneigung? „Und du lernst am besten auch gleich Eunsuh kennen! Danach willst du keine Kinder mehr essen", sagte Hyunjin mit einem Lächeln. Natürlich war das nicht ganz ungefährlich, da Eunsuh in Chans Beuteschema passte, aber solange er bei ihr war und Chan satt, dann würde nichts passieren. Wenn er schon bei dem Gedanken an Chans Nahrung war, wann hatte er das letzte Mal was gegessen? Wann mussten Ghouls was essen?
Er fragte Chan und erhielt Antworten, die ihn Panik fühlen lies. Chan musste in den nächsten Tagen wieder jemanden töten. „Keine Sorge, ich werde dich nicht töten." Dafür müsste aber ein weiteres Kind sterben. „Kannst du keine alten Menschen fressen? Nur das eine Mal? Hast du es mal versucht?" Chan schüttelte den Kopf, denn er wusste bereits wie das Fleisch von Menschen schmecken wird, sobald er ihren Geruch roch. Wenn erwachsene Menschen schon übel rochen, dann stanken alte Menschen bestialisch. Nicht nur hier war der Frust und die Sorge der Alten zu riechen sondern der verottete Geruch von Tod, der sich langsam in ihren Adern ausbreitete. Chan fand den Gedanken also alles andere als gut, aber für Hyunjin würde er es versuchen. Ihm schienen die Kinder ans Herz zu gehen. Verständlich wenn Chan an das kleine Mädchen dachte, welches er damals gesehen hatte. Damals stank die Luft nach extremer Sorge. „Ich kann es versuchen", sagte Chan, worauf Hyunjin dankbar war. „Morgen stelle ich dir meine Angestellten vor. Du kannst für eine Weile hier schlafen, wenn du willst", bot der Restaurantbesitzer an. „Bevor wir aber zum Restaurant gehen, kaufe ich dir erst mal Kontaktlinsen. Dass du Cannibal bist, bleibt unser Geheimnis, okay?"
In der Nacht schlief Chan schlecht. Nicht nur weil er die Klänge seiner geliebten Musik nicht hören konnte, sondern auch an Vorstellungen vom morgigen Tag. Ob sie ihn mögen werden? Nervös rollte Chan sich zusammen und seufzte. Seine Gedanken spielten jetzt Szenen von Hyunjin ab. Hyunjin, der ihm helfen wird und Hyunjin, der ihn geküsst hatte. Eine leichte Röte schoss in sein Gesicht und er vergrub es in seine Handflächen. Wie es wohl wäre bei ihm zu schlafen und in seine Arme zu legen? Würde er sich genau so leicht fühlen wie bei dem Kuss von heute? Je mehr Chan daran dachte, desto lauter schlug sein Herz. Sobald er Hyunjin am nächsten Tag sah, klopfte sein Herz wieder so laut wie bei seiner kleinen Gedankenreise der vorigen Nacht. Chans Blick fiel auf Hyunjins Lippen und am liebsten würde er sie wieder küssen, doch traute er sich nicht aus Angst Hyunjin würde wieder Angst vor ihm bekommen. „Du kannst duschen, wenn du willst. Ich hab dir einfach ein paar Sachen gegeben, die mir zu groß sind. Währenddessen gehe ich Kontaktlinsen für dich kaufen. Du bleibst doch hier, oder?"
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