4 - Leben unterm Berg
Ich wachte auf und brauchte einen Moment, bis ich realisierte, wo ich war und wieso ich hier war. Es klopfte an der Tür und eine junge Zwergin kam herein. Sie verbeugte sich vor mir und händigte mir ein paar Kleider aus. Ich fragte sie nach ihrem Namen, doch sie antwortete mir nur, dass sie nicht erlaubt ist, ihn mir zu nennen. Doch sie kam mir sehr freundlich und doch einsam vor. Darum beschloss ich Thrór oder Thorin später danach zu fragen. Nachdem ich mich zurecht gemacht hatte, führte mich die Zofe in den Thronsaal, wo, wie es schien, schon alle auf mich gewartet hatten. Neben Thrór und Thorin stand auch Thráin, Thrórs Sohn und somit Thorins Vater. Ich kann mich glücklich schätzen, soviel über Durins Volk gelernt zu haben, sowie über die anderen sechs Zwergenvölker. Nun stand ich dort, vor mir die gesamte Königsfamilie des Erebors. Ich versuchte die gelernten Namen den einzelnen Zwergen zuzuordnen. Links neben Thorin stand Dís, Thorins Schwester. Daneben standen ihre Söhne, Fíli und Kíli, wer von den beiden wer ist, würde ich wohl noch herausfinden müssen. Beide lächelten mich verschmitzt an, doch ihr Onkel schien an mir vorbei zu sehen und, zu meinem erstaunen, lächelte er. Ich blickte zur Seite und stellte fest, dass die Zofe, welche mich hier her brachte, nun neben mir stand und das Lächeln, welches Thorin ihr schenkte, schüchtern erwiederte. Darüber, dass der Zwergenprinz, welcher in den Geschichten als kaltherzig und grob beschrieben wird, sich wohl in einer Zwergin verguckt hat, musste ich schmunzeln. Thrór räusperte sich kurz und sah mich auffordernd an. "Nun, mein Kind, erzähle mir, was dich zu uns führt." Ich nickte leicht und fing an zu sprechen. "Nun, es gibt mehrere Gründe, weshalb ich von zu Hause floh. Seid ihr vertraut mit dem Namen Bakraz?" Fíli und Kíli ließen ein erstauntes Schnauben von sich. "Mein Vater, König Khâgam, ließ ein Fest veranstalten, an dem er mich mit ihm vermählen wollte." Thrór schenkte mir einen leicht verwirrten und verständnislosen Blick. "Nur deshalb seid ihr geflohen?" - "Nein. Wie ich schon erwähnte gibt es mehrere Gründe. Ich erfuhr vor einiger Zeit etwas recht interessantes, doch ich werde euch nicht alles verraten. Nur, dass es um ein vor langer Zeit verschwundenes Familienmitglied meinerseits geht." Thráin murmelte etwas unverständliches, während Thrór nickt. "Als das Fest von Orks gestürmt wurde, ergriff ich meine Chance mich unbemerkt heraus zu schleichen. Ich habe mich seit Wochen vorbereitet um den günstigsten Moment zu ergreifen. Das es allerdings ein Orkangriff sein würde, ahnte ich nicht. Dennoch musste ich mich um jeden Preis auf die Suche machen." 'Für meine Mutter' fügte ich in Gedanken hinzu. Thrór überlegte einige Zeit bis er schließlich verkündete. "Nun gut, du darfst hier verweilen und wir werden dich auf deiner Suche unterstützen, dafür musst du aber auch Pflichten erfüllen. Bedenke, dass du hier nicht als Prinzessin, sondern als Bürgerliche Zwergin leben und arbeiten wirst." Ich verbeugte mich dankbar. "Vielen Dank, eure Majestät!" Thorin trat hervor und gab mir einen kleinen Beutel mit Gold. "Damit wirst du dir beim Markt Essen und Kleidung kaufen können. Hânnah wird dir alles zeigen und dir helfen, hier zurechtzukommen." Thorin lächelte, als er ihren Namen erwähnte. Hânnah war also ihr Name. Ich lächelte die Zofe, welche nun mir, und nicht mehr dem Prinzen, ihre Aufmerksamkeit schenkte, freundlich an. Sie erwiederte mein Lächeln und fragte nun mich nach meinem Namen. "Mein Name ist Niniel, deinen habe ich nun doch erfahren." Sie erzählte mir von ihrem Leben als Zofe und gab mir hilfreiche Tipps um mir das Leben unterm Berg zu erleichtern.
Ich wachte auf und streckte mich genüsslich, doch als ich aus dem Fenster blickte erkannte ich, dass ich mich sputen sollte. Heute begann mein erster Arbeitstag am Hof des Königs. Nachdem ich mich umgezogen und frisch gemacht hatte, ging ich zur Tür hinaus, wo Hânnah schon auf mich wartete. Sie sagte mir, dass sie mir die nächsten Tage noch helfen würde, den Weg zu finden. Ich bedankte mich bei ihr und wir liefen gemeinsam in die Königlichen Hallen. Der Tagesablauf bestand aus Betten machen, Kleidung waschen, kochen und die Böden wischen. So würde wohl mein Leben für die nächsten Wochen und Monate ablaufen. Nach der Arbeit recherchierte ich in der Königlichen Bibliothek, zu der mir der König den Schlüssel gab. Hânnah half mir oftmals beim Suchen. mit der Zeit lernte ich sie immer besser kennen und wir freundeten uns an. Sie erzählte mir oft von ihrem Leben und wie sie hier hinkam. Familie hatte sie keine mehr. Sie gab zu, dass sie Thorin gut findet, doch mehr wollte sie mir zu diesem Thema nicht erzählen. Ich suchte und suchte doch auch nach wochenlanger Recherche fand ich nichts. Müde machte ich mich auf den Weg zurück zu meinem Gemach und schlief, mit den Gedanken bei meiner Familie, ein.
Ich lebte nun schon seit einigen Monaten hier. Meinem Vater hatte ich einen Brief geschrieben, in welchem ich ihm erzählte, dass ich wohlauf war, dennoch nicht vorhatte einst bald zurück zu kehren. Seine Antwort kam einen Tag darauf, der Rabe saß auf dem Fensterbrett, den Brief an seinem Fuße befestigt. Khâgam war nicht allzu erfreut gewesen, dass ich plante, länger fortzubleiben, dennoch hat er es fürs erste akzeptiert, denn er wusste weder wo ich war, noch ob er darauf hoffen konnte, mich bald wieder zu sehen. Er dachte, es wäre wegen Bakraz und der Verlobung, doch da täuschte er sich. Ich erschrak, als es plötzlich an meiner Tür klopfte. Noch bevor ich fragen konnte, wer mich so spät noch stört, kam einer der jüngeren Prinzen herein, doch zu meinem Beschämen wusste ich immer noch nicht, welcher der beiden Fili und wer Kili war. Doch dieses Problem nahm er mir nun ab. "Entschuldigen sie die Störung, Milady, doch ich wollte sie auf ein bekömmliches Bier einladen. Oh, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt!" Er rieb sich verlegen den Kopf. "Fíli, zu euren Diensten." Er verbeugte sich schwungvoll und zog mich an meiner Hand raus auf die Gänge in Richtung der Kaserne. Sein Bruder stieß vor meiner Tür zu uns. In der Kaserne angekommen war schon so einiges los. Die beiden Brüder gingen mit mir zu einem Tisch wo ich Thorin und Hânnah entdeckte. Die beiden lächelten sich schüchtern an während sie immer mal wieder ein Schluck ihres Bieres tranken.
Ich ließ mich ein wenig entfernt von den Beiden auf der Bank nieder und beobachtete, wie Kíli mit einer Kellnerin flirtete und wie Fíli mit einigen Bierkrügen auf uns zutorkelte. Anscheinend hatte er schon das ein oder andere Fass geleert. Ich nahm einen der Krüge dankbar entgegen und nippte daran. Die beiden Brüder stimmten ein zwergisches Trinklied an und alle stimmten mit ein. Es herrschte eine feierliche Stimmung und ich fühlte mich recht wohl, fast so wie zu Hause im Amon Rûdh.
Einige Stunden vergingen und während ich noch an meinem zweiten Krug trank, hatten die Brüder schon mindestens zehn weitere geleert. Ich merkte, wie mich langsam die Müdigkeit überfiel. Hânnah und Thorin waren nirgends mehr zu sehen und auch für mich wurde es langsam Zeit zu gehen. Ich verabschiedete mich noch von den jungen Prinzen und machte mich auf den Weg zu meinem Gemach.
Am nächsten Morgen wurde ich während der Arbeit regelrecht überfallen. Ich hörte eine mir allzu bekannte Stimme und als ich mich umdrehte wurde ich in eine feste Umarmung gezogen. "Bran! Was machst du denn hier?" Er schob mich ein Stück von sich, um mich ansehen zu können. "Geht es dir gut? Ich habe dich überall gesucht! Ich ritt wochenlang durch Wälder und Täler, Städte und Dörfer auf der Suche nach dir. Deine Eltern sorgen sich sehr um dich. Deine Mutter schickte mich um nach dir zu suchen und dir diesen Brief zu geben." Er zog einen Brief mit Mutters Siegel, ungebrochen, aus seiner Tasche und händigte ihn mir aus. Ich brach das Siegel und las Zeile für Zeile.
"Meine liebe Niniel,
Ich ahne, warum du fort bist. Du suchst sie. Deine verschollene Schwester. Khâgam hetzte Wilderer auf sie und setzte eine großzügige Belohnung auf ihren Kopf aus, doch nie wurde sie gefunden. Ich brachte sie damals an einen sicheren Ort, wo sie ohne Gefahr aufwachsen konnte. Ich weiß, sie ist am leben. Bei Mahal, ich bete dafür, dass es ihr gut geht und dass du sie finden wirst, meine kleine Niniel. Du warst schon immer Abenteuerlustig und alles, was du dir in den Kopf setztest, schafftest du auch. Stur wie dein Vater und klug, wie deine Mutter. Wir sind beide sehr stolz auf dich. Ich habe Bran darum gebeten, dir bei deiner Suche zu helfen. Er soll dich beschützen und dir beistehen, komme was wolle. Ich blicke vorwärts zu unseren nächsten Begegnung. Mögen die Götter dir beistehen.
In Liebe,
Naneth"
Bei ihren Worten stiegen mir Tränen in die Augen, welche ich jedoch schnell wieder wegwischte und Bran umarmte. Ich erklärte ihm von meinem Vorhaben und führte ihn anschließend in den Hallen herum. Am Abend richtete ich ihm das Bett im Nachbarzimmer zurecht. Wir legten uns beide schlafen und nach wenigen Minuten fielen mir die Lieder zu.
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