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51. Lass mich dich gernhaben!

Die Nacht schlafe ich unruhig und wache immer wieder auf, weil meine Träume einfach zu intensiv und... na ja... mit ziemlich viel nackter Haut und dunklen, weichen Locken gefüllt sind. 

Doch immer dann, wenn mich seine Augen anschauen, sehe ich Schmerz in ihnen aufflackern, sodass ich erschrocken meine eigenen aufreiße und mich erneut in meinem Zimmer vorfinde. Alleine.

Ich bekomme ihn einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich spüre ihn überall. Fast, als wäre er jetzt genau hier und würde langsam mit seinen Fingern über meine Haut... 

Ich atme tief durch. Oder seine raue Stimme, wenn er mir verbotene Dinge ins Ohr flüstert, sodass sich kribbelnd meine Nackenhaare aufstellen und mein Herz auf eine Weise zu pochen beginnt, welche keine Hoffnung auf Erlösung bereitet.

Einmal finde ich mich sogar mit dem Handy in der Hand wieder. Ich weiß auch nicht genau, was ich damit bewirken will. Ich starre nur stumm auf das Display, während es ungeheuerlich in meinen Fingern kribbelt.

Hoffe ich etwa, dass er mich anruft, wenn ich es nur einfach lange genug anstarre? Dabei weiß ich genau, dass das nie passieren wird! Überlege ich etwa ihn selber anzurufen? Da, weiß ich genauso, dass ich das nicht tun werde. 

Was sollte ich ihm auch sagen? Dass es mir leidtut? Aber das habe ich ihm doch vorhin schon mehrmals gesagt... Dass ich mir wünschte, dass er jetzt da wäre, weil ich nicht aufhören kann, an ihn zu denken? Und dann? Nur um ihm dann wieder zu sagen, dass ich mit Tyrian zusammen bin?

Ich stöhne frustriert auf und lege das Handy wieder zurück ans andere Ende des Zimmers. Als ich aber schließlich immer wieder dort hin schiele, stehe ich erneut auf uns bringe es dieses Mal nach draußen in die Wohnküche, damit ich es nicht immer in Reichweite weiß.

So! 

Am nächsten Morgen verschlafe ich dafür sehr lange in den Sonntag hinein. Eigentlich würde ich jetzt nach dem Aufstehen direkt in den Wald, um die Kette aus der Esche zu holen und Tyrian zu besuchen, aber ich fühle mich einfach noch nicht bereit dazu.

Ich werde ihm das nächste Mal einfach sagen, dass ich am Tag nicht dazu gekommen bin, die Lichtung zu besuchen und abends, bis jetzt ja offiziell eh noch Hausarrest hatte. 


***


Nun ist es Montag und somit der Tag, an welchem ich Kuno wiedersehe. Ich habe keine Ahnung, wie es jetzt zwischen uns weitergeht. Der Abschied am Samstag war so... merkwürdig. Sind wir jetzt noch Freunde?

Unruhig laufe ich durch das Schultor auf den Pausenhof, wo mich die anderen schon erwarten. Ich halte nach Kuno Ausschau, kann ihn aber nirgends entdecken. Da ich über den Parkplatz gekommen bin und sein Auto gesehen habe, weiß ich allerdings, dass er da ist. 

Den ganzen Unterricht über, male ich mir im Kopf aus, wie ich mich ihm gegenüber am besten verhalten sollte, sobald wir uns wieder begegnen, doch mir will einfach nicht klar werden, wie. Und dann... steht mir der Unterricht bevor, in welchem ich Kuno tatsächlich wiedersehen werde.

Mein Herz pocht wild und ich weiß irgendwie nicht mehr so richtig, wie man atmet. Als ich schließlich schon seit zwei Minuten vor der Tür stehe und es nicht länger hinauszögern kann, betrete ich schließlich den Raum und erhasche sofort seinen dunklen Lockenschopf, am anderen Ende.

Als er mich erblickt, wendet er jedoch sofort seinen Blick von mir ab. Mir sackt das Herz in die Kniekehle. Erinnerungen an letzten Samstag rauschen auf mich ein und rauben mir regelrecht die Luft zum Atmen.

Plötzlich wird mir wieder heiß, sodass ich schnell ebenfalls meinen Blick von ihm abwende, um nicht noch rot anzulaufen. Dummerweise sitze ich ein paar Tische vor ihm, sodass es zu weit weg ist zum Sprechen, doch auch zu dicht, um sich zu ignorieren. 

Zumindest dachte ich das. Doch als ich mich zu ihm nach hinten drehe, starrt er nur unbeteiligt auf seine Unterlagen vor sich. Er kann mir nicht mehr in die Augen sehen... Diese Erkenntnis trifft tiefer, als ich mir bis jetzt eingestehen wollte.

Rasch wende ich mich wieder von ihm ab, um die aufkommenden Tränen zurückzuhalten. In meinem Hals drückt es unangenehm.

Der Unterricht vergeht schleppend, doch ich fühle nicht seinen Blick auf mir, so wie sonst. Ein paarmal drehe ich mich zu ihm um, weil ich denke, doch wieder kurz dieses Gefühl im Nacken zu haben, doch immer sieht er nur unbeteiligt an irgendeine andere Stelle.

Keinerlei Emotionen sind aus seinem Gesicht abzulesen, was mich noch mehr beunruhigt. Er hat wieder seine dicke, kalte Maske aufgesetzt, welche alles und jeden auf Abstand behält. Ich schlucke, als mir bewusst wird, dass ich es war, welche das hervorgerufen hat.

Ihm sind meine Worte wohl wirklich noch nachträglich zu Bewusstsein gestiegen. Anders kann ich es mir nicht erklären. Plötzlich steht er auf, ohne mich anzusehen und verlässt ohne ein weiteres Wort den Raum. 

Die Lehrerin starrt ihm kurz nach, sagt aber nichts weiter dazu. Ich warte einen Augenblick, damit die anderen nicht wissen, dass ich ihm folge, ehe ich mich ebenfalls kurz entschuldige, da ich angeblich auf Toilette muss.

Als ich den Raum verlasse, habe ich keine Ahnung, wo ich jetzt hin muss. Ich hätte mich vielleicht mit der Umgebung verbinden sollen, um zu wissen, in welche Richtung er geht. Zwar ist das ziemlich schwer, mit den Schuhen und generell in Gebäuden, aber vielleicht hätte es zumindest ein bisschen funktioniert.

Gerade will ich mich suchend in Bewegung setzen, als ich ihn hinten im Gang stehen sehe. Als er mich bemerkt, zieht er schnell sein Handy hervor und tut so, als würde er dort konzentriert etwas eintippen.

Ich atme tief durch, ehe ich langsam auf ihn zugehe. Mein Puls schnellt in die Höhe. Wie wird er jetzt reagieren? Wird er abstoßend sein? Falls ja, dann macht mir das nichts. Ich versuche mich innerlich darauf zu wappnen und knabbere unsicher auf meiner Unterlippe, als ich nicht weiß, was ich jetzt sagen soll.

Eine ganze Weile stehe ich so da, ohne einen Ton herauszubekommen. Schließlich stöhnt Kuno genervt und lässt dieses Gerät in seiner Hose verschwinden, eher er sich mir mit kaltem, stechendem Blick zuwendet. Mir schaudert, als ich diese große Distanz in ihnen erkenne.

Wie ist das passiert? „Was willst du?" Seine Stimme klingt kalt und unbeteiligt. Sie hört sich gar nicht wirklich nach ihm an. Vielmehr, wie... wie... Ich weiß auch nicht. Mein schlechtes Gewissen kriecht wieder in mir empor, sodass es mich beinahe verrückt macht.

„Was glaubst du, Kuno?!" Er zieht seine Augenbraue hoch. „Ich denke, wir sollten reden!" Er antwortet nicht. Stattdessen schenkt er mir einen spöttischen Blick, doch ich ignoriere es.

„Das, was letzten Samstag..." Ich stocke. „Es tut mir leid, Kuno! Ich hätte es dir schon viel früher sagen sollen!" Er zieht erneut seine Augenbrauen hoch. „Was meinst du?" Ich runzele die Stirn. „Na... ich meine... du weißt schon!" Er verzieht seinen Mund zu einem spöttischen Lächeln. 

„Ach Mädchen, du bist einfach so schön naiv. Glaubst du etwa wirklich, das würde für mich eine Rolle spielen? Glaubst du ernsthaft, es würde für jemanden wie mich etwas ausmachen? Die Wahrheit ist, Anella, es ging mir bei allem niemals wirklich um dich. Mir ist scheißegal, mit wem, oder was du herumvögelst.

Ich wollte von Anfang an nur dein Geheimnis wissen. Versteh doch. Es ist prickelnd und eine Herausforderung. Natürlich musste ich diese annehmen, aber das hatte nichts mit dir zu tun."

Ich presse meine Lippen aufeinander. Jetzt fängt er schon wieder damit an. Diese Giftpfeile. „Ich glaube dir kein Wort!"

„Ich bitte dich, du glaubst doch nicht ernsthaft, dass es andere Gründe hatte. Welcher Mensch würde sich denn sonst freiwillig mit so jemanden wie dir abgeben? Und du warst auch noch so dumm und hast mir geglaubt." Er stößt ein verächtlich, schnaubendes Lachen aus.

Mir wird schlecht, als mir bewusst wird, was Kuno da sagt. Selbst wenn es Worte sind, die er eigentlich nicht so meint. Ich merke, wie mir die Tränen aufsteigen, obwohl ich das nicht zulassen will. Doch sie fließen einfach. Wieso tut er das?

Ich weiß, dass er es nicht so meint. Er will mich verletzen und deshalb regt es mich erst recht auf, dass es so einfach klappt. Ich will nicht weinen! Und ich will auch nicht, dass seine messerscharfen Worte mein Herz berühren, doch sie tun es.

Tiefer und immer noch tiefer.

Kuno tritt auf mich zu und kommt erst direkt vor mir zum Stehen. In seinen Augen funkelt so etwas wie Hass. Anders weiß ich es nicht einzuordnen. Mein Herz krampft sich noch weiter zusammen. Vor allem, als er mit den nächsten Worten noch eins draufsetzt.

„Um ehrlich zu sein, bin ich sogar froh, dass du jetzt weißt, dass mir an dir nichts liegt. Denn dann muss ich nicht mehr so tun, als würde es mir gefallen, mit dir Zeit zu verbringen. Ich werde dein Geheimnis auch anders herausfinden. Glaube mir!"

Sein Blick bohrt sich tief in meinen. Mich erschaudert bei seinen Worten, sowie der Feindseligkeit, welche er dabei versprüht. Im nächsten Atemzug merke ich auch, wie seine Augen zu meinen Lippen schwenken. 

„Du küsst übrigens miserabel, hat dir das schon einmal jemand gesagt?" Ich starre ihn schweigend an. Meine Tränen haben inzwischen gestoppt, genau wie mein Atem und gefühlt auch mein Herzschlag.

„Zum Glück ist auch das jetzt vorbei!", meint er, während er dabei weiterhin meinen Mund fixiert. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut.

„Und schmecken tust du auch widerlich!" Seine Stimme klingt dunkel und kratzig, als er das sagt. „Richtig ekelerregend." Plötzlich merke ich, dass er mir noch näher gekommen ist. „Außerdem stinkst du. Ich muss mein Sofa jetzt nachher in die Reinigung bringen, weil ich deinen Geruch sonst dort nicht mehr rausbekomme!"

Ich schlucke. Meint er das ernst? „Guck nicht so... so..." Kurz zuckt in seinen Augen etwas auf, was im nächsten Moment aber auch schon wieder verschwunden ist, sodass ich mir nicht sicher bin, ob ich es vielleicht nur gesehen habe, weil ich es so sehr sehen wollte.

„Du dachtest also wirklich, dass ich mich in dich verliebt habe, ja?" Während er das sagt, formt er seine Augen zu Schlitzen. „Dann bist du wohl noch dümmer, als ich dachte. Man müsste meinen du wüsstest, dass ich niemand bin, welcher solche Gefühle hat. Ich besitze sozusagen kein richtiges Herz, weißt du? Also kann man mir dieses auch nicht herausreißen!" 

Erneut drängen sich Tränen in meine Augen, ohne, dass ich sie aufhalten könnte. Seine Worte sind einfach so messerscharf. Und das schlimmste ist dabei zu wissen, dass sie, wenn er sie ausspricht, auch noch direkt an sich selber gehen.

„Tut mir leid, aber ich muss dich da leider enttäuschen. Aber das macht mir nichts. Es ist mir scheißegal!" Was spricht er da? Er kommt mir noch ein bisschen näher, während ich immer noch genauso verharrt bin, wie eben. Kein einziger Ton kommt aus meiner Kehle.

Ich kann nicht mehr klar denken. Ich sehe nur noch Kuno. Sein kalter Blick, zusammen mit den stechenden Worten. „Du mit deinem dämlichen Barfußlaufen und Natur-Wildnis-Lebens-Zeugs. Weißt du eigentlich, dass es total bescheuert ist, dass du den Bäumen Namen gibst? Oder wie du immer mit den Pflanzen sprichst?"

Er sieht mir tief in die Augen. „Wie du die Bäume umarmst, oder wenn du singst und..." Er schluckt, blinzelt und runzelt dann wieder die Stirn. „Das ist alles ober-bescheuert!" Plötzlich klingt seine Stimme leicht brüchig, aber kurz darauf presst er wieder seinen Kiefer aufeinander und formt seine Augen erneut zu schmalen Schlitzen.

Er öffnet seinen Mund, als wollte er noch etwas sagen, doch es kommt diesmal kein Ton heraus. Stattdessen ist sein Gesicht plötzlich so nahe, dass sich beinahe unsere Nasenspitzen berühren. Unser Atem geht schnell und Kuno sieht so aus, als wolle er noch etwas Fieses hinzufügen.

„Oder deine einzige, oberdämliche Sommersprosse auf deinem linken Nasenflügel, die ist noch viel bescheuerter." Er schluckt. „Du bist..." Er atmet schwer, bis er erneut krampfhaft die Lippen zusammenpresst und sich dann ruckartig von mir abwendet. 

Er läuft durch den Gang, bis zu der Glastür, welche er in einem eleganten Abgang öffnen will, doch leider auf der falschen Seite, sodass er mit Schwung dagegen rennt.

„Scheiße", flucht er, ehe er sich an die Nase fasst und dann fluchtartig aus der richtigen Tür davonstürmt, ohne sich noch einmal umzudrehen. 

Tränen fließen mir übers Gesicht, während ich in meiner Brust ein schmerzhaftes Knacken höre.

Ich weiß, dass er nicht alles genauso gemeint hat, wie er es behauptet, doch gleichzeitig kann ich nichts dagegen tun, dass diese Worte sich tief in mein Herz graben und es dabei innerlich zerbrechen.

Ob er es ernst meinte, dass er das alles nur gemacht hat, um mein Geheimnis zu erfahren? Mir wird schlecht bei der Vorstellung. Irgendwie könnte ich mir das schon vorstellen.

Ich muss mich an der Wand abstützen, um nicht umzukippen. Irgendwann merke ich dann, dass es aber gar nichts bringt, da ich eh schon auf dem Boden sitze. Die Tränen laufen aus meinen Augen, während ich versuche, wieder zu atmen. Doch dieser geht irgendwie nur panisch und flach.

Wieso tut Kuno das? Er fügt sich damit nur selbst Schmerzen zu, das habe ich in seinen Augen gesehen. 

Kurz bevor es zur Pause klingelt, rappele ich mich auf und taumele zu meinem Spind. Als ich diesen öffne, fällt mir Kunos Jacke auf, welche immer noch dort hängt. Erneut rinnen mir Tränen über die Wange. 

Es kann nicht sein, dass er es wirklich so meint. Und selbst, wenn er nur mit mir befreundet sein wollte, um mein Geheimnis zu erfahren. Ich weiß, dass es ihm auch gefallen hat, wenn wir draußen in der Natur waren.

Als wir die alte Linde umarmt haben. Oder, wie er gelacht hat. Das tut er so selten. Wir hatten so viele Momente erlebt, welche sich so unglaublich echt angefühlt haben. Nicht zuletzt, als wir uns geküsst haben. So etwas kann man doch gar nicht spielen, oder?

***

„Was ist passiert? Vivien sieht mich besorgt an. „Hat es mit... oh." Ihr Blick schweift hinter mich und ich sehe, wie sich dabei ihre Augen weiten. Ich folge diesem und merke, wie erneut an diesem Tag mein Herz zerbricht.

Dort ist Kuno... Ich meine... nicht nur er... Ich merke, wie meine Lunge sich zusammenkrampft und ich schockiert auf die Stelle starre, wo Kuno und Miranda gerade ineinander verschlungen ihre Zungen in den Hals stecken.

Mir wird übel. Nicht, dass es mir etwas ausmachen sollte, schließlich bin ich selber nicht besser. Ich selber war es, welche ihm gesagt hat, dass ich einen anderen liebe, doch die Art und Weise, wie er es macht...

Es ist so... so... Es schmerzt einfach im Herz, es zu sehen. Schnell reiße ich mich los und gehe in die entgegengesetzte Richtung einfach davon. Die geschockten Gesichter meiner Freunde ignorierend. Sie verstehen es sowieso vollkommen falsch.

Woher sollen sie auch wissen, dass ich hier die bin, welche in Wirklichkeit angefangen hat? „Anella?!" Vivien ist direkt hinter mir, genau, wie alle anderen. Als ich schließlich hinter der Schule an dem Rosenstrauch stehenbleibe, merke ich erst, dass mir schon wieder Tränen in den Augen hängen.

„Er ist ein Arsch!", kommt es von ihr, doch ich schüttele den Kopf. „Doch, na klar!" Sie stellt sich vor mich und streicht mir eine tränennasse Haarsträhne aus dem Gesicht. „So ein Idiot!"

Ich presse meine Lippen aufeinander und schüttele abermals den Kopf, ehe ich antworte. „Kuno kann machen, was er will!" Vivien sieht mich ungläubig an. „Was ist passiert?" Ich beiße mir auf die Zunge, um nicht zu schluchzen.

„Und ich dachte, er wäre nett!", meint Simo und runzelt nachdenklich die Stirn. „Ist er ja auch", murmele ich und wende mich dann schnell den Rosen zu, damit die anderen nicht sehen, wie mir wieder Tränen aus den Augen rinnen.

„Ist er nicht. Er ist ein totales Arschloch!", höre ich Nilo, welcher sich nun auch neben mich stellt. Ich schüttele erneut meinen Kopf. Aber auch, um die Bilder daraus wegzubekommen, welche sich dort festsetzen wollen.

Mir ist es irgendwie unangenehm, meine Gefühle so offen darzulegen. Ich mag es nicht, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. „Wollen wir jetzt vielleicht über etwas anderes reden?!", frage ich, nachdem ich mir die Tränen aus meinem Gesicht gewischt habe.

Es folgt Schweigen, sodass ich mich einfach in Bewegung setze und auf unseren Platz zusteuere, als wäre nichts gewesen. Dann fällt mir allerdings ein, dass Kuno letztens auch hier gesessen hatte und dass sie sich normalerweise anscheinend hinter der Scheibe befinden.

Heute ist es leicht bewölkt, weshalb wir auch einen guten Blick in die Cafeteria erhalten. Sie sind zum Glück noch nicht da. „Wollen wir uns heute vielleicht mal woanders hinsetzen?", frage ich und erhalte nur ein stummes Nicken.

Nach der Pause, schaffe ich es nicht, wieder in die Schule zurück und sage meinen Freunden, dass ich heute früher gehe. Vivien fragt mich sogar noch, ob sie mit mir schwänzen soll, aber ich lehne ab.

Stattdessen laufe ich zu meinem Spind und greife nach Kunos Jacke. Ich werde sie ihm auf sein Auto legen. Denn, wenn sie länger bei mir wäre, würde es mir nur jedes Mal im Herzen wehtun, wenn ich sie sehe. Als ich noch einmal, unbemerkt meine Nase in ihren Stoff presse, kommen mir schon wieder die Tränen.

Sie riecht jetzt zwar auch nach mir und Spind-Fach, doch sein Geruch ist immer noch klar und deutlich daraus zu erkennen. 

Als ich auf dem Parkplatz ankomme, trete ich direkt auf sein Auto zu und lege die Jacke auf Isoldes Motorhaube. Wieder überströmen mich Tränen und ich kann es nicht verhindern laut aufzuschluchzen. 

Es hört mich hier sowieso keiner. Zumindest dachte ich das, bis ich plötzlich aus dem Inneren des Wagens eine Bewegung erhasche. Erschrocken starre ich ins Auto, und sehe, wie sich ein dunkler Lockenschopf langsam darin aufrichtet. 

Hatte er sich etwa gerade geduckt, damit ich ihn nicht sehe? Für einen Moment starren wir uns einfach nur an, bis er schließlich die Tür öffnet und ich zusammenzucke. Was, wenn er jetzt wieder...

Ich schlucke und streiche mir schnell die Tränen aus den Augen. Unter seinen liegen dunkle Schatten, welche ich erst jetzt bemerke. „Anella." Seine Stimme ist unergründlich, doch ich erkenne, dass sich ein Großteil seiner Wut wohl verflüchtigt hat. Zumindest für diesen Moment.

Allerdings befürchte ich auch, dass diese jeden Augenblick wiederkommen kann. Wieso ist er hier? Ich schlucke und blinzele schnell, meine neu aufkommenden Tränen zurück.

„Es tut mir leid!" Plötzlich ist seine Stimme nicht mehr als ein Flüstern, während er mich reumütig ansieht. Ich schlucke.

„Nein, mir tut..." Er hebt seine Hand, als Zeichen, dass ich es nicht aussprechen soll. „Das sagtest du bereits." Sein Blick liegt auf meinen nackten Füßen, welche augenblicklich beginnen wieder nervös mit den Kieselsteinen zu spielen.

„Dir braucht nichts leidzutun! Schließlich hast du mir von Anfang an immer wieder gesagt, dass es für dich nicht mehr als Freundschaft ist!" Bei diesen Worten klingt seine Stimme unglaublich angestrengt. Als würde es ihm Mühe bereiten, diese Worte, möglichst neutral auszusprechen.

Erneut spüre ich Tränen in mir aufsteigen. Eine Weile starren wir uns einfach nur an, bis Kuno schließlich meinem Blick ausweicht, schluckt und mir dann mit einem gefassteren Ausdruck wieder in die Augen sieht, ehe er tief durchatmet. „Behandelt er dich gut?", fragt er tonlos und scheinbar unbeteiligt. Ich nicke beklommen. „Ja." Er presst seine Lippen zusammen. 

Seine Augen weichen erneut meinen aus, als ich sehe, dass sich eine neue Härte in ihnen zu erkennen gibt. „Wahrscheinlich ist es auch noch besser, wenn du mit ihm zusammen bist, anstatt mit mir!" Er klingt, bei diesen Worten, schroff. Schroff zu sich selbst. Glaubt er etwa, dass er selber nicht gut genug ist?

„Wieso denkst du das?" Er schnaubt verächtlich auf, sieht mich aber nicht an. „Was denkst du denn, Anella? Sag bloß, du hättest nicht gemerkt, was für ein Abgrund ich bin!" Er hebt verächtlich eine Augenbraue, während sein Blick mir nun wieder vollkommen verschlossen ist.

Ich runzele irritiert meine Stirn. „Was meinst du?" Er funkelt mich an. „Oh bitte." Er verzieht verächtlich das Gesicht und sieht mich so an, als würde ich etwas Offensichtliches abstreiten.

„Kuno, ich glaube, du hast eine ziemlich verschobene Wahrnehmung von dir selbst!"

„Falsch! Deine Wahrnehmung mir gegenüber ist verschoben, Anella. Du kennst nicht den Kuno, welcher sich latent in meinem Schatten verbirgt. Ich bin nicht nur das, was du von mir siehst! Wenn du wissen würdest, was ich alles anrichte... "

In seinen Augen zuckt es kurz, ehe er beide Fäuste zusammenballt und mit dunkel, kratziger Stimme weiterspricht. „Wenn du wissen würdest, was das Leben in Wirklichkeit für einen psychischen Krüppel aus mir gemacht hat und was für Scheußlichkeit an mir klebt, dann..." 

Er stockt abermals und schluckt kräftig, ehe er mich mit angstvoll geweiteten Augen ansieht, allerdings kurz darauf dennoch weiterspricht.

Es scheint, als würden diese Worte plötzlich aus ihm herausbrechen, wie ein großer drückender Staudamm, welcher so langsam Risse bekommen hat. Ich sehe, wie er tief Luft holt, als hätte er Angst vor dem, wie ich jetzt reagieren könnte und gleichzeitig, als würde er gar keine andere Wahl haben, als dennoch die Worte zu sagen, welche ihm so sehr auf dem Herzen lasten.

„Du wirst mich wahrscheinlich gleich mit ganz anderen Augen sehen, wenn du mir nur erst einmal endlich glaubst, was für ein schadhafter Desolat ich bin! In mir steckt der beste Beweis, dass es nichts bringt, seine Hoffnungen an solch einen egomanen Abschaum zu verschwenden.

Ich hasse es. Hasse es, dass Menschen etwas Besseres in mir zu sehen glauben, als in mir je existiert hat. Ich hasse es Menschen zu enttäuschen und trotzdem tue ich es immer wieder, weil ich zu nichts anderem imstande bin und einfach alles kaputt mache. Alles.

Ich bin ein verdammter Zerstörer, von allem, was schön ist. Verflucht nochmal, wenn du endlich begreifst, was für scheiß Frevel hier vor dir steht, dann..."

Er schluckt. Wieso sagt er sowas? 

„Alles, was ich hinterlassen kann, sind Abgründe, verlorene Hoffnungen, Ballast für die noch lebenden Herzen und ein großer Scheiterhaufen. Wenn du's genau wissen willst, dann will ich auch gar nichts anderes. Ich habe mir nämlich einen Dreck verdient und sollte mir auch nicht die ganze Zeit versuchen einzureden, dass ich es irgendwie doch verdienen könnte in deiner Nähe zu sein.

Ich ziehe alles, was ich berühre, mit mir ins Verderben. Scheiße nochmal, ich bin es, welcher all diesen Kummer hinterlässt. Wenn du schlau bist, gehst du mir von jetzt an aus dem Weg! Auch, wenn ich dich jetzt gleich wieder versuchen werde, davon abzuhalten. Es ist besser, wenn du dann nicht auf mich hörst, kapierst du das? Besser ist es, wenn du mich hasst! Für uns alle."

Einen Augenblick herrscht Stille, in welcher ich ihn einfach nur entsetzt anstarre. Mein Herz pocht bei seinen Worten wild und schmerzend. Als würde es immer wieder gegen eine harte, kalte Metallwand schlagen. Wie... Wie kann er nur...  so etwas von sich denken?

Ich sehe, wie seine Atmung schneller wird und er mit martialischen Bewegungen beginnt, auf- und abzulaufen, während sein Körper ganz leicht anfängt zu zittern, als würden seine Spannungen ihn zu überwältigen drohen.

„Ich bin so ein scheiß..." Er greift nach einem Stück Papier aus seiner Hosentasche und zerreißt es in viele kleine Einzelteile, sodass sie wie tanzende Federn auf die Erde schweben. „...scheiß Idiot. Schande für jeden, wer mich besser kennt. Ein beschissener Infam!"

Mir kommt es so vor, als würde plötzlich alles Mögliche aus ihm herausbrechen, nur, dass er nicht weiß, wohin, mit all diesen Gefühlen, sodass ihm nichts anderes einfällt, als sich selbst zu beschimpfen. 

Währenddessen tritt er mit dem Fuß gegen einen Mülleimer, welcher mit einem ohrenbetäubenden Krachen auf dem Boden landet, sodass sich der ganze Müll um ihm ausbreitet.

Er tritt auf eine Plastikflasche ein und zerstampft wild auch noch andere herumliegende Gegenstände, als hätten sie daran schuld, dass es ihm so geht. Als es nichts mehr zum Zertreten gibt, stößt er noch einmal den zerbeulten Mülleimer zur Seite und sieht sich dann wutgeladen um, bis ihm langsam immer bewusster zu werden scheint, was er gerade getan hat.

Sein Gesicht verzieht sich angewidert über sich selbst zu einer schmerzhaften Grimasse. Ich sehe, wie diese ganze Wallung an geladener Wut langsam in sich zusammenfällt und einfach nur noch einen zutiefst zerbrochenen, leeren Kuno zurücklässt, aus welchem die Ängste Bände sprechen.

Tiefe Stille kehrt ein und mit ihr, eine bleierne Wolke, welche sich schon wieder über Kuno ablegen will, um ihn unter sich zu begraben. Und ich sehe ihm an, dass er es zulässt. Dass er sich am liebsten selber begraben will.

„Bist du jetzt fertig, dich selber zu beschimpfen?", frage ich nach einer Weile, in der ich einfach nur abwartend dagestanden hatte, während er die Verwüstung in sich selbst, nach außen gestoßen hat und zudem die grässlichsten Dinge über sich abfeuerte.

Wie kann es sein, dass ein Mensch so über sich denkt? Wie kann man sich selber nur so sehr hassen? Wie kann es sein, dass er nur diese Dinge über sich ausspuckt, obwohl er doch so ein wundervolles, liebenswertes und warmherziges Wesen ist.

Kuno sieht mich verwirrt und immer noch mit einem ungeheuerlich Selbsthass-erfüllten Blick an, doch seine Worte sind verstummt und seine Arme hängen ihm ermattet von den Schultern.

Er wirkt irgendwie verloren, verzweifelt und zutiefst verletzlich. Mein Herz flattert bei diesem Anblick wild und drückend in meiner Brust. Er sieht aus, als hätte er erwartet, dass ich all das, was er eben über sich selbst behauptet hatte, glauben würde. 

Als denke er, dass ich darum gleich Hals über Kopf in den Wald verschwinde und er sich jetzt wundert, weshalb ich es noch nicht getan habe.

Als ob ich so etwas tun würde. Vielleicht denkt er sogar, ich würde es immer noch machen, denn in seinem Blick liegt etwas, was aussieht, als gäbe es diesbezüglich gar keinen Zweifel. Wenn er sich seiner Einschätzung, über sich selbst so sicher ist, dann kann er ja kaum vermuten, dass jemand anderes ihn anders sehen würde, oder?

Er starrt mich immer noch irritiert über meine Worte an, während sich tiefe Angst in seinen Augen widerspiegelt.. Nach einer Weile, in der er meinen Gesichtsausdruck zu identifizieren versucht, nickt er schließlich.

„Ja" Seine Stimme klingt, im Gegensatz zu sonst, seltsam unsicher und leise. „Gut. Ich habe Kuno nämlich sehr gerne und kann es nicht leiden, wenn jemand so über ihn spricht und denkt, auch, wenn es du selber bist. Gerade dann!"

Seine Augen weiten sich erschrocken. Ich sehe Fassungslosigkeit, bis ich regelrecht glaube zu hören, wie die Zweifel über die Ernsthaftigkeit meiner Worte sich in seinem Kopf zu regen beginnen.

„Ich meine es ernst!", sage ich deshalb, mit ebendieser Stimme und gehe einen Schritt auf ihn zu. Kunos Augen werden noch größer und er taumelt leicht zurück, was mich dazu bringt stehenzubleiben.

„Wie kannst du nur so über dich denken?", frage ich und merke, wie meine Gefasstheit, meine starre, ernste Haltung, welche mich eben noch durch den Schock seiner Worte und Taten eingenommen hatte, zu bröckeln beginnt und sich stattdessen Tränen in meine Augen und Worte mischen.

Die Vorstellung, dass Kuno jemanden nur so sehr hassen kann, ist unerträglich. Und dann ist es auch noch er selbst, bei wem er so empfindet.

„Du... hast mich gern?" Seine Stimme ist kaum mehr, als ein flüsterndes Krächzen.

Hätte ich die Bewegung seiner Lippen nicht gesehen, hätte ich nicht einmal genau verstanden, was er wirklich gesagt hat.

„Ja, natürlich!", hauche auch ich und stelle verwundert fest, dass plötzlich auch meine Stimme mich verlässt. Wie kann er das nicht wissen?

Eine Weile sagt niemand etwas. Ich sehe nur Kunos dunkle Schatten überzogene Augen, welche mich ungläubig anstarren. „Du hast keine Ahnung, Anella!"

Diesmal sind seine Worte etwas lauter, doch so brüchig und rau, als würden diese, beim Sprechen über Raspelpapier gezogen und unheimlich schmerzen.

Ich schüttele den Kopf. „Nein, du hast keine Ahnung!", widerspreche ich und gehe wieder einen Schritt auf ihn zu. Diesmal weicht er nicht zurück.

„Hast du mir... eben eigentlich zugehört?" Seine Stimme klingt wieder wütend, doch ich merke, dass diese Wut nicht mir gilt, weshalb ich weiter auf ihn zugehe.

„Ich bin niemand, mit dem man sich abgeben sollte. Ich schade allem, was mir wichtig ist. Das hast du doch vorhin selber gemerkt. Du solltest nichts anderes als Abschaum für mich empfinden, Anella. Kapiere das endlich!"

Er klingt bei diesen Worten bissig, als wäre ich schwer von Begriff und gleichzeitig so verloren, dass es mir tief im Herzen wehtut.

„Du irrst dich!" Ich trete jetzt noch einen Schritt näher und bemerke, wie er mich argwöhnisch dabei beobachtet, gleichzeitig aber auch ungeheurer Schmerz in seinen Augen liegt.

Ich strecke meine Hand aus, um sie an seine Wange zu legen und er lässt es zu. Das liegt vielleicht aber auch daran, dass er wie erstarrt ist und mich mit großen Augen dabei anstarrt. Als hätte ich gerade gesagt, er sei in Wirklichkeit die heilige Maria und ich der Weihnachtsmann.

Ich schmiege meine Hand an seine kühle Haut und streife mit meinem Daumen Millimeter über diese entlang, ehe ich in der Position verharre und noch einen Schritt näherkomme.

Er ist wie versteinert. Seine Augen sehen aus wie nasses, flüssig gewordenes Ebenholz, auf welchem er mich, wie auf einem Floß, mit sich in die Tiefen seines geschundenen Herzens trägt. Eine Träne verlässt mein Auge und kullert mir über die Wange.

„Ich habe dich gern, Kuno! Viel mehr, als du glaubst.", wispere ich und sehe, dass er innerlich mit sich kämpft, diese Worte nicht zu sehr an sich heranzulassen. Wie er seine Zähne aneinanderpresst und seine Augen zu Schlitzen formt. Wie der Schmerz über sein Gesicht zuckt, doch sonst regt er sich nicht. Keinen Millimeter.

Nun streichele ich ihm mit meinem Daumen doch wieder über die Wange und fühle dabei den leichten Hauch seiner sich anbahnende Bartstoppeln.

Seine Augen sind glasig. Nicht direkt wässrig, aber definitiv auch nicht trocken.

„Lass mich dich gernhaben, Kuno!", wispere ich und merke erst viel zu spät, dass man das auch zweideutig aufnehmen könnte. Eigentlich meinte ich damit, dass er es zulassen soll, dass ich ihn gernhabe und er aufhört zu denken, er wäre es nicht wert!

„Also, ich meine..." Kuno blinzelt. „Ich meine, lass es einfach zu, dass ich dich gern habe. Bitte!"

***

Uii, das Kapitel war wieder aufbrausend. Mannomann... Kuno hat ziemlich viele Wunden, welche so langsam an die Oberfläche kommen. Ich bin gespannt, wie und ob er sich diesen stellen wird. <3

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