Kapitel 24 - Keine Barrieren
Sasukes Lippen waren weich und fordernd, als sie auf meine trafen. Er lehnte sich so weit nach vorne, immer auf der Suche nach meiner Nähe, dass ich fast einen Schritt hatte rückwärts machen müssen. Doch bevor ich auch nur begriffen hatte, dass ich fallen könnte, hatte er schon seine Hand um meine Taille gelegt und zog mich zwischen seine Beine.
Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich tun sollte. Das Tablet presste sich zwischen unsere Oberkörper und mein Kopf wer so leer, dass ich es fast fallen ließ.
Im zweiten Moment fühlte sich dieser Kuss so richtig und vertraut an, dass ich meine Lippen gegen seine bewegte und mich fallen ließ.
Er küsste mich, hielt mich fest, raubte mir jede Luft zum Atmen und trotzdem wollte ich mich nicht von ihm trennen. All die Wochen, die Streitigkeiten und Auseinandersetzungen waren auf genau diesen Moment hinausgelaufen und es war ein Spektakel.
Seine eine Hand strich meinen Rücken auf und ab, mit der anderen umfasste Sasuke meinen Kopf, um mich näher zu ihm zu ziehen. Ich legte meine freie Hand auf seine Schulter und krallte mich immer tiefer in sein Hemd, je länger der Kuss anhielt.
Irgendwann trennten wir uns von einander, nach Luft schnappend, völlig benebelt von dem unglaublichen Gefühl, dass durch meinen ganzen Körper fuhr. Seine Stirn lag an meiner, ich hatte die Augen noch geschlossen, konnte immer noch nicht denken oder reden oder mich daran erinnern, wo ich mich überhaupt befand. Mein einziger Gedanke schwebte um Sasukes Lippen, die ich so lange nicht mehr gespürt hatte, sie vermisst und gebraucht hatte, ohne es zu wissen.
Dann prasselte die Realität wieder auf mich ein, als hinter dem Vorgang ein Notfall angemeldet wurde und ich öffnete meine Augen wieder. Erst in diesem Moment traf mich das volle Ausmaß von dem, was ich gerade getan hatte.
Ich hatte mit Sasuke Uchiha herumgeknutsch. In der Notaufnahme. Im Krankenhaus.
Sasukes Blick lag auf meinen schockierten Blick, während mein Gehirn wieder seine Funktion aufnahm.
Ich war so überrumpelt, dass ich mit aufgerissenen Augen vor mich her stammelte. "Ich- Also... Was- Ich hab noch gar nicht nach... Geht es den anderen gut?"
Sichtlich amüsiert von meiner Sprachlosigkeit wanderte Sasukes linker Mundwinkel in die Höhe. Seine Hände waren noch immer auf meinem Rücken, das Tablet als einzige Barriere zwischen unseren Körpern. "Welchen anderen?", fragte er grinsend.
"Naja... die...", ich suchte noch immer nach Worten, doch dann kam mir ein unangenehmer Gedanke. "Du warst doch nicht etwa allein dort, oder?"
Sasuke seufzte und ließ seinen Blick über mein ganzes Gesicht wandern, blieb kurz an meinen Lippen hängen, die ich daraufhin aus Reflex befeuchtete, was ihn noch größer Grinsen ließ, und sahen schließlich wieder in meine Augen. "Ich mag ja wahnsinnig, dumm und vollkommen idiotisch sein, aber lebensmüde ganz sicher nicht. Mein Fahrer wartet unverletzt im Auto und um die 'anderen' brauchst du dir keine Sorgen zu machen."
"Hör auf so blöd zu grinsen.", forderte ich, doch er schnaubte nur und streichelte sanft über meinen Rücken. Auf meinem gesamten Körper bildete sich eine dicke Schicht Gänsehaut und ich schluckte.
"Ich grinse nicht.", erwiderte Sasuke schmunzelnd. "Ich grinse nie. Ich bin Sasuke Uchiha."
Mir blieb die Luft weg, meine Beine zitterten wie Grashalme im Wind und beinahe hätte ich nachgegeben und meinen Kopf nach vorn gebeugt. Nur ein bisschen, ein winziges bisschen, um den Abstand zwischen unseren Lippen wieder zu schließen und seine Wärme in mir aufzunehmen.
Schließlich räusperte ich mich jedoch und nutzte meine Hände, die schon die ganze Zeit zwischen unseren Körpern gelegten hatten, und stieß ihn leicht von mir.
Ich wusste schon gar nicht mehr, warum ich überhaupt in die Notaufnahme gerufen worden war, oder warum Sasuke hier war, doch die roten Flecken auf seinem Hemd erinnerten mich wieder an seine Wunde. Sobald ich hier raus war, würde ich wohl irgendwen hier reinschicken müssen, der sich seiner annehmen musste.
Ich schüttelte meine Kopf leicht und griff hinter mich, um den Vorhang aufzuziehen. "Ich muss los. Meine Patienten warten. Wir sehen uns auf der Hochzeit."
Sasukes Blick verließ mich die ganze Zeit nicht, sein selbstgefälliges Lächeln auch nicht. Ich verfluchte mich dafür, dass ich ihm diese Genugtuung gab, doch solange ich seine dunkeln Augen noch sah war meine Kopf nicht klar genug, um auch nur einen Gedanken zu Ende zu denken.
Fünf Minuten später fand ich Ino im Bereitschaftsraum und schmiss mich quasi auf den Stuhl neben ihr. "Er hat mich geküsst." Ich ließ meinen Kopf ungehalten auf die Tischplatte knallen und ließ ihn dort liegen.
"Nicht. Wahr. Wann?", sagte Ino und ließ ihre Gabel in den Salat fallen, den sie bis gerade noch nichtsahnend gegessen hatte. Sie musste nicht mal fragen, von wem ich redete.
"Vor", ich drehte den Kopf, sodass ich sie und die Uhr an der Wand hinter ihr sehen konnte, "etwa fünf Minuten."
Ino blinzelte perplex und sah hinter sich auf die Tür. "Er ist hier? Im Krankenhaus?"
"In der NA.", antwortete ich und schloss die Augen. Die Erinnerung an unser Gespräch quälte mich wie ein Nierenstein. "Er hat eine Schnittwunde am Unterarm, die er von dem einen... Typen hat, weil er dachte, mir wäre etwas zugestoßen."
Ino rang nach Worten, doch ihr Gehirn kam anscheinend nicht schnell genug mit. "Er hat dich geküsst?!"
Stöhnend ließ ich mich tief in den Stuhl sinken und rieb mir über das Gesicht. In meinem Kopf herrschte ein solches Chaos, dass ich dachte, er würde jeden Moment explodieren. "Ich glaube, ich brauche einen Beutel Kochsalzlösung."
"Was hast du gesagt? Wie- warum bist du hier?"
"Weil ich abgehauen bin."
"Oh, Sakura.", tadelte Ino mich und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Was hätte ich denn machen sollen?", gab ich zurück. "Letztes Mal ist es ziemlich schief gegangen, falls du dich erinnerst."
Ino seufzte und versank in ihren Erinnerungen an unser letztes Schuljahr im Internat. "Das stimmt. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ihr beide jetzt fast zehn Jahre älter seid und er... damit aufgehört hat."
"'Damit' hört man nicht einfach auf, Ino. Wie kann ich mich jemals wieder sicher fühlen, wenn er sich nur Sorgen um mich macht, weil er mich selbst in Gefahr bringt? Die Typen sind auch immer noch nicht aufgetaucht. Es hängen zwei dicke rote Zielscheiben an unseren Köpfen." Meine Frustration erreichte einen neuen Höhepunkt, als mir erst selbst bewusst wurde, wie das klang. Ich sollte im Zeugenschutzprogramm stecken, nicht in diesem ungesicherten Krankenhaus.
"Dann müssen wir unbedingt aus dem Land fliehen und untertauchen." Auch Ino ließ sich nach hinten fallen und versuchte ein Lächeln zu unterdrücken.
"Ich meine es ernst. Er bedeutet nichts als Ärger!", gab ich genervt zurück.
Schlussendlich kam das Grinsen doch durch und Ino drehte sich entschuldigend von mir weg. "Tut mir leid, aber ich... ich fasse es einfach nicht. Was willst du jetzt machen?"
"Vielleicht sollte ich wirklich irgendwo nochmal neu anfangen. Am besten auf einem anderen Kontinent."
"Und was machst du wegen Sasuke und eurer... Situation?" Sie hob anzüglich eine Augenbraue.
Ich sah sie entgeistert über ihre Schadenfreude an und verschränkte selbst die Arme vor der Brust. "Mich verstecken und abwarten bis er weg ist."
"Oh, wie überaus erwachsen, Dr Haruno.", sagte Ino, doch dann blinkte ihr Handy auf und sie ging sofort um den Tisch herum. "Soll ich für dich in der NA vorbeischauen und gucken, ob die Luft rein ist?"
Ihr Lachen kochte mich dann doch weich und meine Lippen verzogen sich zu einem heimlichen Lächeln. "Jaja, mach dich nur lustig. Ich würde dich gerne mal in meiner Situation erleben."
Ino hieb grinsend die rechte Hand und ihr Ehering funkelte im Sonnenlicht. "Kein Interesse. Ich bin glücklich verheiratet."
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