
⚖️8
Zoey stolziert in den Gerichtssaal herein, als hätte Sie noch nie etwas anderes getan.
Kurz bevor sie ihren Platz einnimmt, schenkt sie Erik einen vernichtenden Blick und kurz darauf werden ihre Gesichtszüge butterweich, als sich unsere Blicke treffen.
Der Richter nimmt das fast schon amüsiert zur Kenntniss und startet auch bei ihr zu allererst mit dem Abgleich der Personalien.
"Fräulein Tanner, da sie mit dem Nebenkläger, Leonard Britz, eine Beziehung führen, müssen sie sich hier vor Gericht nicht äußern!"
"Ja, das ist mir bewusst, aber ich möchte gerne Aussagen!" Zoey grinst den Richter mit solch einer Unschuldsmiene an, das man nie glauben könnte, das sie jemals auch nur ein krummes Ding gedreht hat.
"Ich würde gerne mit der Befragung beginnen!" Herr Gneiting's Euphorie ist mir gleich suspekt und ich kann mir vorstellen, das er keine guten Absichten im Sinn hat.
Der Richter schaut zu dem Staatsanwalt, der kaum merklich die Augen verdreht, sich schnell wieder besinnt und dann zustimmend nickt.
Herr Gneiting steht wieder von seinem Platz auf und läuft auch vor Zoey's Nase nonstopp herum, vermutlich mit der Absicht, sie nervös zu machen.
Doch da ist er bei ihr heute an der falschen Adressse, das kann ich genau an ihrem Gesichtsausdruck ablesen.
"Fräulein Tanner. Wo hatten sie sich denn aufgehalten, bevor Herr Britz beschlossen hat, in aller herrgottsfrühe seine Mutter zu besuchen?" der Verteigiger meines Vaters, stolziert wie ein aufgeblasener Gockel vor meiner Freundin herum und wirkt ziemlich siegessicher.
Zoey kratzt sich leicht verlegen an ihrem Kopf:
"Naja, wir hatten in Leo's Geburtstag reingefeiert. Desshalb waren wir eben noch wach!"
"Wo haben Sie denn den Geburtstag gefeiert?"
"Ähm, tut das was zur Sache?" Zoey's kurze Unsicherheit stärkt Herrn Gneitig natürlich in seiner Überzeugung.
"Ja, eventuell schon! Denken Sie daran, das Sie verpflichtet sind, die Wahrheit zu sagen!"
Nach einem kleinen Seufzen, wählt sie eine ganz knappe Umschreibung unserer Party:
"Wir waren mit Freunden unterwegs!"
"Gab es dort Alkohol?"
"Ja, gab es. Allerdings habe ich nichts getrunken und Leo hat nur mit einer kleinen unbedeutenden Mischung angestoßen."
"Vielleicht sollte man ihren Vater mal auf ihr Alter hinweisen ... anscheinend hat der es nicht so genau mir seiner Aufsichtspflicht!" das ekelhafte Grinsen animiert mich schon fast zum kotzen.
"Lohnt sich nicht. Das ist genauso ein Arsch wie der da drüben, nur schlägt meiner nicht!" kaum ausgesprochen, legt sich Zoey die Hand vor dem Mund.
"Fräulein Tanner. Vielleicht könnten wir uns dem Umgangston des Gerichtssaal anpassen. Wäre das möglich?" man könnte meinen, das der linke Mundwinkel des Richter's gerade zwei Millimeter gezuckt hat.
"Natürlich. Verzeihung! Die Mentalität unserer Väter gleicht sich in der Impulsivität ihrer Wutausbrüche. Der Unterschied besteht darin, das mein Vater nicht auf körperliche Züchtigung zurückgreift, sondern lieber die psychische Ebene gekonnt angreift und zerstört. So, ich hoffe diese Ausdrucksweise war angemessener!"
Ich werfe einen kurzen Blick zu Tom, der lächelnd den Kopf schüttelt und sich mit der Hand durch sein Gesicht fährt.
Richter Janthost räuspert sich: "Doch, diese Ausdrucksweise hat mich wirklich angenehm überrascht und entspricht einem überaus angemessenen Umgangston. Vielen Dank. Bitte, die Verteidigung darf fortfahren!"
Ebenso wie die Staatsanwaltschaft, schmunzelt jetzt auch der Richter leicht.
"Fräulein Tanner. Kann es sein, das Sie und Ihr Freund stark alkoholisiert waren und Herrn Britz verspottet und bis aufs Blut provoziert haben, so das er gezwungen war, sich so zu verhalten?"
Mein Anwalt mischt sich sofort ein:
"Einspruch! Laut Krankenhausbericht konnte in Leonard's Blut nur eine sehr geringe Menge an Alkohol nachgewiesen werden. Ausserdem konnten Polizei und das Rettungspersonal die volle Zurechnungsfähigleit von Fräulein Tanner bestätigen. Desweiteren würde ich gerne an ihre Aussage anknüpfen, Herr Richter, das jegliche körperliche Bestrafung in keinerlei Hinsicht gerechtfertigt ist!"
Der Richter verengt die Augen und und wendet sich Herrn Gneiting zu:
"Stattgegeben! Herr Verteidiger, hätten Sie noch weitere Punkte die Sie gerne durchgehen möchten oder wäre das dann alles?"
"Das wäre dann alles, danke!" die unvorbereitete Art der Herrn Gneiting wundert mich dann doch ein bisschen.
Ich dachte immer, das mein Vater den Besten Anwalt den er finden kann, an seiner Seite haben wird.
Vielleicht spielt hier aber auch Karma eine große Rolle.
"Okay. Fräulein Tanner, würden Sie dann bitte den angesprochenen Tag, oder besser gesagt Morgen, aus Ihrer Sicht schildern!" der Richter schaut Zoey erwartungsvoll an und als diese ganz brav nickt, umspielt ein sanftes Lächeln seine Lippen.
Zoey erzählt im Prinzip genau das selbe wie ich. Nur kann sie eben das Eintreffen der Polizei, der Männer und des Rettungsteam's detailgetreu wiedergeben, was ich nicht konnte.
Erik wird währenddessen, mit jedem Wort das aus dem Mund meiner Freundin kommt, immer wütender.
An seinem Blick und seiner Haltung sehe ich ihm schon an, das er irgendetwas im Schilde führt.
Vor lauter Panik, das er sich ziemlich bald ungehalten auf Zoey stürzt, suche ich den Blickkontakt zu Tom.
Als dieser zum Glück ziemlich schnell hergestellt ist, bemerkt Herr Mayer an meinen Blicken zu Erik und meiner ebenfalls nervösen Art sofort, was ich ihm gerne mitteilen möchte.
Nachdem er Phil und Alex etwas zugeflüstert hat, nicken ihm beide zu, worauf er sich ganz an den Anfang der Bankreihe setzt, um im Notfall gleich reagieren zu können.
Natürlich stehen direkt hinter Erik zwei Polizisten, aber die schauen sich schon die ganze Zeit so gelangweilt in der Gegend um, so das ich vermute, das sie viel zu langsam reagieren würden.
Ich muss wirklich sagen das Zoey ein außerordentliches Talent hat, die Geschichte so zu erzählen, das man sich fühlt, als wäre man mittendrin.
Alle Augen sind stur auf meine Freundin gerichtet, während Erik's Gesicht in Rekordgeschwindigkeit knallrot anläuft.
Als mein Vater, scheinbar unbemerkt, die Manschettenknöpfe öffnet, um seinen Handgelenken etwas mehr Spielraum zu bieten, schrillen bei mir alle Alarmglocken.
Ich werde immer zappeliger und mache mich schon für einen Sprint mit anschließendem Hechtsprung bereit, da alles schnell gehen muss, wenn Erik seinen Zorn auslebt.
Und genau dann, als Zoey frägt, welcher normaler Vater soetwas seinem Kind antun würde, ist der Armargeddon-Knopf gedrückt.
Im selben Moment wie Erik, springe ich von meinem Stuhl auf, so das er nach hinten kippt und geräuschvoll auf dem Boden aufprallt.
Da ich mir jeden Umweg sparen möchte, klettere ich gleich über den Tisch und renne Erik entgegen.
Kurz bevor er Zoey erreicht springe ich einfach auf ihn zu und reiße ihn mit mir zu Boden.
"Du kleiner dreckiger Mistkerl, ich werde dir jetzt eine Lektion erteilen die du niemals in deinem Leben vergisst!" Erik lässt zuerst seine Faust auf meiner Wange eintreffen, bevor er seine Hände um meinen Hals legt und so fest zudrückt, wie er nur kann.
"Lassen Sie sofort den Jungen los!" einer der Polizisten schreit auf Erik ein, doch dieser denkt gar nicht daran mit seinem Vorhaben aufzuhören.
Kurz darauf zerren aber auch schon mehrere Leute an Erik herum und schaffen es noch rechtzeitig, ihn von mir zu lösen.
Ich bleibe einfach regungslos auf dem Boden liegen und schließe meine Augen.
Mein Herz schlägt in einem schmerzvollem Takt und droht mir fast aus meiner Brust zu springen.
Das war das letzte Mal....
Völlig unerwartet ziehen zwei starke Arme meinen Oberkörper in die Höhe, so das ich kurz darauf auf dem Boden sitze.
"Leo! Bist du in Ordung? Sag bitte etwas!" Tom rüttelt panisch an mir und seine Tonlage kratzt schon an der Grenze zur puren Verzweiflung.
"Alles gut!" meine Stimme ist etwas heißer, jedoch habe ich schon wesentlich schlimmeres mitgemacht, darum bin ich nicht ganz so schockiert, wie der Rest im Raum.
"Braucht der Junge einen Arzt, Mayer?" schreit der Richter über die ganzen aufgeregten Stimmen hinweg.
Noch bevor Tom antworten kann, kommt auch schon Alex mit Phil angerannt:
"Schon vor Ort!"
Phil widmet sich Zoey, der es zum Glück gut zu gehen scheint, währenddessen Alex meinen Hals in Augenschein nimmt:
"Bekommst du genug Luft?"
"Ja, Alex. Halb so wild!" ich winke ihm ab und lasse mich ganz in Tom's Umarmung fallen, da ich mir ganz sicher bin, das ich es jetzt endlich geschafft habe.
Nach fünfzehn Minuten der Besinnung und einen in Ketten gelegten Erik, fährt der Richter mit der Verhandlung fort:
"Leonard, Sie haben eine erstaunliche Reaktion ans Tageslicht gelegt. Alle Achtung!"
"Mit den Jahren kann man die Körpersprache seines Feind lesen und desshalb wusste ich schon, was er vor hat. Ich war mir nur nicht im klaren, ob er es wirklich durchzieht!" meine Stimme steht kurz vor dem Versagen, wesshalb ich von Alex und Phil kritisch beäugt werde.
"Vielen Dank für diese schnelle Reaktion, Leonard!" der Richter wirft den beiden Polizisten einen vielsagenden Blick zu und wendet sich dann wieder der Allgemeinheit zu:
"Hiermit stoppe ich die Zeugenbefragung. Ich schätze wir haben alle genug gehört und vor allem gesehen! Wir werden uns nun zur Beratung zurückziehen und in zwanzig Minuten das Urteil verkünden!" Janthost und sein Gefolge verlassen den Gerichtssaal, worauf Zoey, die Männer und ich, ebenfalls nach draußen in den Flur gehen.
Zoey fällt mir im Flur sofort um den Hals:
"Du hast mich schon wieder gerettet!"
"Jederzeit wieder, Babe!" ich drücke meiner Freundin einen kleinen Kuss auf die Lippen, den sie sofort erwiedert.
Die restliche Zeit werde ich nonstopp von der Ärztefraktion gelöchert, ob es mir auch tatsächlich gut geht.
Trotz der Schmerzen im Hals und auf der Wange, fühle ich mich unbeschreiblich gut.
Die Tatsache, das Erik sich sein eigenes Grab geschaufelt hat, ist für mich die größte Genugtuung und eines der größten Glücksgefühle, die mich jemals durchströmt haben.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro