13. Glockenblumen
Er zieht belustigt seine Augenbrauen hoch. „Wirklich jetzt? Das ist deine Bedingung?", fragt er mich ungläubig und gleichzeitig bemüht, sich ein Lachen zu verkneifen.
„Ja, ganz genau!" Ich sehe ihn auffordernd an, kann dabei aber nicht verhindern, dass auch meine Mundwinkel verräterisch nach oben zucken. „Auf der Wiese, okay?"
„Wieso, lass deine Schuhe doch hier?", schlage ich vor, doch er schüttelt den Kopf. „Nein, wer weiß, vielleicht gibt es auf dem Weg ja Brombeeren, oder so?" Ich schmunzele. „Stimmt, davon gibt es an manchen Stellen tatsächlich einige", gebe ich zu.
Kuno runzelt die Stirn und lässt seinen Blick, an mir hinab, zu meinen Füßen gleiten. Er sieht irgendwie beunruhigt aus. „Und wie schützt du dich vor den Dornen?", fragt er mit neugierig, funkelnden Augen.
"Alles Übungssache! Man muss im Wald eben wachsam durchs Leben gehen!" Ich werfe ihm ein verschmitztes Lächeln zu, ehe ich mich umdrehe und dann in Richtung Wiese verschwinde. Ich spüre tatsächlich sowas wie Vorfreude in mir aufkeimen.
Ich liebe es, Menschen mit hinaus in die Natur zu locken. Es ist ein Teil meines Feenwesens, diesem Bedürfnis nachzugehen. Ich tue das viel zu selten. Solange ich nicht anfange zu singen und zu tanzen ist doch, denke ich noch alles okay.
Wichtig ist nur, dass wir spätestens gegen drei Uhr nachmittags, wieder zurück sind. Sicher ist sicher! Irgendwie bin ich sogar ziemlich glücklich darüber, dass Kuno mitkommt. Ich frage mich, wie lange es wohl her ist, dass er wirklich mal, für längere Zeit barfuß gegangen ist.
„Wann bist du das letzte Mal barfuß über eine Wiese gerannt, Kuno?", frage ich deshalb, weil ich meine Neugierde nicht mehr länger an mich halten kann. „Weiß nicht. Wahrscheinlich als Kind."
„Was?" Abrupt bleibe ich stehen und starre ihn ungläubig an. „Ist das dein Ernst?"
„Na ja, beim Baden oder so bin ich schon ohne Schuhe gelaufen, aber sonst..." Ich muss tief Luft holen, um das, was er da gerade gesagt hat, erst einmal zu verdauen.
Wie kann man es nur aushalten, solange von der Erde getrennt zu sein? „Dann lass es uns jetzt machen. Einfach barfuß über die Wiese rennen." Ein Grinsen stiehlt sich auf mein Gesicht und ich sehe, wie auch seine Mundwinkel nach oben wandern.
Sein Blick verfängt sich in meinen Augen, welche jetzt wahrscheinlich gerade wieder einmal voller Enthusiasmus flackern. So tun sie es immer, wenn es um die Natur geht. In kann meine offensichtliche Begeisterung darüber einfach immer nicht verbergen und will es auch gar nicht.
Über die Natur kann ich mich freuen, wie ein kleines Kind und ich denke, das wird auch niemals vergehen. Wieder erkenne ich so etwas, wie Faszination bei ihm, weshalb ich schnell wegsehe. Ich muss aufpassen, dass ich mich nicht zu sehr öffne, doch in der Natur fällt mir das so unglaublich schwer. Dort fühle ich mich einfach so unbeschwert und frei.
In der Stadt würde es mir da schon deutlich leichter fallen, mich vor Kuno verschlossen zu halten. Ich spiele mit meinen Füßen in der Wiese herum und hüpfe über die langen Halme, welche sich im Wind hin und her wiegen. Ich spüre, wie die Euphorie immer weiter in mir ansteigt und ich ungeduldig über die Wiese und zum Wald sehe.
„Und, was denkst du?", frage ich ihn, da er sich immer noch nicht vorwärts bewegt hat und somit noch am Anfang der Wiese steht, sodass ich mich zu ihm umdrehe. Ich sehe, wie er blinzelt und sich dann wieder ein Grinsen auf sein Gesicht schleicht. In seinen Augen erkenne ich ein kleines Feuer auflodern. Zwar immer noch gedämpft durch diesen dunklen, tiefen Schleier, doch es ist da.
Mein Grinsen wird breiter. Dieser Gedanke gefällt ihm auch, das sehe ich genau. „Ich weiß nicht... Einfach so?", startet er einen schwachen Versuch, doch dafür ist es ohnehin schon längst zu spät. Ich weiß, dass er es will, das sehe ich auch an seinem flammenden Blick.
„Na komm!" Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich zurückgelaufen bin, ehe ich plötzlich wieder neben ihm stehe und ihn mit meinem Finger ganz leicht an der Schulter stupse, damit er sich mal in Bewegung setzt. Schnell ziehe ich meine Hand wieder weg, und springe etwas ungeduldig zurück auf die Wiese.
„Mal sehen, wer schneller ist, Kuno." Verdammt, was sage ich da überhaupt? Bin ich verrückt geworden? Ja, jetzt ist es wohl offiziell.
Sein Grinsen wird schlagartig noch breiter, während es eine schelmische Nuance annimmt. Seine Augen schmälern sich, sodass er mich aus tiefen, dunklen Zirkonen taxiert und sich spielerisch duckt, als wäre er ein Raubtier.
„Das gilt aber nur barfuß, sonst verschwinde ich schneller als du blinzeln kannst!", drohe ich und sehe erfreut, dass er sich noch weiter in die Hocke begibt und tatsächlich beginnt seine Schnürsenkel zu öffnen. Endlich!
Ich laufe schonmal langsam los durchs Gras. In der Wiese kann ich einige Spuren der Tiere ausmachen. Vielleicht ist auch die von Minze dabei, oder von einem Reh.
„Ich merke, dass du wegläufst!", höre ich plötzlich seine dunkle, warnende Stimme etwas hinter mir entfernt, sodass ich mich wieder umdrehe. Einen Schuh hat er bereits gelöst.
„Na und?" Ich ändere meine Richtung und laufe zu einem Holunderstrauch, welcher am Wiesenrand wächst, um meine Nase in eine der kräftig duftenden Blütenbüschel zu halten.
Wie ich diesen Duft liebe. Es ist eine Symphonie, welche einfach nicht zu beschreiben ist. Ein leises Klingen ertönt in der Luft und der Strauch überträgt mir Informationen, alleine durch seinen Geruch und seine Erscheinung. Ich bin immer wieder gerührt über diese tiefe Präsenz und Eindrücklichkeit, mit welcher Pflanzen kommunizieren.
Vom Duft verzaubert und der Sonne geküsst, laufe ich weiter durchs hohe Gras. Ich streife mit meinen Fingern über einige der Wiesenblumen, bis ich eine lila Glockenblume erhasche.
Einem Impuls folgend, findet sich die Blüte plötzlich in meinen Händen wieder. Sie sieht so wunderschön aus. Die Blume repräsentiert all ihre Kraft, all die Zartheit und Schönheit, der Pflanze. Blüten haben eine besonders feine und belebende Schwingung. Darum nehme ich sie auch so gerne als Nahrung auf.
Kurz darauf stecke ich sie mir, zutiefst berührt, in den Mund. Ich fühle ihr Licht, in mir explodieren, sowie ihr blumiges Flüstern, welches sich nun in meinen Adern ausbreitet. Ein Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich die Erde unter mir spüre und wie sie ganz leicht erbebt. Anders, als wenn er mit den Schuhen läuft. Ganz anders. So geschmeidig und verbunden.
Ich drehe mich langsam zu ihm um, als auch das Rascheln von Gras hinter mir immer lauter wird und Kuno dort plötzlich auftaucht.
Mein Blick huscht zu seinen Füßen, welche sich vorsichtig durch die Wiese tasten. Es ist ein schönes Bild, ihn so zu sehen. Mein Lächeln wird noch breiter und er fängt dieses für einen Moment auf, ehe er seinen Blick über mein Gesicht schweifen lässt, wo er dann bei etwas hängenbleibt.
„Du hast da Blütenpollen an der Nase!" Bemerkt er leicht schmunzelnd. Ich will schon meine Hand heben, um mir die Holunderpollen von der Nase zu wischen, doch Kuno kommt mir zuvor und stupst, mit seinem Finger, leicht auf meine Nasenspitze, wodurch er mir die Pollen von dieser hinunterwischt.
Perplex, über diese plötzliche Berührung, atme ich tief durch. Jetzt kribbelt diese Stelle auch noch wie verrückt.
„Ha-ha-ha-tschi" Ich sehe, wie seine Lippen wieder angestrengt aufeinandergepresst sind, um nicht zu lachen. „Isst du alle Blumen?", fragt er mich amüsiert und betrachtet kurz meine Lippen, ehe sein Blick wieder hoch zu meinen Augen huscht und sich schlagartig in ihnen verfängt.
Sofort beginnt mein Herz schneller in meiner Brust zu klopfen und ich spüre, wie es mit dem, eben noch leichtfertigen, tiefenentspannten Gefühl vorbei ist, in welches mich der Holunder und die Glockenblumen gerade entführt hatten.
„Äh... Nur die essbaren!" Meine Stimme klingt irgendwie ziemlich leise. Sein Blick schweift federweich über mein Gesicht und wieder hinunter zu meinen Lippen. Mein Atem beschleunigt sich schlagartig und ich merke, dass ich jetzt irgendwas tun sollte.
"Hast du schonmal eine Wiesenglockenblume probiert?" Flüstere ich, um seinen Blick von meinen Lippen abzuwenden, doch er betrachtet sie nur weiterhin, während ich sie bewege, sodass mein Atem immer flacher und beschleunigter wird. Ich spüre die Spannung regelrecht in der Luft und bohre meine Zehen haltsuchend in die Erde.
Ein sanftes Schaudern flattert mir über den Rücken, sodass ich schnell meinen Kopf zur Seite drehe, auf der Suche nach etwas, was mich ablenken könnte. Doch meine ganze Aufmerksamkeit wird plötzlich, wie von einem Strudel nur von der einen einzigen Richtung angezogen.
„Nein." Seine Stimme klingt rau und dunkel. „Möchtest du mal probieren?", stelle ich ihm die Frage, doch er antwortet nicht. „Sie sind ganz blumig und zart", hauche ich, während mich ein warmes Gefühl überkommt, als mir ihr Geschmack wieder bewusst wird.
„So wie du."
Seine Worte bewirken, dass ich perplex zu ihm aufsehe, was Kuno wiederum dazu veranlasst, ein paar mal erschrocken zu blinzeln, als würde er selber nicht wissen, wieso er das gerade gesagt hat und diesmal er es ist, welcher sich abwendet.
„Das sind die lilanen, oder?", fragt er mich plötzlich in einer ganz anderen Tonlage als eben noch und lässt seinen Blick dann, suchend über die Wiese schweifen. „Die da, richtig?" Ich nicke, ohne mich sonst irgendwie zu rühren.
„Also... du meinst, ich kann die einfach so essen?", fragt er mich skeptisch und verzieht ungläubig sein Gesicht. „Frage sie doch!" Er runzelt irritiert seine Stirn, ehe sich ein weiteres Lächeln auf seinen Lippen ausbreitet und er sich räuspert.
„Okay... also, Blume...", beginnt er und wirft mir einen amüsierten, zweifelnden Blick zu "Darf ich dich essen?" Er hält seinen Kopf so, dass es aussieht, als würde er lauschen, was sie zu sagen hat, ehe er nickt. „Aha, verstehe, du hast ein bisschen Angst, dass ich dich koste, dann süchtig nach dir werde und am Ende nichts mehr übrig lasse." Er wirft mir einen kurzen Blick zu, ehe er sich wieder der Blüte widmet.
„Verstehe." Er spielt wieder mit den Zähnen an seiner Lippe herum und wendet sich dann erneut mir zu. „Ich glaube, sie spricht nicht mit mir."
„Oh."
Ich streife mit einer Hand über eine der Blüten. „Ich glaube, diese hier hätte nichts dagegen, dass du sie kostest!" Er sieht mir tief in die Augen, ehe er mit seinen hinab, zu der Blüte schweift.
„Wenn du das sagst!" Er streift mit seiner Hand ebenfalls zu dieser, sodass sich flüchtig unsere Finger berühren. Schnell ziehe ich sie ein bisschen zurück, doch nur so weit, dass ich noch die langen Grashalme an meinen Händen tanzen spüre.
Ich sehe, wie er die Blüte betrachtet und, mit seiner Fingerspitze, über ihre zarten, im Wind flackernden Blätter streift. Für einen Moment bin ich wie gebannt von diesem Anblick, in welchem er so liebevoll mit ihr umgeht.
Ich spüre, wie diese eine Verbindung mit ihm eingeht und muss lächeln. Ob er es auch spüren kann? Neugierig sehe ich zu ihm hoch und stelle verwundert fest, dass er gar nicht die Blüte, sondern mich ansieht.
Mein Atem setzt für einen Moment aus, wohingegen mein Herzschlag dafür immer schneller wird. So oft, wie es in der letzten Zeit sein Tempo gewechselt hat, kann das doch gar nicht mehr gesund sein.
An der Sonnenwende kann es diesmal noch nicht liegen, oder? Immerhin haben wir es noch recht früh am Morgen. Hat sich mein Körper diese Empfindungen etwa so sehr eingeprägt, sodass sie bei Kuno auch am Tag schon aufkommen? Aber wer weiß, vielleicht lassen mich diese bis zur Sonnenwende auch überhaupt nicht mehr los?
Ich atme tief durch, ehe ich meinen Blick schnell wieder hinunter zu seinen Fingern wende. Inzwischen haben sie sich behutsam um die Blüte geschlossen und pflücken sie dann vorsichtig ab.
Er führt sie hoch, sodass sie zwischen unseren Gesichtern schwebt. „Und jetzt? Die ist doch viel zu schade zum Essen!", meint er und betrachtet sie nachdenklich, von allen Seiten. Ich beiße mir auf die Lippe.
„Sie würde sich auch schön in deinen Haaren machen!", überlegt er laut und hält sie etwas nach oben, um sie an diesen zu betrachten.
Sein Mundwinkel zuckt. „Oder als Ohrring." Er hält mir die Blüte ans Ohr. Dabei berühren seine Fingerspitzen, meine Ohrläppchen, sowie die zarte, empfindliche Haut dahinter. Das kitzelt mich irgendwie ein bisschen, sodass ich still kichernd meine linke Schulter hochziehe und meinen Kopf so seitlich halte, dass mein eines Ohr dadurch versteckt wird.
Ich sehe, wie er sich das Lachen verkneift. Nun führt er die Blüte zu meinem Gesicht. Fährt mit ihr über meine Wange, meine Augen... Ich kneife sie zu und drehe es leicht zur Seite, doch er macht einfach weiter, indem er mir mit der Blüte neckend über die Nase und dann hinab zu meinen Lippen wandert.
Plötzlich fühle ich mich zurückversetzt, an den Moment, wo er mir mal die Erdbeere gefüttert hatte und reiße erschrocken meine Augen auf. Überall, wo mich die Blüte federleicht gestreift hatte, fühle ich ein lieblich, kribbelndes Wispern auf meiner Haut nachwirken.
Wieso tut er das? Plötzlich wird sein Blick wieder ernster, als er mit dem lilanen Geschöpf hauchzart die Konturen meiner Oberlippe entlangfährt. Eine prickelnde Erregung breitet sich, von dieser aus durch meinen gesamten Körper.
Ein Schaudern ergreift mich und ich weiß nicht mehr, wo ich hinsehen soll. Schließlich starre ich einfach auf die Blüte vor mir, welche er jetzt, ganz langsam von meinem Gesicht entfernt und stattdessen zu seinen eigenen Lippen führt.
Ich merke wie ich schlucken will, doch unterdrücke mir diesen Impuls. Und dann ist sie plötzlich weg und es sind nur noch seine schönen Lippen übrig. Schnell sehe ich stattdessen hinauf in sein Gesicht und verfolge interessiert sein Minenspiel, als er dabei ist ihren Geschmack zu analysieren. Neugierde sprudelt in mir auf. Darauf gespannt, was er sagt.
„Schmeckt irgendwie nach nichts", stellt er verwirrt fest und sieht mich nachdenklich an. „Das ist nur, weil deine Geschmacksknospen, so feine Aromen nicht gewöhnt sind. Wenn du sie öfter isst, wirst du sie irgendwann wahrnehmen!", erkläre ich ihm.
Seine Stirn ist immer noch ungläubig verzogen. „Und davon ernährst du dich den ganzen Tag?" Da ist es wieder. Seine Neugierde. Na ja, ich selber habe gut reden, aber trotzdem...
Ich trete einen Schritt zurück, was ich schon viel früher hätte machen sollen. „Nein, natürlich nicht." Ich verdrehe die Augen.
„Was ist dein Lieblingsessen?", hakt er nach und sieht mich interessiert an. „Habe ich nicht. Es gibt so vieles leckeres auf der Welt."
„Na gut, das verstehe ich. Dann... Was ist deine essbare Lieblingsblume?" Ich überlege.
„Die habe ich eigentlich auch nicht, aber Glockenblumen gehören auf jeden Fall dazu. Dann mag ich noch Schlüsselblumen, Rosen, wilde Veilchen, Nachtkerzen, Malven, Vergissmeinnicht, Mädesüß, manche Distelblüten... Hach, es gibt einfach so unglaublich viele. Um sie alle aufzuzählen, bräuchte ich gefühlte Jahre."
„Distelblüten?... Sind das nicht die Pflanzen, welche so unglaublich stachelig sind?" Kuno verzieht ungläubig seine Stirn. „Und bitter", füge ich noch hinzu, was zur Folge hat, dass Kuno angeekelt seine Nase rümpft und ich lachen muss.
„Du bist echt seltsam, Waldmädchen!" Ich ziehe gespielt beleidigt, meine Augenbrauen hoch. „Ich dachte, das wüsstest du bereits?"
Er schmunzelt. „Ja, das schon, aber du überraschst mich trotzdem immer wieder."
„Glaube mir, das ist noch gar nichts", grinse ich, ehe mir auffällt, dass ich das vielleicht nicht hätte sagen sollen. Will ich ihn etwa noch neugieriger machen? Das darf ich auf gar keinen Fall!
Schnell laufe ich ein paar Schritte rückwärts.
„Aber welcher Mensch ist denn schon normal?", füge ich noch rasch hinzu, ehe ich mich umdrehe und wie durch eine Kurzschlussreaktion auf den Wald zustürze. „So, wie du wieder wegrennst, könnte man meinen, ich gehöre zu den, von dir gefürchtet "normalen", aber weißt du was?, du irrst dich!"
Als ich merke, dass Kuno sich ebenfalls in Bewegung setzt und dabei ganz schön schnell ist, registriere ich, wie mich schlagartig ein Blitz durchfährt, welcher mein Tempo rasant beschleunigt.
Ich fliege regelrecht über die Wiese, während der Wind an meinen Haaren zerrt und die Grashalme wild nach meinen Beinen haschen. Ich liebe dieses Gefühl, über die Erde hinweg zu sausen.
So schnell, doch nicht schnell genug, um vom Boden abzuheben. Die Fußspitzen küssen dabei immer wieder flüchtig den Untergrund. Ein Millisekunden-schnelles Wechselspiel, von Begrüßung und Verabschiedung, mit der Oberfläche unseres Planeten.
Kuno holt immer weiter auf, sodass mein Fokus sich vollkommen auf die schützende Baumgrenze konzentriert.
Wenn ich es erst einmal durch diese geschafft habe, dann bin ich sicher, das weiß ich genau. Wieso ist er nur so verdammt schnell? Und wieso bin ich eigentlich losgerannt? Jetzt jagt er mich und das ist sicher nicht die beste Voraussetzung, um ruhig und bei Verstand zu bleiben.
Stattdessen bewegen sich meine Beine jetzt wie von alleine, bis ich mit einem Mal, die dichte Wand des Waldes durchdrungen habe und ich mich leise über den Boden, hinter einem Baum verstecke.
Mein Herz pocht mir bis zum Hals, was aber weniger von der Anstrengung, als dem Gefühl gejagt zu werden herrührt. Keine Sekunde später raschelt es hinter mir, als Kuno auch durch das Gebüsch erscheint.
"Autsch" höre ich ein leises Fluchen. Einen flüchtigen Blick, in seine Richtung wagend, sehe ich, dass er wohl in ein paar Brennnesseln getreten sein muss.
Ich muss schmunzeln, doch presse mich dann sofort wieder fest gegen den Stamm. Ich schließe meine Augen und fühle augenblicklich die Schwingungen in der Luft. Kunos Schwingung ist deutlich von dem Rest zu unterscheiden.
Sie ist irgendwie... irgendwie kälter. Etwas Sonderbares geht von ihm aus. Etwas, was mich tief verunsichert und gleichzeitig auch irgendwie neugierig macht. Ich spüre eine tiefe, uralte Melancholie und Last auf ihm, welche ihn regelrecht zu erdrücken scheint. Im Wald fällt es mir immer so viel leichter, so etwas wahrzunehmen.
Doch in diesem Moment scheint es auch, als würde noch der Hauch, eines anderen Teils in ihm erwachen. Ein Teil, welcher mir bis dahin vollkommen fremd war.
***
Hi ihr Lieben, nun gibt es gleich noch ein Kapitel für euch. Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht es zu lesen. Für mich war das Schreiben jedenfalls sehr spaßig. ;*
Glaubt ihr es ist eine gute Idee, dass Anella, Kuno mit in den Wald nimmt?
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