❥Erweckte Gefühle
ᴢᴇᴀ
Ich zitterte. Zum ersten Mal seit Jahren durchfuhr mich das Zittern wie kleine Elektroschocks, die von Sekunde zu Sekunde stärker wurden. Bilder tauchten vor meinem inneren Auge auf. Bilder, die ich Jahrhunderte lang verdrängt hatte und nun langsam in Erinnerung gerufen wurden, wie ein grauenhaftes Monster, das aus seinem jahrelangen Winterschlaf erwachte.
Die Sonne stand hoch am Himmel, als sie sich die seidene Kaputze von den hellbraunen Haaren strich und ihre Locken kurz ausschüttelte.
„Ein miserabeles Wetter", stöhnte sie dann und ich nickte zustimmend.
Verträumt beobachtete ich, wie sich kleine Schneeflocken wie Kristalle auf ihren Haaren absetzten und dort augenblicklich zu Wasser schmolzen.
Cole drängte sich zwischen uns und legte grinsend jeweils ein Arm um unsere Schulter.
Er sah erst mich, dann sie an.
„Bereit herauszufinden, was Griechenland zu bieten hat?", fragte er dann verschmitzt und ehe wir antworten konnten, schob er uns in Richtung Tür.
Sie war offen, leise Musik und dichter, lilaner Nebel strömte mir entgegen. Die Braunhaarige schien das nicht zu stören, fröhlich pfeiffend trat sie ein und hing ihren braunen Mantel auf einen der freien Kleiderharken.
Ich zögerte kurz, tat es ihr aber gleich und wollte meinen Mantel abstreifen, als Cole mich ernergisch am Handgelenk zurückhielt. Durch den violetten Rauch hindurch konnte ich nur teilweise in sein ernstes Gesicht schauen, das misstrauisch die Umgebung betrachtete.
„Raus hier."
„Kommst du, Prinzessin?", lachte TJ leise und ich schüttelte verwirrt meinen Kopf, um die Erinnerungen aus meinem Hirn zu verjagen. TJ neben mir zog eine Augenbraue hoch und ich räusperte mich schnell.
„Ja, ja klar ich war nur in Gedanken", beteuerte ich und er nickte leicht.
„Hör zu, eigentlich bringe ich keine Freunde hier her, erst recht keine jungen, attraktiven Damen. Also bleibt das hier unser kleines Geheimnis, ja?", sagte er eindringlich, seine Frage hörte sich an wie ein Befehl.
„Wieso bringst du mich dann hier her?", fragte ich. Zum ersten Mal an diesem Tag wünschte ich mir nichts sehnlicher, als mich von Shanice mit Schimpfwörtern berieseln zu lassen und Riders schleimerisches Gequatsche anhören zu müssen. Alles wäre mir lieber als das hier.
„Garry, der Junge an der Tür, ist ein alter Kumpel von mir. Er fliegt mit seiner Verlobten übermorgen auf die Philippinen, die beiden ziehen die Flitterwochen vor, weil Garry nach der Hochzeit von seinem Arbeitgeber keinen Urlaub gewährt bekommt.
Das hier ist die letzte Möglichkeit, ihn zu sehen und du wolltest ja Party machen. Also Prinzessin, hol dir einen Drink und entspann' dich einfach", meinte er sachlich.
Diese Feier war nicht die Definition von dem, was ich Party nannte. Ich bevorzugte nämlich keine Feiern, wo junge, gierige Werwölfe menschlichen, jugendlichen Opfern die Lebensenergie in Form von Küssen aus dem Körper saugten.
Meistens traf das Schicksal Frauen, die in kleinen Gruppen oder alleine auf den Weg zu Clubs waren und von den Gästen abgefangen und verführt wurden.
Werwölfe sahen unglaublich gut aus. Glatte, reine Haut, voluminöse Haare, ein strahlendes Lächeln und funkelnde Augen, in die sich ein unwissendes Mädchen gleich verlieben würde.
Das war der illegale Weg der Werwölfe, an Macht zu kommen. Die fremde Energie wirkte in den Nervensystemen der Werwölfe wie ein Treibgas, das elektrische Impulse dazu veranlasste, schneller an das Gehirn geschickt zu werden.
Man hatte bessere Reflexe, die Denkfähigkeit der Werwölfe erhöhte sich um ein vielfaches, sodass das Gehirn in sekundenschnelle neue Synapsen knüpfen konnte.
Aber auch Treibgas war eine Ressource, die nicht unendlich zur Verfügung stand. Kaum war der Vorrat des Werwolfs im Körper ermüdet, musste Neuer her. Es war eine Sucht. Eine Sucht nach dem gnadenlosen Töten.
„Hey, Kitten", flüsterte mir eine Stimme ins Ohr und alkoholisierter Atem traf auf meine Wange.
Sofort drehte ich mich um und sah in die Augen eines Mannes, der mich selbstgefällig anstarrte und sein Becher kurz zum Gruß anhob. Er widerte mich an.
„Heute Abend schon was vor?", fragte er pervers, während sich der dunkelviolette Rauch wie Tentakel um ihn wand und sein schwarzes Outfit fast komplett verdeckte. Mein Blick haschte zur Tür hinter ihm, doch dann wurde meine Aufmerksamkeit wieder vollständig auf den Mann vor mir gezogen, da er einige Schritte auf mich zu machte.
Sein Rauch verband sich kaum merklich mit Meinem, sie tanzten durch die Luft, verschmolzen, zogen und zerrten aneinander, doch spüren tat ich nichts.
Augenblicklich trennte sich sein Rauch von meinem und überrascht stellte ich fest, dass der widerliche Mann ein paar Meter nach hinten taumelte und sich schützend an der Bartheke festhielt.
Ich nutzte die Chance um mich nach TJ umzusehen und hoffte ganzen Herzens, dass er nicht in Anwesenheit einer Frau war, dann wäre er für mich gestorben.
Niemals wollte ich Kontakt zu Leuten haben, die anderen, unschuldigen Menschen ihre Luft zum Atmen nahmen und ihren Körper dazu zwangen, für immer zu schlafen.
Während die einen Frauen noch vor Energie strotzten und ihr Nebel sich wie ein undurchdringbares, dichtes Tuch um sie legte, gab es Frauen, die mit dem Tod rangen und beinahe leblos in der Ecke lagen. Für Manche sollte es der letzte Kuss gewesen sein, bevor sie über die Schwelle von Leben und Tod traten. Denn wenn die Einen fremde Energie in ihren Körper schleusten, verloren sie Andere. Es war ein einseitiges Geben, bis der eine Teil ausgelaugt war.
„Sorry dafür, der Typ ist hier Stammkunde und schon sturzbesoffen, wenn er ankommt." Ein Junge schob sich in mein Blickfeld, keine 20. Ein schwarzer Afro umrandete sein Gesicht und seine dunkelen Augen strahlten mir entgegen.
Er war mir auf Anhieb sympathisch und selbst in einer solch heikelen Situation versuchte ich mich an einem kleinen Lächeln, was sofort von ihm erwiedert wurde.
„Ich bin Miles, darf ich dir vielleicht einen Drink anbieten?", fragte er dann und bewegte sich schon in Richtung Bar. Nickend folgte ich ihm, immernoch darauf bedacht, die Umgebung im Auge zu behalten.
Ich war vielleicht geschützt von der Altersschwäche, aber ohne Energie würde selbst ich nicht lange durchhalten.
Zu meinem Erstaunen begab sich Miles hinter die Bar, wo er sich rasch ein Glas nahm und Eiswürfel in einen Shaker gab. Erst jetzt fiel mir seine weiße Schürze auf, die er um die Hüfte trug.
„Erzähl was über dich", forderte er mich auf, während sich sein Blick nachdenklich auf die vielen Flaschen vor ihm richtete.
Unschlüssig starrte ich ihn an. Als ich nach einiger Zeit immernoch kein Wort heraus gebracht hatte, schaute er seufzend auf, griff nach einer Wodkaflasche und gab einen guten Schluck in den Shaker.
„Nun denn, dann mach ich halt den Anfang. Ich bin Miles Harway, 21 Jahre jung und bin vor einem Jahr aus Manchester nach Dellin gezogen. Meine Mom kommt aus dem Sudan, wie man unschwer erkennen kann." Mit der Hand strich er kurz lachend über seine dunkele Haut, ehe er fortfuhr.
„Mein Dad kommt aus England. Ich mache hier eine Ausbildung zum Autotechniker, gleich im Driver's Club drüben auf der Hauptstraße", beendete er dann seine Erzählung. Zumindestens dachte ich das, bis er plötzlich über sein Darsein als Werwolf erzählte.
„Ich bin Teil Phoenix' Rudels. Mein bester Freund ist sein Beta, es ist also eine ziemliche Ehre für mich, Phoenix öfter zu Gesicht zu bekommen", berichtete er, als wär es das normalste Thema der Welt.
Mein Kopf setzte aus. Irgendetwas, tief Verborgenes weckte dieser Name in mir.
Phoenix.
☞No words left for this little Chapter.
Wie erwartet ihr den Lauf der Geschichte? (:
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