Weihnachtswunder [Teil 1]
Gestresst parkte ich mein Auto vor dem Ort, der mir als einziger meine letzten Nerven zwei Tage vor Heiligabend noch retten konnte. Schneller als Flash, stieg ich aus und öffnete in Windeseile die hintere Tür auf der Beifahrerseite, um meinen kleinen quengeligen Neffen aus seinem Kindersitz heraus zu holen. Die ganze Fahrt über hatte er entweder geweint, oder gegen den Rücken meines Beifahrersitzes getreten, was eine Ader an meiner Stirn pulsieren ließ. Am liebsten hätte ich ihm eine Ansage gemacht, dass er sich so nicht benehmen konnte, doch brachte ich es einfach nicht übers Herz, einen süßen vierjährigen Jungen, der sehr starke Zahnschmerzen hatte, anzumeckern.
„Wir sind gleich beim Arzt, Jimin, also halte bitte noch ein bisschen durch." Beruhigend strich ich dem kleinen Mochi auf meinen Armen über den Rücken, während ich ihn zu seiner gewohnten Zahnarztpraxis trug. Wimmernd, klammerte er sich mit seinen kleinen Ärmchen an meinem Hals fest und zog geräuschvoll seine laufende Nase mehrfach an meinem Ohr wieder hoch, was mich angeekelt die Augen im Laufen schließen ließ.
In der Praxis angekommen, empfing uns eine nette Zahnarzthelferin am Empfang und wunderte sich, warum Jimin wieder da war. Auf meinen fragenden Blick hin erklärte sie mir, dass mein Neffe bereits letzte Woche mit meinem Bruder zur Kontrolle hier war. Verwundert über die Tatsache, dass Seokjin mir nicht gesagt hatte, dass Jimins Zähnchen eigentlich in Ordnung sein sollten, gab ich an, dass er sich beim Essen verletzt haben musste. Sie schickte uns mit der Bitte um ein kleines bisschen Geduld, da sein behandelnder Arzt noch in einer Behandlung war, ins Wartezimmer.
Als ich uns die Jacken auszog und an der Garderobe aufhing, klammerte sich Jimin an meinem Bein fest und drückte sein Tränen beschmiertes Gesicht immer wieder an meinen Oberschenkel. Auf einen Stuhl sitzend, zog ich den kleinen quengelnden Mochi mit dem Gesicht zu mir gewandt auf meinen Schoß und wog ihn sachte hin und her. Er beruhigte sich leicht und es schien auch fast so, als ob er eingeschlafen war, da von ihm kein einziger Ton mehr kam.
Nach einer Weile wurde Jimin aufgerufen und ich trug den langsam wachwerdenden Zwerg in das für ihn vorgesehene Behandlungszimmer. Der Zahnarzthelfer Hoseok, wie er sich mir vorstellte, band Jimin eine dickere Papierschürze um den Hals und legte auf der Ablage vor ihm einen kleinen Mundspiegel mit einem kleinen Zahninstrument, um in die Zwischenräume der Zähne zu gelangen für den Zahnarzt bereit.
Um die noch kleine Wartezeit angenehmer für meinen Neffen zu gestalten, wurde er von Hoseok mit vielen lustigen Grimassen bespaßt, was mich in diesem Moment fragen ließ, wo seine schlimmen Zahnschmerzen geblieben waren. Mir blieb keine Zeit, weitere Gedanken an Jimins Schmerzen zu verschwenden, da gerade sein Arzt das Zimmer betrat. Überrascht über den Anblick, der sich mir bot, zogen sich meine Augenbrauen Richtung Haaransatz hoch und ich starrte den Arzt, ohne zu blinzel,n an.
„Hallo Kookie! Das ist mein Onkel TaeTae", hörte ich Jimin den Arzt ansprechen und bemerkte an anhand der Augen meines Gegenübers, dass dieser seinen mit einem Mundschutz bedeckten Mund zu einem Lächeln geformt hatte. Anscheinend hatte er mich gefragt, wer ich war und meine Antwort bestand lediglich nur darin in anzustarren, bis Jimin übernahm. Wie peinlich!
Aber konnte man es mir verübeln? Auch wenn ich nicht sein komplettes Gesicht sah, war das, was ich sehen konnte, Gold wert. Seine schwarzen Haare waren zu einem Zopf zusammengebunden und an den Seiten zu einem Sidecut rasiert. Mit seinen dunklen schokoladenbraunen Augen strahlte er meinen Neffen geradezu an und faszinierte mich damit regelrecht.
Sein Körperbau konnte sich ebenfalls sehen lassen, da man trotz Arztkleidung seine trainierten Muskeln erkennen konnte. An seiner rechten Hand fielen mir viele kleine Tätowierungen auf, die in den Ärmel seines Kittels verschwanden und ich mir gut vorstellen konnte, dass diese sich über seinen gesamten muskulösen Oberarm zogen. Mit seiner lieblichen Stimme schaffte er es mich so zu verzaubern, dass ich überhaupt nicht mitbekam, dass er bereits dabei war Jimin zu untersuchen. Erst als Jimin panisch seinen Kopf wegdrehte, fiel ich aus der Wolke Sieben und stürmte an die Seite meines Neffen, um ihn zu beruhigen.
„Alles in Ordnung, er wird dir nicht weh tun", zärtlich strich ich mit meinen Daumen über die Wangen des kleinen und erntete ein zögerliches nicken von ihm. Mein Blick wanderte zu dem hübschen Arzt, der uns verwirrt und besorgt zugleich betrachtete. „Dürfte ich Sie ganz kurz sprechen Herr...", „TaeTae!", wurde der Schönling von Jimin unterbrochen, der sich ihm wieder mit funkelnden Augen zugewandt hatte. „Tut mir leid, mein Name ist Kim Taehyung", stellte ich mich nun endlich selbst vollständig vor und deutete mit meinem Kopf eine leichte Verbeugung an, die er erwiderte und sich mit Jeon Jungkook vorstellte.
Während Hoseok sich um den kleinen Jimin kümmerte, folgte ich Herrn Jeon vor die Tür des Behandlungszimmers, die er hinter uns ins schloss fallen ließ. „Ist mit Jimin alles in Ordnung?", wurde ich direkt gefragt und wusste im ersten Moment nicht, was ich darauf antworten sollte, da er mich mit dieser Frage total überrumpelt hatte. „Natürlich ist mit ihm alles in Ordnung, was sollte denn nicht stimmen?", gab ich schnippischer von mir, als beabsichtigt, doch hörte sich seine Frage für mich so an, als ob mein Bruder und meine Schwägerin, die den Kleinen auf Händen trugen und viel zu sehr verwöhnten, misshandeln würden.
„Verzeihen Sie mir, wenn ich Ihnen mit dieser Frage zu nahe getreten bin, doch verhält sich Jimin ganz anders als sonst. Ich behandle ihn seit er seine ersten Milchzähne bekam und bis jetzt, hatte er mir gegenüber nie so ein Verhalten gezeigt, dass es mich wunderte." Gedankenverloren strich er sich mehrfach über seine Stirn und seine Worte gaben auch mir zu denken, denn er hatte recht.
Seokjin hatte in all den Jahren, die Jimin bereits zum Zahnarzt ging nie erwähnt, dass Jimin Angst vor Zahnärzten hat. Er schwärmte regelrecht davon, wie tapfer sein Sohn bei jeder Untersuchung war und alle Anweisungen von super Kookie stets befolgen würde.
Entschlossen betrat ich das Behandlungszimmer wieder und ließ einen stirnrunzelnden Herrn Jeon im Flur zurück. Ich kniete mich direkt vor meinen Neffen, der auf dem Zahnarztstuhl saß, und legte meine Hände auf seine. „Papa hat mir immer erzählt, wie toll du dich hier machst, also was ist heute los, Jimin?", sprach ich den Vierjährigen vor mir an und hoffte einfach, dass er sich mir anvertrauen würde. „Ich habe Schmerzen", war alles, was er sagte, während ich die Anwesenheit von Herrn Jeon neben mir spürte, der sich ebenfalls in die Knie gesetzt hatte und seinen Mundschutz abnahm.
Und genau in diesem Moment musste ich aufpassen, dass meine Fantasie bei diesem Mund nicht stiften gehen würde, denn nicht nur das süße Lächeln verzauberte mich auf Anhieb, sondern auch die zarte rote Farbe seiner schwungvollen Lippen. „Kannst du mir auch sagen, wo du Schmerzen hast?", unterbrach der Grund meines fast Ständers meine sabbernden, nicht jugendfreien Gedanken und innerlich gab ich mir selbst eine Ohrfeige, dass ich mich so hab mitreißen lassen.
„An meinen Zähnen", Jimin zeigte uns seine strahlend weißen Schneidezähne und knurrte spielerisch auf, was uns zum Lachen brachte. Vor allem Herr Jeon bekam sich nicht mehr ein und wuschelte dem Mochi durch seine Haare, was mit einem Kichern des Kleinen belohnt wurde. „Ach Jimin, du sollst doch keine Schmerzen vortäuschen um hierher kommen zu können. Das hatte ich dir aber schon letztes Jahr Weihnachten gesagt ..."
„Aber jetzt ist TaeTae dabei!", wurde der Arzt von meinem Neffen unterbrochen und verwundert über die plötzliche Blitzgenesung des Kleinen vor mir, sah ich Jimin einfach nur an.
Auch Herr Jeon schien sich anhand seines Blickes über diese Aussage des Vierjährigen zu wundern, doch sagte er nichts dazu und zeigte Jimin die Kindergeschenke, von denen er sich eines aussuchen konnte. Ich fand die Idee von Zahnärzten, dass sie Kindern nach jeder Behandlung ein kleines Geschenk gaben, sehr nett und auch hilfreich, da ihnen so die Angst genommen werden kann.
Doch Jimin interessierte sich überhaupt nicht für die kleinen Geschenke vor sich, sondern grabschte nach meiner Hand und der von Herrn Jeon und legte diese einfach zusammen. Gleichzeitig wollten wir unsere Hände voneinander reißen, doch hinderte uns Jimins kleine Kinderhände daran, mit der er so stark er konnte zudrückte.
„Ich möchte kein Geschenk, sondern einen Wunsch haben", forderte der Vierjährige vor uns mit seinen großen braunen Kulleraugen, doch stieß er bei mir damit auf Granit, denn das letzte Mal, als er sich etwas von mir gewünscht hatte, musste ich mit ihm zum Kinderschwimmen und mich den Blicken der ganzen anwesenden Frauen aussetzen. „In Ordnung, was wünschst du dir von uns?", geschockt, riss ich meine Augen auf, als ich Herrn Jeon ansah, da er mich einfach in seine nicht vorhandene Standhaftigkeit gegenüber kleinen Kindern mit hineinzog. Jimin quietschte jedoch glücklich auf, was meine Angst steigen ließ, denn wer wusste, was er sich wünschen würde. Hoffentlich bedachte er, dass wir Dezember hatten und es verdammt kalt draußen war.
„Ihr geht morgen Tee trinken bei Nam und Yoo!", voller Elan, versuchte er selbst von dem Zahnarztstuhl zu steigen, wobei ich ihn direkt aufhielt, da der Stuhl noch zu hoch eingestellt war. Hoseok, der das sofort bemerkte, ließ den Sitz langsam herunterfahren und Jimin nutzte die Chance, sprang und landete auf seinen kleinen Beinchen. „Jimin, du kannst nicht einfach bestimmen, dass Herr Jeon morgen Zeit hat für mich. Vielleicht muss er arbeiten, oder ist mit seiner Familie verabredet, da sie noch Weihnachtsvorkehrungen treffen müssen", Wasser sammelte sich in den kleinen Augen vor mir und nach Beendigung meiner Worte ließ Jimin diesen freien Lauf und legte sich die Hände an die Augen.
„Nicht weinen, Jimin, ich gehe mit deinem Onkel morgen Tee trinken in dem Café Nam und Yoo, auch wenn ich davon noch nie gehört habe", sagte Herr Jeon, strich mehrfach beruhigend über den Kopf des Kleinen, der sich langsam aber sicher beruhigte und noch einmal nachfragte, ob wir wirklich seinen Wunsch erfüllen würden. Der sexy Arzt, der sich gerade vor mich hinstellte und mir ein ehrliches Lächeln schenkte, bejahte die Frage meines Neffen und ließ meine Wangen leicht rosig werden. Jimin ging mit Hoseok bereits aus dem Behandlungszimmer heraus, als ich von Herrn Jeon aufgehalten wurde.
„Wann sollen wir uns morgen treffen? Ich darf doch du sagen, oder?", verlegen kratzte der Arzt sich am Hinterkopf, was mich leise kichern ließ. Es sah einfach zu goldig aus. „Ja, du darfst du sagen und nenn mich einfach Taehyung", ich hielt ihm meine Hand zur erneuten Begrüßung hin, die er glücklich annahm und sich mit Jungkook vorstellte. „Treffen wir uns dann um 12 Uhr bei Nam und Yoo?", seine Frage ließ mich lachen, was ihn etwas zu irritieren schien. Konnte ich ihm auch nicht verübeln.
„Nam und Yoo ist kein Café Jungkook, sondern bedeuten Namjoon und Yoongi. Das sind die besten Freunde meines Bruders. Sie betreiben zusammen das KimMin mit ihren Ehefrauen, was dir ziemlich bekannt sein sollte, da es das berühmteste Café hier in Seoul ist", klärte ich den ahnungslosen Jungkook auf, bei dem ein Licht aufgegangen sein musste, da er seine Augen aufriss und kräftig nickte.
„Dann sehen wir uns morgen um 12 Uhr, Jungkook", mit einem breiten Lächeln, holte ich meinen Neffen am Empfang ab, den ich fest an mich drückte und zurück zum Auto lief.
Mit meinen Gedanken war ich bereits bei dem morgigen Treffen und fragte mich, wie es wohl werden würde.
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