37. Montag und andere Unerfreulichkeiten
Als ich am Montag in die Schule gehe, achte ich penibel darauf, Nilo nicht über den Weg zu laufen. Natürlich wartet er wieder bei der Mauer auf mich, weshalb ich also den Weg über den Parkplatz einschlage.
Ich weiß, ich bin feige. Ich sollte mit ihm reden und ihm klarmachen, dass dieser Kuss auf dem Konzert nichts zu bedeuten hatte!
Ach verdammt, wieso habe ich nicht einfach auf Tyrian gehört und bin zu Hause geblieben? Jetzt habe ich das Schlamassel.
Wachsam schleiche ich über den Schulhof und den Gang. Immer am Prüfen, dass mir Nilo auch wirklich nicht über den Weg läuft.
Zum Glück haben wir zumindest vor der Frühstückspause keinen Kurs zusammen. Leider gehen diese Stunden ausgerechnet heute viel zu schnell vorbei, sodass es schon zur Pause klingelt, noch ehe ich mir zurechtgelegt habe, was ich ihm sagen soll.
Ich hoffe, er wartet nicht vor der Tür. Ich muss hier raus sein, bevor er mich erwischt. Am besten ich gehe diese Pause mal in den Wald und nicht auf den Schulhof!
Schnell sprinte ich zu meinem Spind, um meine Tasche daraus hervor zu fischen und erstarre, als ich plötzlich Nilos Stimme hinter mir im Gang vernehme.
„Anella? Hey!" Mein Herz setzt aus und ich sehe wie er schnell auf mich zugelaufen kommt. Mit panisch geweiteten Augen wende ich mich von ihm ab und laufe wie durch eine Kurzschlussreaktion einfach vor ihm weg.
Ich weiß, das löst wohl kaum das Problem. Ich sollte mit ihm reden! Sollte ihm sagen, dass dieser Kuss keine Bedeutung hatte und dass es mir leidtut, doch stattdessen laufen meine Beine wie von alleine.
Ich habe eigentlich gar keine Macht über sie. Was, wenn er mich wieder küssen will? Was, wenn er mir nicht zuhört, oder mir nicht glaubt? Oder was ist, wenn ich dann in sein schmerzverzerrtes Gesicht sehen muss, wenn er es doch kapiert?
Meine Schritte werden schneller, sodass ich schon fast renne. „Anella, jetzt lauf doch nicht weg!" Ruft er hinter mir und klingt erschreckenderweise gar nicht mal so weit entfernt. Schnell beschleunige ich und stoße prompt mit jemandem zusammen. Verdammter Mist.
Als ich aufblicke, begegne ich einem kalten stechenden Blick. Jayden... Erschrocken weiche ich zurück und stoße somit von hinten gegen Nilo, welcher mich auffängt, oder wohl eher festhält.
Ich löse mich schnell aus seinem Griff, doch mit seiner Hand greift er vorsichtig nach meinem Arm, um mich aufzuhalten weiter zu laufen. Jayden sieht ganz schön wütend aus und wirft mir durch seine Augen Giftpfeile entgegen.
„Pass doch auf, wo du hinläufst!", motzt er und reibt sich an seiner Schulter. „Tschuldigung", murmele ich, woraufhin ein anderer hinter ihm zu grinsen beginnt.
Plötzlich erkenne ich auch Kuno, welcher zwischen den anderen im Gang steht und mit zusammengekniffenen Augen Nilos Hand an meinem Arm fixiert.
Verwundert über seine feindselige Reaktion verfolge ich, wie er seinen wütenden Blick hinter mich auf Nilo richtet, welcher ihn jedoch gar nicht bemerkt, da dieser mich anschaut.
Dass er ihn nicht ausstehen kann, war mir klar, aber dass es so schlimm ist... Die Spannung in der Luft ist regelrecht greifbar. „Anella bitte komm, lass uns reden!" Ich presse meine Zähne zusammen und funkele Jayden plötzlich wütend zurück.
Wäre er nicht gewesen, hätte ich es sicher geschafft, Nilo zu entkommen. Oder na ja... Zumindest vorläufig... Was soll ich denn jetzt bloß tun? Irgendwie ist mir diese Situation hier sehr unangenehm.
Ich hasse es im Mittelpunkt zu stehen und jetzt schauen gerade wirklich alle zu uns. Ohne etwas zu sagen, schiebe ich mich langsam an ihnen vorbei und kann dabei natürlich nicht verhindern, dass Nilo mir folgt...
Tief durchatmen Anella! Ich versuche meiner Aufforderung zu folgen, doch es gelingt nicht. Was soll ich ihm denn bloß sagen? Der Gang ist voller Schüler, welche sich alle einen Weg nach draußen bahnen.
Wo soll ich denn mit ihm hingehen, um zu sprechen? Ich will irgendwie nicht, dass die andern uns zuhören können und gleichzeitig möchte ich nicht mit Nilo alleine sein. Der Wald, oder hinter der Mauer wären sicher keine gute Idee. Aber hier bleiben auch nicht.
Ich muss unbedingt an die frische Luft, also laufe ich einfach nach draußen. Der Pausenhof ist überfüllt und in Gegenwart meiner anderen Freunde, möchte ich auch nicht reden. Der einzige Platz, an welchem nicht zu viele Menschen sind, aber auch nicht zu wenige ist der Parkplatz.
Ohne mich umzusehen, laufe ich darauf zu, da ich weiß, dass Nilo mir folgt. Als ich da bin, bleibe ich stehen und höre wie Nilos Schritte auch immer langsamerer werden, bis er kurz hinter mir schließlich stehen bleibt.
„Anella, wieso bist du weggelaufen?" Er fragt, klingt dabei jedoch leider kein bisschen unsicher, was mich selber andererseits erst recht verunsichert. „Nilo hör zu...!" Ich knabbere an meiner Lippe herum, während ich nachdenke, wie ich es ihm am besten erkläre.
Dann atme ich tief durch und drehe mich um. Erschrocken taumele ich etwas zurück, als ich sehe, dass er nur einen Schritt von mir entfernt steht und mich eingehend betrachtet.
In seinen Augen glimmt dieselbe Leidenschaft auf, welche ich am Freitag bei dem Kuss auf dem Konzert gesehen habe. Schlechtes Gewissen macht sich in mir breit, doch ich verbiete es mir, ehe es mich noch davon abhalten kann, klare Verhältnisse zu schaffen.
„Vergiss einfach, was letztens passiert ist!" Ich sehe ihn ernst an, woraufhin er verwundert die Augenbrauen hochzieht. „Vergessen? Ganz bestimmt nicht!" Er kommt einen Schritt auf mich zu, doch ich deute ihm mit einer Handbewegung innezuhalten.
„Bitte!", sage ich und überlege fieberhaft, was ich tun kann. „Wieso sollte ich? Ich weiß genau, dass es dir gefallen hat!" Ich schüttele den Kopf. „Nein, hat es nicht!"
Ich habe schon Angst ihn mit diesen Worten zu sehr zu verletzen, doch an seinem Blick erkenne ich, dass ich mir da umsonst Sorgen mache.
„Lüg doch nicht! Ich habe es in deinen Augen gesehen, Anella! Du wolltest es! Du hast dich regelrecht danach verzerrt! Du brauchtest mich!" Bei seinen Worten sieht er mir tief in die Augen und ich kann nicht verhindern, dass mein Puls schneller wird, als ich mich daran erinnere.
All das, was er sagt, stimmt irgendwie... doch gleichzeitig auch wieder nicht. Ich habe mich danach gesehnt ihn zu berühren, oder besser gesagt, jemanden zu berühren und in diesem Moment war er eben da. Es hätte auch jeder andere sein können.
Es hatte mir tatsächlich auch irgendwie gefallen, doch diese Empfindungen waren ausgelöst durch meine seltsamen Triebe, welche ich noch nicht einmal selber begreife. Sie waren nicht echt! Doch wie soll er das verstehen?
Ich versuche etwas zu sagen, doch weiß nicht wie. Er scheint meine Sprachlosigkeit wohl als Bestätigung zu deuten, denn auf seinen Lippen erscheint ein Lächeln. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht aufgebe und jetzt weiß ich auch, dass es sich gelohnt hat!"
Er kommt wieder einen Schritt auf mich zu und will mich küssen. Das sehe ich an dem eindringlichen Blick, mit welchem er in mich dringen will, während er meinen Lippen immer näher kommt. Ich schüttele den Kopf. „Nein!"
Er hebt eine Hand und streift mir damit eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Anella, ich weiß, dass du es willst. Vertrau mir einfach!" Sein Finger wandert über meine Wange, hinunter zu meinen Lippen, welche ich fest geschlossen halte.
Plötzlich durchbricht ein lautes Knallen die Luft, sodass wir beide und verteilt auch vereinzelte andere sich erschrocken nach der Ursache umsehen. Ein paar Meter von uns entfernt steht Kuno, welcher wohl eben seine Autotür zugeschlagen hatte.
Allerdings mit so viel Wucht, dass es über den ganzen Platz geschallt ist. Sein Blick fixiert Nilo, welcher diesen jetzt nun auch bemerkt hat. Zaghafte Erleichterung macht sich in mir breit, weil ich dadurch wenigstens ein paar Sekunden mehr zum Reagieren bekommen habe.
Schnell trete ich einen Schritt von Nilo weg. Ich weiß nicht genau. Ist Kuno uns gefolgt, oder hat er nur was aus dem Auto geholt? In seiner Hand hält er eine Wasserflasche, was mich zur zweiteren Annahme verleitet.
Kaum treffen sich unsere Blicke, läuft er auch schon auf uns zu. Erschrocken weiten sich meine Augen und Nilo sieht sichtlich angespannt aus.
Seltsamerweise ist es bei mir dieses Mal komplett andersherum. Im Gegensatz zu sonst, werde ich, umso näher Kuno uns kommt immer entspannter, was mich ziemlich verwirrt, vor allem da er irgendwie extrem gereizt aussieht und zu schäumen scheint.
„Sie hat Nein gesagt!", knurrt er warnend und funkelt Nilo wütend an. Seine Hände sind zu Fäusten geballt, während die eine dabei fest die Flasche umklammert, sodass ich Angst habe, dass diese unter dem Druck gleich kaputtgeht.
Auf seinen Fingerknöcheln sieht man immer noch die Schürfwunden, welche inzwischen nur noch eine Kruste abbilden. Sie sind gut verheilt und mich erleichtert, dass er sie, wie es aussieht, nicht mehr absichtlich aufgemacht hat.
Allerdings, so wie es jetzt gerade aussieht, weiß ich nicht, ob das noch lange so bleibt. Ich weiß nur eines. Ich möchte nicht in Nilos Haut stecken. Warum ist er nur so wütend auf ihn? Oder, wenn ich es genau betrachte, beruht das wohl auf Gegenseitigkeit. Haben die beiden in der Vergangenheit mal irgendwas erlebt?
„Wieso mischst du dich ein? Das geht dich überhaupt nichts an! Wenn Anella nicht will, werde ich sie lassen, doch so ist es nicht!", meint Nilo und spannt sich ebenfalls an, während er Kunos Funkeln standhält, welcher daraufhin nur noch wütender die Augen zusammen kneift.
Seine Muskeln zeichnen sich dabei deutlich unter seinem Hemd ab, während sich diese immer weiter anzuspannen scheinen. Seine dunklen Locken fallen ihm leicht in die Stirn, was ihn nur noch bedrohlicher wirken lässt.
„Doch, genauso ist es!", sage ich an Nilo gewandt, welcher sich nun wieder zu mir dreht, in seinem Gesicht liegt allerdings nichts anderes als Selbstüberzeugung, dass ich mich irre. „Anella, wir wissen beide, dass das nicht stimmt! Ich weiß doch, wie du mich geküsst hast!"
Mir klappt der Mund auf, weil ich es unangenehm finde, vor jemand anderem darüber zu diskutieren. „Du irrst dich!", zische ich und merke gleichzeitig, wie ich rot werde. Mist. Wieso muss ich immer rot werden?
Ich höre ein verächtlich schnaufendes Lachen hinter mir und spüre nun Kunos stechenden Blick auf meinem Rücken, welcher sich wie tausende Giftpfeile in mich bohrt. „Du hast diesen Dümpfelspaten geküsst?" Er stößt ein verächtliches, „Ha" aus, was sich irgendwie anfühlt wie Fußtritte in den Magen.
Irgendwie habe ich das Bedürfnis Nilo jetzt zu verteidigen, auch, wenn es nur deshalb wäre, weil ich nicht mag, wenn Kuno so abfällig über andere redet. Andererseits weiß ich genau, dass er das ganz sicher wieder falsch interpretieren würde, weshalb ich mich zurückhalte.
„Hab ich's mir doch gedacht, dass auch die anderen in seinem Freundeskreis nicht unbedingt, die hellsten sind." Seine Finger umklammern immer noch fest die Wasserflasche, während er in sein Gesicht einen verächtlichen Ausdruck gesetzt hat, welcher alles darunter verbirgt.
„So klar, dass jemand wie du sich an so jemanden ranschmeißt!" Er deutet mit einem abfälligen Kopfnicken in Nilos Richtung, während seine Augen mich zusätzlich zu seinen Worten regelrecht verspotten. Ich funkele ihn an.
„Hör auf, so mit ihr zu reden!" Mischt sich nun Nilo wieder ein und ich balle meine Hände zu Fäusten. Ich will nicht, dass er mich jetzt verteidigt. Soll Kuno mir doch all diese Dinge an den Kopf werfen.
Kuno beachtet ihn keines Blickes, sondern funkelt mich weiterhin einfach nur herausfordernd an. „Ich sage doch nur, wie es ist. Die Kleine hat eindeutig zu viel Waldluft eingeatmet!" Was geht ihn das bitte an?
„Waldluft tut gut! Solltest du auch mal machen!", entgegne ich und kneife meine Augen zu Schlitzen. Dabei kommt mir in den Sinn, dass ich ihn ja letztens dabei erwischt habe, wie er im Wald joggen war und er meinen Gesang vernommen hat. Er zieht die Augenbrauen hoch.
„Und dazu dämlich herumspringen und Bäume umarmen oder was?" Ich stelle mir vor, dass aus meinen Augen Funken sprühen und trete einen Schritt auf ihn zu, um ihm diese direkt ins Gesicht zu feuern. „Zum Beispiel!", hauche ich zwischen meine Zähne.
Ich sehe, wie sich in seinem Ausdruck kurz etwas verändert. Ist es die Partie um seinen Mund? Seine Mundwinkel? Oder doch etwas in seinen Augen? Ich kann es nicht ganz erkennen, denn kurz darauf fällt auch schon wieder die kalte Maske über ihn zusammen, sodass mir reine Wut entgegen sprüht.
„Und? Wie ist es so, klein und naiv zu sein?" An der Art wie er es sagt, ist es eindeutig, dass er mich mit den Worten verletzen will. Ich ziehe scheinbar belustigt meine Augenbrauen hoch. „Sag du es mir?"
Er kneift wieder die Augen zusammen, sodass mich diese durch seine dunklen Wimpern hindurch anfunkeln. Er hat echt schöne Augen, doch leider immer mit diesem Schleier der Wut.
„Wie es aussieht noch schlimmer als ich dachte", entgegnet er mit einem finsteren Seitenblick zu Nilo.
„Du meinst also, ich bin klein und naiv?", frage ich und verschränke meine Arme vor der Brust. Erst jetzt merke ich, dass ich Kuno schon wieder näher gekommen bin, als eben noch.
„Tzja zum Glück ist jemandem wie mir..." - Nehme ich seine Bezeichnung von eben wieder auf "... deine Meinung egal!"
Kunos Hände umklammern fester die Flasche und er blitzt mich an. „Klar, dir ist wichtiger, was Dumpfnudel für eine Meinung hat."
„Was? Ganz sicher nicht. Ich finde, an Meinungen sollte man nicht festhalten. Sie können sich ändern, also nehme ich auch keine zu wichtig! Auch nicht meine eigene!"
Kuno runzelt kurz die Stirn und kommt dann einen Schritt auf mich zu. „Na dann kann es dir ja auch egal sein, was für eine Meinung du über mich hast, wenn ich deinem Freund gleich die Fresse poliere! Das ist ohnehin schon seid langem mal überfällig!"
Mir klappt der Mund auf. „Das wirst du nicht tun!" Ich gehe auch einen Schritt auf ihn zu, woraufhin Nilo mich sachte am Arm fasst, um mich zurückzuhalten und stattdessen selber einen Schritt nach vorne zu treten. Was meinte er eben mit, schon lange überfällig?
„Lass sie in Ruhe!", sagt er drohend, was sich irgendwie komisch in meinen Ohren anhört. Diese Art von Konversation passt nicht zu ihm. Normalerweise tendiert er eher zu friedlichem Umgang.
Außerdem bin ich mir sicher, dass er gegen Kuno keine Chance hätte. „Ach ja? Und was ist mit dir?" Sein feindseliges Grinsen nun komplett auf Nilo gerichtet.
„Verpiss dich einfach!" Nilos Stimme ist jetzt auch deutlich tiefer geworden und ich habe Angst, dass er Kuno noch weiter provoziert, da ich mir plötzlich sicher bin, dass dieser vor einer Schlägerei nicht zurückschrecken würde. Vielleicht ist das ja sogar sein Plan.
Er zieht herausfordernd die Augenbrauen hoch, während seine Lippen zu einem falschen Grinsen verzogen sind. „Vorher verpisst du dich!" Seine Stimme klingt gleichzeitig drohend und spottend.
„Das werde ich nicht!", sagt Nilo und tritt noch einen Schritt auf Kuno zu. Erschrocken schnappe ich nach Luft, da ich genau weiß, dass das, sicher keine gute Idee ist. Kuno lächelt höhnisch, während er scheinbar ganz entspannt dasteht.
Nur seine Finger lösen und schließen sich spielerisch um den Verschluss der Flasche. Jederzeit bereit, zu agieren. Ich sehe, wie die Spannung wellenartig seinen Körper durchzieht. Dieser Mensch hat eindeutig ein Aggressionsproblem. Ich muss irgendwas tun!
„Gibt es irgendetwas, was ich verpasst habe, oder warum benehmt ihr euch wie zwei gereizte Karnickel?" Kunos Gesicht zuckt kurz, doch beachtet mich weiterhin keines Blickes und starrt nur Nilo an, welcher ihn ebenfalls wütend taxiert.
Wenn ich nicht gleich was unternehme, gehen sie noch aufeinander los. „Wieso mischst du dich eigentlich ein?"
Werfe ich Kuno meine Frage entgegen, auch wenn ich in Wirklichkeit eigentlich ziemlich dankbar darüber bin, dass er gekommen ist, da ich sonst nicht gewusst hätte, wie ich Nilo entkommen soll. Doch das werde ich ihm jetzt natürlich nicht sagen.
Er wendet sich ruckartig wieder mir zu, sodass sich seine kalten wütenden Augen direkt in meine bohren. Eine Weile scheint er mit Worten zu ringen, doch wie es aussieht fallen ihm keine ein, weshalb er seine braunen Zirkone nur noch weiter schmälert.
„Wieso bist du so wütend?" Meine Stimme klingt angespannt. „Ich bin nicht wütend!", zischt er und kommt nun noch einen Schritt auf mich zu.
Ich spüre seinen heißen Atem auf meiner Haut, sodass mich ein Schaudern überkommt. Ich bin so angespannt, dass ich nicht einmal zurücktaumele. „Ganz offensichtlich", sage ich ironisch.
Langsam beginnt mein Fass aber auch überzulaufen. Das passiert eigentlich nicht so oft, aber das alles ist einfach so nervenaufreibend und anstrengend. Können mich nicht einfach mal alle in Ruhe lassen?
„Hast du nicht gehört, du sollst dich nicht einmischen!" Höre ich Nilo neben uns sagen. Kuno stößt ein verächtliches Schnauben aus, achtet aber nicht weiter auf ihn, da er viel zu sehr damit beschäftigt ist, mir herausfordernde Blitze entgegenzufeuern.
„Du bist ja ganz erhitzt, Waldmädchen. Brauchst du mal eine kleine Abkühlung?" Ehe ich regieren kann, hat er den Verschluss seiner Flasche geöffnet und mir ein Teil dessen Inhalts einfach ins Gesicht gespritzt.
Für einen Moment stehe ich nur mit offenem Mund da, während das Wasser an meiner Haut hinabrinnt und den Stoff meiner blauen Bluse durchtränkt.
Innerhalb einer Millisekunde schießen mir unglaublich viele Szenarien durch den Kopf, wie ich jetzt reagieren könnte, doch schlussendlich sage ich mir einfach bloß immer wieder, dass ich mich jetzt nur nicht provozieren lassen soll.
Ehe ich reagieren kann, hat Nilo Kuno schon am Kragen gepackt und zu sich herangezogen. Dieser grinst nur selbstgefällig und spielt mit den Zähnen an seiner vollen Unterlippe herum, als würde es ihn eine Heiden-Genugtuung bereiten, dass Nilo handgreiflich wird.
Seine Finger zucken, einsatzbereit. Mir ist klar, dass genau das sein Plan gewesen ist. Er will, dass Nilo die Schlägerei beginnt. Wäre es anders, hätte er schon längst selber begonnen. Wenn ich nicht sofort etwas unternehme, artet das Ganze noch aus.
Die kalte Dusche hat mir wider meiner Erwartung tatsächlich kurz dabei geholfen wieder klar zu denken, weshalb ich jetzt auf Nilo zutrete.
„Nilo ist das dein ernst?", wende ich mich direkt an ihn, weil ich davon ausgehe, dass er von den beiden wahrscheinlich am ehesten vernünftig ist. Er hält Kuno immer noch drohend am Schlafittchen, ohne sich zu rühren.
Ich stupse ihn am Arm, sodass er mir zuhört. „Lass das!", sage ich noch einmal und warte, dass er von ihm weggeht. Er presst seine Kiefer aufeinander und schubst Kuno dann schließlich schwungvoll von sich weg.
„Was? Etwa Schiss, Milchfresse?" Fragt dieser mit einem dunkel gereiztem Ton und sieht dann wieder zu mir. Sein Blick landet aber dieses Mal nicht in meinen Augen, sondern in meinen Haaren, welche immer noch voller Wasser triefen.
Seine Augen weiten sich kurz erschrocken, als würde er erst jetzt begreifen, was er eben gemacht hat und für einen kurzen Augenblick zuckt wieder etwas anderes durch sein Gesicht, doch es ist fast unmöglich, es durch die Wut hindurch zu identifizieren.
„Komm wir gehen!", sagt Nilo bestimmend und will nach meiner Hand greifen, doch ich ziehe sie ihm weg. „Nein!" Er sieht mich verwirrt und mit gerunzelter Stirn an. „Ich gehe jetzt woanders hin!" Mit einem Blick zu Kuno füge ich noch bissig hinzu "Waldluft schnappen!"
Ohne mich noch einmal umzudrehen, laufe ich in diesen. Das Wasser tropft mir dabei von meinen Haaren auf meine Bluse, sodass diese immer nasser wird. Mist, ich trage keine Unterwäsche...
Erschrocken blicke ich mich um, aber befinde mich zum Glück schon im Schutz der Bäume. Dieser Idiot. Ich bin mir sicher, er wollte Nilo nur eins reinwürgen. Arschloch!
Na ja, zumindest kam es mir in diesem Fall zugute, auch wenn er sich danach aufgeführt hat wie der letzte Voll-Arsch.
***
Hi ihr, wie fandet ihr das Kapitel? Ich bin sehr gespannt auf eure Meinung und muss sagen, es hat zuemlich viel Spaß gemacht, die Auseinandersetzung zu schreiben xP
Eure Seerosena.
<3
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