DREIUNDZWANZIG
༄
„Leo" Ich klopfte ein weiteres Mal an seine Zimmertür. „rede mit mir. Komm schon." Er antwortete nicht. Zehn Minuten stand ich jetzt schon hier. Mein Kopf fiel gegen die geschlossene Tür. Ich hatte gebeten, verlangt, geschrien, sogar gedroht, aber nichts hatte gewirkt. „Wirst du mir wenigstens sagen, ob du okay bist?"
Daraufhin folgte nur noch mehr Stille.
„Wenn der Grund, dass du nicht sprechen kannst, der ist, weil irgendein Psycho dir 'ne Knarre an den Kopf hält, dann huste einmal."
Ein genervter Laut kam von der anderen Seite der Tür.
„Du musst lauter sprechen. Ich verstehe dich sonst nicht", flötete ich.
Ein paar Sekunden verstrichen, dann hörte ich ein frustriertes: „Gott bewahre mich vor lästigen Schwestern."
Ich lächelte. Wenigstens sagte er überhaupt etwas. „Was war das? Ein Hilferuf oder hast du die letzte Stunde damit verbracht, endlich dem Christentum beizutreten? Weißt du, ich höre echt schlecht."
Der Türgriff begann zu wackeln. „Ich hab gebetet und wollte wissen, warum ich mit einer so neugierigen Schwester bestraft bin."
Ich hörte, wie das Schloss klickte. „Ich habe wirklich langsam das Gefühl, dass du nicht mir mir reden willst", überlegte ich, als die Tür schließlich aufging.
Leo sah völlig fertig aus. Er trug Jogginghosen und seine Haare standen ihm vom Kopf ab, unter seinen Augen lagen dunkle Ringe und seine Haut war blass. „Mir geht's gut, Val. Es gibt nichts, worüber wir reden müssen", sagte er unbeeindruckt. „Also lass mich endlich in Ruhe." Er wollte schon wieder in seinem Zimmer verschwinden, doch ich schob rasch meinen Fuß zwischen Tür und Rahmen und zwang ihn mehr oder weniger, mich rein zu lassen.
Ich zog meine Augenbrauen hoch und verschränkte meine Arme vor der Brust, ehe ich ihm folgte und mich neben ihn aufs Bett setzte. „Du kennst mich besser als das", sagte ich dumpf. „Ich würde dich niemals allein lassen in einer...Zeit der Krise."
„So, wie du es sagst, klingt es, als wäre ich am Rande eines Nervenzusammenbruchs."
„Na ja, bist du das nicht?" Normalerweise, wenn Leo ein Spiel verloren hatte, verbrachte er Zeit mit seinen Teamkollegen und spielte irgendwelche dämlichen Computerspiele, um Dampf abzulassen. Er hatte sich noch nie zuvor im Haus verkrochen und jeden ignoriert.
„Denkst du das wirklich?"
„Ich weiß, wie viel dir Gewinnen bedeutet."
„Gewinnen ist nicht alles."
Ich runzelte die Stirn und musste fast lachen. Und das kam von einem Typen, der es nicht ertragen konnte, zu verlieren, seit er sechs Jahre alt war. „Warum bist du dann hier und nicht mit deinen hohlköpfigen Freunden unterwegs?", fragte ich und sah ihn abwartend an.
Leo seufzte. „Ich-" Er unterbrach sich und fuhr sich mehr oder weniger gewohnheitsmäßig durch die Haare. „Ohne Sam ist es einfach nicht das gleiche", gab er dann zu und ich starrte sprachlos zurück. „Außerdem ist es mir einfach peinlich, mich jetzt so den Jungs zu zeigen, denke ich. Ich bin wütend geworden und hab das ganze Team dadurch runter gezogen."
„Du weißt, dass du nicht Gott bist, oder?", erwiderte ich. „Das Schicksal eines Footballteams liegt nicht allein in den Händen von einem einzigen Spieler und sicher auch nicht in deinen. Sie hatten trotzdem Chancen zu gewinnen, aber sie haben sie nicht genutzt."
Leo schüttelte den Kopf. „Ich hätte mich nicht so leicht provozieren lassen sollen", sagte er. „Ich bin der Running Back, Val. Aber anstatt einfach nur zu rennen, hab ich einen Streit mit Sam angefangen und alles ruiniert." Er stöhnte und vergrub sein Gesicht in den Händen.
„Auch wenn Sam etwas gesagt hat, um dich zu provozieren, war es nicht okay, ihm deine Faust ins Gesicht zu stoßen. Aber du wurdest dafür bestraft, also hör auf, dich selbst zu bemitleiden, und geh weiter. Du bist nur ein schlechter Running Back, wenn du versuchst, die Vergangenheit ungeschehen zu machen, aber das wird nicht funktionieren. Lerne aus deinen Fehlern und halte dich nächstes Mal einfach zurück."
„Ich hab's wirklich versucht, aber es war er."
Ich schüttelte ratlos den Kopf. „Was war so schlimm, dass du dich mit ihm prügeln musstest?", fragte ich. „Was genau hat er zu dir gesagt?"
Leo hob den Kopf und sah mich frustriert an. „Ich weiß nicht, ob du das wirklich wissen willst."
„Komm schon."
„Val..."
„Leo..."
Mein Bruder stöhnte auf und fuhr sich erneut durch die Haare. „Es ist echt keine große Sache."
Ich verdrehte die Augen. „Anscheinend schon, wenn du ihn geschlagen hast. Falls du dich daran erinnerst."
Leo seufzte. „Er hat gesagt, dass du ihn geküsst hast. Letztens auf der Party", sagte er schließlich.
Ich biss mir peinlich berührt auf die Unterlippe. „Oh, ja, das...", murmelte ich.
Leo schnaubte. „Aber das war nicht das, was mich wütend gemacht hat."
Ich runzelte die Stirn und er fuhr fort: „Er hat dich beschimpft, Val. Er hat-" Er unterbrach sich und schüttelte den Kopf. „Er hat gesagt, dass er dich nicht versteht. Dass er nicht weiß, was dein verdammtes Problem ist. Er hat gesagt, dass du im Grunde jeden hintergehst, der dir etwas bedeutet. Indirekt. Und dass er keinen Bock mehr auf dich hat."
Ich verdrehte die Augen. „Das wusste ich doch schon längst", erwiderte ich.
Leo machte irgendein undefinierbares Geräusch und ich zog die Augenbrauen hoch.
„Ach, komm schon, das hat dich so aus der Haut fahren lassen?", fragte ich ungläubig.
Leo sah mich ziemlich gequält drein. „Ich denke, das solltest du eher Sam fragen", sagte er dann.
Ich blickte ihn entgeistert an. „Im Ernst? Er würde mir nicht mal die Tür aufmachen."
Leo verdrehte die Augen. „Frag ihn einfach. Ich werde es dir nämlich nicht sagen."
Und damit war das Gespräch beendet.
༄
Am Samstag war ich bei der Arbeit. Das Diner war nicht besonders voll, das hieß, ich rannte nicht wie eine Bekloppte von einem Tisch zum nächsten, wie für gewöhnlich. Irgendwann kam mein Bruder, aber ich beachtete ihn nicht weiter. Ich hatte ihn noch so oft gefragt, was Sam gesagt hatte und warum die beiden Streit hatten, aber er wollte es mir nicht sagen.
Am späten Nachmittag tauchte dann plötzlich Allison auf. Ich ging zu ihr hinüber und zog meinen Block und einen Stift aus meiner Schürze, um ihre Bestellung zu notieren. „Hey, All, was kann ich dir bringen?", fragte ich sie.
„Hey, Val", sagte sie beiläufig und verlagerte ihr Gewicht so, dass ihre hautenge Jeans gekonnt ihrer Figur schmeichelte. „Hast du einen Moment Zeit?", ignorierte sie meine Frage dabei vollständig.
Ich starrt sie stumm an und sah vermutlich aus, wie ein Vollidiot. Dann warf ich einen fragenden Blick über die Schulter und Ruby, die auf der anderen Seite des Raumes stand, nickte mir kurz zu, als ich auf Allison deutete und fünf Finger in die Höhe hielt. Anschließend drehte ich mich wieder um und lächelte die Blondine verunsichert an. „Ähm, ja...klar", sagte ich zögernd. „Komm mit hier rüber."
Ich führte sie zum anderen Ende der Bar und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Also, gibt es was bestimmtest, über das du mit mir reden wolltest?", fragte ich, als ich mich wieder zu ihr umdrehte.
„Mehr oder weniger", antwortete Allison und fuhr sich durch die blonden Haare. „Ich habe darüber nachgedacht, was du letztens über Mason gesagt hast. Als du mit ihm ausgegangen bist und bevor das ganze Drama angefangen hat."
„Ähm", sagte ich besonders intelligent und erinnerte mich dabei nicht ganz an die Unterhaltung, auf die sie sich bezog.
„Du weißt schon, als du gesagt hast, dass du nur mit Mason ausgehst, weil Sam dich nicht beachtet. Und dass deine Freundinnen deswegen sauer auf dich sind."
Ich spürte, wie sich ein flaues Gefühl in meinem Magen ausbreitete und sämtliche Farbe aus meinem Gesicht wich. Ich wusste, wovon sie da sprach. Als ich mit Allison für mein Date mit Mason geshoppt hatte, hatte ich ihr erzählt, dass ich das eigentlich nur tat, um Sam eifersüchtig zu machen. „Oh", sagte ich deshalb leise, weil ich nicht wusste, was genau sie jetzt wollte.
„Entspann dich, Val, ich bin nicht hier, damit du dir anhören kannst, was für eine schlechte Freundin du bist", lachte Allison. „Ich bin mir sicher, dass dir Harriet und Rosalie schon genug vorgehalten haben. Von Sam ganz zu schweigen."
„Das hast du mitgekriegt?", fragte ich verwundert. Ich hätte nicht gedacht, dass unser Streit so offensichtlich gewesen war, dass selbst Leute, die nicht Teil unseres Freundeskreises waren, davon wussten.
„Na ja, irgendwie ist was durch gesickert", teilte sie mir mit. „Und Sam hat auch so was in der Richtung erwähnt."
Ich zog die Augenbrauen hoch. „Ach?", fragte ich und fühlte mich plötzlich aggressiv.
Allison sagte nichts, sondern blickte auf irgendetwas über meiner Schulter, dann wandte sie ihre Augen davon ab und sah zu mir. „Er ist in letzter Zeit ziemlich fertig, weißt du?"
Ich trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Ich konnte nicht wirklich glauben, dass Sam tatsächlich fertig war.
„Ich meine, jetzt, wo du ihm auch aus dem Weg gehst. Und mit Leo hat er ja noch zusätzlich Streit und irgendwie sind alle auf Leos Seite und er und Adam sind auch seit 'ner Zeit nicht mehr so gut miteinander", sagte Allison.
„Ich bin mir sicher, dass es ihm gut geht", sagte ich wütend. „Er hat ja noch Laura, die ihm über diese schwere Zeit hinweg hilft."
Allison sah mich seltsam an und ich überlegte, ob ich das gerade lieber nicht hätte sagen sollen. Immerhin waren sie und Laura in der selben Cheerleadermannschaft. Sie waren Freundinnen, soweit ich das beurteilen konnte. Aber mir fehlte eben eine gewisse Selbstkontrolle, wenn ich wütend war.
Doch zu meiner großen Überraschung schüttelte Allison aus irgendeinem Grund den Kopf. „Laura hilft eigentlich gar nicht", teilte sie mir gelangweilt mit und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie nervt einfach nur, benimmt sich wie eine Göre und jammert immer über die Tatsache, dass Sam sich offenbar nicht so für sie interessiert, wie sie es gerne haben würde." Sie warf mir einen prüfenden Blick zu, als würde sie auf irgendeine Reaktion meinerseits warten, die auch kam.
Ich zog die Augenbrauen hoch und sah sie verblüfft an. „Das ist blöd", erwiderte ich kurz angebunden und nicht besonders ernst, doch Allison schüttelte erneut den Kopf.
„Ich denke nicht, dass du das blöd findest", erwiderte sie.
Ich runzelte die Stirn. „W-was meinst du?", fragte ich und Allison sah mich mit einem durchschaubaren Blick an, ganz so, als wüsste sie genau, was gerade in mir vorging.
„Komm schon, Val", sagte sie. „Ich sehe doch, wie du ihn immer ansiehst. Und ich sehe auch, wie er dich ansieht."
Ich schüttelte den Kopf. „Ich glaub nicht-"
„Sam ist die Art von Kerl, der mit einem Mädchen zusammen ist, weil er sie wirklich mag", unterbrach Allison mich jedoch. „Es ist schwierig so einen Typen zu finden. Und ich sehe ganz genau, dass Sam nur immer noch mit Laura zusammen ist, weil...nun, weil er sie vermutlich nicht verletzen will und...ich weiß auch nicht...Und Laura ist ein Mädchen, zu dem irgendwie jeder aufschaut, auch wenn ich nicht genau weiß, warum, weil sie das genaue Gegenteil davon ist. Ich hab letztens erst mitbekommen, wie sie Sky und Melanie erzählt hat, dass bei ihr und Sam im Bett wohl immer noch nichts läuft. Sie schien ziemlich genervt davon zu sein."
Ich runzelte die Stirn und dachte darüber nach, ob Allison vielleicht so ein Mädchen war, das Sam wirklich mochte und mit dem er zusammen sein wollte. Wie sie es nämlich sagte, klang es gerade so, als habe Sam bis jetzt noch nicht mit Laura geschlafen. Und sie war offenbar ziemlich gewillt. Es war einfach wahrscheinlicher, dass die beiden schon längst Sex gehabt hatten und Allison es einfach nicht mitbekommen hatte. Ich meine, welcher Hetero würde ein Mädchen, wie Laura, abblitzen lassen?
„Ich sollte jetzt wieder zurück", sagte ich plötzlich und hoffte dabei inständig, dass das nicht blöd rüber kam.
Doch Allison lächelte bloß und nickte. „Okay. Wir sehen uns später, Val." Sie winkte mir ein letztes Mal zu, dann verließ sie das Diner und ich ging langsam zurück zu meinem Bruder, der auf einem Hocker an der Bar saß.
„Was wollte Allison?", fragte er.
Ich drehte mein Tablett in den Händen und warf einen unfokussierten Blick auf die Gäste. Dann zuckte ich mit den Schultern und schüttelte den Kopf. „Ich habe absolut keine Ahnung", antwortete ich ihm. Und das hatte ich wirklich nicht. Hatte Allison mit diesem Gespräch gerade eben etwa sagen wollen, dass ich die Hoffnung nicht aufgeben sollte? Ich wusste es nicht.
„Sie ist ziemlich heiß, weißt du?", sagte er beiläufig.
Ich nickte geistesabwesend. „Ich weiß", seufzte ich. Dann riss ich den Kopf hoch und starrte Leo an, der meinen Blick fragend erwiderte.
„Was?"
„Würdest du was mit ihr anfangen? Mit Allison?"
Leo runzelte die Stirn. „Ich - keine Ahnung, ja, ich meine, sie ist scharf, was erwartest du?"
Ich schüttelte den Kopf. „Und wenn du eine Freundin hättest?"
Leo sah mich an, als wäre ich vollkommen verrückt geworden. „Nein? Wenn ich eine Freundin hätte, dann - wie kommst du überhaupt auf so was?", fragte er kopfschüttelnd und offenbar völlig ratlos.
Ich biss mir auf die Unterlippe. „Kann ich dir eine Frage stellen und du wirst sie ehrlich beantworten? Absolut ehrlich?"
Leo kratzte sich am Hinterkopf und nickte dann langsam.
„Wie bist du über Rosie hinweg gekommen?", fragte ich. „Ich meine, ich weiß, wie lange du in sie verliebt warst. Das weiß jeder."
Leo starrte mich an und ich fühlte mich plötzlich ziemlich unwohl unter seinem Blick. Ich musste an Harriet denken, die irgendwas mit Adam am laufen hatte, von dem so gut wie keiner wusste, was das genau war. Und Rosie, die nie wirklich von meinem Bruder geschwärmt, aber trotzdem mit ihm geschlafen hatte.
„Du willst, dass ich ehrlich zu dir bin?", fragte Leo dann und ich nickte. Mein Bruder seufzte und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. „Die Wahrheit ist, das bin ich nicht", sagte er dann. „Ich meine, ich dachte, ich wäre es. Ich war im Sommer im Footballcamp und hab sie so gut wie gar nicht gesehen. Ich war davon überzeugt, dass sie mir nicht mehr wichtig ist. Aber nach den Ferien ging es wieder los und ich hab gemerkt, dass sich nichts geändert hat. Und als wir dann miteinander geschlafen hatten...da kam alles noch viel stärker hoch. Ich dachte-" Er unterbrach sich und stieß ein leicht ironisches Lachen aus. „ich dachte echt, ich hätte 'ne Chance bei ihr, aber dann hat sie gesagt, dass niemand davon erfahren durfte."
„Warum hast du mir nie davon erzählt?", fragte ich beinahe ratlos.
Leo schnaubte gehässig. „Ich war so lange in Rosie verknallt und irgendwie hast du dich immer nur darüber lustig gemacht, weil sie soundso nichts von mir wollte. Und dann kam diese Zeit, in der du dich abgewandt und mich von allem ausgeschlossen hast, was ihr gemacht habt."
Ich runzelte die Stirn. So hatte ich das noch nie betrachtet. Ich hätte nicht gedacht, dass Leo sich tatsächlich ausgeschlossen fühlte. Er hatte immer alle seine Freunde um sich. Er ging mit Mädchen aus. Er war beliebt.
„Die Wahrheit ist also, ich bin nie über sie hinweg gekommen", fuhr er fort. „Nicht mal annähernd. Überhaupt nicht." Er stieß ein leises Lachen aus, das mehr Frustration und Selbstironie übermittelte, als Heiterkeit.
Ich starrte ihn an. Irgendwo in meinem Hinterkopf hatte ich schon vermutet, dass Leo Rosie mehr mochte, als ich all die Jahre immer gedacht hatte. Ich war immer davon überzeugt gewesen, dass Leo Rosie nur nerven wollte und nicht wirklich Interesse an ihr hatte. „Also..."
„Also...", plapperte er mir nach und senkte seinen Blick.
Mein Unbehagen verschwand und ich merkte entschlossen, wie sich eine Idee in meinem Kopf formte. „Du solltest mit ihr reden", sagte ich dann plötzlich.
Leo warf mir einen Blick zu, der ziemlich deutlich machte, dass er dachte, ich sei verrückt.
„Das ist mein totaler Ernst, Leo", sagte ich. „Du musst mit ihr reden. Sag es ihr. Bevor es zu spät ist." Ich wusste, wovon ich sprach.
Leo zog seine Augenbrauen hoch. „So, wie du es Sam gesagt hast?", konterte er und traf dabei genau meinen wunden Punkt.
Ich starrte ihn an und spürte, wie sich meine Augen mit Tränen füllten. Hastig blinzelte ich sie weg. „Das hat damit überhaupt nichts zu tun", sagte ich rasch.
„Hör zu, Val", sagte meine Bruder dann. „ich weiß, dass du in letzter Zeit ziemlich wegen deiner eigenen Probleme abgelenkt warst, aber falls du dich erinnerst, ist Rosie nicht wirklich gut auf mich zu sprechen, seit sie weiß, dass ich auf einen Kasten Bier gewettet habe, wenn ich es schaffe, sie rum zu kriegen", teilte er mir geduldig mit. „Ich glaube nicht, dass es im Moment eine besonders kluge Idee wäre, zu ihr hinzugehen und ihr meine unerschütterliche Hingabe zu gestehen. Sie würde mir wahrscheinlich entweder eine scheuern oder mich auslachen."
„Ich weiß, dass du denkst, dass sie dich jetzt für immer hasst, aber das ist nicht so. Nicht, wenn du zu ihr gehst und dich entschuldigst. Und ihr erklärst, was du fühlst", sagte ich hastig. „Es tut mir leid, wenn du dich von mir allein gelassen gefühlt hast", fuhr ich dann fort und legte meine Hand auf seinen Arm. Leo starrte erst darauf, dann sah er mich an. „Ich hab nicht daran gedacht, dass du dich möglicherweise ausgeschlossen fühlst, weil ich immer geglaubt habe, dass du glücklich mit all deinen tollen Freunden warst."
Leo stieß ein kleines frustriertes Lachen aus. „Ich war glücklich", sagte er. „Aber ich wollte meine Schwester wieder haben. Du hast nur noch mit Harriet und Rose abgehangen und ich war vollkommen unwichtig geworden."
Ich sah ihn mit großen Augen an, wusste nicht, was ich sagen sollte, doch Leo nahm mir diese Entscheidung ab, indem er von dem Barhocker rutschte, sich auf beide Füße stellte und seine Hände auf meine Schultern legte.
„Danke für deine Hilfe, aber ich glaube nicht, dass meine Entschuldigung irgendwas ändern würde", sagte er leise und mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen. Er gab mir einen Kuss auf die Wange, dann drehte er sich um und verließ das Diner.
Und ich stand da und starrte ihm etwas verloren hinterher.
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