Kapitel 28 - Gehen
Ich kniete auf allen Vieren auf dem Bett. Direkt an der Kante, sodass Harry auf dem Boden stehen konnte. Er hatte sich in meiner Hüfte nahezu festgekrallt und rammelte mich in die Matratze. Mir knickten in einer Tour die Arme weg, weil seine Bewegungen so ... Fordernd waren. Schließlich gab ich es auf und legte meinen Oberkörper ab. Harrys Arme schossen vor und er packte mit einer Hand meine beiden Handgelenke und presste sie über mir in die Matratze. Dafür musste er mich nun tatsächlich besteigen und so stand er auf der Matratze und stieß mehr oder minder von oben in mich. Ich keuchte und stöhnte. Der Sex mit Harry war so... Anders. Er war dabei fordernd und wie ausgehungert. Teilweise fast schon rücksichtslos. Aber auf die gute Weise. Die Weise, die mir ein gutes Gefühl gab. Ein Ex von mir hatte jedes Mal gefragt, vor einem Stellungswechsel. Harry packte mich einfach und bog mich so zurecht, wie er das gerade wollte. Es war einfach verdammt gut und für eine Sekunde hatte ich den Gedanken, dass, scheißegal ob er es mit einer langen blonden Frau trieb: die Nächte mit ihm, die gehörten mir und offenbar reichte ihm seine Tussi nicht, wenn er mich nebenbei noch so durchnehmen konnte und das fühlte sich gut an.
Als ich schließlich allein unter der Dusche stand, mischte sich das Wasser mit meinen Tränen. Wie tief war ich gesunken? Wieso ließ ich mir das gefallen? Wieso fühlte es sich so an, als müsste ich das so akzeptieren? Weil ich letztlich abhängig von ihm war? Nein. War ich nicht. Ich könnte sofort wieder arbeiten gehen, aber wir hatten das doch zusammen entschieden und... Ich liebte ihn doch. Und lieber hatte er nebenbei eine andere, als ich ihn gar nicht mehr...
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"Findest du, dass sie gut aussieht?"
"Och Lou... Was soll denn das?!"
"Was denn? Wenn du der halb in den Ausschnitt kletterst?", Fragte ich, als wir das erste Mal seit Ewigkeiten Sonntags spazieren gingen.
"Bin ich nicht. Ich hab da nicht einmal hingeguckt."
"Vermisst du es?"
"Was? Ausschnitte gucken?"
"Nein... Du weißt was ich meine..."
"Nein. Ehrlich gesagt weiß ich das nicht."
"Naja, weibliche Körper..."
"Was? Was ist das denn für eine komische Frage?"
"Naja ne Frau fühlt sich doch anders an als ein Mann, oder nicht?"
"Ja... Und?"
"Vermisst du es?
"Och Lou, frag nicht so komische Sachen. Na los, ab nach Hause."
"Aber du hast die doch angeguckt?"
"Soll ich mit Augen zu durch die Gegend laufen oder was?!"
"Das meinte ich nicht..."
"Was dann?!"
"Nichts .. schon gut..."
Harry verdrehte die Augen und ging weiter. Er sprach es nicht nochmal an... Und ich auch nicht.
Ein dreiviertel Jahr verhielt Harry sich komisch. Und dann sah ich es selbst. Ich kam vom Einkaufen und wollte noch in einem neuen Laden vorbei, der Kram verkaufte, den man eigentlich nicht brauchte, aber wenn man ihn sah gern haben wollte. Glückshormone to go. Ich kam sonst nie hier her. Es war ein schöner Sommertag und die Cafés waren gut besucht. Ein Brunnen plätscherte vor sich hin und ein paar Kinder spielten in dem Wasser herum. Fast schon zu idyllisch, um wahr zu sein. Und dann wurde es zu einem Alptraum. Ich sah zu dem Café und dort saß ein Paar. Er hatte seine Hand auf ihrem Rücken. Sie lächelte ihn an. Trug eine Sonnenbrille. Ich konnte ihr Gesicht nicht wirklich erkennen.
Der Mann drehte seinen Kopf zu ihr und mir stockte der Atem. Der Mann der dort saß... Das war mein Harry.
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Ich war nicht mehr in den Laden gegangen. Ich hatte bei Niall und Liam angerufen und denen mein Leid geklagt. Beide rieten mir dazu, das Ganze anzusprechen, wenn ich ein so schlechtes Gefühl hätte. Auch wenn das sicher unbegründet wäre. Schlechtes Gefühl? Ich fühlte gerade gar nichts. Mein Hirn war leer. Ich hatte es doch mit eigenen Augen gesehen. Auch wenn Harrys Ex wesentlich hübscher gewesen war als die Trulla im Café war es dennoch... Nicht mehr zu leugnen. Es ist was es ist. Und es wird sein, was ich daraus mache, dachte ich.
Also machte ich nichts. Ich kochte Essen auf sieben, was Harry sich dann zwei Stunden später aufwärmen würde und begrüßte ihn wie immer freundlich. Freundlich wie immer, aber nicht mehr glücklich.
Harry wollte in dieser Nacht Sex und das erste Mal wies ich ihn ab. Allein die Vorstellung, wie diese Hände diese Frau am Rücken berührt hatten, machte mich wahnsinnig. Ich wollte lieber nicht wissen, was seine Hände sonst noch so getan hatten. Mir wurde schlecht bei der Vorstellung, meinen Freund zu teilen, weil ich ihm letztlich eben doch nicht reichte. Weil er das hier im tiefen Inneren eben doch nur als Experiment betrachtete. Und irgendwann würde er sich etwa wünschen, was ich ihm so einfach nicht geben könnte: Kinder. Wie oft hatte ich das im Bekanntenkreis gehabt? Erst zehn Jahre mit einem oder mehreren Kerlen zusammen und dann plötzlich heiraten sie eine Frau und kriegen Kinder. Weil das eben dann doch das ist, was sie wollen oder meinen wollen zu müssen oder in welche Richtung sie ihre Meinung geändert bekommen haben.
Nun war ich mir ja ohnehin eher sicher keine eigenen Kinder zu wollen. Aber ich würde Harrys Kinder annehmen. Nur... Eine Frau in seinem Leben... Das könnte ich nicht ertragen. Aber genau damit sah ich mich nun konfrontiert.
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"Was ist los, Lou? Du kannst mir nicht einmal mehr in die Augen sehen?"
"Betrügst du mich?"
"Nein. Wie kommst du da immer drauf? Seit wann bist du so?"
"Wieso hast du deinen Handycode geändert?"
"Was?!"
"Ich..."
"Du spionierst mir nach?! Was soll das?!"
"Ich... Das war so nicht -"
"Was zum Teufel stimmt nicht mit dir?!"
"Ich meinte das nicht böse...Wie lange waren wir schon nicht mehr zusammen aus? Zu mir kommst du nur noch zum Essen, schlafen und ficken."
"Oh, deswegen willst du letzteres nicht mehr?! Ich arbeite, Louis! Arbeiten! Weißt du noch, was das ist?!"
"Ach??! Dann ist es wohl Arbeit mit Frauen in Cafés zu gehen?! Geh doch zu ihr! Hau doch ganz ab! Aber zerreiß mich nicht mehr! Du gehst zu dieser Frau und ich gehe arbeiten. Dann hast du, was du willst!"
"Was soll denn der Scheiß! Wieso sollte ich gehen?! Ich wohne hier!"
Ich starrte ihn nur an. Konnte nichts mehr sagen. Ich ging. Trug weder Schuhe noch Jacke. Sein Haus. Er hatte bezahlt. Wieso sollte er gehen?
Äh... Ja... Hier kommen jetzt nur noch zwei Kapitel und dann wenden wir uns Harry zu?
Bis dann.
Viele Grüße ^_^
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