Chapter 14 | Der Brunnen im Hof
Der riesige Brunnen im Hof war das Erste, das mir auffiel. In dem Dorf, in dem Alec und ich vor einem Tag noch gelebt hatten, waren die Brunnen nicht mal halb so groß gewesen.
Ich ließ mich auf den Stein des Brunnenrandes nieder und schaute in das klare Wasser auf dem Grund. Es waren jetzt bereits mehrere Stunden vergangen, seitdem wir in Aro's Palast angekommen sind. Gestern Abend stand ich noch verzweifelt gefesselt auf der Feuerstädte. Nun war später Nachmittag und unser Leben hatte sich seit gestern rapide geändert.
Der Geschmack des Blutes klebte mir noch am Gaumen, lästig, wie Lehm der nach einer Wanderung an den Fußsohlen haftet. Ich schöpfte mit dem Eimer, der an einem langen Seil über dem Loch hängt, Wasser und wurde den Geschmack los. Endlich.
Nachdem ich das Blut getrunken hatte, meinte Aro, wir dürften uns die Stadt anschauen. Demitri und Felix würden uns im Auge behalten, doch wir dürfen überall hin. Außer die Stadt verlassen. Vorerst.
"Schwester", Alec setzte sich neben mich und schaute ebenfalls in die scheinbar unendlichen Tiefen des Brunnens.
"Alec!«, ich umarmte ihn kurz. »Geht es die wieder besser?" Er nickte.
"..Vermisst du eigentlich unser Dorf?", fragte ich und biss mir auf die Lippe. Unser Dorf lag kaum eine Stunde von Volterra, der nächsten Stadt entfernt. Manchmal kamen wir her, um Handel zu treiben. Doch auch hier hatte sich unser Status als Hexe schnell herumgesprochen und die Kunden blieben aus. Keiner wollte Obst und Gemüse von uns kaufen, geschweige denn die Kräuter, die wir mühevoll hinter unserem kleinen Lehmhaus gezogen hatten.
"Wir mussten jeden Tag um unser Überleben kämpfen und die Dorfbewohner hassen uns. Sie hielten uns für Hexen", er zögerte kurz "oder Kinder des Teufels."
"Das heißt nein?"
"Nein", sagte er ohne umschweife. "Außer vielleicht unser Beet hinter dem Haus und die bekannte Umgebung.. Aber das ist nichts im Vergleich zu dem, was wir hier haben!", er macht eine Handbewegung, die das ganze Gelände, den Brunnen und das Gebäude, umfasst.
Auf einmal erhellte ein Sonnenstrahl den Vorplatz. Die dichten, grauen Wolken, die schon den ganzen Tag über der Stadt hingen, hatten sich gelichtet. Die Sonne tauchte den Brunnen in gleißend helles Licht.
»Jane!«, rief Alec. In seiner Stimme schwangen Sorge und Überraschung.
Ich löste den Blick von dem Himmel und schaute zu ihm. Als ich ihn sah, konnte ich nicht anders, als ihn anstarren.
»Ich glaube, ich habe noch etwas herausgefunden, dass anders an uns ist«, sagte er leise und bewegte sich etwas, sodass seine Haut, die aussah, als sei sie über und über mit Diamanten besetzt, funkelte.
Wir betrachteten uns eine Weile, bis die Sonne wieder hinter einer Wolke verschwand. Augenblicklich verschwanden die Diamanten und unsere Haut wirkte wieder so blass wie den ganzen Tag schon. Schweigend hingen wir weiter unseren Gedanken nach.
"Das Blut", fragte er schließlich und wechselte das Thema, "war es für dich eine Überwindung, es zu trinken?"
"Es geht. Wenn man keine andere Wahl hat, außer zu verdursten, dann mache ich es. Es bringt einen ja nicht um. Was hältst du von Felix und Demetri?"
"Sind ganz in Ordnung. Man wird sich an ihre Anwesenheit gewöhnen."
Ich merkte, dass er keine Lust auf ein Gespräch hatte und schwieg. Dann stand ich auf, "lass uns gehen."
Er stand auf und half mir hoch, indem er meine Hand nahm.
"Zeig mir deine Kräfte", sagte ich, als wir die ersten Häuser, die den riesigen Platz umsäumen, erreichen.
"Okay", er lächelte. "Stell dich hier drüben hin."
Ich gehorchte und stellte mich an die Hauswand, auf die er zeigte.
Er streckte seine Arme aus und aus seinen Handflächen wirbeln schwarze Nebelschwaden.
Fasziniert schaute ich zu, wie die schwarzen Wolken die Gasse entlang schwebten. Ein Glück, dass ich an der Wand neben Alec stand. Alec bewegte die Hände, die Nebelschwaden bewegten sich mit.
"Was bezweckt das?", ich legte den Kopf schief und starrte auf die wolkenartigen Gebilde.
"Weiß ich nicht. Es sieht aber lustig aus.", er verzog seine Mundwinkel zu einem Grinsen.
Auf einmal hörte ich ein Geräusch, ein paar Meter entfernt hinter einer Hauswand.
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