PART 02
Wir mussten erst gar nicht klopfen, denn Onkel Justus stand schon auf der Türschwelle, als hätte er schon stundenlang dort gewartet. Dad zog vor mir meinen Koffer und trat auf die Veranda vom Haus.
Beide sahen sich kurz schweigend an eh sie sich lachend umarmten. Onkel Justus war ein schlaksiger Mann, der aber ziemlich geschickt im Kochen war. So konnte Dad immer etwas lernen, wenn wir hier waren. Dad konnte nicht einmal Nudeln kochen, das hatte immer Mum für ihn übernommen. Ich denke, er wird es nie lernen.
„Ach Maisie", rief er glücklich und streckte seine langen Arme aus in die ich mich dann warf. Früher war ich jeden Sommer mindestens zwei Wochen bei Onkel Justus gewesen. Aber das war, bevor meine Mum gestorben war.
„Ich würde jetzt gerne sowas sagen wie: Man bist du gewachsen", schmunzelte er, „Aber das bist du kein Stück" Gespielt beleidigt streckte ich ihm meine Zunge raus. Er lachte.
Während Dad und mein Onkel in den Keller gingen um einen Kasten kühles Bier hochzuholen stellte ich den Koffer in den Flur und schlenderte ins Wohnzimmer, wo Sally saß. Zu meiner Überraschung hatte sie ein Buch in der Hand.
„Hay Sally", begrüßte ich sie so plötzlich, dass sie zusammenschreckte und das Buch fallen ließ. Sie sah kurz irritiert aus, bis sie mich entdeckte. Sofort schnellte mein Blick auf ihre blonden Haare, die jetzt nur noch bis auf ihre Schulter gingen.
„Oh Mai, wo kommst du denn auf einmal her?", fragte sie, kam auf mich zu und drückte mich fest an sich.
„Onkel Justus hat mal wieder Männerprobleme", kicherte ich leise und Sally verdrehte die Augen. Doch ich konnte sehen, wie ihre Augen amüsiert aufblitzten.
„Natürlich. Ich freue mich dich wiederzusehen", grinste sie und drückte mich gleich nochmal an sich.
„Sally wo kann ich denn meinen Koffer hinbringen? Dad hat gemeint ich bleibe für ein paar Tage oder so hier" fragte ich sie, nachdem wir ein paar Sachen ausgetauscht haben.
„Aha, schön das ich, das als letzte erfahre. Nun ja du könntest in Nanas altes Schlafzimmer, wenn es dir nichts ausmacht?", antwortete sie und packte ihr Buch in ein Regal.
Nana war schon seit guten fünf Jahren Tod und seitdem war das Zimmer immer für Gäste gewesen. Nur musste ich nie darin schlafen, da es noch ein anderes Zimmer gab. Aber das war jetzt anscheinend schon vergeben.
„Wieso nicht", sagte ich und zuckte mit den Schultern. Sally sagte noch, dass sie jetzt den Tisch deckte und ich meine Sachen schon mal hochbringen konnte.
Mit sehr viel Mühe schaffte ich es den Koffer Stufe für Stufe die Treppe hochzuziehen, natürlich extrem vorsichtig. Als ich das Zimmer betrat, spürte ich eine gewisse Abwesenheit. Nana hatte hier immer gelegen und mir vorgelesen. Ha, das waren noch Zeiten.
In dem Zimmer stand das große Bett, ein großer Schrank, ein Tisch, ein Stuhl und eine Vase mit einer verblühten Rose. Wie lange war denn hier keiner mehr drinne? Zuerst öffnete ich das Fenster und ließ frische Luft hinein. Dann begann ich mit auspacken und stellte die Bücher und DVDs in das staubige Regal, das ich vorher noch mit einem Nassen Lappen abwischte.
Langsam bekam das Zimmer wieder Leben und Farbe. Zufrieden stemmte ich meine beiden Arme an die Hüfte und betrachtete mein Werk.
Plötzlich rumpelte es neben an, was mich hellhörig werden ließ. Es konnte niemand anders sein, als der Pflegejunge. Denn das Zimmer nebenan war genau das, worin ich eigentlich immer geschlafen hatte. Ich blieb einen kurzen Augenblick noch ruhig stehen, damit ich vielleicht irgendein darauffolgendes Geräusch hörte. Doch es blieb still.
Beim Abendbrot erzählte Onkel Justus mir ein paar lustige Geschichten von früher, die ich natürlich schon in und auswendig kannte. Das machte er immer, wenn er ein bisschen zu viel Alkohol intus hatte. Und es war meistens Dad, dem die peinlichen Sachen früher passiert sind. Trotzdem war es immer noch lustig, wie mein Onkel sich in die Erzählung rein steigern konnte.
„Und schmeckt es?", fragte Sally und ich nickte hastig. Sie hatte für mich extra Schokoladensuppe gemacht, die ich so sehr liebte. Fröhlich löffelte ich weiter bis Onkel Justus sich leicht zu Sally herüberbeugte und fragte: „Wo ist eigentlich der Junge?"
Sally warf Onkel Justus einen vielsagenden Blick zu, der für mich aber leider nicht viel aussagte. Haha echt toll. Naja jedenfalls stand mein Onkel auf und starrte nach oben an die Decke.
„Harry, komm runter wir haben Besuch!", brüllte er plötzlich und wir bekamen fast einen Herzinfarkt. Mein Kopf ratterte, denn irgendwie hatte ich das Gefühl diesen Namen schon mal gehört zu haben. Und wenn schon. Die Wahrscheinlichkeit, dass es genau der Harry war, denn ich dachte zu kennen, war sehr gering.
Es blieb wieder still oben.
„Lass ihn doch Justus, ich werde nachher mal nach ihm gucken", besänftigte Sally ihn ein wenig.
„Hast vermutlich recht", nuschelte er und aß weiter.
Nach dem Essen half ich Sally beim Abwaschen während Dad und Onkel Justus sich irgendein Fußballspiel im Fernseher anschauten und dabei Bier tranken.
„Und wie ist er so?", fragte ich nach einer Weile und reichte Sally einen Teller, den sie abtrocknete.
„Meinst du Harry?"
Ich nickte.
„Ich denke mir, er ist eigentlich ein sehr lieber Junge, doch er ist ... nun ja wie soll ich das sagen ... halt nicht richtig anwesend. Vor ein paar Monaten ist seine Mutter die er, wie mir erzählt wurden ist, über alles liebte bei einem sehr tragischen Unfall ums Leben gekommen" Sie redete leise und ein wenig angespannt.
„Seitdem hat er sich halt sehr verändert und spricht kaum noch, um ehrlich zu sein habe ich ihn schon seit Wochen kein einziges Wort mehr sagen hören. Nur wenn er träumt, spricht er!", erzählte sie weiter. Wow. Das hörte sich alles ziemlich traurig an. Ich wusste, dass Sally sich schon vor Jahren Kinder gewünscht hatte, das hatte leider aber nie geklappt. Erst vor einem guten Jahr hatte man festgestellt, dass sie keine Kinder bekommen konnte. Ich weiß noch als Dad mir davon erzählt hatte. Er sagte, er hatte die beiden noch nie so traurig gesehen.
„Wenn du willst, kannst du ihm ein wenig Schockladensuppe hochbringen und dich gleich vorstellen?", fragte sie. Ich konnte in ihrem Blick sehen, dass sie sehr enttäuscht wäre, wenn ich es nicht tun würde. Also nickte ich.
Es war Zeit diesen Harry kennenzulernen!
-
HARRY WIR KOMMEN :D
Ich hoffe man merkt das Maisie wirklich sehr besonders ist, was ihren Charakter angeht. Sehr selbstbewusst, aber auch viel allein.
Mich würde mal interessieren: Habt ihr Geschwister? Und wenn ja, wie viele? Findet ihr es gut Geschwister zu haben oder wünscht ihr euch welche.
Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn ihr fleißig votet und kommentiert. Vielleicht, aber nur vielleicht, kommt dann heute NOCH ein UPDATE :D ... <3
- N
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro