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Kapitel 6 - Vermisst

Den herrlich duftenden Kaffee in der Hand stand er vor einem kleinen Board, welches an der hinteren Wand direkt neben dem edlen Ziegelsteinofen, in welchem ein herrlich warmes Feuer knackte. Hinter dem Tresen hörte er die helle Stimme der Bedienung:

»Ich hab' hier einen Handwerker, der zu euch will. «

»Der Name? Nein, ich habe nicht gefragt. Warte kurz ...« Den Hörer senkend, lugte die junge Frau hinter einer Ecke zu ihm. »Entschuldige, wie war dein Name noch gleich? «

»Ray«, antwortete er, ohne den Blick von der Pinnwand zu nehmen, die mit allerlei Zetteln gefüllt war. »Ray Viltarin. «

Er fühlte sich sicherer, wenn er seinen richtigen Vornamen nicht benutzte. Vor einer Weile hatte er schon bemerkt, dass er außerhalb des Cafés und des dazugehörigen W-Lans wirklich kein Netz hatte. Sein Handy war also vollkommen nutzlos. Doch sicher war sicher. Und Ray war immerhin nicht ganz gelogen – es war immerhin sein Spitzname.

»Ray Viltarin«, echote es um die Ecke. »Oh, kein Grund zur Eile, lasst euch alle Zeit, die ihr braucht. DER Kerl kann gern länger hier bei mir bleiben.

Dieses Mal schaffte es das Seufzen doch über seine Lippen und Ray spürte ein unangenehmes Brodeln in seinem Inneren. Er hasste es, wenn man ihn wie ein Stück Fleisch ansah. In der Hoffnung, Ablenkung zu finden, begann Ray die Aushänge an der Pinnwand zu studieren. Gelegentlich nippte er dabei an seinem Kaffee und genoss die Mischung der bitteren Kaffeebohnen und des süßen Sirups auf der Zunge.

»Es kommt dich jemand abholen«, erklang schließlich die Stimme der Angestellten, als sie das Gespräch beendet hatte und wieder nach vorn kam.

Ryker selbst reagierte lediglich mit einem schwachen Nicken. Seine Augen wandten sich nicht ab, sondern blieben unverwandt an Ort und Stelle, konzentriert und gefesselt von den Aushängen.

Dort an dem Brett war wirklich alles zu finden, was man sich vorstellen konnte: Gesuche für Handwerker, die teilweise bereits verblasst oder auf fleckiges Papier geschrieben wurden. Angebote von Möbeln oder Dekorationen mit Polaroidfoto oder Zeichnungen. Doch was seinen Blick länger fesselte, waren die Steckbriefe, die durch eine fette, rote Überschrift ins Auge sprangen:

VERMISST

An der Wand zogen sich Gesucht-Meldungen aus verschiedenen Orten - vermutlich die in der näheren Umgebung - und unterschiedlichen Jahren. Der älteste Steckbrief war sechs Jahre alt und entsprechend zerknittert und abgegriffen. Er zeigte einen jungen Mann, der zum Zeitpunkt seines Verschwindens laut dem Aushang 26 Jahre alt war. Ein Student. Auf dem grauen Bild lächelte er unbeschwert. Laut der Beschreibung besaß er braunes Haar. Als sein letzter Aufenthaltsort wurde Spucemist-Woods angegeben. Der jüngste Steckbrief hingegen zeigte ein Farbbild. Darauf war eine junge, blonde Frau zu sehen, die schüchtern in die Kamera lächelte. Der Steckbrief war kein Jahr alt.

Fünf Frauen und vier Männer zählte er und ignorierte dabei die Aushänge über vermisste Tiere. Hauptsächlich Katzen wie Blinzel, Pinkle oder Miss Marple. Das musste der Busfahrer mit den verschwundenen Wanderern gemeint haben. Obwohl einige der Bilder grau waren, entging Ryker nicht, dass sich die jungen Frauen überraschend ähnlich sahen. Sie alle waren jung und laut den Beschreibungen Blond oder mindestens braun-blond, im Gegensatz zu den Männern, die aus jeder Altersschicht stammten und sich deutlich voneinander unterschieden.

'Ist das bisher niemandem aufgefallen?'

Nachdenklich zog sich seine Stirn in Falten. In seinem Magen machte sich ein beklemmendes, ungutes Gefühl breit.

'Das kann doch kein Zufall sein', dachte er sich und streckte die Hand aus, um den jüngsten Aushang von der Wand zu nehmen.

»Oh, das ging schnell«, riss ihn die Aussage der blonden Bedienung aus seinen Gedanken. Den Kopf wendend, bemerkte er, dass die Blondine einen missbilligenden Blick auf einen Wagen gerichtet hatte, der vor einem der großen Fenster auf dem Schotterparkplatz zum Stehen kam.

'Moment mal', den dunklen Pick Up Truck betrachtend, der im dämmrigen Abendlicht vor dem Café parkte, spürte er, wie seine Gesichtszüge ihn beinahe entglitten wie ein herunterfallender Klodeckel. Seine eben noch in strenge Falten gezogene Stirn glättete sich dabei unweigerlich.

Sogar im Abendrot konnte er das Blau wiedererkennen. Sogar einige, besonders an den Radkästen und Türen aufgeprägten Unebenheiten, die auf Rost schließen ließen, sorgten dafür, dass sein Gedächtnis sich meldete.

Uneingeladen blitzte vor seinem inneren Auge das Bild auf, was nur wenige Stunden zurücklag. Der dunkelblaue Pick Up, der schlingernd auf ihn zu rutschte. In seinem Unterbewusstsein erinnerte er sich vor allem sehr genau an das kaputte linke Frontlicht.

'Das darf doch nicht wahr sein!'

Sofort spürte er, wie sich eine explosive Mischung aus Wut und Unglauben in seiner Brust ausbreitete und gefährlich knisterte. Wollte man ihn eigentlich auf den Arm nehmen? Das musste ein schlechter Scherz sein!

Sich von der Pinnwand abwendend und die inzwischen leere Tasse in der Hand, ging er mit steifen Schritten zurück zu dem Tresen und griff nach seinen Sachen. Innerlich ging er schon mehrere Varianten durch, wie er reagieren sollte.

Umso überraschter war er, als anstelle der blonden Zicke eine andere junge Frau das Café betrat. Und sie hatte keine Ähnlichkeit mit jener vom Nachmittag. Das blonde Haar fiel in den Locken einer Dauerwelle um ein schlankeres Gesicht, als sie mit unbeschwerten und federnden Schritten das Café betrat.

»Ray Viltarin?«, erhob sich eine helle Stimme über das Gemurmel hinweg. Ihr Blick huschte suchend umher und mit einem frechen Grinsen in den Mundwinkeln sah sie sich um, als würde sie nicht jeden Anwesenden sehr genau kennen.

Der Groll verpuffte so schnell, wie er aufgestiegen war. Den leeren Kaffeebecher beim Vorbeigehen auf den Tresen stellend, griff er anschließend nach seiner Jacke.

»Anwesend Ma'́am«, gab er sich offenkundig zu erkennen, indem er wie ein Schulkind die Hand streckte und schulterte seinen Rucksack, während er derweil der jungen Frau entgegentrat.

»Du bist also der schräge Vogel, der sich hier herumtreiben soll und auf mich wartet?«, erklang ihre Stimme erneut, während sie eine Augenbraue höher zog und ihn übertrieben eingehend musterte.

»Was soll das denn? Bist du besoffen oder blöd?«, zischte es dem neuen Gast von der aufdringlichen Blondine des Cafés entgegen. Scheinbar hatten die beiden nicht den gleichen Humor oder waren sich nicht grün.

Ray indessen ignorierte die Bedienung vollkommen. Leicht lächelnd zuckte er mit den Schultern, ehe er stattdessen auf den Scherz einging und sich suchend umsah, ob sich noch jemand melden würde. Natürlich nicht.

»Es scheint, ich bin der einzige schräge Vogel hier. Du musst wohl mich nehmen.«

Ein helles Lachen erklang, noch während er selbst grinste und die restliche Spannung von ihm abfiel.

🍂🗝️🍂

Die Fahrt zum Cottage dauerte länger, als er erwartet hatte. Während der Wagen über den unebenen Waldweg rollte, herrschte Schweigen zwischen ihm und seiner Fahrerin, doch das störte ihn wenig. Wenn er aus dem Fenster sah, tauchte hinter den Baumreihen immer wieder der Everbreeze Lake auf. Schimmernd und glitzernd in der Abenddämmerung, gepaart mit den verfärbten Blättern, wirkte er fast wie ein vorbeiziehender Traum.

Als die Sonne unterging, wurden die Farbtöne immer dunkler, von goldorange über rotviolett bis hin zum Blau der anbrechenden Nacht. Das Farbenspiel und die atemberaubende Aussicht fesselten seinen Blick, und Ryker spürte, wie seine Augenlider von Minute zu Minute schwerer wurden.

Der lange Tag forderte seinen Tribut. Er war früh aufgestanden und hatte Stunden in einem klapprigen Bus verbracht, der ständig auseinanderzubrechen drohte. Auch der Anfall und der nervenaufreibende Beinahe-Unfall hatten an seinen Kräften gezehrt. Von der aufdringlichen Mitarbeiterin im Bluebird ganz zu schweigen. Da half auch der Kaffee nichts. Alles, wonach er sich in diesem Moment sehnte, war eine ausgiebige Dusche und ein warmes Bett.

Tatsächlich bogen sie kurz darauf von der Straße auf einen kleinen Nebenweg ab, der direkt zum See führte. Zwischen den Silhouetten hoher Bäume, die ihre Äste gierig ausstreckten, tauchten kleine Lichter auf, die immer heller wurden. Schließlich hielten sie vor einem deutlich größeren Gebäude, als er sie im Dorf gesehen hatte.

Obwohl es dunkel war, konnte er an den Formen erkennen, dass es sich um ein zwei- oder dreistöckiges Haus mit einem Anbau handelte. Die Bauweise wirkte alt und rustikal, hatte aber in dieser Umgebung einen besonderen Reiz. Zusammen mit der Lage schien der Ort eigentlich perfekt für eine Pension - nur etwas abgelegen. Aber daran störte man sich wohl kaum, wenn man hier in diese Ecke Kanadas kam, um sich zu erholen.

»Wir sind da«, meldete sich die junge Frau mit einem trällernden Klang in der Stimme, die sich ihm inzwischen als Riona O'Brien vorgestellt hatte – eben jene Riona O'Brien, die er gesucht hatte. Nur der Erschöpfung wegen hatte die Enttäuschung, dass auch diese Spur wohl im Nichts enden würde, bisher nicht mit voller Wucht zu ihm durchdringen können.

»Willkommen im Pinewood Cottage«, zwitscherte es neben ihm.

Ryker musste die Tür des wandelnden Schrotthaufens mit etwas mehr Kraft zuschlagen, nachdem er ausgestiegen war und seinen Rucksack vom Rücksitz geangelt hatte. Als er sich noch einmal umsah, erkannte er im schwachen Mondlicht, das zwischen den Schleierwolken hindurchschien, einen Steg, der nur wenige Meter vom Haus entfernt auf den See hinausführte. Das Licht glitzerte wie kleine Edelsteine auf der Wasseroberfläche und kleine Wellen schwappten in beruhigender Regelmäßigkeit an das Ufer des Everbreeze Lake.

»Kommst du?«, rief Riona, die bereits die Eingangstür erreicht hatte.

Schnell riss er seinen Blick los und folgte der jungen Frau zur Haustür, um hinter ihr ins Haus zu schlüpfen. In der Hütte war es angenehm warm. Ein köstlicher Bratengeruch schlug ihm entgegen und ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen, kaum dass die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war. Sofort meldete sich sein Magen zu Wort, der seit den frühen Morgenstunden nur Kaffee zu sich genommen hatte.

»Ich bin zurück und habe die Überraschung mitgebracht«, flötete Riona und trat ein paar Schritte in das große Wohnzimmer, welches schließlich auch den Blick auf eine Küche freigab. »Der Handwerker, auf den wir so sehnsüchtig gewartet haben!«

Am Küchentresen stand eine Frau mit einem hölzernen Kochlöffel in der Hand und beugte sich zu einem kleinen Jungen hinunter, der mit leuchtenden Augen neben ihr stand und den Mund weit öffnete. Ryker, der gerade seinen Rucksack abstellen wollte, erstarrte mitten in der Bewegung. Sein ganzer Körper spannte sich an.

Ein Teil von ihm wollte sich am liebsten eine Ohrfeige geben, um sich zu vergewissern, dass er wach war und nicht träumte. Ein anderer Teil wollte am liebsten seinen Kopf gegen die nächste Wand schlagen.

Das konnte doch alles nicht wahr sein!

Den kleinen Jungen, der sich gerade den Löffel in den Mund schob, hätte er unter Hunderten wiedererkannt. Die braunen Haare, die Gesichtszüge ... alles hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt.

'Verdammte Scheiße!'

Sein Blick glitt zu der Frau. Auch sie war ihm vertraut. Schließlich hatte sie ihn erst kürzlich wie einen herrenlosen Köter mitten im Wald stehen lassen. Diesmal hatte sie die blonden Haarsträhnen, die im Wald ihr linkes Auge verdeckt hatten, hinters Ohr gestrichen. Ihr Gesicht war dadurch entblößt und gab den Blick auf eine rötliche, kaum verheilte Brandwunde frei. Das linke Auge war milchig, leicht grau. Blind.

Die Anspannung seiner Muskeln löste sich in dem Moment, als er seinen Irrtum erkannte und ihm seine eigenen Worte vom Vormittag wie ein Blitz durch den Kopf schossen:

'Sind Sie blind oder was?'

Na wunderbar, warum musste er eigentlich mit beiden Beinen voran mitten ins Fettnäpfchen springen? Selbst für die Situation war es einfach unangemessen und tatsächlich Arschig gewesen. Jetzt verstand er auch ihre Reaktion.

Fuck. Am liebsten hätte er sich stöhnend die Hand ins Gesicht geschlagen.

Er brauchte ein wenig Zeit, um seinen Herzschlag und sein aufgewühltes Inneres zu beruhigen. Es waren nur wenige Augenblicke, aber sie reichten aus, um seine Muskeln wenigstens ein wenig zu entspannen. Ein Vorteil seiner Ausbildung, denn dort war immer kontrollierte Ruhe gefragt. Selbstbeherrschung. Also atmete er tief durch, stellte schließlich seinen Rucksack ab und zog seine Jacke aus, bevor er Riona folgte.

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