Kapitel 13 - Selbstlos
Okay, was tat man da?
Ich fuhr gerade von der Arbeit aus wieder nach Hause. Das bloße Wort Beziehung war also zu viel, aber direkt einziehen war okay? Also entweder er oder ich, aber einer von uns war definitiv komisch. Ich hoffte sehr auf ihn.
Harry war gestern Abend fröhlich durch die Tür geschlüpft und hatte seinen Kram verteilt. Es gab nun Eierbecher in der Küche. Eierbecher! Bislang hatte ich ingesamt sieben Teller, neun Tassen und acht Gläser mein Eigen genannt und nun könnte ich problemlos zwölf Leute von zueinander passendem Geschirr in der Trendfarbe ecru füttern. Inklusive Eierbecher.
Und Duftkerzen! Harry hatte offensichtlich ein Faible für verdammt teure Duftkerzen. Okay, sie rochen gut, aber trotzdem...
Auf dem Sofa lag eine zweite Kuscheldecke und Laufschuhe zum Laufen standen im Schuhschrank. Ich besaß auch solche Schuhe, aber für mich war das wie eine Küchenrolle. Die rollte nicht durch die Küche und meine Laufschuhe gingen eben auch nicht laufen. Harrys schon. Also mit ihm drin. Nicht allein, aber trotzdem.
Mir wurde so richtig bewusst, wie wenig ich den Typen eigentlich kannte. Ich war noch nie bei ihm gewesen, hatte keine Ahnung, ob er eine größere Familie hatte oder solche Dinge. Ich wusste nichts. Nur mein Herz war eben Hals über Kopf verschossen.
"Hallo?", Fragte ich in die Wohnung, die plötzlich nicht mehr leer war und ich erwischte mich dabei, wie ich lächelte. Ich war nicht gut im Alleinsein. War ich nie gewesen. War es nur eben gewohnt.
"Hi. Ich habe Essen gekocht. Wie war dein Tag?", Fragte Harry fröhlich, kam in den verdammt ordentlichen Flur und küsste mich einmal, bevor er wieder in die Küche entschwand.
Äh... Meine Töpfe kannten sowas nicht. Die kannten den Schrank. Mehr nicht. Ich hatte nie groß mit ihnen gekocht. Aber sie schienen kooperativ zu sein.
"Äh... Ganz gut und danke und so, aber hast du immernoch Urlaub?"
"Nein, aber ich musste heute nur den halben Tag los. Ich habe meine Stunden im Kalender eingetragen. Und deinen Dienstplan auch."
"Wow."
Es standen wieder Blumen auf dem Tisch. Und Essen. Ein lecker aussehendes Essen. Es schmeckte sehr gut.
Für einen nicht Schwulen, der mich küsste und mit mir kuschelte und einfach eingezogen war, knutschte Harry nach wie vor sehr gern mit mir und kuschelte auch weiterhin sehr gern mit mir. Wir lagen Abends auf dem Sofa. Zusammen unter einer Kuscheldecke. Der Fernseher lief und ich hatte keine Ahnung, was da eigentlich lief. Es war aber auch nicht wichtig.
Ich war, sehr viel plötzlicher als erwartet, nicht mehr allein. Es gab da plötzlich wieder jemanden. Einen Jemand, den ich im Grunde kaum kannte und trotzdem genoss ich seine Anwesenheit über alle Maßen. Nicht, weil plötzlich die Wäsche gewaschen wurde, im Bad unaufdringliche Duftstäbchen standen und es warmes, gekochtes Essen gab. Sondern, weil... Weil Harry.
Irgendwie dachte ich, dass er genau so schnell verschwinden würde, wie er aufgetaucht war. Aber das passierte irgendwie nicht. Harry war da. Ich erwischte mich dabei, wie ich unsere Dienstpläne verglich, mit ihm meine Schichten absprach und teils tauschte, damit wir Zeit zusammen hatten.
Wir gingen zusammen Essen und taten Dinge, die Paare so taten. Außerhalb des Hauses war Harry das noch a komisch. Ich konnte es deutlich sehen, aber gut. Es war ja auch neu für ihn. Ich sollte nicht zu viel auf einmal erwarten. Andere hätten erst ein paar Dates und Sex und so gehabt. Harry war direkt eingezogen. Also konnte ich mich kaum über seine mangelnde Nähe beschweren.
Sex war ein Thema, was wir bisher absolut mieden. Ich holte mir teils auf dem Klo einen runter. Ich hatte eben eine tadellos funktionierende Libido. Applaus bitte. Generell hatte mein Körper auf Hüfthöhe für Harry wohl eine Art Balken oder so. Mein nackter Oberkörper war okay. Aber irgendwie hatte ich Angst, was passieren würde, wenn er eben mit meinem Arsch oder Penis konfrontiert werden würde.. vielleicht meinte er das mit, dass es egal war? Hoffentlich nicht...
Harry wohnte schon drei Wochen bei mir, als er noch arbeiten war und es klingelte.
Ich öffnete und staunte nicht schlecht. Harrys, ich hoffe einmal Ex-Freundin, stand davor.
"Hi... Ähm... Harry hat noch Sachen da gelassen und... Ich wollte sie vorbei bringen."
"Hi. Wow! Du bist aber nett.", Sprach ich genau das, was mir durch den Kopf schoss. Ich hätte auch verstanden, hätte sie den Kram in einen Schrädder gesteckt.
"Danke... Taylor bin ich übrigens."
"Hi. Louis..."
"Ja... Ich weiß... Ich denke er hat mir mehr von dir erzählt, als dir von mir..."
"Es tut mir Leid. Wirklich ..", stammelte ich. Okay. Wieso hatte ich jetzt ein schlechtes Gewissen und wollte sie gern mit Eis trösten. Hallo?!
Ich ließ sie rein. Sie war echt schwer bepackt. Was da wohl noch alles drin war? Hatte Harry vielleicht irgendso ne komische Sammlung? Wackelköpfe oder so vielleicht?
"Ähm... Also... Harry hatte seinen Inhalator da gelassen und... Er vergisst das oft.. Vielleicht kannst du ihn dran erinnern... Er sollte wenigstens alle drei Tage inhalieren und... Das hier ist die Post, um die er sich noch kümmern muss. Ich habe ab heute laufend einen Nachsendeantrag eingerichtet."
Okay. Scheiße war die süß. Ich fühlte mich, wie in einem verdrehten Märchen. Schneewittchen kam zur Hexe, war voll nett und bekam trotzdem Äpfel. Ich wäre in dem Szenario nicht Schneewittchen...
"Es tut mir Leid...", Flüsterte ich nochmal betreten. Ich war nicht gut in sowas. Ich wollte heulen, weil sie so... So eben war. Ich wollte auch so sein. Aber ehrlich: hätte Harry mit mir gemacht, was er mit ihr gemacht hatte, würde ich Mal sowas von Psycho werden...
"Naja, du... Er kann ja nichts dafür... Wenn er plötzlich..."
Oh nein. Nicht das wieder. Wie hatten diese beiden jeh ein Gespräch zu Stande gebracht, wenn sie nie einen Satz zu Ende sprachen und wesentliche Infos auch übersprangen? Gut, abgefahren weit ausgelegte Heterosexualität hatte vorher vermutlich einfach keine übergeordnete Rolle bei ihnen gespielt.
"Ähm.. ich wollte nur... Harry ist ein unglaublich lieber Mensch und ich wollte nur sagen, dass er... Er mag gern die roten Gummibärchen und die weißen nicht. Und Schokolade. Und ... Es fällt ihm oft schwer zu kuscheln... Er meint das nicht böse. Auch beim Schlafen nicht... Er braucht eben ein bisschen Platz um sich und er liebt diese fertigen Pudding. Er kauft sie aber nicht, weil er sonst meint, dass er ungesund lebt. Aber... Vielleicht kannst du die... Und..."
Ich nahm sie in den Arm. Okay. Komisch. Sie war echt ein Stück größer als ich? Und ich stand schon auf Zehenspitzen.
Man wollte die Ex hassen. Weil sie eben genau das war. Die Ex. Die, die vorher am Kuchen gewesen. Exen waren immer doof. Per Amt quasi.
Aber sie war nicht doof. Sie stand in meiner Wohnung, sprach so liebevoll über kleine Details von Harry und wollte sichergehen, dass ich sie kannte, damit es ihrem Ex bei mir gut ging.
Wie sollte man so einen Menschen hassen? Ich konnte es nicht. Taylor tat mir leid. Sie kannte diese Dinge von Harry. Sie sprach noch immer voller Liebe von ihm. Und dennoch war er bei mir. Ich betete, dass er das nicht zu leichtfertig aufgegeben hatte. Ich hoffte das für beide. Für uns drei? Keine Ahnung...
Aber... Nicht kuscheln? Kuscheln war Harrys zweiter Vorname. Und irgendwie machte mich das froh. Ich hatte vielleicht bisher nicht gewusst, welche Gummibärchen er gern mochte (waren die Dinger nicht einfach nur süß? Ich meine wirklich fruchtig, waren die ja nun nicht), aber er kuschelte immer mit mir. Im Stehen, Liegen und Sitzen. Und vielleicht war das alles, was ich wissen musste?
Na, was sagt ihr zur Ex oder generell zu den dreien? Ich würde so gern in eure Köpfe gucken und sehen, was ihr denkt... 😅
Bis Samstag.
Viele Grüße ^_^
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