Kapitel 14-3
Endlich erblickten Alexanders Augen bekannte Wipfel, statt fremder Baumkronen. Sie fuhren in das letzte Waldstück ein, welches sie von dem ursprünglichen Wohnsitz der Arlings trennte. Da sie in Kürze den Herzog zu Besuch heißen würden, hatten sie sich entschlossen, dass es standesgemäßer wäre, ihn hier willkommen zu heißen, wo es auch schon sein Vater getan hatte.
„Eine wundervolle Hochzeit war das, nicht wahr?"
Florentine nickte. Seit sie Johanna in Justinas Obhut überlassen hatten, war sie auffällig wortkarg gewesen. Dafür hatte sie sich bei ihren weiteren Besuchen aufs Vortrefflichste ihres Standes gemäß benommen.
„Freust du dich bereits auf Zuhause?"
„Wir fahren ins Heim deiner Eltern."
„Welches jetzt auch unseres ist."
„Die Größe schreckt mich ab."
„Dem Herzog gebührt ein angemessenes Gästezimmer."
Sie ließen den Wald hinter sich. Florentines Blick lag auf ihren schlafenden Töchtern, die den Großteil der letzten Fahrten schlummernd verbracht hatten. Auch sie würden froh sein, wieder dauerhaft festen Boden unter den Füßen zu haben. Gerade passierten sie die ausladenden Gartenanlagen, was Florentine ein Lächeln ins Gesicht zauberte.
Kaum erreichten sie den Eingang, da eilte eine Schar Diener heraus, half ihnen beim Aussteigen und lud ihr Gepäck ab. Sie betraten die große Eingangshalle, wo ihnen ein Gemälde seines Vaters streng entgegenblickte. Alexander straffte seine Schultern. Er hatte das Gefühl, der ehemalige Graf sehe mit milder Genugtuung auf seinen Nachfolger herab. Alexander bemühte sich, seine großen Fußspuren angemessen auszufüllen.
Seine Mutter kam ihnen entgegen. Sie hatte das Schwarz mittlerweile abgelegt und trug ein sanftes Grün. Sie nahm ihre Enkel, die ihr stürmisch entgegeneilten, in die Arme.
„Hattet ihr eine gute Reise?", fragte sie, als Alexander und Florentine aufgeschlossen hatten.
„Eine erfolgreiche, will ich meinen", antwortete er und Florentine lächelte mild dazu.
„Na dann nehme ich euch eure beiden Liebsten einmal ab, damit ihr euch erholen könnt. Wer möchte gerne eine heiße Schokolade mit mir nehmen?"
Tina und Franziska stimmten freudig ein, nahmen ihre Großmutter bei den Händen und ließen sich abführen.
„Denkst du, er wäre stolz auf mich?"
Florentine sah von Alexander zu dem Porträt seines Vaters. „Wenn man seine Kinder liebt, dann ist man wohl stolz auf sie, ungeachtet dessen, was sie im Leben leisten."
„Ein einfaches Ja hätte mich freudiger gestimmt." Er grinste sie an, doch sie erwiderte es kaum.
„Dein Vater hat den Großteil seines Lands anderen vermacht, um dir sein Leben zu ersparen."
„Womöglich eine unnötige Maßnahme. Vielleicht hat dieses Amt verborgene Talente in mir geweckt."
„Wohl eher unangebrachten Ehrgeiz." Sie neigte vor ihm das Haupt. Eine Ehrbezeugung, die sie ihm gegenüber noch nie gezeigt hatte. Ein weiterer Beweis, dass sie sich mit der Grafenwürde angefreundet hatte, sich an die höfischen Formen gewöhnte? „Ich werde mich nun zurückziehen."
Er nickte ihr zu und sah ihr nach, bis sie um die Ecke verschwunden war. Mit einem Mal hatte er das Gefühl, einen teuren Preis für sein Amt zu zahlen.
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