03
☾𖤓.𖥔 ݁ ˖☾𖤓
ᴊᴀɴɢ ᴅᴀᴇsʜɪᴍ | ,,Hier, probier die Trauben, mein Junge.", grinst die ältere Dame mir gegenüber und drückt mir zwei der roten Kugel in die Hand, bevor ich etwas sagen kann. Nur flüchtig werfe ich dem Mann, dessen krampfhaft starker Griff an meiner Taille zu schmerzen beginnt, einen Blick zu und ziehe die Maske von meinem Gesicht, als ich nach unten blicke. Die Trauben Knacken zwischen meinen Zähnen und eine angenehme Süße breitet sich in meinem Mund aus. Ich nicke leicht. ,,Die sind wirklich sehr lecker." - ,,Dann nehmen wir noch eine Schale.", fügt Eunwoo sofort zu unseren restlichen Einkauf an diesem Stand hinzu und lässt die Frau zufrieden lächeln. ,,Vielen Dank!", lächelt sie und nimmt mit leicht zittriger Hand das Geld entgegen. Am liebsten hätte ich ihren gesamten Stand leer gekauft, nur um ihr eine Freude zu bereiten. Vorerst aber müssen wir uns mit der Papiertüte zufrieden geben, die sie uns übergibt. Eunwoo drückt sie mir in die Hände, lächelt weder mich noch die Dame an und greift kommentarlos nach einem der roten Äpfel. ,,Das kannst du doch nicht-" ,,Nein nein keine Sorge.", kichert mein Gegenüber und sieht dann mit beinahe funkelnden Augen zu Eunwoo herüber. Sie nickt ihm zu, sachte und zart. ,,Kommst du wieder öfter her?" - ,,Bestimmt.", brummt mein Nebenmann und scheint mit einem mal einen beinahe sanften Unterton in der Stimme zu haben. Die alte Dame greift über den Tisch hinweg nach Eunwoos Hand und drückt sie kurz, ehe sie sich zu ihrem Mann dreht und sich um dessen Kunden kümmert.
Was?
Nachdenklich schweifen meine Augen über das vor uns aufgebaute Obst und zweifle einen Moment daran, tatsächlich richtig gehört zu haben. Weil er immerzu schrecklich gemein zu mir ist, habe ich nicht damit gerechnet, dass er auch anders kann. Andererseits wäre er ein Unmensch, wenn er selbst zu solch einer lieben und netten, alten Dame unfreundlich wäre. Er wäre ein noch schlimmster Mensch, als ich gedacht hätte. Und doch verwundert es mich, dass die Frau ihn augenscheinlich kennt - sich sogar für ihn zu interessieren scheint. Kommst du wieder öfter her? Wieder? Öfter? Nicht, dass es mir nicht gefallen hätte, wenn er öfter mal weggewesen wäre, Tatsache ist aber, dass er zumindest die letzte Zeit immerzu in der Nähe von meiner Familie und mir war. Mehrere Tage war er schon lange nicht mehr weg und für einen Tag hier her zu kommen scheint wie eine reinste Zeitverschwendung.
-Aber wer weiß, wie lange sie sich schon kennen...
,,Los jetzt!", zischt Eunwoo und zieht mich zum nächsten Stand, an dem wir viel zu gut aussehendes Kimchi kaufen und gleich darauf weiter in ein naheliegendes Café laufen. ,,Was machen wir hier?" ,,Was trinken.", murrt er augenverdrehend und drückt mich nach vorne an den Counter. Seine Hand liegt schwer in meinem Nacken und unsicher lasse ich meine Augen über das an der Wand angeschlagene Menü gleiten. ,,Mir ist gar nicht nach Kaffee-" ,,Heyy, braucht ihr noch einen Moment oder wollt ihr schon bestellen?" Sich gerade die Schürze bindet kommt ein mittelalter Mann auf uns zu, rückt die schwarze Brille auf seiner Nase zurecht und lächelt uns über den Tresen hinweg an, während er einmal auf das Tablet vor seiner Nase tippt. ,,Habt ihr Matcha Bubble Tea?" ,,Klar.", nickt er, tippt erneut. ,,Bubble Tea?", wispere ich mir selbst fragend zu und sehe erneut über das gesamte Menü. Kein Bubble Tea?! ,,Welche Größe? Groß, Mittel, Klein?" ,,Mittel und mit Sojamilch.", erklärt der Mann, schiebt schwer seufzend eine kleine Karte vor meine Nase und kneift etwas stärker zu. Ich stoße meinen Ellbogen reflexartig gegen seinen Körper und trete einen kleinen Schritt zur Seite. Soll er mich doch endlich mal in Ruhe lassen! Ich erschließe mir schnell das Angebot an Bubble Tea und erhebe meine Stimme so zeitig ich kann. ,,Ich nehme den mit Erdbeermilch. Mit Sojamilch wenn es geht, sonst auch Kuhmilch.", lasse ich den Mann wissen, der mir nun nickend entgegen lächelt. ,,Größe?" ,,Auch Mittel." - ,,Und zwei Zimtschnecken.", hängt nun Eunwoo erneut an und zückt eine Kreditkarte, die ich binnen Sekunden als die meine identifizieren kann. Meine Augen weiten sich geschockt - und Eunwoo selbst grinst mir wieder man nur entgegen. Ich schlucke meine Wut herunter, denn ich möchte hier drinnen keine Szene machen...
,,Das werde ich von Ihrem Gehalt abziehen lassen!", rufe ich sauer, nun mit einer weiteren Tüte bepackt und stapfe dem anderen über den kaum besuchten Parkplatz hinterher. ,,Jaja." ,,Wie können Sie es wagen, einfach an meinen Geldbeutel zu gehen und sich zu bedienen?!", schüttle ich den Kopf. Das wäre ein wunderbarer Grund, um ihn kündigen zu lassen! Doch Eunwoo ist alles andere als interessiert. In aller Seelenruhe öffnet er das Auto und dessen Kofferraum, lässt mich die Tüten abstellen und nimmt lediglich die Getränke mit nach vorne. Ich stapfe auf den Beifahrersitz, ziehe den Mundschutz ab und schnelle mich an. Er dagegen ist damit beschäftigt, zwei großzügige Schlucke zu sich zu nehmen, beißt anschließend auf den Tapioka-Perlen herum und dreht erst dabei seinen Kopf zu mir. Seine Augen sind leicht zusammengekniffen, seine Augenbrauen zusammengezogen und seine Lippen aufeinander gepresst. Er sieht wie so oft leicht angespannt aus - und doch rechne ich kaum damit, dass seine Hand mit einem Mal in die Höhe schießt. Der Becher findet schnell Platz in dem dafür vorgesehen Schaft und so kann sich seine kalte Hand ohne Probleme nach mir ausstrecken. Erschrocken weiche ich zurück, will meine Stimme erheben und muss dich feststellen, dass genau diese versagt. Kein Wort verlässt meinen Mund, als ich mit weit aufgerissenen Augen in das Gesicht des Mannes sehe, dessen Hand erstaunlich stark meinen Hals umklammert. Seine Hand drückt mich nach hinten in den Sitz und doch schnürt er mir die Luft zum Atmen nicht vollkommen ab. Mein Herz stockt, schlägt gleichzeitig viel zu schnell und ich gebe mir alle Mühe nicht in Panik zu verfallen. Lass mich los! Mir schießen Tränen in die Augen und zittrig erhebe ich eine Hand. Bitte! Ich kann sie nicht mal um seine Handgelenk schließen, da löst er seinen Griff sich ruckartig, dass ich nach vorne falle. Brummend schlägt er gegen die Kappe, stößt dann gegen meine Schulter und lässt mich gegen die geschlossene Tür knallen. ,,Du bist so dramatisch.", murmelt er, als hätte er mich nicht gerade so angegangen! Mich gewürgt...
Eine Träne rollt über meine Wange, als ich zusammengekauert meinen Kopf gegen das Fenster lehne und meine Schultern zusammenziehe.
Ich will, dass er verschwindet.
Ich springe aus den Auto, sobald ich kann. Ich helfe weder dabei einzukaufen, noch stelle ich die Tüten in das Apartment, die vor der Tür warten, als ich aus dem Aufzug sprinte - ohne Eunwoo, denn ich bin so schnell es geht noch vor ihm aus der Garage und in den Aufzug. Im den Tüten wird der restliche bereits getätigte Einkauf sein, doch dafür interessiere ich mich kaum. Ich verschließe mich stattdessen beinahe augenblicklich wieder in dem Büro, setze mir diesmal Kopfhörer auf und ziehe mich auf dem Sofa zurück. Die Beine an meinen Oberkörper heranziehend und mit meinen Armen fixierend, lege ich meinen Kopf auf meine Knie ab und schließe einen Moment lang meine Augen.
Dann aber greife ich nach meinem Handy und wähle den Kontakt meines Vaters. Er hat sich gestern nicht mehr gemeldet - was eine Überraschung - und trotzdem ist er nun meine Anlaufstelle.
,,Hallo, mein Junge! Es tut mir leid, dass ich mich nicht gemeldet habe! Ich hatte keine Zeit, noch ein Meeting - du weißt ja, wie das ist." ,,Ja, nein, keine Sorge.", winke ich schnell ab. Ich habe kaum etwas anderes erwartet, sodass es mich kaum trifft. ,,Bist du denn gut angekommen? Deine Mutter hat mir noch nichts erzählt." Eine Lüge. Sie schreiben die ganze Zeit. Ich habe es auch gestern beim Essen gesehen. ,,Ja, alles gut soweit.", murmle ich, ,,Aber ich hätte eine Frage, Appa." ,,Natürlich! Was liegt dir auf dem Herzen? Kann ich dir was gutes tun?", will er gleich wissen. Natürlich spielt er auf Geschenke an. Ein Auto oder vielleicht ein viel zu teurer Anzug... ,,Nein... Ich habe mich nur gefragt, warum Mister Yun - Yun Eunwoo - zusammen mit mir hier leben soll. Ich wollte doch alleine leben." ,,Daeshim!...", seufzt mein Vater laut und langgezogen und lässt mich damit gleich schwer schlucken. ,,Ich meine doch nur-" ,,Yun ist ein exzellenter Leibwächter! Er kommt ursprünglich aus Seoul und ist kaum älter als du! Du solltet dich glücklich schätzen, dass er es ist.", erklärt er nun mit einem deutlich strengeren Ton und gibt mir zu verstehen, dass er nicht diskutieren will. ,,Appa-" Ein Klingeln ertönt im Hintergrund an seinem Ende der Leitung und ich weiß, was mir bevorsteht. ,,Daeshim, stell dich nicht so an. Vielleicht kannst du dich mit ihm und seinen Freunden anfreunden! Du musst endlich sozialer werden! Dein Gesicht ist in der Öffentlichkeit kaum bekannt, dabei kennt jeder deinen Namen!" ,,Aber warum muss ausgerechnet Yun-" ,,Ich muss los.", murmelt er bloß, seufzt erneut und lässt seinen Kugelschreiber aufklicken. ,,Wir sprechen uns." ,,Okey.", entgegne ich wispernd und richte meinen Blick mit tränenden Augen auf. Wie kann er sich nur so wenig für mich interessieren? Dafür, dass ich mich unwohl fühle...
Ich stelle die melancholische Musik, die aus den Kopfhörer direkt in meine Gehörgänge drängt so laut, dass ich einen Moment lang das Gefühl habe, meine Ohren würden dröhnen. Es dauert jedoch nicht lange, bis ich die Lautstärke zu genießen beginne. Ich genieße es, nichts von der Außenwelt mitzubekommen, genieße es, dass ich mich einfach auf die Seite fallen und die Tränen über meine Wangen rauschen lassen kann. Ich schlinge meine Arme um meinen Oberkörper, ziehe meine Beine ebenso an diesen heran und starre weiter aus den Fenster in den zugezogenen Himmel. Die Wolken lassen ihn grau und traurig aussehen. Es ist düster. Und als die Wolken brechen, habe ich das Gefühl, in meiner Trauer und dem Gefühl der Hilflosigkeit unter zu gehen. Ich spüre, wie meine Lippen beben, atme die salzigen Tränen ein und kann mit einem mal kaum noch scharf sehen. Ich ziehe meinen Körper weiter zusammen, rolle ich zu einer Kugel, drücke meinen Kopf in das Dekokissen. Meine Schultern beben und ehe ich mich versehe, kneife ich elendig weinend meine Augen zusammen. Ich will mich gar nicht mehr bewegen, spanne lediglich immer wieder meinen Körper an und entspanne mich wieder. Mir ist schlecht und ich fühle mich schwach. Schwach und jämmerlich... Ich habe die bittere Befürchtung, dass jeder Tag wie dieser sein wird. Ich werde mich vor Eunwoo fürchten und vor ihm flüchten, werde mich wahrscheinlich in Arbeit stürzen und mein Leben noch mehr vernachlässigen. Genau das wollte ich nicht! Ich wollte endlich ich sein und mein Leben leben!
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Es scheint, als wäre es pechschwarz dort draußen in der Ferne als ich meine verklebten Augen öffne und meine schmerzenden Gelenke von mir strecke. Die Kopfhörer haben bereits ihren Geist aufgeben - sie geben keinen Ton mehr von sich. Mein Mund ist staubtrocken, mein Hals schmerzt und meine Blase drückt unangenehm. Ich sehe unsicher zu der noch immer verschlossenen Tür, dann zu der Unordnung im Zimmer. Die kleine, leuchtende Uhr zeigt 23.38. Ich bin schon beinahe acht Stunden in diesem Raum, habe weder gegessen noch getrunken. Ich fühle mich schwach...
Und ich weiß, dass ich endlich hier raus muss.
Schwer ächzend stemme ich mich in die Höhe, stecke die Kopfhörer zum aufladen an und schließe zittrig die Tür auf. Im Flur ist es dunkel und ruhig - Erleichterung breitet sich in meinen Körper aus. Ich schleiche über das Laminat, erhasche einen Blick auf das sanfte Licht in der Küche, dass unter den Hängeschränken angebracht ist und sehe unsicher auf die Papierbox, die auf der Insel steht. Ein kleiner Zettel daneben. Essen. Schwer schluckend sehe ich die gebratenen Nudeln an. Der Wok ist kalt und riecht streng - und doch sieht er wirklich gut aus. Ich strecke meinen Kopf nach oben und versuche irgendwelche Laute zu vernehmen, während ich daran denke, das Essen zu erwärmen und mich einen Moment vor den Fernseher zu setzen. Das hier ist meine Wohnung und ich sollte mich nicht selbst einschließen müssen! ,,Blödes Arschloch.", wispere ich leise, schüttle den Kopf und richte mich etwas auf. Meine Laune hebt sich nicht sonderlich, aber immerhin greife ich ein wenig selbstbewusster nach einem Teller, fülle das Essen um und stelle alles zusammen in die Mikrowelle. Ich sollte mich nicht einschüchtern lassen!
Und doch schrecke ich schrecklich zusammen, als ein lautes Knallen ertönt und ich schon wenig später Eunwoos in Sportkleidung gekleidete Silhouette erkennen kann.
- Ich spanne mich an, wende meinen Blick aber ab und versuche ihm keine Aufmerksamkeit zu geben. Aufhören zu essen tue ich aber für einen Moment, aus Angst er könnte einen blöden Kommentar abgeben. Doch er ignoriert mich.
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