Milde, frische Frühlingsluft, ein wunderschöner Sonnenuntergang, der den Himmel in ein tiefes Pink taucht und das leise Zirpen von Grillen im Hintergrund, während wir am See stehen, und aufs andere Ufer starren.

Man könnte meinen, dass dieser Augenblick in meinem Leben perfekt war, aber da bin ich anderer Meinung. Das trockene Gras piekst an meinen nackten Füßen, ein Mückenstich macht mir das Leben zur Hölle und ich wusste, dass meine Tante mich anschreien wird, weil ich mal wieder zu spät nach Hause kommen werde.

Perfekt ist etwas anderes. Perfekt wäre, wenn in den letzten Monaten mehr Regen gefallen wäre und das Gras sein natürliches Grün nicht durch das helle braun ersetzt hätte, in dem es jetzt knorrig und tot aussieht. Perfekt wäre auch, wenn ich die Mücke erschlagen hätte, bevor sie es sich auf meiner Handoberfläche bequem gemacht hat. Und perfekt wäre, wenn Mom zu Hause auf mich warten würde, anstatt langsam in einem kalten Sarg zu verrotten.

Es gibt kein Perfekt. Und trotzdem bin ich im Moment glücklich, denn ich spüre die Wärme seiner Hand, die meine hält. Sein Atem kitzelt leicht auf meiner Haut, als er sich zu mir herüberbeugt, mich in den Arm nimmt und ich das rhythmische Schlagen seines Herzens hören kann.

Er hat mir versprochen, dass wir aus dieser verdammten Kleinstadt abhauen werden, wenn wir alt genug sind. Das hat er mir gesagt, bevor wir in seinen Van gestiegen und hierher gefahren sind. Bevor die Sonne unterging.

Und dann, irgendwann, als der rote Feuerball restlos hinter dem Horizont verschwunden ist, spüre ich etwas Nasses auf meiner Haut. Dann wieder, bis es plötzlich immer mehr wird. Regen.
Endlich.

Und während er mein Gesicht in beide Hände nimmt, unsere Lippen sich berühren und die Regentropfen auf uns hinabfallen, muss ich immer wieder an sein Versprechen denken, daran, dass er mich liebt und dass ich ihn liebe. Und dass sich nie etwas zwischen uns stellen wird.