43. Wurzelgeflecht
POV Kuno:
Nachdem wir noch einen kurzen Zwischenstopp bei unserer Unterkunft gemacht haben, um auszuchecken, fahren wir direkt zum Flughafen. Ab da geht alles ziemlich schnell. Mein Herz pocht immer noch alarmbereit, als erwarte es mir jederzeit entrissen zu werden.
Ich hoffe Oisín und Niall halten ihr Wort und dass wir unseren Vertrauensvorschuss in sie nicht bereuen werden.
Anella wirkt ziemlich niedergeschlagen und zugleich unter Strom. Ihre Augen wandern aufgeschreckt über den Flughafen. Verloren in dem Trubel der Menschenmassen, Schildern, blinkenden Lichter und hektischen Zeit-Intervallen.
Ich lasse ihre Hand kein einziges Mal los. Zum einen, damit sie mir nicht verloren geht und ich sie sicher ins Flugzeug führen kann und zum anderen, weil es mir scheint, als würden wir beide gerade diesen Halt brauchen.
Das drückende Unheil zieht auf und legt sich in einer beunruhigenden Intensität auf unser Gemüt.
Ob wir noch rechtzeitig kommen? Simo hatte vorhin zwei Fotos in die Gruppe geschickt, auf dem der Wald zu sehen war. Tatsächlich waren überall rote Markierungen an den Stämmen. Vivien hatte sich sogar daran erinnert, wo Elchor wächst, sodass sie nachschauen konnten. Da ist ihr Orientierungssinn definitiv besser als meiner.
Anella bekam aus Schock für einen Moment einen Schwindelanfall, als sie die Linie auf Elchors Rinde erspähte. Ich habe gemerkt, wie sich dieses Bild in ihre Netzhaut gebrannt hat. Seitdem hat sie fast kein Wort mehr gesagt. Sie starrte nur geistesabwesend aus dem Auto, bis wir am Flughafen ankamen.
Ihr Atem geht unnatürlich und ich mache mir echt verdammt große Sorgen. Sie ist jetzt schon so blass. Wie soll dann erst der Flug werden.
Vivien, Simo und Jim kümmern sich gerade darum, so viele Menschen wie möglich zusammenzutrommeln, um sich für den Erhalt des Waldes einzusetzen und auch Nick gibt sein Bestes von seinem Urlaub aus.
Sogar Miranda hatte nochmal nachgefragt, ob ich bei Jayden erfolgreich war. Garret hat mich zurückgerufen und steht jetzt im Kontakt mit Vivien und Simo, da ich ihm von der Situation berichtet habe.
Mein Blick wandert zu Anella. Ihre Stirn ist an meine Schulter gelehnt und es wirkt fast als würde sie schlafen, doch ich weiß, dass sie wach ist. Einen Fensterplatz haben wir so kurzfristig leider nicht mehr erwischt.
Ihre Hand hält den Stein ihres Vaters fest umklammert. Ob dieser wirklich etwas bringt und sie vor den Strahlungen schützt? Ich hoffe es wirklich.
Als wir endlich landen ist Anella so blass um die Nase, dass ich ernsthaft Angst um sie habe, doch als ich sie danach frage, meint sie es geht schon und dass es vor allem noch die Nachwirkungen des Traumes sind. Das allerdings beunruhigt mich erst recht.
Es ist mitten in der Nacht, als wir landen und es dauert noch eine Weile, ehe wir unser Gepäck wieder haben und vom Flughafen aus mit dem Nachtzug in unserer Heimatstadt ankommen.
Wir hatten noch nicht einmal wirklich die Möglichkeit Anella an einem Flecken Natur aufzuladen. Alles ist zugebaut und betoniert. Sie schläft beinahe die ganze Fahrt, wenn auch unruhig. Sie schreckt immer wieder kurz auf, nur um wenige Sekunden darauf wieder weg gedriftet zu sein.
Ich streichele ihr beruhigend durchs Haar. Meine Lippen sind auf ihrem Kopf platziert, ohne dass ich sie wieder von ihr wegnehme. In Gedanken gefangen, summe ich ihr eine hauch leise, hoffentlich tröstliche Melodie. Es ist eines der ruhigeren Stücke aus Irland, zu der sie im Pub so glücklich getanzt hatte.
Ich weiß nur zu gut, wie wohl mir ihr Gesang immer getan hatte, wenn es mir schlecht ging. Zwar ist meine Stimme nicht einmal ansatzweise mit dem ihren zu vergleichen, doch ich hoffe trotzdem, dass es sie irgendwie beruhigen kann. Wenn es auch nur dazu da ist, ihre Gedanken in andere Richtungen und Erinnerungen zu lenken.
***
„Wo sind wir?" Anella blinzelt verschlafen in die grellen Lichter und es zieht mir das Herz zusammen, dass ich keine andere Wahl hatte, als sie gerade zu wecken.
„Gleich zuhause, wir müssen nur noch einmal kurz mit der S-Bahn fahren."
Meinen Rucksack habe ich mir auf den Rücken und ihren vorne aufgespannt. Als sie das bemerkt, werden ihre Augen ganz groß.
„Was tust du? Lass mich den tragen!" Sie taumelt mit wackeligen Beinen vom Sitz und dann direkt gegen mich, mit dem Versuch mir ihren Rucksack abzunehmen.
„Kommt nicht infrage. Du solltest dich jetzt erst einmal auftanken."
Ich halte sie fest, damit sie nicht nochmal umkippt und schiebe sie bestimmt Richtung Ausgang des Bahnhofs.
Anella will protestieren, das sehe ich ganz genau an ihrem Blick, doch wie es scheint, fehlt ihr dazu die Kraft. Das beunruhigt mich nur noch mehr. Sie wirkt wirklich äußerst geschwächt. Als würde ihr jeder Schritt Energie kosten.
Mit gerunzelter Stirn verfolge ich jede ihrer Bewegungen. Sie sollte jetzt nicht hier in der Stadt sein. Sie sollte schlafen.
Zum Glück dauert es von da aus nicht mehr lange und wir gelangen tatsächlich vor die Haustür, meines Wohneingangs. Es ist seltsam jetzt plötzlich wieder hier zu sein. Mit einem Fuß stehe ich gefühlt noch in Irland und irgendwie sieht alles plötzlich ganz anders aus.
„Aber wir müssen zu Elchor", murmelt Anella schlaftrunken und sieht sich geistesabwesend um, als würde sie einen direkten Weg durch die Stadt suchen, um in den Wald und zu ihrem Baum zu gelangen.
„Das machen wir auch nachher, aber erst einmal sollten wir unser Gepäck verstauen und du dich ausruhen."
Anella murmelt irgendetwas vor sich hin, was ich nicht verstehe, aber ich glaube „Elchor" verstanden zu haben.
Ohne weiter zu warten, öffne ich die Tür und helfe Anella durch den Flur Richtung Treppe. Am liebsten würde ich sie ja tragen, aber mit den Rucksäcken ...
Kurzentschlossen stelle ich den einen einfach ab und hebe dafür meine wankende Fee auf die Arme. Sie ist so schwach, dass ihre Beine direkt einknicken und sie ihr Gesicht wie ein Murmeltier an meine Brust schmiegt.
In meiner Brust spüre ich ein flatterndes Klopfen. Unangebracht, tadele ich mich, aber dieses Herz hat ja noch nie auf mich gehört.
Oben angelangt lege ich sie behutsam aufs Bett und lasse sie schweren Herzens nochmal kurz alleine, um den anderen Rucksack vom Hausflur zu holen.
Als ich wiederkomme, ist Anella jedoch nicht wie erwartet eingeschlafen, sondern sitzt halb aufrecht auf der Matratze.
„Wir müssen zu Elchor", haucht sie leise und ich erkenne an ihrem dringlichen Blick, dass sie vorher nicht zur Ruhe kommen wird.
Ich presse meine Lippen aufeinander und spüre, wie mein pulsierender Kopfdruck aus Müdigkeit und Sorgen immer stärker wird. Als ich in ihr Gesicht blicke, sehe ich jedoch ein, dass das jetzt für sie wichtig ist. „In Ordnung."
Kurzerhand schnappe ich die große Wolldecke, etwas zu trinken und alles, wovon ich auf die Schnelle denke, dass es Anella guttun könnte, ehe ich mich wieder zur Wohnungstür begebe.
„Warte hier, ich bringe nur schnell die Sachen zum Auto. Bleibe so lange hier auf dem Bett, okay?" Ich warte so lange, bis ich von ihr ein bestätigendes Nicken erhalte und beeile mich dann die Sachen zu Isolde zu bringen, welche ich, vor nicht ganz zwei Wochen drei Hausblöcke weit entfernt geparkt hatte.
Es wird echt Zeit, dass wir einen Ort zum Wohnen finden, in welchem sie sich wohler fühlt. Dieser hier ist definitiv nicht für sie geeignet.
Als ich zurück bin, liegt sie nicht mehr auf dem Bett und ich spüre, wie vor Schreck für einen Moment mein Herz stehen bleibt, bis ich das Plätschern von Wasser aus dem Bad vernehme.
Rasch öffne ich die Tür und erhasche eine perplex dreinschauende Anella, die sich gerade das Gesicht mit Wasser bespritzt.
Erleichtert atme ich aus und lasse mich für einen kurzen Moment erschöpft an den Türrahmen sinken. Ich weiß auch nicht genau, was mir gerade so eine Angst eingejagt hat. Es macht mich einfach nervös nicht genau zu wissen, wo sie ist und wie es ihr geht.
„Wie fühlst du dich?", murmele ich konzentriert und merke, wie auch mich so langsam die Müdigkeit übermannt. Jetzt ist aber noch nicht der Zeitpunkt dafür. Erst einmal muss ich sie sicher zu Elchor und in den Wald bringen, sodass sie sich wieder aufladen und beruhigen kann.
Anella antwortet nicht gleich, aber das braucht sie auch nicht. Schnell gehe ich auf sie zu und nehme ihr Gesicht in meine Hände.
„Ich habe Angst", haucht sie leise und ich sehe selbige Bedeutung in ihren Augen. Automatisch huscht mein Blick auf ihre errötete Stirn. Selbst im Schlaf hatte sie sich daran gerieben, bis ich dann ihre Hände einfach festgehalten und stattdessen meinen Daumen sanft darüber gelegt hatte. Mit der Hoffnung ihr das Gefühl von Behütetheit zu vermitteln. So ganz geklappt hatte es glaube ich nicht.
„Du brauchst keine Angst zu haben Anella. Wir werden schon einen Weg finden und nicht zulassen, dass dem Wald etwas passiert. Wir sind ja jetzt wieder hier!"
Sie schluckt und führt ihre Hand hinauf zu meiner Wange. Diese zittert leicht, als würde es ihr enorme Anstrengung bereiten sie anzuheben.
„Komm, jetzt geht es in den Wald", raune ich möglichst beruhigend und hauche ihr einen sanften Kuss auf die aufgesprungene Unterlippe. Sie hatte in den letzten Stunden sehr oft darauf herumgebissen.
Anschließend hebe ich sie abermals hoch und verlasse mit ihr nun erneut das Gebäude. Als ich die Tür hinter uns schließe, kommt mir das Gefühl, als würde Anella gleich für lange Zeit den Wald nicht mehr verlassen wollen. Dieser Gedanke trägt so eine Gewissheit mit sich, dass es mich regelrecht erschaudert. Das bedeutet, auch ich werde im Wald bleiben, denn ich werde sie keine Sekunde alleine lassen.
Habe ich an alles gedacht mitzunehmen? Habe ich etwas vergessen?
In meinem Kopf schwirrt es, doch am prägnantesten ist einfach das Gefühl, Anella so schnell wie möglich nachhause und zurück in ihre Kraft zu bringen.
***
„Anella, du kannst in deinem Zustand nicht auf den Baum." Ich versuche sie zurückzuhalten, doch da ist sie mir schon entwischt und hat sich mit erstaunlichem Geschick an dem einen Ast hinaufgezogen. Woher sie plötzlich die Kraft dafür nimmt weiß ich auch nicht.
Erschrocken sehe ich ihr nach, wie sie Stück für Stück in Elchors Baumkrone verschwindet.
‚Beruhige dich. Das ist genau das, was Anella jetzt braucht', dringt eine Stimme aus den Tiefen durch die angespannten Schichten meines Bewusstseins.
Ich atme tief durch und reibe nun mir mit dem Finger über die Stirn. Aber viel eher aus dem Grund, um meine Sorgen daraus vertreiben zu wollen. Ich seufze, als mir bewusst wird, dass diese Klugscheißerstimme in mir ja recht hat.
‚Ja, ich weiß.'
Mein Blick wandert mit zusammengezogenen Augenbrauen wieder zu der Stelle, an der auf Elchors Rinde die Markierung angebracht war. Anella hatte diese sogleich begonnen mit einem Stein abzukratzen und danach Elchors Rinde mit ihren Tränen zu heilen.
Es war unglaublich ihr dabei zuzusehen. Natürlich habe ich ihr auch geholfen die rote Farbe mit einem Messer vom Stamm zu schaben, auch wenn mir nicht wohl dabei war, Elchors Haut zu verletzen. Anella hatte unaufhörlich geweint.
Sollte ich hier unten bleiben und Wache stehen?
‚Nein, du solltest ihr hinauf auf den Baum folgen und prüfen, ob es ihr auch gutgeht!'
Ich zucke zusammen bei diesem Gedanken und spähe vorsichtig hinauf in die Äste. Ist ja schon ganz schön hoch, doch Anella hat keine Decke mitgenommen, sodass sie dort oben sicher frieren wird.
‚Richtig, also nimm dir jetzt die Wolldecke und klettere zu ihr.'
Ich schnappe nach Luft und folge dann, ohne weiter darüber nachzudenken genau dieser Anweisung. Der Stoff ist mit einem Tragegurt zusammengehalten, den ich mir um die Schulter hänge und anschließend mit einem Ruck eine Etage weiter nach oben befördere.
Nicht nach unten sehen!
Nicht nach unten sehen!
Nicht nach unten sehen ...
Ich hangele mich Ast für Ast nach oben und merke, wie der kalte Wind mir über das müde Gesicht streicht. Wie er wärmer wird und sich um meine Wangen schmiegt.
Ich genieße dieses Gefühl, trotz der innerlichen Anspannung, die unter der Oberfläche nach wie vor Purzelbäume schlägt, doch ich lasse mich von ihr nicht irritieren. Es ist egal. Alles. Ich will nur zu Anella und auch mal dort oben auf Elchors Armen liegen.
Das Laub raschelt um uns herum und es klingt als gehe ein Raunen und Flüstern durch seine Zweige, die sich entspannt im Wind hin und her wiegen.
„Anella?"
POV Anella:
Ein seliges Lächeln hat sich auf meine Lippen gestohlen. Seine Stimme zu hören ... hier oben auf der Ebene Elchors Herzens ... Tränen bahnen sich ihren Weg meine Wangen hinunter. Ich wusste schon immer, dass diese Eiche heilende Fähigkeiten besitzt, aber dass sie es sogar schaffen wird Kuno soweit zu bringen, dass er bis in die Krone eines Baumes klettern und dann auch noch bei Wind und Dämmerung ...
Sanft werden wir, wie zu einem schaukelnden Schlaflied durch die friedlichen Ebenen gewiegt. Ich liege wieder in meiner geliebten Astgabelung meines Heimatortes und spüre, wie die Kraft zurück in meine Adern fließt.
Viel zu lange waren wir getrennt. Viel zu weit weg habe ich mich gewagt. ‚Es tut mir leid Elchor. Jetzt bin ich wieder da und werde auch nicht mehr verschwinden!', sage ich ihm in Gedanken.
Ich stimme mich der Melodie seines raschelnden Laubes ein. Es ist ein Lied, das wir gemeinsam singen. Kurz darauf spüre ich einen anderen Luftzug an meinem Hals und ein weiteres Klopfen eines Herzens.
Kuno hat es bis hier oben geschafft und sein Gesicht nun neben mich und der Astgabelung nach oben gestreckt. Auch in meiner Brust beginnt der Herztakt schneller zu werden.
Es ist ein so intimer und heimeliger Moment und zugleich noch so viel mehr. Es ist so viel auf einmal. Dinge, die von einem Abfallen. Gedanken, die an Bedeutung verlieren und wieder Raum für Fokus und das Leben schaffen.
Sanft lächelnd drehe ich mein Gesicht zu meinem Verlobten. Ja, ich weiß, hier oben kann ich ihn so nennen. Hier oben kann uns niemand etwas anhaben. Keine Angst der Welt.
„Kuno", hauche ich und fühle seinen glimmenden Blick auf mir. Dann lässt er diesen über meinen Körper und weiter, über Elchors ausladende Äste gleiten. Seine Lippen sind vor Staunen leicht geöffnet und er blinzelt vollkommen hingerissen. Eingenommen von dieser Magie des Ortes.
Der Wind verfängt sich in seinen Haaren und weht es ihm leicht vor die Stirn. Ein so wundervolles Bild. Ich präge es mir tief in mein Herz. Dieses Funkeln der Sterne in seinen Augen. Am Himmel sind sie gerade dabei zu verblassen, doch in seinen Pupillen werden sie dafür umso stärker.
Er ist im Inneren genauso majestätisch, wie Elchor. Mein liebster Kuno.
Verliebt und zutiefst dankbar, dass er mich hierher gebracht hat streife ich mit meiner Stimme, dem Luftzug und meinem Blick über sein Gesicht. Flüstere ihm ins Ohr und die geöffneten Lippen.
Auch wenn ich es nicht sehe, weiß ich, dass er gerade eine Gänsehaut hat. Ich fühle es. Hier oben waren meine Sinne schon immer geschärft.
Für eine ganze Weile verfangen wir uns in unserem jeweiligen Anblick, bis ich schließlich ein bisschen zur Seite rücke, um ihm Platz zu machen. Elchor bietet dafür immerhin ausreichend Äste und Spielraum.
Kuno blinzelt und scheint zu verstehen. Als es diesmal er ist, der sich auf die Lippe beißt, merke ich, wie mir ganz warm wird. Ein flatterndes leichtes Gefühl erhascht mich. Wie ein glücklicher Kolibri in den Düften einer Blüte.
„Ohne dich Kuno, wären wir nicht hier. Komm her zu mir."
Ich spüre, wie die Fennnatur in mir erwacht und ihn mit verlockenden Blicken verführen will. Ich lasse es einfach zu. Alles, was hier oben in Elchors Ästen auf diese magische Weise geschieht, liegt nicht in meiner Hand und ich lasse mich nur zu gerne davon führen.
Viel zu lange habe ich nicht mehr wirklich losgelassen. Zumindest gefühlt.
Kuno folgt meiner Anweisung ohne zu zögern, was mich überrascht. Er ist so mutig. So stark. So ... Viel zu gut. Unsere Lippen finden sich und als ich meine Hände über seine Arme wandern lasse, spüre ich, dass sie doch noch ziemlich angespannt sind. Sie klammern sich fest an den Stamm, als hätte er Angst doch noch herunterzufallen.
„Vertraue Kuno", hauche ich ihm in den Mund und verfolge mit meinen Fingerspitzen seine verkrampften Muskeln. Ein singendes Glockenspiel scheinen sie bei jeder leisesten Reibung zu hinterlassen. Zumindest erscheint es in meiner Wahrnehmung. Ich stimme mich diesem mit ein. Hauchzarter Gesang, getragen von den seichten Böen des Windes, der die Blätter um uns herum zum Tanzen bringt.
Der gesamte Wald scheint mit dieser Melodie zu atmen. Ich fühle die umliegenden Wesen. Die Angst der Bäume, welche mit jedem weiteren Ton von ihnen gestreift wird. Elchors Energie war bis eben noch von der Information des Fällens befleckt, doch mit dem entfernen der roten Linie und dem reinigenden Gesang, beginnt er immer stärker in seine Kraft zurückzukehren.
Ein schützender Mantel, wie glitzernder Sternenstaub rieselt auf uns hinab und versetzt uns in einen beruhigenden Schlaf.
Familie. Der Wald ist immer eine zusammenhaltende Großfamilie und auch Kuno ist nun ein Teil davon. Vermutlich sogar schon immer. Er hat es nur nicht gewusst.
„Danke", hauche ich an alle gleichzeitig. An meinen besten Baumfreund, den Wald, das Leben und an meinen Geliebten, der mir tatsächlich überallhin folgt und mich trägt, obwohl er vorhin selber fast nicht mehr stehen konnte.
Zu gerne würde ich ihm mal etwas zurückgeben, nur weiß ich nicht wie. Ich verteile eine Kussspur, von seinen Lippen, über sein Kinn und den Hals hinab. Da ich mich etwas besser fühle, streife jetzt ich ihm vorsichtig die Decke von der Schulter und breite sie um uns aus. Er will sofort helfen, doch der Fee in mir gelingt es, ihn mit ein paar Tricks an Ort und Stelle zu bewahren.
Sei es ein kleiner Blick, ein Luftzug, der Gesang, oder doch gar eine Berührung, die mich jedes Mal wie Blitze durchfährt.
Seine nachtschwarzen Sümpfe verfolgen gebannt jede noch so kleine Regung. Seine Haut ist warm, doch ich decke sie dennoch zu. Gleite mit meinen Fingern unter die schützende Schicht und taste mit ihnen unter sein Hemd.
Elchors Kräftigen Stämme tragen uns, während ich mit klopfendem Herzen seine Bauchmuskeln entlangfahre und schließlich an seiner Hüfte verweile und ihn einfach nur noch selig betrachte.
„Ich liebe dich mein Kuno."
Er blinzelt schon wieder. Oder immer noch? Ob er seinen Mund auch nochmal wieder zu bekommt?
Ich schmunzele ihn verwegen an. So gefällt mir das. Genau so.
Dieser Moment soll niemals enden. Hier oben auf den Ästen von Elchor. Der Wald im behüteten Frieden. Der Wind der Kunos und meine Haare dazu bringen sich zu verknoten und kitzelnd über die Wangen zu streifen.
Der leichte Schimmer des herannahenden Morgens auf seiner Haut. Das Funkeln in seinen Augen und das stetige Klopfen unserer Herzen und dem des Waldes.
Für immer.
***
Hi ihr Lieben. Endlich sind Elchor und Anella wieder vereint. Was meint ihr, könnte nun passieren? Es fällt mir gerade so schwer noch nicht mit euch über die kommenden Kapitel zu sprechen. Immerhin darf ich nicht spoilern. Hach, Geduld ist manchmal echt eine Herausforderung.
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