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69. Klingende Veränderung

„Garret hat mir vorhin erzählt, Jayden meinte, dass du bei meinem Onkel warst?", fragt mich Kuno mit großen Augen, als wir gerade gemeinsam die Schultreppe hinunterlaufen.

„Äh, ja stimmt. Wir haben dich schließlich gesucht. Zwar habe ich mir schon gedacht, dass du eigentlich nicht da sein wirst, aber ich musste einfach trotzdem überall schauen. Es hätte ja auch sein können, dass du doch wieder zurückkommst."

Kuno verzieht das Gesicht. „Das wäre nicht passiert. Ich werde nie wieder zu ihm zurückkehren, oder auch nur einen Fuß in dieses Haus setzen!" Ich sehe ihn erstaunt an. Sein Blick wirkt entschlossen und ich kann erkennen, wie ihm bei diesem Gedanken eine große Last von den Schultern fällt.

Sofort wird es mir leichter ums Herz und ich ziehe ihn fest an mich. Ein bisschen überrumpelt taumelt er an die Wand und zieht mich dabei eine Stufe mit nach unten. Ich muss kichern und drücke ihm einen Kuss auf die Schulter.

„Wofür war das?", fragt er mich aus großen Augen und ohne mich loszulassen. Ich lächele. „Einfach so."

Er runzelt nachdenklich die Stirn, bis ihm erneut etwas einzufallen scheint und sein Ausdruck sich wieder ein wenig verdüstert. „Du solltest besser nicht alleine zu meinem Onkel gehen, Anella."

„War ich ja nicht. Vivien war dabei."

Seine Stirn verändert sich nicht. „Hat er dich irgendwie gekränkt?" Ich zucke die Schultern. „Keine Ahnung, darauf habe ich in diesem Moment nicht geachtet. Ich wollte nur wissen, ob du da bist. Außerdem ist das jetzt nicht wichtig." 

Ich sehe, wie er mir wieder aus den Augen abliest, ob es stimmt, was ich sage und dann schließlich etwas erleichterter ausatmet, bevor er mich noch enger an sich heranzieht.

„Ihr habt euch echt Sorgen gemacht, was?" Ich antworte nicht, woraufhin er seine Lippen in mein Haar drückt. „Das tut mir leid und wird nicht wieder vorkommen." Ich vergrabe mein Gesicht an seine Brust und lausche seinem Herzschlag. 

Dabei ist mir egal, dass wir mitten auf der Treppe stehen und die anderen Menschen an uns vorbeilaufen.

„Ich werde nachher noch ein letztes Mal zu Hendrik fahren, denn es gibt da noch etwas zu klären", meint er dann leise und wirkt im Gegensatz zu sonst, bei seiner Erwähnung ziemlich entspannt. Ich löse mich etwas, um ihn anzusehen.

„Soll ich dich begleiten?"

„Nein, besser nicht. Das ist eine Sache zwischen Hendrik und mir. Da ist es besser, wenn du nicht dazwischen gerätst!" 

Ich schlucke. Vermutlich hat er recht, dennoch bin ich ein wenig beunruhigt. Dieser Mann hat nämlich eine ziemlich gefährliche Aura. 

„Du passt auf dich auf, ja?" Er nickt. „Klar und du auf dich!"

„Keine Sorge. Und wenn irgendetwas sein sollte, dann melde dich einfach und ich komme!" 

Kuno grinst. „Soso." Plötzlich fährt er mit seinem Daumen über meine Lippe. „Ich würde dich jetzt so gerne küssen, weißt du das?" Ich blinzele, als meine Haut unter seiner Berührung zu prickeln beginnt.

 „Soll ich dir etwas verraten?", wispere ich und versuche dabei nicht allzu atemlos zu klingen. Er sieht mich interessiert an.

„Du darfst es sogar." Kaum, dass sein Grübchen erschienen ist, kann ich es auch schon nicht mehr sehen, da seine Lippen nun plötzlich auf meinen liegen.

Ich könnte Ewigkeiten so mit ihm verbringen, doch plötzlich ertönt ein lautes Räuspern neben uns. Erschrocken fahre ich zusammen. 

Herr Lech.

„Entschuldigen sie, aber körperlicher Flüssigkeitsaustausch, in welcher Form auch immer, ist hier strengstens untersagt. Ich erwarte von Ihnen, sich dementsprechend zu verhalten."

Ich merke, wie mir die Hitze ins Gesicht schießt und ich dem Mann wortlos hinterherstarre, welcher im nächsten Moment auch schon wieder durch die Tür verschwindet. 

„Er scheint jedenfalls lange keinen körperlichen Flüssigkeitsaustausch mehr gehabt zu haben", höre ich Kunos amüsierte Stimme, weshalb ich mich wieder zu ihm umdrehe. „Was?"

Wir sehen uns an und plötzlich können wir es nicht mehr an uns halten und prusten einfach los. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich Kuno das letzte Mal in dieser Weise habe lachen sehen. 

Draußen angekommen begrüße ich die duftenden Rosen und spüre, das liebliche Klangspiel, sobald meine Hände darüber streifen.

„Hast du eigentlich noch das eine Buch über Pflanzen, welches sich mal in deinem Zimmer befunden hat?" Verwirrt drehe ich mich zu ihm um. Meint er etwa das über das Zusammenspiel von Emotionen, Gedanken und deren Auswirkungen auf das Wachstum der Pflanzen, welches ich aus einem Anflug von Paranoia unter meinem Bett versteckt habe, damit er meinem Geheimnis nicht weiter auf die Schliche kommt?

Irgendwie freut es mich, dass er sich dafür interessiert und plötzlich finde ich es total albern, dass ich es überhaupt versteckt habe. Er weiß doch sowieso schon so viel mehr über mich und zudem ist es schön, dass ihn diese Dinge ansprechen.

„Klar, wieso?"

„Darf ich es mal ausleihen?" Ich grinse. „Sicher. Ich bringe es dir morgen mit." Ich sehe, wie es in seinen Augen aufleuchtet und frage mich, was er sonst noch so alles für Überraschungen bereithält.

„Wie ist das eigentlich, wenn du im Wald bist. Geben die Bäume dir irgendwie Lebenskraft?", fragt er mich leise, damit niemand der anderen unser Gespräch mitbekommt. Ich sehe ihm an, dass er sich mit dieser Frage wieder erhofft meinem Geheimnis etwas näherzukommen. Irgendwie ja auch verständlich, doch ich muss vorsichtig sein. 

Na ja, so viel kann ich ihm vielleicht schon verraten. Er darf halt nur nicht wissen, was ich bin. „Ja, wir tauschen sozusagen Energien aus. Sie geben mir etwas von ihrer Energie und ich ihnen von meiner." 

Er wirkt erstaunt. Anscheinend hatte er nicht damit gerechnet, dass ich ihm tatsächlich antworte. „Das ist sogar schon wissenschaftlich bewiesen", füge ich noch hinzu, damit er nicht darauf kommt, dass es irgendetwas Besonderes mit mir zu tun hat, sondern auch den anderen Menschen so gehen kann, wenn sie im Wald sind. 

Zwar finde ich diese Aussage mit der Wissenschaft ziemlich albern, da das eigentlich gar nichts aussagt, sie sich ohnehin ständig weiterbewegt und das mit dem beweisen auch immer so eine Sache ist, doch es lässt das alles ein bisschen "normaler" wirken.

„Hast du das auch schonmal ausprobiert?", frage ich neugierig, woraufhin Kuno nachdenklich das Gesicht verzieht.

„Hast du es nicht gespürt, als wir einmal die Linde umarmt haben?" Diese Frage trage ich schon seit längerem mit mir herum. Ich habe eindeutig gespürt, dass sie auch mit ihm in Kontakt gegangen ist, nur war ich mir nicht sicher, ob Kuno dafür offen war. Er blinzelt und scheint zu überlegen.

„Du meinst diese Wärme?" Mein Lächeln wird breiter. „Ja genau." Er grinst und greift dann, wie automatisch wieder nach meiner Hand, um gemeinsam zu unseren Freunden zu laufen. Ich bezeichne sie jetzt einfach mal als unsere, da sie sich, abgesehen von Nilo wirklich alles sehr gut mit ihm verstehen. 

Am Anfang hat es ein bisschen gebraucht, aber seitdem sie ihn besser kennenlernen und um seine Eigenarten Bescheid wissen, haben sie ihn, denke ich auch schon ein bisschen ins Herz geschlossen.

***


Nach der Schule verabschieden Kuno und ich uns leidenschaftlich, da er ja, so wie er gesagt hat, noch etwas klären muss. Ich habe ihn nochmal gefragt, ob ich wirklich nicht mitkommen soll, aber er bestand darauf, alleine zu gehen. 

Als er dann schließlich vom Parkplatz biegt, will ich schon im Wald verschwinden, doch habe dabei natürlich nicht an Vivien gedacht. 

„Ah, da bist du ja." Besagte Springnudel kommt grinsend auf mich zugelaufen und hakt sich dann bei mir ein, ehe sie mir ins Ohr flüstert, „Wir hatten heute ja noch gar keine Zeit zum Reden!" und dann anzüglich mit den Augenbrauen wackelt. 

Ich beiße mir auf die Lippe, um nicht zu lachen. Gleichzeitig kann ich mir ein leises Seufzen nicht unterdrücken. „Was willst du wissen?" Sie sieht mich gespielt entgeistert an. „Na was wohl, alles natürlich!"

Ich verdrehe die Augen und ziehe sie mit mir in den Wald. „Also... ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll." Plötzlich fängt Vivien neben mir hyperaktiv an zu quietschen und aufgeregt mit ihren Händen in der Luft zu wedeln, während sie wie eine Sprungfeder auf und ab hüpft. 

„Was ist?", frage ich verwirrt. „Nichts, ich freue mich einfach so!" Ich starre sie an und verfolge stumm ihre Bewegungen, wie diese Wackelschildkröten aus Holz, wo man nur den Kopf anstupsen muss und sie diesen dann Ewigkeiten vor sich hinschaukeln.

Irgendwann merke ich, wie ich von ihrem Enthusiasmus angesteckt werde und ebenfalls kurz davor bin zu quietschen. Sie greift nach meinen Händen und animiert mich so dazu, mitzuhüpfen. 

Irgendwann übertreiben wir es so weit, dass Vivien mit einem Satz auf mich draufspringt und zu Boden wirft. Wir lachen und die Seele aus dem Leib und erst jetzt wird mir klar, wie sehr ich das alles vermisst habe. Wo bin ich all die Zeit nur gewesen?

Es dauert lange, bis wir uns wieder einigermaßen beruhigt haben. Mein Bauch tut schon weh. „Oh Vivi." Ich ziehe sie in eine Umarmung, was sie sofort erwidert.

„Morgen machen wir mal wieder was zusammen, ja?", fragt sie mich und sieht mich ernst an. „Unbedingt, wir könnten ja auch jetzt noch ein bisschen durch den Wald laufen, wenn du willst."

„Ich habe leider nicht ganz so viel Zeit, weil ich meiner Mutter versprochen habe, ihr später noch zu helfen. Sie hat im Moment ziemlich viel zu tun... Aber mal kurz gerne." Sie verzieht entschuldigend das Gesicht.

„Achso, dann eben kurz. Manchmal kommt es doch auch nicht darauf an, wie lange etwas ist, sondern wie intensiv." Vivien lächelt. „Genau, so sehe ich das auch."

„Ich glaube ich habe dir noch gar nicht meinen Lieblingsbaum gezeigt", fällt mir gerade auf und ich frage mich, weshalb eigentlich.

„Deinen Lieblingsbaum? Ne stimmt, allerdings nicht." Sie hebt neugierig ihre Augenbrauen. „Na komm!" Ich greife sie bei der Hand und ziehe sie hinter mir her.

„Er heißt Elchor und ist ein sehr guter Freund von mir." 

„Was?" Vivien lacht und ich grinse in mich hinein. Elchor ist nicht nur ein sehr guter Freund. Er ist mein weiser Berater. Mein Hafen. Ein Teil von mir.

„Wow, etwa die Eiche da?" Ich nicke. „Die ist ja riesig. Und Elchor passt übrigens ziemlich gut. Das ist einfach so typisch Anella." Mein Grinsen wird breiter. 

„Komm." Ich führe Vivien zu seinem Stamm und lade sie ein, so wie ich ihre Arme um diesen zu legen, was sie dann sofort auch tut. 

Elchor ist sogar noch dicker als die Linde, die ich zusammen mit Kuno umarmt hatte, sodass wir es, obwohl wir zu zweit sind, nicht ganz schaffen ihn vollkommen zu umfassen. Auf der einen Seite treffen sich unsere Fingerspitzen.

Sofort kehrt Stille ein und ich merke, wie auch Vivien ihre Augen schließt und ruhig nach dem Atem lauscht. Das Rascheln der Unterholztiere tritt in den Vordergrund und ich kann ein aufgeregtes Kribbeln wahrnehmen, von welchem ich nicht weiß, ob es von Elchor, Vivien, oder mir selber ausgeht.

Seine Kraft flüstert uns zu und fließt auf uns über. Zumindest ist es das, was ich empfinde. Am liebsten würde ich jetzt diese Melodien durch meine Stimme in diese Ebene hier holen, was ich kurz darauf dann auch einfach tue. Bei Vivien ist mir das egal.

Nach einer Weile höre ich, wie Vivien ganz leise mit einstimmt. Ihre Töne sind schüchtern. Ganz im Gegensatz zu ihrer sonstigen Persönlichkeit, doch mit der Zeit wird sie immer mutiger, sodass wir irgendwann fast im Gleichklang singen. Ein Vibrieren geht durch die Luft und ich spüre, wie sich tief in mir etwas bewegt. Es ist so schön zusammen unseren Stimmen Raum zu geben.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, als wir uns wieder von dem Stamm lösen. Als ich Vivien ansehe, bemerke ich, dass sie Tränen in den Augen hat, weshalb mir augenblicklich auch welche aus diesen zu kullern beginnen.

„Das war so schön", sagt sie und schnieft, während sie mit der Hand liebevoll über die Rinde von Elchor fährt. 

Nun laufen sie wirklich. Es sind Tränen vor Freude und ich schmiege mein Gesicht glücklich an Elchors Stamm, während ich Vivien dazu ziehe, sodass dieser von unser beider Tränen benetzt wird. Wir lächeln uns an und beginnen uns über unsere Augen Geschichten zu erzählen, bis plötzlich der Moment gekommen ist, in welchem wir wissen, dass sie losmuss.

„Das müssen wir öfter machen", sagt sie und wirkt von dem Erlebnis noch ganz eingenommen. „Stimmt."

„Du kannst übriges wunderschön singen. Wieso schließt du dich nicht einfach Mo's und Nilos Band an?", scherzt sie und stupst mir leicht in die Seite. Ich lache, doch gehe nicht weiter darauf ein.

„Im Ernst!" Ich sehe, wie sich in ihrem Kopf schon wieder ein Bild gestalten will. „Ach nein, lieber nicht!" „Und wieso nicht?" Ich zucke die Schultern. „Ich singe lieber hier im Wald."

„Woher willst du das wissen, wenn du es noch nie woanders versucht hast?" Ich lächele sie an. „Auch wieder wahr, aber ich sehe mich da eben einfach nicht."

Vivien blickt mich nachdenklich an und ich erkenne, dass dieses Thema für sie wohl noch nicht ganz gegessen ist, doch erst mal lässt sie es dabei beruhen. 

„Jetzt, wo ihr beiden wieder da seid, müssen wir das mit dem im Wald übernachten auch unbedingt nochmal wiederholen!", meint sie und ich merke, wie mein Herz bei diesen Worten höher schlägt, während ich schon enthusiastisch nicke. 

Jetzt, ohne Sonnenwende und mit Kuno an meiner Seite, kann doch eigentlich gar nichts mehr schiefgehen!


***


Nachdem ich das Amulett aus der Esche geholt habe, verband ich mich bewusst mit der Lichtung und Tyrian, sodass wir deren Schutzraum noch ein bisschen erweitern und mit der Erde noch tiefer in Kontakt gehen konnten. 

Nun laufe ich noch etwas durch den Wald und nasche von den frischen Baumblättern. Gerade strecke ich mich, um mich vorher noch mit einem der oberen zu stärken, als mein Handy klingelt. 

Als ich sehe, dass es Kuno ist, macht mein Herz einen Hopser und ich nehme sofort an. 

„Anella?" Oh seine Stimme. Ich japse lautlos nach Luft. Wer soll ich denn auch sonst sein? Stimmt es, oder klingt er gerade irgendwie angespannt?

„Hey, was ist los?"

„Nichts. Ich... wollte nur deine Stimme hören!"

Einen Moment stocke ich und höre, wie er tief einatmet. „Was ist passiert? Soll ich zu dir kommen?"

„Nein, alles gut. Ich... Du hast ja schließlich auch noch anderes zu tun, als dich ständig mit mir abzugeben."

Ich runzele die Stirn. „Ich gebe mich aber gerne mit dir ab, Kuno." Kurz folgt Stille und ich kann regelrecht seinen Gesichtsausdruck vor mir sehen. Wie er schon wieder mit sich hadert, diese Tatsache, als realistisch anzuerkennen und nicht ins Zweifeln zu geraten. Was hat dieser Hendrik wohl wieder zu ihm gesagt?

„Nein, es ist schon gut! Ich wollte dich wirklich einfach nur hören." Ich merke, wie er sich bemüht, in gelassener Tonlage zu sprechen.

„Wie ist euer Gespräch verlaufen?" Ich wechsele das Handy schnell von einem Ohr zum anderen, da das Prickeln schon wieder unangenehm wird.

Kurz folgt Stille, ehe er bemüht unbekümmert weiterspricht. „Na ja, sagen wir mal so, diesmal war ausnahmsweise nicht ich derjenige, welcher ausgerastet ist."

Oh nein... „Habt ihr denn alles klären können?" 

„Ich von meiner Seite schon." Ich bilde mir gerade ein, zu sehen, wie er sich bemüht stark zu sein.

„Geht es dir wirklich gut?", hake ich nochmal nach. Ich kann mir nur allzu gut vorstellen, wie er sich nach einem Gespräch fühlen muss, wenn Hendrik ihm gegenüber aus der Haut fährt.

„Ja, tut es. Wirklich, jetzt wo ich ihm das alles gesagt habe, geht es mir viel besser." 

Ich glaube ihm und gleichzeitig bin ich mir auch nicht sicher, ob ich es zu hundert Prozent tun kann, denn irgendetwas scheint gerade zusätzlich noch in ihm zu arbeiten. Ich finde es irgendwie frustrierend, dass ich sein Gesicht gerade nicht sehe.

„Könntest... könntest du mir vielleicht einfach nur irgendetwas Schönes erzählen?", fragt er mich nach einem kurzen Augenblick.

„Was denn?"

„Egal. Ich will einfach nur deiner Stimme lauschen." Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen.

„Bist du gerade draußen?"

„Ja."

Mein Blick wandert zum Himmel und ich schließe genüsslich meine Augen. „Kannst du von dir aus die Sonne sehen?", frage ich, da ich ja nicht weiß, ob sich bei ihm hohe Häuser befinden. Ich höre, wie er einige Schritte läuft und dann abermals ein „ja", antwortet.

„Scheint sie bei dir auch gerade so schön ins Gesicht, wie bei mir?" Ich glaube, ich spüre ihn durch die Leitung lächeln. „Das tut sie."

„Gut. Und fühlst du auch, wie die Strahlen über deine Wange streicheln? Wie sie sich in deinen Haaren verfangen und der leichte Wind die Spannungen aus ihnen hinaus kämmt?"

Wieder folgt ein Augenblick Stille. „Ja."

Meine Mundwinkel wandern leicht nach oben. „Und jetzt stell dir vor, dass es meine Finger sind, die du spürst. Sie wandern über deine Stirn, deine Nase, deine Wange..." Das Lächeln verwandelt sich zu einem Grinsen, als ich mir vorstelle, das durch den Wind jetzt tatsächlich zu tun. Zwar ist er dafür viel zu weit weg, aber irgendwie mag ich diese Vorstellung trotzdem.

„Und dann weiter über deinen Kiefer zu deinem Kinn und langsam wieder hinauf zu..." Ich stocke, um mir ein Kichern zu verkneifen und höre ihn leise ausatmen, als hätte er gerade ebenfalls gelächelt.

„Und jetzt sind es meine Lippen, welche gerade deine streifen", hauche ich und stelle mir vor, wie seine wohl momentan in den warmen Nachmittagsstrahlen aussehen müssen.

„Fühlst du dich von der Sonne geküsst?", will ich wissen und kann mir nicht den Impuls verkneifen auf meine untere zu beißen und dämlich vor mich hinzuschmunzeln. Vor allem als er dann auch noch, „Oh ja", antwortet. 

„Du machst mich noch wahnsinnig, Anella. Ich muss gerade all meine Selbstbeherrschung zusammenhalten, um nicht sofort zu dir zu stürzen und dich richtig zu küssen und... Oh Gott, es gibt so unendlich vieles, was ich am liebsten alles mit dir anstellen würde. Und höre auf jetzt wieder so verdammt süß mit deinen Füßen herumzuzappeln! Das trägt nämlich wirklich nicht dazu bei, dass meine wilden Fantasien sich weiter im Zaum halten."

Perplex halte ich inne. Tatsächlich... Mir ist bisher gar nicht aufgefallen, dass ich das gerade wirklich mache, aber woher weiß er...?

Ich sehe mich suchend im Wald um, ob er hier irgendwo steht, doch kann ihn natürlich nirgends wahrnehmen. Kennt er mich etwa schon so gut?

Röte schießt mir ins Gesicht. „Woher weißt du... und was für Fantasien?", frage ich vorsichtig und kann dabei nicht verhindern, dass mein Herz unbeholfen zu poltern beginnt.

„Frage mich jetzt lieber nicht danach!" Ich höre, wie er sich bemüht, ruhig zu atmen.

„Doch, sag es mir!" 

„Bist du dir sicher? Sie sind nicht gerade jugendfrei und ich habe keine Ahnung, wie du auf diese reagierst. Wenn ich sie dir schon erzähle, dann muss ich dein Gesicht dabei sehen."

Inzwischen muss dieses im übrigen so rot sein, wie eine Tomate und ich bin froh, dass er es eben nicht sieht. „Ich will sehen, wenn du wieder rot wirst", schmunzelt er dann, als hätte er meine Gedanken gelesen. Wie bitte? „Nicht jugendfrei?", hake ich vorsichtig nach.

„Ganz und gar nicht." Eine Weile folgt Stille, in welcher ich, verlegen auf meine Füße starre und mich an gestern zurückerinnere. Sofort schießt mir die Hitze durch Körper. 

Welche Sachen er wohl meint?

„Anella?", fragt er mich schließlich und ich glaube, dass er sich gerade unsicher ist, ob er mir schon zu viel verraten hat. Wirke ich wirklich so unsicher? Wieso hat er immer Angst, mich damit zu verschrecken? Wenn ich ehrlich bin, dann tut er nämlich alles andere als das. Diese Erkenntnis erschrickt mich wiederum dann schon, doch nicht stark genug, um nicht weiter nachzuhaken.

„Erzählst du mir eine Sache davon?" Mein Bauch zieht sich zusammen und ich lausche meinem aufgebrachten Herzen, welches mich plötzlich völlig zu vereinnahmen scheint.

Am anderen Ende der Leitung höre ich Kuno leise durchatmen. „Na gut, wenn du unbedingt willst. Da gibt es so einiges, doch eine Sache die... die hat in all der Zeit schon ein ziemliches Eigenleben in meinem Kopf entwickelt."

Er hält inne und ich warte, dass er weiterspricht, doch es kommt nichts. „Schön länger?"

„Genau."

„Und... was ist das für ein Eigenleben?"

Wieder folgt eine ganze Weile Stille, ehe er dann doch weiterspricht.

„Erinnerst du dich noch an den Montag vor der Sonnenwende? Damals, als du hinter der Schulmauer... gewesen bist?" Blut schießt mir ins Gesicht, als ich daran zurückdenke. Meine Güte, habe ich mich da peinlich benommen. Ich halte mir meine Hand vor die Augen und atme dann tief durch, um mit klarer Stimme antworten zu können.

„Ja." Erneut folgt Schweigen. Ob er auch gerade daran denkt, wie seltsam ich mich da aufgeführt habe?

„Was war da?", hake ich unsicher nach, als nichts kommt. Kann es sein, dass ich etwas getan habe, woran ich mich nicht mehr erinnere? Ich höre, wie er tief einatmet.

„Da hast du etwas gesagt, was... mir seitdem einfach nicht mehr aus dem Kopf geht. Es spukt darin herum und kreiert Bilder. Viele Bilder. Auch in meinen Träumen und jeder..." er räuspert sich, als wolle er sich davon abhalten zu viel zu verraten. „Nun ja."

Er stockt abermals und ich merke, wie meinen Füßen noch nervöser herumzuzappeln beginnen.

„Was war es denn, was ich gesagt habe?" 

„Du meintest, dass ich dich spielen soll." Ich halte den Atem an. Oh...

Ich erinnere mich ziemlich gut an das Gefühl, welches ich dabei empfunden hatte. Diese Melodien. Als wäre ich zum Bersten gespannt wie eine Violine und er mein Bogen, der mich als einziger zum Erklingen bringt, sobald er... ja, was eigentlich? Mich spielt? Aber wie?

„Was meintest du damit?", will er wissen und spricht damit die Frage aus, welche ich mir selber noch nicht einmal so genau beantworten kann. Ich versuche mich von dem heftigen Klopfen in der Brust nicht einnehmen zu lassen und tief durchzuatmen. 

„Ich weiß nicht... nicht so wirklich", gestehe ich und beiße mir dann auf die Lippe.

„Erzählst du mir, was es für Bilder sind, welche diese Worte in dir kreieren?" Diesmal höre ich ihn nach Luft schnappen. 

„Willst du es wirklich wissen?", hakt er nach und ich kann sein Gesicht regelrecht vor Augen sehen. Wie er überlegt, ob er mich damit aus Versehen doch verschrecken könnte.

Wenn er nur wüsste, dass er das bei mir damit nie und nimmer hinbekommen würde. Ich weiß, es hätte nämlich eher den gegenteiligen Effekt. Meine Zehen graben sich aufgeregt in den Boden, während mein Puls immer schneller wird.

„Ja."

„Eigentlich muss ich dir dabei ins Gesicht sehen... Sehen, wie du reagierst."

Ich atme tief durch, um mich zu beruhigen. „Bitte Kuno. Habe keine Angst vor meiner Reaktion. Du kannst mir alles sagen."

Stille. Ich warte und werde immer nervöser, bis Kuno schließlich doch zu reden beginnt. 

„Anella, ich stelle mir vor, dich zu spielen. Ich weiß nicht, wie du es meintest, aber... In meinem Kopf ist es so, dass du singst und ich werde dann etwas mit dir machen, während du nicht mit dem Singen aufhörst. So wie du es im Wald schon so oft getan hast. Du wirst alles mit deiner wundervollen Stimme verzaubern und... in meinem Traum da ist es so, dass... Ich werde dich berühren, verstehst du? Währenddessen."

Ich schlucke. Oh. Mein Herz gerät kurz aus dem Takt und ich merke erst, dass ich den Atem angehalten habe, als mir ein wenig schwindelig wird. In meinem Kopf dreht sich alles und da unten... Oh je... da beginnt auch schon wieder ein Eigenleben.

„Ich soll... singen?", hauche ich und weiß nicht so genau, was ich davon halten soll. Kann ich das überhaupt so auf Anhieb? Ich denke eher, das wird schwierig. Vor allem, wenn er mich dann auch noch... berührt. Ohhhjeh. 

Wie soll ich denn da überhaupt einen Ton zustande bekommen? Wenn ich dabei schon Töne erzeuge, dann wahrscheinlich eher welche, die mir ziemlich peinlich sind. Hitze sammelt sich in meinem Gesicht.

„Aber dann... Also, wenn du mich... du weißt schon, so wie gestern... dann werde ich dabei ganz bestimmt nicht singen. Eher bin ich stumm wie ein Fisch."

„Was? Oh glaube mir Anella, du bist alles andere als das." Wie bitte?

Ich schlucke. „Das denkst du dir jetzt aus." Das muss so sein!

Ich höre ihn leise lachen, woraufhin mein Gesicht noch heißer wird. Ich fummele an einem Stück Rinde herum, um etwas zu tun, da ich sonst wahrscheinlich noch durchdrehen würde.

„Bilde dir ruhig ein, was du willst. Das ändert nichts an den Tatsachen."

„Die Tatsache ist, dass du mich sicher verarschst. Ich weiß doch immerhin selber, was ich für Geräusche mache."

Er antwortet nicht, doch ich glaube, ich fühle ihn durch das Telefon schmunzeln. „In meinem Kopf singst du auf jeden Fall. Schon seit einer geraumen Zeit." 

Die Nähte an meinem Kleid gehen schon auf. Ich sollte echt aufhören, diese Stelle immer mit meinen Fingern zu massakrieren. 

„Während du singst, würde ich... Dinge tun. Du weißt schon, dich küssen... an Stellen wo... " Ich höre, wie er scharf die Luft einzieht, als ihn diese Vorstellung überwältigt. 

„... ich würde dich dazu bringen, wieder diese unglaublich süßen Laute von dir zu geben, welche mich einfach um den Verstand bringen. Wenn du dabei auch noch singst... Ich glaube..."

Ich schnappe nach Luft und spüre, wie es in meinem Unterleib augenblicklich wärmer wird und zu ziehen beginnt, während sich dort auch noch eine gewisse Feuchtigkeit sammelt. Mein Atem geht schnell und ich muss mich an einem der Bäume abstützen.

Wie kann Kuno bitte so einfach darüber sprechen, ohne dass es ihm peinlich ist? „Was für Laute?" Das meint er doch nicht ernst, oder? Ich glaube, ich spüre ihn schon wieder schmunzeln.

„Dieses helle Piepsen, welches du immer von dir gibst, wenn ich dich an bestimmten Stellen berühre."

Ich runzele die Stirn. „Was? Tue ich doch gar nicht!", streite ich erneut ab und kralle meine Hände dann doch wieder in den Stoff meines Kleides. Das stimmt überhaupt nicht, was er da behauptet. 

„Du glaubst mir also nicht?" Ich nicke, bis mir einfällt, dass er es ja gar nicht sehen kann.

„Ich weiß es! Das hast du dir eingebildet, Kuno!" Nun höre ich ihn wirklich lachen, indem er amüsiert seine Luft ausstößt.

„Dann werde ich es dir beweisen, Anella. Ich werde dir so einige Geräusche entlocken, glaube mir!" Mein Atem stockt, während ich panisch meine Augen aufreiße. Wie meint er das denn? Also etwa... vielleicht sogar heute? Nachher? Irgendwann? Was hat er vor? Ich werde auf keinen Fall singen!

„Hast du etwa Angst?", will er wissen und ich höre einen durchaus schelmischen Unterton heraus.

„Angst? Wieso? Vor dir?", fiepse ich und könnte mich im selben Moment für meine dämliche Piepse-Stimme durchschütteln.

„Vor dem, was ich alles mit dir anstellen könnte!" Ich schlucke. „Äh... nein."

„Äh... nein? Also ja?"

„Nein!"

„Was nein?"

„Nein, ich habe keine Angst!"

„Wirklich?" Ich zappele nervös mit meinen Füßen herum und knabbere mit klopfendem Herzen auf meiner Lippe, welche inzwischen schon ein bisschen wund ist. „Na gut, vielleicht ein klitzekleines bisschen. Aber es ist nicht wirklich Angst, sondern eher... Ich weiß auch nicht."

Inzwischen sind meine Füße durch ihr scharren schon tief in die Erde eingebuddelt. „Ich werde nichts machen, wenn du es nicht willst, das weißt du, oder?"

Ich nicke. „Anella?!"

„Ach so. Ja na klar, das weiß ich. Ich habe genickt, aber das hast du natürlich nicht gesehen. Wie dumm von mir. Natürlich weiß ich das, Kuno!"

Er atmet aus. „Du wolltest es hören", erklärt er sich, als müsste er das, was er gesagt hat, rechtfertigen. „Ja... das will ich ja auch immer noch!"

Schnell wechsele ich das Handy erneut an die andere Seite.

„So? Das heißt, du hast noch nicht genug?" In seiner Stimme liegt dieser bestimmte dunkle Ton, welcher mir sogar durchs Telefon eine warme Gänsehaut beschert.

„Von dir nie, Kuno. Außerdem lausche ich auch gerne deiner Stimme, weißt du. Besonders, wenn sie dann auch noch solche Dinge zu mir sagt."

Ich halte die Luft an, weil die Ehrlichkeit wieder einmal aus mir hinausgepoltert ist und mich mit sich ins kalte Wasser wirft. Oder na ja in diesem Fall vielleicht eher ins heiße.

Ich höre, wie er tief einatmet. „Wirklich?", fragt er mich atemlos und mit regelrecht kratziger Stimme. 

„Ja."

„Ich bekomme von dir auch nicht genug. Niemals, Anella." Mein Herz beginnt zu flattern, genau wie mein Bauch. Oh Kuno.

„Gott, ich halte es nicht länger aus jetzt nicht sofort zu dir zu stürmen. Ich muss dich sehen. So sehr."

„Kuno", flüstere ich und streife mit meinen Fingerspitzen über den Stamm eines Baumes, während ich mir vorstelle, dass es seine Haut ist.

„Dann komm her!" Ich höre wie er nach Luft schnappt und dann schnelle Schritte, als er sich kurz darauf in Bewegung setzt. „Ich nehme dich beim Wort, Waldmädchen. Du musst aufpassen, was du sagst. Ich werde nämlich immer kommen, wenn du mir das anbietest."

Ich beiße mir auf die Lippe, um mein dämliches Grinsen zu dämmen. „Das freut mich zu hören. Andersherum ist es genauso." Ich höre, wie seine Schritte kurz innehalten, als hätte ihn diese Aussage nicht erwartet und sogar ein wenig überrumpelt, ehe er beinahe doppelt so schnell weiterläuft.

„Dann werde ich dich jeden Tag einladen, das weißt du, oder? Jede Stunde, Sekunde und  jeden Augenblick." Ich lache auf. „Du Spinner."

„Ich sage nur, wie es ist. Da ich ein Spinner bin musst du eben aufpassen." Das Grinsen in meinem Gesicht scheint überhaupt nicht mehr weichen zu wollen. Ich glaube, das hier muss wohl richtige Verliebtheit sein. So wie jetzt habe ich mich noch nie gefühlt. In meinem Herz und meinem Bauch ist kaum mehr Platz für irgendein anderes Gefühl, als das, welches darin herumtollt, wie wildgewordene, surrende Hummeln.

„Wo bist du eigentlich?", will er wissen. „Im Wald. Also am Waldrand, meine ich. Ich habe ein paar Kräuter gesammelt. Wenn du kommst, bin ich aber schon wieder zu Hause."

Ich vernehme, wie er eine Autotür öffnet. „Wie du willst, ich kann dich aber auch im Wald aufsuchen." Durch die Worte höre ich sein Lächeln heraus.

„Okay, dann viel Spaß", grinse ich und flüstere noch ein „Fahr vorsichtig!" hinterher, als ich höre, wie er die Autotür schließt. „Na klar, süße Waldfee."

Ich stocke und reiße entsetzt meine Augen auf. Meinte er das gerade ernst? Weiß er etwas, oder war es nur wieder so ein Kosename? Ich bin froh, dass er mein Gesicht jetzt nicht sehen kann, sonst hätte er meine Reaktion sicher sofort durchschaut.

„Dann sollten wir jetzt mal auflegen. Immerhin musst du dich auf die Straße konzentrieren!"

„Stimmt, für die Konzentration könnte das von Vorteil sein, aber ich würde es auch so schaffen, glaube mir!"

„Jaja, ich weiß, du bist ein Multivitamintalent. Bis gleich also!"

„Multivitamintalent? Das heißt Multitalent", grinst er.

„Ach ja? Du bist aber nicht irgendein das, sondern Kuno. Und Kuno ist mein Multivitamintalent!" Was labere ich da eigentlich? Es folgt ein kurzes Schweigen, ehe Kuno sich wieder gefasst hat und dann, plötzlich mit veränderter Tonlage ein, „Ich liebe dich!", in den Hörer haucht.

„Ich liebe dich auch, du Verrückter."

***

Hi, wie geht es euch gerade? Gibt es etwas, was euch im Leben gerade beschäftigt? <3 

Nun kommen wir dem letzten Kapitel immer näher. Doch ein bisschen kommt noch.

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