Chào các bạn! Vì nhiều lý do từ nay Truyen2U chính thức đổi tên là Truyen247.Pro. Mong các bạn tiếp tục ủng hộ truy cập tên miền mới này nhé! Mãi yêu... ♥

15. August

Das Zimmer ist dunkel; einzige kleine Lichtquelle stellt die Lava-Lampe im Stil der Siebziger dar, die ein warmes, oranges Licht abgibt; der Bildschirm verströmt daneben sein kalt-blaues Flackern. Die Jalousien sind unten; leise, melancholische Musik klingt aus den kleinen Lautsprechern auf dem Bücherregal über dem Bett.

Alles hier ist dunkel, der Teppich, die Bettdecke, die Vorhänge. Am Computer sitzt Tanya; ihre knochigen Finger tippen über die Tastatur, dass es aussieht, wie wenn eine Spinne ihr Netz webt, regelmässig und schnell. Nie vertippt sie sich. Ihre Worte, die den Raum im Kopf längstens vollgeschrien haben, wollen raus; sie strömen direkt durch die Arme in die Finger, zielsicher auf die Tasten und erscheinen als kleine schwarze Zeichen auf dem hellblau leuchtenden Dokument.

Grüne, traurige Augen kontrollieren die Worte, fügen sie zu den Texten zusammen, welche Sinn ergeben. Den einzigen verbliebenen Sinn dieser Welt.

Als Tanya den Mauszeiger auf die Taste "Veröffentlichen" schiebt, zögert sie kurz. Sie kontrolliert den Text ein letztes Mal; Tanya nimmt alles sehr genau, nicht überlässt sie dem Zufall. 'Dich' nennt sie dieses Gedicht.

"Ich sehe dich, wenn die Sonne aufsetzt. Wenn die Natur ihre vollkommene Schönheit zeigt. Und wenn die Nacht über unsere Welt kommt und der Mond mich anlächelt.

Ich höre dich, wenn die Morgenvögel leise an mein Ohr zwitschern. Wenn die Klänge des Pianos aus deiner Seele strömen. Und wenn verspielt der Wind durch meine Haare weht und pfeift.

Ich schmecke dich, wenn die süsse Kirsche meine Lippen berührt. Wenn die Schokolade in meinem Mund wie Eis zerläuft. Und wenn deine Kost meinen Gaumen erfreut.

Ich rieche dich, wenn der Duft des frischen Grases meine Nase erreicht. Wenn die Knospen im Frühling zu Blüten aufsprühen. Und wenn dein süsser Duft noch an meiner Kleidung klebt.

Ich spüre dich, wenn der warme Regen zart auf meine Haut tropft. Wenn sanft die Sonne auf mich scheint. Und wenn ich durch meine Erinnerungen streife und ich mich nach deinen Berührungen sehne.

Ich suche dich, wenn die Wolken dunkel über mich ziehen. Wenn die lange Nacht so kalt und leer ist. Und wenn die Welt plötzlich leise ist und mich anschweigt.

Ich vermisse dich, wenn ich allein unter Freunden bin. Wenn ein Vogel mir deinen Namen zu flüstert. Und wenn mir die ganze Welt so klein und schwach vorkommt.

Ich liebe dich, wenn du mich mit Worten vollkommen machst. Wenn du neben mir schön und leise schläfst. Und wenn die Welten mir das wertvollste das es jemals gab zu mir schicken.

Dann und immer weiter und immer auf ewig, so lange werde ich dich lieben."

So lautet der Text, der sie an diese weit entfernte Nacht auf dem Balkon erinnert. Durch die Worte entflieht sie einer Welt, die keinen Sinn ergibt. Sie schwebt durch die klingende Pforte hinüber, mitten in den wahren Sinn, der auch eine Welt darstellt. Dann klickt Tanya auf den Button, der es ihr erlaubt, ihren Text mit der Welt zu teilen.

***

Bereits am zweiten Tag hält die Schule eine Überraschung bereit. Alle Klassen der Oberstufe werden in die Aula gebeten. Der Schulleiter habe einige wichtige Informationen. Morena wundert sich, dass er sein Team an den Vorbereitungstagen nicht informiert hat, doch Schulleitungen tun, was immer sie tun wollen und als Lehrperson hat man nicht zu hinterfragen.

"Wir sollen heute zuerst alle in die Aula gehen. Eure Taschen könnt ihr hier deponieren. Ich schließe ab", überrumpelt sie somit brav ihre Matheklasse.

Die Schülerinnen und Schüler legen die Rucksäcke auf ihre Tische oder stellen sie auf die Stühle. Danach verlassen sie verwirrt das Mathezimmer. Eine Veränderung im täglichen Trott ist immer ein Wagnis, ein Unterbruch der Alltäglichkeit. Morena kennt das; sie schließt das Zimmer ab und motiviert ihre Klasse, ihr zu folgen.

In der Aula achtet sie darauf, dass alle 'ihre' Schülerinnen und Schüler beisammen sitzen, damit sie die Kontrolle besser wahrnehmen kann. Der Saal füllt sich, nach und nach treffen die restlichen Oberstufenklassen ein; der Lautstärkepegel steigt synchron mit der Nervosität der Lehrpersonen. Ein Gesamtanlass am zweiten Tag nach den Ferien birgt naturgemäß Konfliktpotenzial. Der Rektor betritt die Aula und stellt sich ans Mikro. Er beginnt zu sprechen, doch niemand hört zu; der Ton ist noch ausgestellt. Einzelne Schüler lachen. Der Musiklehrer eilt seinem Vorgesetzten zur Hand und stellt das Mikro an.

Morena schmunzelt. Nichts hat sich geändert. Noch immer sind Lehrpersonen und Vorgesetzte mit technischen Geräten überfordert und verlangen gleichzeitig von ihren Schülern und Mitarbeitern hundertprozentige Sicherheit und Vorbereitung.

"Liebe Oberstufenschüler, guten Morgen", beginnt Frank Besenberger seine Information. Die Schüler beruhigen sich und hören ihm zu.

"Ich bin heute hier, weil ich euch einige wichtige Dinge und auch etwas Schönes zu berichten habe. Das Schöne vorab: Wie ihr wisst, konnten wir seit Corona keine Lager oder Schulreisen mit Übernachtung mehr durchführen."

Aus der Ecke der 3b erklingen Buh-Rufe, welche ihr Klassenlehrer Stefan Roos jedoch sofort unterbindet.

"Nun endlich ist es wieder möglich. Die regionale Leitung hat uns einen "Wochenendausflug" bewilligt."

Im ganzen Saal wird gejubelt. Die Schüler johlen und klatschen; erfreute Gesichter überall, Hüpfer und Handschläge bringen Bewegung in die Masse. Die Lehrpersonen haben Mühe, die Kids zu beruhigen. Der Rektor lächelt.

"Beruhigt euch - wir freuen uns ja auch. Wir nennen das zwar Wochenendausflug, aber wir werden während der Schulwoche wegfahren; und das schon sehr bald, noch vor den Herbstferien. Eure Lehrerinnen und Lehrer sind bereits mit der Planung beschäftigt und werden euch in den Klassenstunden genauer informieren. Für eure Eltern haben wir einen Brief aufgesetzt, den ihr jetzt von euren Klassenlehrpersonen erhaltet."

Die Lehrerinnen und Lehrer verteilen das Infoschreiben. Die Schüler beginnen zu lesen und freuen sich sehr. "Das ist ein Sportzentrum. Voll geil! Ja, Mann. Endlich ist mal was los hier!"

"Wir werden nach Fiesch, ins Wallis fahren. Dort werden wir in verschiedenen Häusern des Sportzentrums übernachten. Geplant sind zwei Übernachtungen. Es wird viele attraktive Angebote geben, was ihr alles machen könnt. - Bitte hört mir nochmals zu. Der Ausflug wird für eure Eltern kostenlos sein. Wir konnten in den vergangenen Jahren etwas Geld zur Seite legen. Aber eure Eltern müssen damit einverstanden sein, dass ihr mitfahren dürft. Dazu müssen sie das Infoschreiben, das ihr erhalten habt, unterschreiben. Wer uns keine Unterschrift bringen kann, fährt nicht mit."

Wieder steigt der Lautstärkepegel im Saal, wieder beruhigen die Lehrpersonen ihre Klassen, damit der Rektor mit seinen weiteren Informationen zum laufenden Schuljahr fortfahren kann.

"Bereits in zwei Wochen, also noch vor unserem Ausflug, wird es an der Schule eine Literaturwoche geben. Eure Lehrerinnen und Lehrer haben dazu interessante Kurse vorbereitet. Wir werden mit einem regionalen Autor zusammenarbeiten. Das Ziel ist es einerseits, euch das Lesen und die Welt der Bücher näherzubringen. Andererseits wollen wir auch sehen, wer von euch das Talent hat, eigene Geschichten zu schreiben. Am Ende der Literaturwoche wird es eine Ausstellung mit euren Werken und eine Lesung der besten Texte geben. Dazu werden wir auch eure Eltern und die Presse einladen. Genaue Informationen und das Kursprogramm erhaltet ihr von euren Lehrerinnen und Lehrern. Diese Woche werden wir mit der ganzen Schule durchführen. Ihr von der Oberstufe werdet dabei auch mit den Kindern der unteren Klasse zusammenarbeiten. Ich freue mich auf eine spannende Woche der Literatur."

Besenberger informiert danach noch über die geplanten Aktivitäten im Dezember und über einige kleinere administrative Dinge, welche die Oberstufe betreffen. Rund eine halbe Stunde später sitzt Morena mit ihrer 2b wieder im Klassenzimmer.

"Dürfen wir wählen, mit wem wir das Zimmer teilen?"

Morena schmunzelt. Die Jugendlichen mögen heute selbstbewusster sein, sie mögen alle erdenklichen Gadgets haben und sich für unbesiegbare Traumtypen halten - doch wenn es um so etwas Einfaches wie eine Übernachtung mit der Schule geht, werden sie alle wieder zu aufgeregten Kindern.

"Ja, ihr dürft mir Vorschläge machen. Ich werde diese prüfen, und weil ich euch noch nicht so gut kenne, mit meinen Kolleginnen und Kollegen besprechen. Die letzte Entscheidung zur Zimmereinteilung liegt aber bei mir."

"Dürfen wir auch über die Klassen hinweg die Zimmer teilen? Ich würde gerne ..."

"... mit Enola und Livia aus der 2c ein Zimmer teilen. Das habe ich schon begriffen. Ich denke darüber nach, Effie."

"Danke, Frau Di Agostino; Sie sind voll in Ordnung."

"Schleimerin", ruft Kristijan aus der hintersten Reihe. Effie wirft ihm einen Radiergummi an den Kopf.

"Gewalt im Schulzimmer! Haben Sie das gesehen, Frau Di Agostino? Die Elfe hat mich angegriffen."

"Ja, Kristijan. Ich werde mich bei Gelegenheit mit ihr darüber unterhalten; ich habe es zur Kenntnis genommen. Nun lasst uns aber die verschiedenen Sportangebote besprechen, die ihr wählen könnt."

"Sport, Krissi. Nicht Fußball; richtigen Sport. Musste gut aufpassen, damit du's auch verstehst."

"Nik, bitte! Von dir hätte ich geistreichere Beiträge erwartet."

"Ja, Frau Di Agostino. Entschuldigen Sie."

"Entschuldigen kannst du dich in der Pause bei Kristijan; nicht bei mir."

Nik schaut seine Lehrerin erstaunt aber beeindruckt an. Er schmunzelt, sie blinzelt ihm zu.

"Wie ihr seht, steht am ersten Tag eine lange Wanderung auf dem Programm. Da müsst ihr alle durch, niemand kann sich hiervor drücken. Ihr werdet es aber alle toll finden, das garantiere ich euch. Obwohl es anstrengend sein wird, werdet ihr Dinge sehen, die ihr vielleicht noch nie gesehen habt. Wir werden am längsten Gletscher Europas entlang wandern. " Die Schülerinnen und Schüler zeigen sich wenig beeindruckt. Einige jammern, weil 'Wandern' in ihrem Wortschatz nicht vorkommt.

"Am zweiten Tag werdet ihr euer Sportprogramm wählen können. Es gibt: Klettern, Beachvolleyball, Schwimmen, Biken und Radfahren. Am Morgen des dritten Tages werdet ihr noch zwischen Schwimmen, Beachvolleyball, Inlineskating und Joggen wählen können. Dazwischen gibt es Spielkurse in Tischtennis, Schach und Brändidog. Wir haben auch ein Bier-Pong, das wir selbstverständlich mit Eistee spielen, und eine Slackline dabei."

Nun sind die Schüler doch beeindruckt. "Das ist ein Klasse-Programm!", rufen die meisten. Sie diskutieren bereits, für welche Kurse sie sich anmelden wollen. "Frau Di Agostino? Was ist der Unterschied zwischen Radfahren und Biken?"

Morena schmunzelt. "Weiß es jemand?", fragt sie in die Runde. Lorenz erklärt es der Klasse. Morena nickt und ergänzt danach: "Ich werde beim Radfahren dabei sein. Wir werden auf der Hauptstraße fahren, wenig anstrengend. Die Biker werden den steilen Weg über eine Landwirtschaftspiste nehmen." In dieser Art geht die Fragestunde noch bis zur Pause weiter.

***

"Na, war es bei dir auch so chaotisch nach der Aula?" Rebecca stellt sich neben Stefan.

"Nein, eigentlich nicht. Dario wollte ein Doppelzimmer mit Enola; alles andere verlief eigentlich so wie immer."

"Dario!" Rebecca verdreht die Augen. "Der Typ wird mir nicht fehlen. Ich bewundere deine Ruhe, die du mit ihm hast."

"Er ist ein ausgezeichneter Fußballer und auch sonst in jeder Sportart gut. Ich bin Sportlehrer - wir mögen einander."

"Du weißt schon, dass er hier der Platzhirsch ist."

"Noch eine Gemeinsamkeit."

Rebecca schlägt ihn. "Träum weiter, Charmebolzen!"

"Gewalt im Lehrerzimmer; am zweiten Tag nach den Ferien. Mir gefällt es hier!" Morena hat soeben das Lehrerzimmer betreten.

"Ciao Morena. Wie war es bei dir?"

"Gut. Die Kinderchen wollten wissen, neben wem sie liegen dürfen. Danach haben wir die Kurse besprochen. Es war ziemlich friedlich. Übrigens, wo ist Dominic?"

"Er hat Aufsicht. Du suchst ihn wegen Effie und ihren BFFs?"

Morena lacht. "Ja, genau."

"Die sind unmöglich; wie die Kletten. Enola hat es nicht einfach zuhause; die beiden anderen tun ihr gut. Ich denke, wir werden sowieso über die Klassen hinweg mischen. Wir von der Zweiten haben ein eigenes Haus. Die Dritte und die Erste teilen sich das Haus daneben."

"Da wird Enola aber traurig sein", bemerkt Morena schmunzelnd.

"Ja. Und wir werden alle Hände voll zu tun haben, zu verhindern, dass die Jungs hin und her gehen."

***

Auf dem Pausenplatz sucht Petra nach Tanya; in der Raucherecke wird sie fündig.

"Darf ich auch eine?"

Tanya hält ihr wortlos die Packung und ein Feuerzeug hin, Petra bedient sich. "Danke." Sie steckt die Zigarette an.

"Wie denkst du über diesen Ausflug?"

"Ist mir egal. Ich werde nicht mitfahren." Tanya stößt den Rauch aus.

"Wieso nicht?"

"Kein Bock. Mit diesen Idioten."

"Aber wenn deine Mutter den Wisch unterschreibt?"

"Ich gebe den nicht ab. Die interessiert sich eh nicht für mich. Mich kann man nicht trinken."

"Dann bleibe ich auch hier."

"Pitsch, bitte. Ich weiss, dass du gerne fahren würdest. Fahre mit; hab Spaß."

"Und du?"

"Wen kümmert's. Ich habe meinen Spaß mit den Texten."

"Hast du was Neues online?"

"Ja, ging heute Morgen noch raus."

Petra öffnet ihr Handy und liest. "Aww. So schön! Du bist ein Genie! Ich liebe deine Texte."

Um die Ecke schleicht Kristijan und sieht die zwei rauchenden Mädchen. Schnell dreht er sich um und rennt zurück.

"Herr Kobelt! Hier sind Mädchen, die rauchen und telefonieren!", schreit er im Rennen.

"Arschlosch!", schimpft Petra.

Beide treten die Zigaretten aus, das Mobiltelefon verschwindet in der Hose. Dominic Kobelt tritt um die Ecke. Der Zigarettenrauch liegt noch in der Luft. Tanya und Petra schauen den Lehrer an.

An der Ecke späht Kristijan neugierig zu ihnen hin. "So wie ich das beurteilen kann, Kristijan, bist du umsonst so gerannt. Hier stehen tatsächlich zwei Mädchen, die miteinander reden. Ich sehe keine Zigaretten und auch keine Handys. Du solltest wieder deinen Ball suchen gehen, anstatt hier falsche Anschuldigungen zu verbreiten. Schwirr ab."

Als der Mitschüler weg ist, blickt Dominic wieder zu den Mädchen. "Bitte meldet euch, wenn es euch zu viel wird. Wir dulden kein Mobbing hier."

"Sie haben es soeben schlimmer gemacht, Sie Genie!" Tanya geht weg. Petra steht noch allein vor Dominic.

"Es geht ihr nicht gut, oder?"

"Nein. Aber wen interessiert's? Sie sind nicht mehr ihr Klassenlehrer. Lassen Sie es einfach bleiben." Damit geht auch Petra weg.

***

Nach dem Unterricht sitzt Morena noch einen Moment im Klassenzimmer und bereitet den nächsten Tag vor. Dominic tritt ein.

"Hast du eine Minute für mich?"

"Aber klar, auch zwei, wenn es sein muss."

"Ich möchte mit dir über die Pause heute reden."

"Weil ich dich gesucht habe? Es geht nur um die Zimmereinteilung. Effie möchte gerne ..."

"... mit Enola und Livia ins Zimmer. Das ist nicht das Problem, nein."

Morena realisiert, wie gut die Lehrpersonen ihre Schüler kennen. "Nicht? Was denn?"

"In der Pause habe ich Tanya und Petra beim Rauchen erwischt; zumindest fast."

"Tanya Huber aus meiner Klasse?"

"Ja. Und Petra Hunziker, ihre wahrscheinlich einzige Freundin hier, ist in meiner Klasse."

"Von Tanya habe ich bisher noch kein Wort gehört. Sehr unscheinbar. Wenn ich sie wahrnehmen will, muss ich aktiv werden."

"Sie macht uns allen Sorgen. Eigentlich ist sie eine sehr gute Schülerin; sie liest viel und kann unglaublich gut zeichnen. In Informatik ist sie grafisch sehr talentiert."

"Mir scheint sie vor allem zu dünn zu sein", bemerkt Morena traurig und bereits etwas betroffen.

"Das ist das Problem. Seit sie hier gemobbt wird, hat sie sich zurückgezogen und vor allem ungesund viel abgenommen. Sie ist mir heute davongelaufen, als ich mit ihnen reden wollte."

"Du möchtest nun, dass ich es versuche, habe ich recht?"

"Das Mädchen braucht Hilfe. Ich denke, du solltest es versuchen, ja."

"War sie schon bei Gabi?"

"Ja. Im letzten Jahr hat Gabi mit ihr ein regelmässiges Training gemacht. Nun aber habe ich den Eindruck, sie verfällt wieder in die alten Muster."

"Ich rede mit Gabi. Bei wem war sie vorher?"

"Bei mir. Wie du weißt, haben wir aus zwei sehr großen Klassen neu drei kleinere machen können. Bei mir in der 2c sind die gemischten, die aus euren beiden Klassen herausgenommen wurden."

"Wie hat man zugeteilt?"

"Das wissen wir nicht. Die Schulleitung sagt, es sei per Zufallsgenerator bestimmt worden. Ich bin mir da aber nicht sicher."

"Wir erhalten die Verantwortung für eine Gruppe von Jugendlichen, Dominic. Wir können nicht wählen - und sie auch nicht. Wir müssen uns arrangieren. Ich würde gerne alles erfahren, was diese Tanya hier hat erleben müssen."

"Vieles davon steht in den Akten. Wenn dir etwas fehlt, sind Rebecca, Stefan und ich für dich da. Mit Silas solltest du auch reden."

"Mit Snape?", lacht Morena, als sie an den großen Mann mit dem kantigen Gesicht, den langen schwarzen Haaren und dem ebenso langen schwarzen Ledermantel denkt.

Nun lacht auch Dominic. "Du hast seinen Spitznamen gehört."

"Ja, die Schüler haben mir schon viel von ihrem Gossip berichtet. Er unterrichtet Zeichnen. Du denkst, er hat einen Zugang zu Tanya?"

"Wäre möglich. Immerhin ist sie eine der besten Zeichnerinnen der Schule."

"Okay, ich rede mit ihm. Müssen wir wegen dem Rauchen aktiv werden?"

"Nein, das hat sich erledigt."

"Danke, dass du mich informiert hast."

"Kein Problem. Ich wünsche dir einen guten Abend. Bis morgen, Tschüss Morena."

"Tschau Dominic. Bis morgen."

Als Morena wieder allein im Zimmer sitzt, lassen sie die Gedanken zu dieser Schülerin nicht mehr los. Sie kann nicht mehr arbeiten und beschließt, stattdessen den Aktenordner holen zu gehen. Die Schülerakten lagern in einem Kellerraum ohne Fenster. Die Luft ist trocken und alt; Morena denkt einen Moment an jeden Horrorfilm, den sie schon gesehen hat, erwartet jeden Moment ein Geräusch oder ein flackerndes Licht, aber nichts von alledem geschieht. Mit dem Ordner unter dem Arm verlässt sie den Keller und geht in ihr Klassenzimmer zurück.

Dort stellt sie auf ihrer Musikanlage Hip-Hop Musik aus den Neunzigern ein und beginnt zu lesen.

***

"Du wirst nicht an diesem Ausflug teilnehmen, basta!"

"Du hast mir gar nichts zu befehlen. Du bist nicht mein Vater!" Enola schreit ihren Bruder mit hochrotem Kopf an. "Vater würde es erlauben und das weißt du genau!"

"Aber Vater ist nun mal nicht hier! Ich bestimme in seinem Auftrag."

"Du bist ein rückständiges Arschloch! Alle anderen Mädchen dürfen mitfahren."

"Du bist nicht alle, Enola. Du bist erst fünfzehn. Da fährst du bestimmt nicht mit fremden Jungs weg."

"Ich hasse dich!" Sie donnert ihre Zimmertür ins Schloss. Weinend wirft sie sich aufs Bett, nimmt ihr Telefon zur Hand und schreibt ihrem Vater eine WhatsApp-Nachricht.

"Tata - ich vermisse dich. Jovan ist ein Arsch."

Kurz darauf ruft ihr Vater sie an.

"Paps - wann kommst du wieder?"

"Am Sonntag. Was ist denn so schlimm?"

Enola erzählt ihrem Vater alles, sie kann die Tränen nicht zurückhalten.

"Kann das mit der Unterschrift warten, bis ich zurück bin?"

"Wir sollen den Zettel schon am Freitag mitbringen."

"Ich werde deine Lehrerin anrufen. Wir besprechen das, wenn ich zurück bin. Jovan meint es bestimmt nicht böse; er übertreibt vielleicht, weil er sich Sorgen macht."

Enola schnaubt. "Der fühlt sich wie der Obergorilla."

Ihr Vater lacht. "Der bin immer noch ich, meine Kleine. Wir regeln das am Wochenende. Und nun schlaf schön."

"Danke, Paps. Hab dich lieb." In Gedanken zeigt sie ihrem Bruder den Mittelfinger und lächelt.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro